Protokoll der Sitzung vom 07.09.2023

Noch einen letzten Satz zu den Kollegen der AfD: Sie schreiben „Kampf allen Drogen“ und legen dann einen Antrag mit zwei Zeilen vor. Eigentlich könnte man, wenn man einen solch reißerischen Titel formuliert, erwarten, dass vielleicht ein richtiges Konzept kommt, das sich grundlegend mit dem Thema beschäftigt.

Und Sie, Herr Pott, kommen bitte zum Schluss.

Ich komme zum Schluss. - Aber Ihre zwei Zeilen sind also Ihr Kampf gegen Drogen. Das ist Ihr drogenpolitisches Konzept? - Das ist ein Armutszeugnis. - Vielen Dank.

(Zustimmung von Guido Kosmehl, FDP - Zuruf von der CDU)

Als nächste Rednerin folgt Frau SziborraSeidlitz für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

(Lothar Waehler, AfD: Wie viele Jahre Le- benserfahrung hat er, dass er solche Sätze rauskotzt?)

Vielen Dank. - Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann nahtlos an Herrn Pott anschließen. Aha, die AfD ruft also auf zum Kampf gegen alle Drogen. Wir GRÜNE kämpfen gegen Suchterkrankungen und Beschaffungskriminalität,

(Alexander Räuscher, CDU: Damit haben Drogen nichts zu tun! - Zurufe von der AfD)

gegen überdosierte und gestreckte Rausch- mittel, gegen die Kriminalisierung von Kleindealern von Cannabis,

(Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)

gegen einen unkontrollierten Cannabisschwarzmarkt, gegen jegliche Drogen, z. B. Alkohol im Straßenverkehr, gegen Nikotin und Alkohol in der Schwangerschaft.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Viel wichtiger aber sind unser Einsatz für frühzeitige Aufklärung und Prävention, unser Einsatz für bedarfsgerechte Angebote der Suchtberatung sowie für therapeutische Angebote, unser Ja zu Drugchecking und Möglichkeiten des legalen Konsums für Schwerstabhängige,

unser Ja zur allgemeinen Handlungsfreiheit mündiger Erwachsener im Bereich des Cannabiskonsums, also ein Ja zu einem reglementierten Cannabismarkt.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN)

Denn all das dient der Gesundheit, der Würde und der Freiheit von Menschen. Deshalb kämpfen wir auch mit aller Kraft gegen populistische Anträge und kulturkämpferische Scheingefechte ebenso wie gegen die feuchtfröhliche Doppelmoral, die mit dem Bierglas in der Hand gegen Drogen wettert

(Zustimmung bei den GRÜNEN, bei der LIN- KEN und bei der SPD)

oder beim Infostand im Saalekreis oder auf dem Sachsen-Anhalt-Tag Freibier ausschenkt - das ist anders vielleicht auch schwer zu ertragen; das könnte ich verstehen -,

(Zustimmung bei den GRÜNEN, bei der LIN- KEN und bei der SPD - Lachen bei den GRÜ- NEN - Zuruf von Alexander Räuscher, CDU)

oder die kulturelle und politische Nähe zu Burschenschaften sucht, die wegen des exzessiven Drogenkonsums extra Kotzbecken in ihren Bädern haben.

(Zustimmung bei den GRÜNEN, bei der LIN- KEN und bei der SPD - Zurufe)

Das allergrößte Drogenproblem in Deutschland haben wir mit Alkohol, an dem nach Schätzungen jährlich etwa 74 000 Menschen sterben.

Keine Macht den Drogen heißt Einsatz für Prävention, Jugendschutz und Suchtberatung in

Bezug auf alle Drogen, heißt nicht Kampf gegen die freie Entscheidung oder den Konsumenten. Unser Kampf gilt den politischen Zielen der AfD. Eine Ablehnung dieses Antrags versteht sich von selbst.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN und bei der SPD)

Es gibt eine Intervention von Herrn Dr. Tillschneider. - Herr Dr. Tillschneider, bitte.

Also, erstens ist Bier keine Droge, sondern ein Nahrungsmittel.

(Dr. Katja Pähle, SPD: Ah! - Zurufe von der LINKEN - Lachen bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Zweitens zeigt sich die ganze Kulturvergessenheit der Linken darin, dass sie Cannabis und Bier über einen Kamm scheren. Das kann man überhaupt nicht vergleichen.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Doch, das kann man vergleichen!)

Denn Bier ist akkulturalisiert. Bier gehört zu Deutschland,

(Beifall bei der AfD - Zuruf von den GRÜNEN)

die Orientdroge Cannabis aber nicht. Sie kommt aus dem Orient. Sie macht einen schlaff und träge. Sie ist hier nicht akkulturalisiert; sie gehört nicht hierher.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Gebt das Hanf frei! - Zuruf von Hendrik Lange, DIE LINKE)

Das ist sozusagen ein Drogeneinwanderer, den wollen wir hier nicht haben. Aber Bier gehört hierher und das ist auch gut so.

(Beifall bei der AfD - Florian Schröder, AfD: Biertrinken hilft der Landwirtschaft!)

Frau Sziborra-Seidlitz, wollen Sie reagieren?

Ja, wenn Herr Schröder es schafft, sich zurückzuhalten, damit ich sprechen kann, dann kann ich dazu etwas sagen. Ihre Einlassungen zeigen einmal mehr Ihre Wissenschaftsfeindlichkeit,

(Zuruf von der AfD: Wissenschaftsfeindlich?)

zeigen einmal mehr, dass Sie es mit der Rationalität nicht so haben, sondern dass Sie eher aus dem Bauch heraus argumentieren.

(Zuruf von Jan Scharfenort, AfD)

Und die Folgen von Alkoholkonsum kann man bei Ihnen auch ganz gut sehen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN)

Als nächste Rednerin kommt Frau Richter- Airijoki für die SPD-Fraktion an das Rednerpult. - Bitte schön.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte kurz auf das deutsche Kulturgut eingehen. Es gibt einen deutschen Schriftsteller, der Folgendes geschrieben hat:

„Bei Nikotin und Alkohol, fühlt sich der Mensch besonders wohl. Und doch, es macht ihn nichts so hin, wie Alkohol und Nikotin.“

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Eigenschaften von Suchtmitteln sind schon lange bekannt. Sie sind auch kulturell bekannt.

Sprechen Sie bitte mit Suchtberatungsstellen, Elternverbänden oder Mitgliedern der Gesundheitsberufe über Cannabis. Dann werden Sie merken, dass der drohende Kontrollverlust, vor dem der vorliegende Antrag warnt, gerade dann eintritt, wenn infolge der Kriminalisierung wenig Handhabe bei Suchtprävention und Beratung besteht.

(Zustimmung bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Keine Qualitätskontrolle, keine Jugendschutzkonzepte, keine Kontrolle über Lieferketten, kein regulierter Markt. Trotz harter Prohibition, strafrechtlicher Verfolgung und empfindlicher Strafen boomt der Schwarzmarkt. Die Anzahl an Menschen, die Cannabis konsumieren, steigt weiterhin an. Auch und gerade in Sachsen-Anhalt haben wir allen Grund, genau hinzusehen, wenn es um Suchtstatistiken, die Krankheitslast durch Suchtmittel oder Prävention und Beratung geht.