und zwar mit Unterstützung der Schule. Jeder bekommt einen Schulabschluss, Herr Redlich, Nobody is left behind. Das ist ein wichtiger Ansatzpunkt.
Viertens. Bildungsdaten sind nicht alles. Die Leistungsdaten der PISA-Studie sind für die Bildungsplanung wichtig. Aber sie zeigen uns nur das Ergebnis von Bildungspolitik und Bildungspraxis. Wichtig ist aber auch - ich komme erneut auf das Beispiel Irland zurück -, die sozioökonomische Ausgangslage einzubeziehen oder - anders gesagt - den Blick darauf zu richten, wie und wo die Kinder leben, wie sie aufwachsen und wie schwer der Rucksack ist, den sie mitbringen, wenn sie im Schulsystem ankommen.
Irland mit seinen seit Jahrzehnten bestehenden konservativen Regierungen ist ganz gewiss kein Hort sozialistischer Gleichmacherei. Trotzdem ist es dort selbstverständlich geworden, dass insbesondere in Schulen in jenen Stadtteilen investiert wird, in denen die Kinder von zu Hause aus keine guten Voraussetzungen für höhere Bildungskarrieren mitbringen.
Und: Schulen brauchen mehr Eigenständigkeit. Sie müssen sich in ihren Kommunen vernetzen, sie müssen sich austauschen, sie benötigen Kontakt zu Vereinen, Verbänden und Anbietern. Sie müssen tatsächlich in der Lage sein, geeignete Lösungen für die Schule und für den Betrieb der Schule vor Ort zu finden. An dieser Stelle, glaube ich, können wir sehr viel tun.
Und: Wir müssen schauen, welche Möglichkeiten sich tatsächlich durch Corona ergeben haben. Es geht dabei nicht nur allein um Digitalisierung, sondern auch um die Veränderung
von Schulkonzepten, um die Veränderungen im Unterricht. An vielen Stellen stoßen wir immer noch auf ein Schulsystem, in dem anscheinend der 45-Minuten-Unterricht von Moses vom Berg Sinai heruntergetragen wurde. Das kann doch nicht sein.
Schule muss sich verändern. Schule braucht Freiraum. Schule braucht Möglichkeiten, um Kinder zu unterstützen und anderen das Voranschreiten zu ermöglichen. Auch hierfür können wir gemeinsam sehr, sehr viel auf den Weg bringen.
PISA ist nicht nur dazu da, Schockwellen durch das Land zu senden. Um die Ergebnisse konstruktiv zu nutzen, müssen wir uns umfassend mit den Erkenntnissen der Bildungsforschung auseinandersetzen, sie bewerten und handeln. Ich glaube, das ist unsere gemeinsame Aufgabe. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Dr. Pähle. - Es gibt zunächst eine Frage von Frau Sziborra-Seidlitz und eine Intervention von Herrn Redlich. Lassen Sie die Frage zu?
Vielen Dank, Frau Dr. Pähle. - Frühkindliche Bildung haben Sie als Aufgabe betont. Sie haben auch deutlich gemacht, dass die frühkindliche Bildung im Aufgabenfeld des Sozialministeriums liegt, nicht im Aufgabenfeld des Bildungsministeriums.
Ich finde den Ansatz sehr sinnvoll, in beiden Ausschüssen einmal gemeinsam darüber zu beraten. Für wie wichtig halten Sie es, dass an dieser Stelle auch beide Ministerien konzeptionell zusammenarbeiten? Sehen Sie einen Weg dafür?
Bildung, erst recht, wenn wir den Begriff des lebenslangen Lernens ernst nehmen, vollzieht sich von der frühkindlichen Bildung, über die Schulbildung, die Ausbildung, die Weiterqualifizierung etc. pp. Wenn wir den Bogen so weit spannen, dann, muss ich ganz ehrlich sagen, betrifft es nicht nur das Bildungsressorts und das Sozialressorts, sondern auch das Wirtschaftsressort, das Wissenschaftsressort.
Denn dass immer wieder darauf gezeigt wird, weil in einem anderen Haus etwas nicht so umgesetzt wird, wie man es selbst gern hätte, führt, glaube ich, nicht in die richtige Richtung.
lich mit dem Blick auf Ergebnisse darstellbar und evaluierbar ist. Ich glaube, ein solcher Austausch, auch unter den Abgeordneten des Hauses, kann insgesamt zur Wissenserweiterung beitragen.
Sie haben recht, ein solcher Austausch kann zur Wissenserweiterung beitragen. Es ist aber auch immer interessant zu sehen, wie selektiv man Sachen wahrnimmt. Denn in Irland wurde auch ganz klar gesagt, dass es dort Prüfungen in einem Zweiwochenzeitraum gibt, in welchem massiv geprüft wird. Wer es in diesem Zeitraum nicht schafft, bestimmte Werte auf einer Punkteskala zu erreichen, der kommt nicht weiter.
Das ist der Leistungsanspruch. Der Schüler wird dann erst einmal zurückgestellt und darf schauen, wie er es schafft, beim nächsten Mal die Punkte zu erreichen. Er muss sich erst einmal einbringen.
Es ist eben nicht so, dass dort alles so durchlässig ist - wie Sie es gerade beschrieben haben -, sondern es ist so, dass dort eben auch gefordert wird, dass dort klare Leistungsansprüche definiert sind, und dass wir dort ein Schulsystem haben, in dem nicht alles gleich ist, sondern das gegliedert ist, in dem man durch Leistung in verschiedene Bereiche kommt und auch weiter-
Herr Redlich, ja, als wir an dieser konfessionellen Schule waren, haben wir uns auf diesen Aspekt konzentriert. Ich habe von dort mitgenommen, erstens dass diese Prüfungen nicht in der 4. Klasse durchgeführt werden, sondern deutlich später, nach längerem, gemeinsamen Lernen.
Zweitens. Was haben wir bei unserem Besuch - ich kann den irischen Namen nicht mehr rekapitulieren -, als es um die Berufsausbildung, um dieses College, ging, gehört? - Dass alle diese Sachen, die man im Laufe seiner schulischen Bildung nicht direkt erreicht hat, dort nachgeholt werden können, um den nächsten Sprung zu schaffen.
Genau das verstehe ich unter „Nobody is left behind“. Keine Entscheidung auf dem Bildungsweg darf jemals in eine Sackgasse führen. Wir brauchen Möglichkeiten, um immer wieder weiterzukommen, wenn es um die Verwirklichung des eigenen Bildungsanspruchs und der eigenen Potenziale geht.
Ich glaube, an diesen Stellen haben wir allein in unserem gegliederten Schulsystem bereits einiges, was wir verbessern können, aber vor allen Dingen auch im Bereich danach. Wir haben
Frau Gorr, das ist jetzt die Replik auf eine Intervention gewesen. Darauf folgt nicht noch eine Frage. Tut mir leid, aber es wurden ja bereits zwei Fragen gestellt. - Jetzt kommt Herr Lippmann an das Rednerpult. - Herr Lippmann, bitte schön.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist nicht alles PISA, wo PISA-Schock draufsteht. Denn als das IQB - das Institut zur Sicherung der Qualität im Bildungswesen - vor einem reichlichen Jahr den Bildungstrend 2021 veröffentlichte, war erstmals nach PISA 2000 wieder von einem PISA-Schock die Rede.
Das IQB hatte festgestellt, dass sich die Leistungen der Schülerinnen und Schüler am Ende der Grundschulzeit in Deutsch und Mathematik massiv verschlechtern. Konsequenzen wurden aus diesem Befund allerdings nicht gezogen.
Im September haben wir versucht, in einer Aktuellen Debatte unter dem Titel „Wir brauchen jede und jeden - Bildungswende gegen den Fachkräftemangel“ über die Zustände in unserem Schulsystem, über das Scheitern von Tausenden Schülerinnen und Schülern und über die Folgen für die Jugendlichen, aber auch für unser Wirtschaftssystem zu diskutieren.
Das ist uns nicht gelungen; denn selbst vor dem Hintergrund dauerhaft schlechter Ergebnisse sind die Koalitionäre nicht bereit, das eigene Handeln und die eigenen Positionen einmal wirklich selbstkritisch zu hinterfragen. Es wird lieber beschwichtigt, schöngeredet, relativiert und gern wird mit dem Finger auf andere gezeigt. So wird dann auch die heutige Debatte genauso folgenlos bleiben wie alle vorangegangenen.
In der Debatte im September hatte ich den bevorstehenden PISA-Doppelschock bereits angekündigt. Im Oktober hatte dann das IQB in seinem Bildungstrend 2022 die erschreckenden Erkenntnisse zu den schlechten Deutsch- und Fremdsprachenkompetenzen unserer Neuntklässler veröffentlicht. Da das IQB und PISA - wie es bereits angesprochen wurde - etwa zur gleichen Zeit die gleichen Schuljahrgänge ge- testet hatten, kam der dritte PISA-Schock tatsächlich nicht mehr so ganz überraschend.
Alle Schulleistungsuntersuchungen der letzten Jahre weisen nur in eine Richtung, nämlich nach unten und das ziemlich drastisch. Der Absturz hat nicht erst jetzt eingesetzt. Er wurde auch nicht von der Coronapandemie ausgelöst.
In der Kurzinformation zu PISA 2022 für Deutschland wird explizit darauf hingewiesen, dass die Ergebnisse der PISA-Erhebungen bereits seit zehn Jahren im Sinkflug sind. Der Abfall der Leistungen im Jahr 2022 gegenüber der letzten Erhebung 2018 entspricht - auch das ist bereits angesprochen worden - nach der Bewertung der PISA-Experten einem Bildungsverlust von einem ganzen Schuljahr. Das kann man beim besten Willen nicht allein den verlorenen Monaten der Pandemie zurechnen.
fälle durch die Coronamaßnahmen haben aber natürlich als Brandbeschleuniger gewirkt und die völlig unzureichende Vorbereitung der Schulen auf einen ersatzweise digitalen Distanzunterricht hat ihr Übriges dazu beigetragen. Länder, die ihre Schulen weniger geschlossen haben und die sich schon längerfristiger auf digitale Unterrichtsformen vorbereitet hatten, mussten deutlich geringere Leistungseinbrüche bei ihrer Schülerschaft hinnehmen.
Wie man dieses schockierende Ergebnis auch begründen oder möglicherweise sogar recht- fertigen will, für die Bildungspolitik in ganz Deutschland bleibt es ein erschütterndes Zeugnis dafür, wie eine führende Industrienation wegen ideologischer Scheuklappen