bisher in diesem Landtag wirklich zu überschäumenden Emotionen geführt hat. Das hat viel mit dem Inhalt dieses Antrages zu tun; denn erstens wird darin festgestellt: Es gibt Außenwirtschaft. Zweitens wird darin festgestellt: Wir müssen darüber reden. Und drittens werden in den Punkten 5, 6 und 7 Dinge aufgezählt, die die Landesregierung jetzt in den Haushalt einstellen soll und bei dem offensichtlich das Vertrauen der Koalition, dass sie das von allein macht, nicht besonders ausgeprägt ist.
Aber schauen wir uns den Antrag einmal an. Natürlich könnte man über diese Dinge, die darin stehen, eine ganze Menge reden. Und ja, natürlich ist uns auch der Punkt 2 besonders aufgefallen. Dabei reden wir von denjenigen, die als Wertepartner innerhalb und außerhalb der Europäischen Union insbesondere unsere Handelspartner sein könnten. Ich würde tatsächlich auch einmal ganz gern darüber reden, welche Werte das eigentlich sind.
Ich sage mit aller Deutlichkeit - im Gegensatz zur AfD bin ich sehr wohl auch für eine wertegeleitete Außenwirtschaft -, dass wir uns erst einmal darüber unterhalten müssten, über welche Werte wir überhaupt reden. Zwei Zeilen weiter steht das Freihandelsabkommen der Europäische Union mit den Mercosur-Staaten. Wir müssen einmal darüber reden: Wie sieht denn die Situation aus? Welche Befürchtungen gibt es im Kontext dieses Freihandelsabkommens?
Es gibt, und zwar sehr begründet, die Befürchtung, dass vor allen Dingen in den südamerikanischen Ländern aufgrund der entsprechenden
geografischen und klimatischen Voraussetzungen die Situation zur Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse, also Kohlenhydrate, Energie, besonders gut ist; allerdings nur unter einer Bedingung: nämlich unter massiven Schäden im dortigen Ökosystem. Dort kann man unter anderem hervorragend Futterpflanzen anbauen; allerdings unter der Bedingung, dass man den Regenwald vorher abholzt.
Alle Gutachten und auch alle Akteure, die sich mit diesem Thema bisher auseinandergesetzt haben, haben mit aller Deutlichkeit gesagt: Alles, was bis dahin ausverhandelt worden ist, wird nicht dazu führen, dass es einen globalen Umwelt- und Klimaschutz gibt, der den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht wird. Wenn wir über Wertepartner reden, dann möchte ich über solche Werte reden, die für die Außenhandelspolitik im Land Sachsen-Anhalt wichtig sind, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Wir können einmal bei diesem Beispiel bleiben. Erst gestern konnten wir in der Zeitung lesen, dass es interessant ist, unter solchen Bedingungen sozusagen über eine Greenline bzw. eine umweltpolitische und klimapolitische Ausrichtung der Agrarpolitik der Europäischen Union zu diskutieren. Aber natürlich sagen dir dann die Fachleute: Das kannst du gern tun, aber dann kannst du keine zollfreien Waren in diesem Bereich aus Südamerika einführen, weil es, wenn du das gleichzeitig tust, hier eine relative Verteuerung der Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse gibt und du denen dort die Möglichkeit gibst, landwirtschaftliche Produkte, die nicht unter ökologischen Aspekten und nicht unter Klimaschutzaspekten produziert werden, relativ billig einzuführen. Dann kannst du das hier vergessen. Das sind die Werte, über die wir reden sollten, wenn wir Außenwirtschaft ent- wickeln.
Dann noch eines: Welche Werte sollten uns zu denken geben? - Ich habe erst am Montag wieder an einer Konferenz teilgenommen zur Entwicklung der Vereinten Nationen als tatsäch- liches Global-Governance-System mit Kriseninterventionsmechanismen. Es gibt auf dieser Welt - und zwar nicht nur bei den BRICS-Staaten, sondern insgesamt im globalen Süden - eine klare Perspektive auf den Norden. Das ist der Norden, der im 20. Jahrhundert noch der Norden des politischen Kolonialismus und im 21. Jahrhundert der des wirtschaftlichen Kolonialismus gegenüber dem Süden war, bedingt durch entsprechende Handelsabkommen,
durch entsprechende Handelsdefizite, durch eine Überverschuldung insbesondere der süd- lichen Länder.
Wenn wir wertegeleitete Außenpolitik machen wollen, dann müssen wir darüber reden, wie wir dieses extreme Ungleichgewicht zwischen Nord und Süd auf dieser Welt auch in unserer Verantwortung sehen und wie wir damit umgehen, um sie abzubauen. Das sind die Werte, über die wir in der Außenwirtschaft reden müssen.
Dass wir ansonsten dafür sind, internationale Messen zu fördern, dass wir ansonsten dafür sind, die Qualifizierung und Fortbildung von Unternehmen zu realisieren, dass wir für Diversifizierungsbemühungen sind und die Erschließung neuer internationaler Arbeitsmärkte durch kleine und mittelständische Unternehmen mit organisieren wollen, ist alles in Ordnung.
Wir schauen erst einmal, welchen Haushalt wir aus dem Wirtschaftsministerium vorgelegt bekommen, und schauen dann, ob alle Koalitionsfraktionen der Meinung sind, dass diese Dinge in der Realität umgesetzt werden müssen. - Danke, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Vielen Dank, Herr Gallert. Es gibt eine Intervention von Herrn Scharfenort und eine Frage von Frau Frederking. - Okay. Herr Scharfenort beginnt. - Bitte.
Herr Gallert, ich stimme Ihnen durchaus zu. Sie haben die Probleme im weltweiten Handel angesprochen und auch so ein bisschen historisch die Abfolge von politischem und wirtschaft- lichem Kolonialismus. In Afrika haben wir genau das gleiche Problem. Bezüglich Südamerika stimme ich Ihnen vollkommen zu.
Sie merken doch aber anhand Ihrer Rede selbst, wie schwierig das ist. Wenn Sie solche hohen moralischen Maßstäbe ansetzen, dann können Sie den Außenhandel eigentlich gleich ein- packen. Denn mit wem wollen Sie dann noch handeln? Ist es vielleicht nicht besser, eine interessengeleitete Wirtschafts- und Außenpolitik zu machen und mit allen Ländern zu handeln, um unsere eigenen Interessen zu verfolgen?
Herr Scharfenort, bleiben wir einmal bei Afrika; wir müssen gar nicht nach Brasilien gehen. Interessengeleitete Außenhandelspolitik: Was verstehen wir denn darunter?
Verstehen wir darunter, dass sozusagen das Ungleichgewicht zwischen Nord und Süd beibehalten werden soll? Verstehen wir darunter, dass die Verschuldung der afrikanischen Länder, die potenzielle Handelspartner sind, weiter erhöht wird? Das können wir gern machen. Aber glauben Sie wirklich, dass das am Ende in unserem Interesse ist? - Das ist es nämlich genau nicht.
In dem Augenblick, in dem wir diese ohnehin schon extremen Ungleichgewichte verschärfen, organisieren wir die Migrationskrisen im globalen Kontext. Und das liegt eben nicht in unserem Interesse. Es ist eben nicht nur ein Zeichen eines globalen Humanismus zu sagen, so kann internationale Handelspolitik nicht sein, sondern ich sage ausdrücklich, in unserem Interesse ist es, langfristig diese Ungleichgewichte abzubauen und Entwicklungsmöglichkeiten in diesen
Herr Gallert, mich treiben genau wie Sie auch die negativen Auswirkungen der Freihandelsabkommen um, insbesondere die negativen Auswirkungen auf die Ökosysteme. Jetzt hat ja das EU-Parlament ein Gesetz zum Schutz des Regenwaldes beschlossen. Nach diesem Gesetz dürfen Produkte, die von Flächen kommen, die nach dem 31. Dezember 2020 entwaldet wurden, nicht mehr in die EU eingeführt werden.
Ich möchte Sie fragen, wie Sie dieses Gesetz bewerten. Wie schätzen Sie es ein, wird das Gesetz greifen, sodass wir es nicht mit den negativen Folgen zu tun haben werden, oder wird es hintergangen werden? Wie ist dazu Ihre Einschätzung?
Also, ich glaube ganz ehrlich, Frau Frederking, dass das ein bisschen ein Blick in die Glaskugel ist. Es gibt ja gerade zum Freihandelsabkommen EU - Mercosur eine ganze Reihe von Analysen, Gutachten, unter anderem das vor kurzem veröffentlichte Gutachten im Auftrag der GRÜNENBundestagsfraktion, das z. B. dezidiert besagt, dass die Dinge, die im Freihandelsabkommen selber dazu festgehalten werden, faktisch keine Wirkung entfalten werden.
Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Ich bin im Grunde genommen auch ein Stück weit skeptisch, dass sich solche Regelungen, wie sie jetzt im EU-Parlament verabschiedet worden sind, am Ende des Tages durchhalten lassen. Ich glaube, das Umdenken, das wir realisieren müssen, ist, dass es natürlich auch - -
Nehmen wir jetzt einmal Brasilien. Der jetzige Premierminister ist ja wegen des Versprechens „Schutz des Regenwaldes“ im Verhältnis zu Bolsonaro gewählt worden. Das war ja eines seiner zentralen Versprechen. Jetzt müssen wir ihm aber auch die Möglichkeit geben, und zwar die ökonomische Möglichkeit, ein solches Versprechen auch wirklich zu realisieren, dass er dazu in die Lage versetzt wird.
Ich glaube übrigens, Strafzölle allein werden solche Verbote nicht regulieren; denn in- zwischen - und das ist der große Irrtum an der Stelle - ist der Westen, sind die G-7-Staaten, ist die Europäische Union tatsächlich nicht mehr der zentrale Anker von globalen Wertschöpfungsketten.
Also, zu glauben, dass solche Lebensmittel, solche landwirtschaftlichen Güter in Brasilien nicht produziert werden, wenn wir sie nicht importieren - das geht inzwischen weit an den Realitäten vorbei, weil die größten Nahrungs-
mittelmärkte inzwischen China und Indien sind. Unsere Aufgabe ist es, Brasilien in die Lage zu versetzen, genau diesen Weg nicht zu gehen. - So weit von mir. - Danke.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst wieder zurückkehren nach Sachsen-Anhalt, weil wir ja über ein Außenwirtschaftskonzept für das Land Sachsen-Anhalt diskutieren. Man kann natürlich weit in die Welt abschweifen unter dem Motto: Mal gucken, wie es die anderen machen.
Meine Damen und Herren! Die Wirtschaft in Sachsen-Anhalt und gerade die Außenwirtschaft hat in den letzten Jahrzehnten einen wahnsinnigen Transformationsprozess hinlegen müssen. Ich darf erinnern an die fast 100-prozentige Abhängigkeit in den 1980er-Jahren von den Grundlagen in der Sowjetunion, heute Russland.
Wir mussten unseren Außenhandel vollkommen neu justieren. Wir mussten neue Absatzmärkte erschließen. Das ist den Unternehmen unter großem Schmerz und unter größten Schwierigkeiten auch gelungen. Darauf können wir stolz sein. Und, Herr Gallert, damals gab es
nur einen Wertekompass, und das war die soziale Marktwirtschaft. Sie hat genau diesen Erfolg möglich gemacht.
Meine Damen und Herren! Der Außenhandel ist natürlich ein wichtiger Faktor für die wirtschaftliche Stärke unseres Landes. Import und Export - das bedeutet im Prinzip, dass wir Wertschöpfungen in aller Welt erzielen können. An diesen Wertschöpfungen haben wir natürlich großes Interesse.
Wenn man sich einmal anschaut, unter welchen schwierigen Situationen dies alles erbracht werden musste, dann ist es richtig und wichtig, die wirtschaftliche Entwicklung im Blick zu behalten.
Ich bin unserem Minister außerordentlich dankbar dafür, dass er sich dieses Themas annimmt, was wir übrigens schon im Koalitionsvertrag verabredet haben. Das ist also keine neue Erkenntnis. Diejenigen, die überrascht tun, sollten unseren Koalitionsvertrag noch einmal lesen, der immer gut zum Lesen taugt. Darin haben wir nämlich verabredet, dass wir ein neues Strategiepapier entwickeln wollen.
Meine Damen und Herren! Die Kollegen, die schon länger dabei sind, haben das ja alles miterlebt. Wir hatten eine Finanz- und Bankenkrise, wir hatten eine Flüchtlingskrise, die wir jetzt wieder aufbrausen sehen, wir haben eine Energiekrise, die befeuert wird durch geopolitische Ereignisse wie Kriege weltweit. Auf diese Situation müssen sich dieses Land und auch diese Wirtschaft einstellen.
Dafür müssen wir die Rahmenbedingungen schaffen, damit die Wirtschaft sich möglichst gut an diese neuen Gegebenheiten anpassen kann. Deswegen ist es auch wichtig, dass wir versuchen, gerade Kleinstunternehmen, die nicht die Möglichkeit haben, an weltweiten