Der Beginn der Haushaltsberatungen erscheint uns für unseren Antrag als ein sinnvoller Auftakt, um Ihr Vorhaben zeitnah mit Leben zu erfüllen. Selbstverständlich unterbreiten wir weitere Verbesserungsvorschläge; denn die Zeit schreibt das Leben schnell neu bzw. zeigt auch neue Bedarfe auf.
Sie erinnern sich: Im Rahmen der Debatte vor der Sommerpause um die dringend notwendigen Hauswirtschafterinnen in den Frauenschutzhäusern haben insbesondere die Redner von der CDU und der FDP zu unserem Änderungsantrag für mehr Personal für die Interventionsstellen in unserem Land deutlich gemacht, dass sie dem offen gegenüberstehen; das ist auch gut so. Daher haben wir diese Forderung heute noch einmal in unseren Antrag aufgenommen; denn manchmal ist es ganz gut, dass ein Thema nicht Gefahr läuft, in Vergessenheit zu geraten.
Auch nach der Sommerpause ist leider nicht davon auszugehen, dass die Zahlen in den Beratungsstellen und in den Interventionsstellen rückläufig sind. Die Kolleginnen aus Stendal, Dessau und Magdeburg melden ebenso wie die aus Halle, dass es mehr Beratungsanfragen gibt.
Ich habe es auch damals schon gesagt: Der derzeitige Umstand, dass die betroffenen Frauen in Mansfeld-Südharz, im Burgenlandkreis und im Saalekreis durch die Mitarbeiterinnen der Interventionsstelle Halle nur tele-
fonisch kontaktiert werden können, ist völlig inakzeptabel. Das kann eine Zwischenlösung in der Pandemiezeit sein, aber wir befinden uns nicht mehr in der Pandemie. Wir brauchen tatsächlich ein Hilfenetz, das vor Ort für die Frauen da ist und sie unterstützt.
Mir ist noch ein anderer Punkt wichtig. Sie kennen das Stadt-Land-Gefälle in Sachsen- Anhalt. Wir sind überwiegend ein Flächenland. Wir haben die Herausforderung mit dem ÖPNV in den ländlichen Räumen zu bewältigen. Wir haben nicht in allen Landkreisen nahe Beratungsstellen und Frauenhäuser. Aber ein weitaus größeres Problem sehe ich nach wie vor in den Eigenanteilen, die die Frauen, die Schutz suchen, im Frauenhaus zahlen müssen.
Ich habe es gegenüber dem „Deutschlandfunk“ gesagt: Frau Eisenreich und ich haben kürzlich das Frauenschutzhaus Weißenfels besucht, und ich war schockiert zu hören, dass dort im letzten Jahr zwei Frauen wegen des zu erbringenden Eigenanteils wieder zu ihrem Mann zurückgekehrt sind. Ich dachte, das ist ein Einzelfall. Aber gestern war ich mit Frau Lüddemann im Frauenschutzhaus Magdeburg und stellte fest, dass es kein Einzelfall ist, sondern dass es häufiger vorkommt. Es ist inzwischen sogar so, dass Kommunen so klamm sind, z. B. Magdeburg, dass das Frauenschutzhaus Magdeburg dazu gezwungen ist, zukünftig für jede Person, also egal ob Frau oder Kind, einen Eigenanteil von 15 € pro Tag zu erheben. Das ist völlig inakzeptabel.
Sie haben auch eine entsprechende Liste; das kann vom Ausschuss abgefragt werden. Sie können gern sagen, wie viele aufgrund dessen
Ich finde, wir müssen dem Brandenburger Modell folgen. Wir müssen Kostenfreiheit realisieren, und wir haben die Chance, das jetzt im Haushalt zu verankern.
Wir haben noch ein paar weitere Punkte im Antrag stehen. Meine Redezeit ist aber ab- gelaufen und ich beachte das natürlich respektvoll. Ich hoffe, dass wir im Ausschuss darüber diskutieren können und dass wir den Haushalt nutzen und das eine oder andere im Interesse der von häuslicher Gewalt Betroffenen noch geradebiegen können. - Vielen Dank.
Es gibt hierzu keine Fragen. - Deswegen können wir in die Debatte einsteigen. Für die Landesregierung spricht Frau Grimm-Benne. - Sie haben das Wort. Bitte sehr.
Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Keine und keinen können die Berichte von von Gewalt betroffenen Frauen, der Angst ihrer Kinder und im schlimmsten Fall vom Tod einer Frau kaltlassen.
Umsetzung der Istanbul-Konvention, die aus gutem Grund als Meilenstein beim Schutz vor und bei der Prävention vor Gewalt gegen Frauen bezeichnet wird. Ausgehend von der im Jahr 2021 erstellten Zoom-Studie zur Bestandsaufnahme und Bedarfserhebung bezüglich des Hilfeangebots für von Gewalt betroffene Frauen in unserem Land sind im vergangenen Jahr ca. 1 Million € mehr Fördermittel bereitgestellt worden.
Diese dienten, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, unter anderem der Umsetzung einer tarifgerechten Bezahlung und Eingruppierung der Mitarbeiterinnen der Frauenhäuser, der Beratungs- und Interventionsstellen sowie der Frauenzentren. Des Weiteren konnte die Anzahl der Personalstellen für Frauenhäuser mit acht Frauenplätzen und für die Beratungs- und Interventionsstellen erhöht werden. Das mobile Team sowie die Fachstelle „Vera - gegen Frauenhandel und Zwangsverheiratung“ wurden in ihrer Arbeit gestärkt.
Für das Jahr 2023 sind zur Verstetigung dessen die Haushaltsmittel zur Förderung des Hilfesystems erneut um 1 Million € erhöht worden. Eine weitere Erhöhung zur Umsetzung der Förderung des Hauswirtschafts- und Gebäudemanagements in Frauenhäusern ist gemäß dem kürzlich gefassten Landtagsbeschluss für das Jahr 2024 geplant. Hierfür möchte ich mich beim Landtag und insbesondere bei den Regierungsfraktionen ausdrücklich bedanken.
Meine Damen und Herren Abgeordneten! Zur aktuellen Entwicklung möchte ich kurz Folgendes herausgreifen: Die Schutz- und Beratungsangebote für von Gewalt betroffene Frauen und ihre mitbetroffenen Kinder müssen bei der
Umsetzung der Istanbul-Konvention leicht zugänglich sein. Hierzu gehört auch, dass die Inanspruchnahme der Angebote nicht an finanzielle Hürden gekoppelt werden darf. Deshalb hat auch die Landesregierung ein großes Interesse daran, die Eigenbeteiligung der von Gewalt betroffenen Frauen für die Nutzung der Schutz- und Beratungsangebote zukünftig abzuschaffen.
Sie wissen, dass auf der Bundesebene gerade ein Gesetz zur bundeseinheitlichen Finanzierung des Hilfesystems erarbeitet wird. Ich habe die große Sorge, dass es aufgrund der Haushaltskonsolidierung nicht zu diesem Gesetzentwurf kommt - jedenfalls nicht in einer Fassung, die wir erwarten.
Ich appelliere noch einmal an die Abgeordneten übergreifend: Es war ein großer Wunsch auch des Landesfrauenrates und all derjenigen, die sich seit Jahren dafür starkmachen, dass wir eine tagessatzunabhängige Finanzierung der Frauenhäuser durch den Bund, aber auch die Länder und Kommunen haben.
Ich will trotzdem sagen, dass auch die Kommunen in der Pflicht sind - wir haben gerade über das FAG gesprochen, auf dessen Grundlage wir noch einmal Millionen an die kommunale Ebene geben -, ihren Beitrag zur auskömmlichen Finanzierung der Frauenhäuser zu leisten. Das haben wir auch in der FrauenhausRichtlinie des Landes rechtlich fixiert.
Ich möchte jedoch betonen, dass es nicht immer nur um ein einfaches Mehr an Geld geht. Die in dieser Legislaturperiode angestoßenen Weiterentwicklungen zum Schutz von von Gewalt betroffenen Frauen beruhen auf Analysen und Studien zur Bedarfsgerechtigkeit. Über diesen Prozess habe ich schon ausführlich im Sozial-
ausschuss berichtet. Weiterhin haben wir eine jährliche Berichterstattung zum Umsetzungsprozess der Istanbul-Konvention vereinbart.
Außerdem werden wir - ich erwähne das nur kurz, weil die Redezeit bereits stark fortgeschritten ist - das vereinbarte Monitoring durch- führen. Wir haben dazu auch schon die ersten Schritte gemacht. Wir haben nämlich schon die Stellungnahmen der Akteurinnen des Hilfesystems in die Forderung aufgenommen und im Monitoringprozess berücksichtigt.
Wir werden auch danach noch weiter daran arbeiten. Die Haushaltsberatungen beginnen jetzt. Vielleicht sind noch ein paar Sachen möglich, Frau von Angern, die ich jetzt nicht genannt habe. Aber wir haben insbesondere die Förderung des Hauswirtschafts- und des Gebäudemanagements in Frauenhäusern, was wir auch versprochen und für 2024 zugesichert haben, auf jeden Fall im Haushaltsplanentwurf für das Jahr 2024 umgesetzt. - Herzlichen Dank für das Zuhören.
Und weil die Redezeit lediglich eine Minute beträgt, darf ich auch nur eine Nachfrage stellen. Richtig?
Ich gehe einmal davon aus, dass der Alternativantrag der Koalitionsfraktionen mit Ihnen möglicherweise nicht abgestimmt worden ist.
Sie haben im Vorfeld geäußert, dass sie sehr offen wären für eine Übernahme der Eigenanteile durch einen öffentlichen Träger im weitesten Sinne. Ich frage Sie deshalb: Würden Sie es denn gut finden und begrüßen, wenn in den Alternativantrag der Koalition genau dieser Punkt, der derzeit nicht vorkommt - es ist keine Positionierung zum Eigenanteil der Frauen, die es sich theoretisch leisten könnten, die also keine Transferleistungsempfängerinnen sind, enthalten -, genau dieser Punkt, den Sie in der Öffentlichkeit auch schon genannt, aufgenommen wird?
Ich habe in der Öffentlichkeit gesagt, dass ich auf jeden Fall dafür bin, dass die Inanspruchnahme der Angebote von diesen finanziellen Hürden entkoppelt wird, damit diese auch tatsächlich genutzt werden können. Ich habe aber auch wie alle anderen Landesministerinnen, die im Bereich Gleichstellung arbeiten, gesagt: Der Bund muss sein Versprechen, das auch in der Koalitionsvereinbarung steht, einhalten. Deswegen habe ich hier noch einmal hervorgehoben, dass der Bundesentwurf kommen muss, damit wir bei den Eigenbeteiligungen tatsächlich nicht Unterschiede zu verzeichnen haben.
Selbst in unserem Land gibt es Unterschiede zwischen den Eigenbeteiligungen der Kommunen. Wir erwarten noch immer - das war die größte Forderung -, dass bundeseinheitlich agiert wird. Deswegen hoffe ich noch immer, dass Lisa Paus die Kraft hat, das Finanzierungssystem, das Hilfesystem zu verein- fachen.
Danke. Ich sehe keine weiteren Fragen. - Deswegen können wir jetzt in die Debatte der Fraktionen einsteigen. Für die CDU-Fraktion ist mir Frau Schüßler gemeldet worden. - Ich sehe sie nicht. Sie wird offensichtlich vertreten, und zwar von Frau Simon-Kuch. - Sie haben das Wort, bitte sehr.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Erneut behandeln wir heute ein ganz wichtiges Thema, nämlich den Schutz von Frauen und Kindern in Frauenhäusern. Vor der Sommerpause haben wir über die zusätzlichen Hauswirtschafterinnen in den Frauenhäusern heftig debattiert und dies positiv beschieden.
Die Mittel hierfür sind in den Haushaltsplanentwurf für 2024 eingestellt worden. Ich denke, das ist ein ganz wichtiges Zeichen für die Anerkennung der Arbeit in den Frauenhäusern. Diese Arbeit ist für unsere Gesellschaft un- erlässlich. Ich darf an dieser Stelle im Namen meiner CDU-Fraktion den ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeiterinnen in den Frauenhäusern ein herzliches Dankeschön übermitteln.
Mit den beschlossenen Maßnahmen sind die dauerhafte Unterstützung der Frauenhäuser und die Umsetzung der Istanbul-Konvention jedoch noch lange nicht erreicht. Der von der
Fraktion DIE LINKE eingebrachte Antrag geht in die richtige Richtung. Er wirft jedoch auch Fragen auf und wirft vor allen Dingen viele verschiedene Gruppen in einen Topf. Er wirkt daher eher als Sammelsurium. - Schade.
Der vorliegende Alternativantrag der Koalitionsfraktionen stellt zunächst klar - ich glaube, wir haben es gerade deutlich gehört -, dass bereits zahlreiche Maßnahmen zum Schutz und zur Unterstützung von von Gewalt betroffenen Frauen und deren Kindern existieren und daran auch aktiv weitergearbeitet wird. Der aufzustellende Landesaktionsplan ist dabei ein weiterer wichtiger Baustein.
Wie bereits in der letzten Debatte von meiner Kollegin Xenia Schüßler gefordert wurde, sollte die institutionelle Förderung der Frauenhäuser - egal ob auf der Landes- oder auf der Bundesebene - das ganz große Ziel sein und bleiben. Wie wir gerade gehört haben, wird offensichtlich in Berlin daran gearbeitet. Hoffen wir, dass dabei auch etwas herauskommt; denn die Istanbul-Konvention ist verbindlich. Die Frauenhäuser dürfen doch nicht als Bittsteller dastehen und sollten nicht in jedem Jahr wie- der aufs Neue bangen müssen, ob sie das weiterführen dürfen.
Sach-, Personal- und Investitionskosten müssen sichergestellt sein. Ebenso darf das schon genannte Thema des Eigenanteils nicht aus dem Blick verloren werden; denn selbst die 10 € oder 15 € für eine Frau pro Tag bringen manche Frauen in dramatische Situationen.
Ein Beispiel aus der Praxis: Es ist ganz häufig der Fall, dass der Mann das Konto hat. Wenn die Frau Gewalt erfährt, ihre Kinder schnappen und
sie in Sicherheit bringen muss, dann hat sie schlichtweg keinen Zugriff auf das Geld. Das ist nicht tragbar.