Protokoll der Sitzung vom 12.12.2023

Ich frage die Landesregierung: Wie ist die Einschätzung der Landesregierung zu den angekündigten Sperrungen bei GRW-Fördermitteln, insbesondere infolge entsprechender Haushaltssperren auf der Bundesebene? Welche Auswirkungen hat das auf die Unternehmen, die sich bereits um Fördermittel beworben haben, gerade aufgrund der Änderung der Förderrichtlinien? Denn momentan, also im Jahr 2023, wäre noch eine 90-prozentige Förderung möglich, in den Folgejahren allerdings nicht mehr.

(Wulf Gallert, DIE LINKE: Das könnt ihr Herrn Merz fragen! - Zurufe: Der ist gerade nicht hier! - Der ist beim Verfassungsrichter! - Wei- tere Zurufe)

Die Diskussion zwischendurch können wir lassen. Der Minister ist extra nach vorn gekommen, um euch das zu erklären. - Bitte.

Vielen Dank, für die Frage, für das Thema. Ich will anfangen bei der von Minister Willingmann erwähnten Konferenz bzw. bei dem Treffen mit dem Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, bei dem wir über die aktuelle finanzielle Situation des Landes diskutiert haben und auch das Thema Klima- und Transformationsfonds besprochen haben, bei dem speziell für die Wirtschaftsminister aber auch die Frage aufkam: Was bedeutet die Gesamtsituation in Berlin im Moment auch für die Länder? Ein bisschen hatte man das Gefühl: Wir haben da große Themenblöcke, auch beim Klima- und Transformationsfonds, und alles andere

kriegen wir schon irgendwie hin. Aber Fakt ist: Es ist bekannt, dass der Bund mittlerweile eine Haushaltssperre verhängt hat und die Ministerien, auch mein Ministerium, darüber informiert hat, wie wir damit umzugehen haben. Das bedeutet im Moment, dass es uns nicht erlaubt ist, Bescheide für GRW-Mittel herauszugeben.

In Bezug auf den GRW-Bereich bin ich sehr dankbar, sehr froh und sehr stolz, dass dieses Land nicht in die Situation gekommen ist, dass wir einen großen Abbruch zu verzeichnen hatten. Im Gegenteil: Wir haben, allein an Bewilligung, mehrere Hundert-Millionen-Euro-Projekte vor uns, die bewilligungsreif sind bzw. in den nächsten Monaten und Jahren bewilligungsreif werden. Wenn man das hochskaliert - wir liegen oft irgendwo bei 10 %, 20 %, 30 %; bei den Projekten auf kommunaler Ebene sind das 90 % -, sind das quasi mehr als 1 Mil- liarde €, ich würde sogar schätzen, mehr als 2 Milliarden € Invest, über die wir gerade hier in Sachsen-Anhalt reden. Damit meine ich nicht Intel, sondern damit meine ich alle anderen Projekte.

Es ist für uns wichtig, dass wir zum einen - dafür bin ich dem Haushaltsgesetzgeber, also Ihnen, sehr dankbar - unsere Hausaufgaben im GRWBereich erfüllen, nämlich dass wir im Haushaltsplan finanzielle Mittel in maximal möglicher Höhe für eine Kofinanzierung von 50 % zur Verfügung stellen. Zum anderen ist es wichtig, dass der Bund seine Hausaufgaben erfüllt.

Im Rahmen dessen gibt es für uns im Moment ein Problem. Wir haben im Moment - würde ich so über den Daumen schätzen - ca. 50 Millionen € an noch bewilligungsreifen Projekten, die ich in diesem Jahr noch herausgeben wollte. Wenn man das hochskaliert, wenn es 1 : 3 wäre, also 30 % Förderung, dann könnte man über 150 Millionen € Invest reden, das dahinterhängt. Es ist aber ein bisschen mehr; denn es

sind auch ein paar Projekte dabei, bei denen wir an die Höchstgrenze der Förderung kommen, wo das Investvolumen sogar einen dreistelligen Millionenbetrag erreicht. Das heißt, da hängt schon einiges dahinter.

Ich hoffe, dass wir in den nächsten Tagen aus Berlin in irgendeiner Form gute Nachrichten zum Haushalt 2023 kriegen und dass wir dann wieder freie Entscheidungen haben.

Mein Ministerium und auch die Investitionsbank Sachsen-Anhalt - das habe ich mit Marc M. so abgesprochen - haben alles so weit vorbereitet. Im Zweifelsfall arbeiten wir bis zum 31. Dezember auch Tag und Nacht daran, dass wir die Bescheide, wenn die Entscheidung irgendwann kommt, herausgeben können.

Fakt ist: Wir brauchen grünes Licht aus Berlin. Das ist nicht nur ein E-Mail gewesen, sondern die haben uns quasi intern auch die Vorgänge gesperrt. Wir können im Moment gar nichts machen. Das ist schon ein Problem.

Sobald die vielen Nachtsitzungen - ich gucke, wie auch ihr, jeden Morgen, was so im Bundeskanzleramt passiert, ob es ein Ergebnis gibt - fruchtbringend waren - ich glaube, für das Jahr 2023 bekommt man in Berlin noch relativ schnell eine Lösung hin -, können wir auch hier wieder Gas geben.

Fakt ist aber: Kriegen wir das bis zum 31. Dezember 2023 nicht hin, dann ist das Geld erst einmal weg. Ich glaube nicht, dass der Finanz- minister mir das Geld dann in das nächste Jahr überträgt. Das nützt auch nicht viel; denn wir kriegen die Kofinanzierung am Ende des Tages dann nicht hin. Das bringt uns alles nichts. Also wir müssen bis zum 31. Dezember 2023 die Bescheide über round about 50 Millionen € herausgeben. Wenn das alles funktioniert, dann haben wir kein Problem. Aber wir warten jetzt

wirklich auf Berlin. Jetzt ist der Bundeswirtschaftsminister gefordert, genauso wie der Bundesfinanzminister und der Bundeskanzler, schnell Lösungen hierfür zu finden.

Es gibt keine Nachfrage. Danke. - Dann setzen wir fort. Wir sind nach der CDU jetzt bei der AfD gelandet. - Herr Lizureck, bitte.

Vielen Dank. - Meine Frage geht an unseren Energieminister Prof. Dr. Willingmann. Sie haben sich mittels einer Pressemitteilung dazu geäußert, dass hier eine Wasserstofftrasse gebaut wird, haben sich sehr wohlwollend dazu ge- äußert. Meine Frage zielt darauf ab: Wird der Wasserstoff, der darüber transportiert wird, in unserem eigenen Land hergestellt oder wird der im Ausland hergestellt?

Ich habe Sie schon öfter aufgefordert, hier einmal einen Preis für die Kilowattstunde Wasserstoff zu nennen. Ich gebe zu bedenken: Ein Produkt wird erst marktfähig, wenn ein Bedarf dafür besteht. Der Bedarf ist nicht zuletzt durch einen Preis gekennzeichnet, der irgendwie annehmbar sein muss.

Dazu muss man sagen: Sollte dieses Wasserstoffnetz jetzt aufgebaut werden, um Wasserstoff aus fremden Regionen der Welt zu holen, dann können wir eindeutig feststellen, dass wir uns wieder in eine Abhängigkeit begeben, wie wir sie bei den vorhandenen Trassen haben. Wir werden wieder einem Preisdiktat unterliegen und irgendjemand kann uns wieder den Hahn zudrehen.

Mit importierten Dingen haben wir nicht so viel Glück. Ich möchte auf eine Studie hinweisen,

eine Analyse des Methanforschers Robert W. Howarth von der Cornell University. Er hat das LNG, das aus Nordamerika nach Deutschland importiert wird, daraufhin untersucht, wie sich das umwelttechnisch verhält. Nach neuesten Studien ist dieser Vorgang um bis zu 274 % umweltschädlicher als die Energieerzeugung aus Steinkohle. Ich sage einmal: Es ist mit Sicherheit auch viel, viel schädlicher als unsere heimische Braunkohle, mit der wir hier auch Energie produziert haben.

Jetzt sind die zwei Minuten um. Formulieren Sie einen Schlusssatz, dann passt es.

Ja. - Nach meiner Meinung würde es viel mehr Sinn ergeben, in unserem Land wieder mit Kernenergie Strom herzustellen.

(Oh! bei den GRÜNEN)

Erst einmal hätten wir die Wertschöpfung hier im Land und

Danke, jetzt - -

es wäre für die nächsten 100 Jahre Energie bereits vorhanden.

Ihre Frage ist, glaube ich, angekommen. Sie haben zwei Minuten, um eine Frage zu stellen;

diese sind schon eine ganze Weile vorbei. Ich bin da immer großzügig. - Bitte, Herr Willingmann.

Vielen Dank, Herr Lizureck. Zur Atomkraft diskutieren wir, glaube ich, heute Nachmittag noch, wenn Sie die Tagesordnung bis dahin schon verfolgt haben. Ich werde das also an dieser Stelle weglassen.

Die Studie, die Sie gerade erwähnt haben, kenne ich nicht, aber ich will mich dazu gern schlaumachen.

Zum Wasserstoffpreis habe ich Ihnen schon einmal gesagt, dass wir keinen staatlich festgesetzten Preis haben. Deshalb gibt es von mir an dieser Stelle auch keine Auskunft dazu.

Jetzt aber zu der Frage, was denn dieses Wasserstoffnetz transportieren soll. Da Sie als Freunde seliger Versorgung mit Energieträgern aus Russland

(Lachen und Beifall bei der CDU)

gerade infrage gestellt haben, dass wir keine guten Erfahrungen gemacht haben, sage ich Ihnen erstens: 70 Jahre lang haben wir ziemlich gute Erfahrungen damit gemacht; das muss man an dieser Stelle einmal mühelos betonen. Dass Herr Putin jetzt auf einmal der Ansicht ist, etwas, das selbst im Kalten Krieg funktioniert hat, nämlich die ununterbrochene Gasver- sorgung, abzustellen,

(Zuruf von der AfD)

ist eher eine geopolitische Entwicklung der aktuellen Zeit, nicht so sehr Folge der Fremdbelieferung.

Zweitens. Deutschland, die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt, war und ist immer auf Energieimporte angewiesen gewesen. Wir werden das auch weiterhin sein. Wir werden allerdings auch in einen Austausch eintreten. Das kennen Sie doch: Beim Gas war unsere Abhängigkeit bei 60 %, 70 %, 80 %. Selbst produzieren können wir es so gut wie gar nicht.

Beim Wasserstoff gehen wir im Moment davon aus - das sind auch die Zahlen, die bei der Veröffentlichung des Wasserstoffkernnetzes von Bundesminister Habeck genannt wurden -, dass wir etwa 30 % bis 50 % selbst erzeugen können. Den Rest werden wir tatsächlich importieren müssen. Es ist absehbar, dass dafür, da es sich vorzugsweise um grünen Wasserstoff handelt, tatsächlich Lieferbeziehungen zu Ländern entstehen müssen, in denen man sehr viel leichter grünen Wasserstoff herstellen kann. Auch dazu ist bereits hinreichend kommuniziert worden.

Um Ihre Frage zu beantworten: Dieses Wasserstoffkernnetz wird - um in Ihrer Terminologie zu bleiben - eigenen Wasserstoff und fremden Wasserstoff enthalten. Aber am Ende wird es unsere Industrie nicht interessieren, woher der Wasserstoff kommt, sondern nur, dass er da ist, um die Versorgung sicherzustellen. Das wollen wir mit dem Wasserstoffkernnetz. - Vielen Dank.

(Zustimmung)

Danke. - Es gibt eine Nachfrage von Herrn Lizureck.

Herr Willingmann, dann sollten Sie sich einmal mit Ihrem Amtskollegen Herrn Schulze unter-

halten. Er hat im November in der Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Tourismus gesagt, dass es in Deutschland kein tragfähiges Geschäftsmodell gibt, Wasserstoff zu den entsprechenden Preisen zu produzieren. Vielleicht wäre dazu ein Austausch angebracht.

Zum anderen muss ich Ihnen sagen: Die 20 führenden Industrienationen haben sich in Dubai dazu bekannt, auf Kernenergie zu setzen, doch wir gehen wieder einmal einen eigenen Weg. Ich möchte daran erinnern, dass wir hier bei uns im Land Energiereserven für die nächsten 100 Jahre haben. Das ist der Atommüll, den Sie hier einfach für die nächsten Generationen stehen lassen. Wenn wir den aufarbeiten und nutzen, ist er danach nicht einmal mehr Sondermüll. - Danke.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Mit welcher Technik denn? - Zurufe von der AfD)

Bitte, Herr Willingmann.

Herr Lizureck, ich habe Verständnis dafür, dass Sie sich für die Debatte heute Nachmittag warmlaufen möchten. Was das allerdings mit Wasserstoff zu tun hat, erschließt sich einem nicht sofort.

(Lachen und Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Aber wir haben heute Nachmittag Gelegenheit, darüber zu reden; dann können wir vielleicht neu sortieren, was Sie gerade erzählt haben.

Mit Kernenergie kann man Wasserstoff herstellen, das sollten Sie als Energieminister wissen.