Kommen wir zu dem nächsten Punkt, dem GRW-Bewilligungsstopp. Natürlich, das ist ein super Erfolg der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Das ist ein super Erfolg der Haushaltspolitik der Ampel. Mittel in Höhe von 50 Millionen € - so kam es aus dem Ministerium - stehen zur Debatte.
Gehen wir weiter zu den Netzentgelten. Im KTF waren Mittel in Höhe von mehr als 5,5 Milliarden € zur Unterstützung der Netzentgelte enthalten. Wenn sie nicht kommen, bedeutet das für jeden durchschnittlichen Haushalt eine jährliche Mehrbelastung in Höhe von 125 €. Für einen mittleren Industriebetrieb, der energieintensiv ist und 50 Beschäftigte hat, bedeutet das eine Zusatzbelastung im sechsstelligen Bereich.
Das alles sind Dinge, die im Osten stärker wirken als im Westen, und zwar ganz einfach aus einem Grund: Hier sind die Rücklagen geringer. All das ist die Konsequenz dieser Situation.
Was ist der Ausweg? - Jetzt redet die CDU über die Reduzierung bzw. Nichterhöhung des Bürgergeldes. Super, Kollege Merz! Super, Kollege Linnemann! Super, dass die CDU-geführten Länder ihnen eine rote Karte gezeigt haben.
Denn - ich fange an der Stelle langsam einmal an, an eine Persönlichkeitsspaltung bei der CDU zu glauben -: Zur Angelegenheit des KTF sagt man: Bundesverfassungsgericht - das Urteil. Wir verteidigen die Verfassung.
Bei der Erhöhung des Bürgergeldes geht es um die Umsetzung eines Bundesverfassungsgerichtsurteils zum Existenzminimum. Was sagt der CDU-Chef? - Mir völlig egal; ich fordere die Bundesregierung auf, das zu ignorieren. Was ist das für eine Doppelmoral, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU?
Ich sage aber auch ganz deutlich: Wir müssen endlich aus dem ideologischen, veralteten Relikt des letzten Jahrhunderts, der Schuldenbremse, heraus. Wir sehen doch, dass es ein massiver Fehler ist. Deswegen gibt es auch hierbei nicht die Möglichkeit der Korrektur. Wer die
Industrieentwicklung im Osten haben will, der muss sich von der Schuldenbremse verabschieden, liebe Kolleginnen und Kollegen, und zwar eindeutig.
Wir sagen allerdings auch: Fördermittel allein reichen nicht. Fördermittel allein sind noch lange keine Garantie dafür, dass wir vernünftige Arbeits- und Lebensbedingungen schaffen können. Wir haben damit durchaus traurige Erfahrungen in Sachsen-Anhalt gemacht, nämlich: Wir haben Industriebetriebe, die massiv mit dreistelligen Millionenbeträgen subventioniert worden sind, die hier produzieren, die hier hochproduktiv sind, und die trotzdem Arbeitsverhältnisse haben, als wären sie irgendwo in einer kleinen Billigklitsche, die eben keine vernünftigen Einkommen und Arbeitsverhältnisse garantieren.
- Das sage ich Ihnen sofort. - Als Erstes zum Glück eine Geschichte aus der Vergangenheit: Eine der größten Investitionsprojekte, die wir im Land hatten, war Mercer in Arneburg. Die Arbeitsverhältnisse in dem produktivsten Zellstoffbetrieb Europas waren über Jahre hinweg so miserabel, dass sie im Lohnbereich überhaupt erst durch den gesetzlichen Mindestlohn gehoben werden konnten.
Inzwischen haben wir durch den Kampf der Gewerkschaften dort sehr gute Arbeits- und Lebensbedingungen, und zwar mit Blick auf Urlaub, auf entsprechende Einkommen, auf Aspekte der Betreuung innerhalb des Betriebes und der sozialen Standards. Aber das mussten die Menschen sich erkämpfen. Wir hätten es ihnen garantieren können. Denn dieses Investi-
tionsprojekt im Norden ist zu einem großen Teil durch öffentliche Mittel überhaupt erst möglich gemacht worden.
Wir haben im Übrigen genau dieselbe Situation an einer anderen Stelle, und zwar bei Aryzta in Eisleben. Das ist eine der hochproduktivsten Anlagen im Bereich der Lebensmittelindustrie - mit erheblichen Mitteln im dreistelligen Millionenbereich aus der Landeskasse und insgesamt mit öffentlichen Mitteln organsiert.
Trotzdem müssen die Menschen dort für einen Manteltarifvertrag streiken. Sie müssen sich gegen die Geschäftsführung wehren, weil sie ansonsten viel, viel weniger Urlaub, viel, viel weniger Geld, viel, viel weniger Ausgleich für Nachtschichten und Ähnliches bekommen als ihre Kollegen in Bayern oder Baden-Württemberg, die im Übrigen in Betrieben arbeiten, die nicht so produktiv sind wie der in Eisleben.
Das bedeutet: Wir als Politiker haben die Aufgabe, nicht nur Fördermittel zu geben, sondern mit ihnen auch zu garantieren, dass vernünftigen Arbeitsbedingungen zu herrschen haben. Wenn ich auf Intel schaue, sage ich ganz klar: Wir stellen Steuermittel in Höhe von 10 Milliarden € zur Verfügung, aber - das sage ich in aller Deutlichkeit - diese Mittel in Höhe von 10 Milliarden € sind faktisch nicht gebunden.
Im Übrigen macht Präsident Biden das in den USA deutlich cleverer. Dort ist im Inflationsbekämpfungsgesetz ganz klar festgelegt, welche Garantien es für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Lohnbereich geben soll, welche Garantien es für die Kommunen geben soll, in denen diese Dinge umgesetzt werden.
Hier passiert das alles ganz offensichtlich nicht oder wir wissen es nicht, weil der Bund die Mittel zur Verfügung stellt. Ich hoffe nur inständig, dass diese Mittel auch daran gebunden sind,
dass - im Übrigen auch für die Contractors und alle diejenigen, die hinzukommen - vernünftige Rahmenbedingungen, vernünftige Arbeits- und Lebensbedingungen sichergestellt werden. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Das hat man bei Tesla auch gedacht. Wir sehen inzwischen, dass es an dieser Stelle eben genau nicht garantiert ist.
Wir unterstützen ganz eindeutig diejenigen, die diese Fehler von Landes- und Bundespolitik bisher ausbaden. Das sind z. B. die Kolleginnen und Kollegen, die in Eisleben streiken, die dort für einen vernünftigen Manteltarifvertrag sind, die es vorher bei Mercer in Arneburg organisiert haben und bei vielen anderen.
Ich sage in aller Deutlichkeit: Wenn es uns als Politiker nicht gelingt, endlich vernünftige Signale und Zeichen im Kontext dieser Fördermittel zu setzen, dann können wir uns jede Fachkräftewerbung sparen - ganz eindeutig!
Die Menschen gehen dorthin, wo sie gute Arbeits- und Lebensbedingungen haben; nicht dorthin, wo sie in hochproduktiven Betrieben befürchten müssen, weniger Geld, weniger Urlaub und weniger soziale Absicherung zu bekommen.
Wir brauchen eine aktive Wirtschaftspolitik. Dafür brauchen wir Geld. Dafür muss die Schuldenbremse weg. Wir benötigen klare Rahmenbedingungen und Konditionen, wenn diese Mittel ausgegeben werden, im Interesse der Menschen im Land. - Danke.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Rede von Herrn Gallert hätte Anlass dazu gegeben, um eine Redezeit von 20 bis 30 Minuten zu bitten. Ich glaube, das würde mir laut Ihren Regeln auch zugestanden werden.
Aber dann würden wir noch heute Abend um 23 Uhr hier sitzen, weil sich alles andere auch verschieben würde.
Ich will gar nicht auf einzelne Punkte eingehen, Herr Gallert. Zu dem Thema Klage beim Bundesverfassungsgericht. Heute wurden bereits mehrfach die „Mitteldeutsche Zeitung“ und die „Volksstimme“ zitiert, das sind zwei sehr gute Zeitungen in Sachsen-Anhalt. Es gibt noch ein paar mehr. Es gibt aber auch überregionale Zeitungen.
Ich habe gerade nachgeschaut, wann es genau war - ich habe es noch in Erinnerung gehabt, zumindest den Artikel. Am 20. November 2023 ist es gewesen. Da hat er ehemalige Bundesminister Jürgen Trittin gesagt: „Auch ich hätte gegen diesen Haushalt geklagt.“ Ich glaube, er ist noch Mitglied der GRÜNEN und der Bundeswirtschaftsminister ist auch ein Mitglied der GRÜNEN. Es ist schon etwas anders, als Sie es hier darstellen.
Ich sage es einmal mit einfachen Worten. Es kann nicht sein, dass man, wenn man irgendwo an einem Haus vorbeigeht, man sieht, es brennt lichterloh, und ruft die Feuerwehr, dann dafür verklagt wird, weil es dort brennt und man die Feuerwehr gerufen hat. So ist es ja nun nicht.
Hätte die Bundesregierung einen verfassungskonformen Haushalt vorgelegt, dann hätte das Bundesverfassungsgericht nicht so entscheiden müssen. Das ist einfach Tatsache. Deswegen haben wir auch die Situation, wie sie ist.
Ich sage auch, dass ich es wirklich bemerkenswert finde, dass im Landtag immer versucht wird, die Wirtschaft in Sachsen-Anhalt schlechtzureden. Ich habe bei Ihnen ein wenig Verständnis dafür, dass Sie Debatten aus dem Bundestag in die Landtage verlegen. Immerhin ist die Bundestagsfraktion nicht mehr existent. Daher muss man wahrscheinlich versuchen, über die Landesparlamente mehr Stimmung zu machen.
Ich will einmal sagen, dass die Wirtschaft in Sachsen-Anhalt trotz aller Herausforderungen, über die wir hier mehrfach diskutiert haben - wir haben dazu auch im Ausschuss gute Debatten geführt -, gut dasteht. Das liegt nicht an den Investitionen, über die wir immer wieder reden und die - aus meiner Sicht manchmal zu Recht, manchmal zu Unrecht - immer auf der Seite 1 der Zeitung stehen, sondern das liegt an der mittelständischen Wirtschaft in Sachsen-Anhalt.
Diese ist nämlich verdammt gesund. Und diese Wirtschaft hat dafür gesorgt, dass das Land Sachsen-Anhalt heute dort steht, wo es steht. Sachsen-Anhalt ist heute ein richtig attraktives Land.
gesagt: „Sven, du musst dieses Land verlassen, wenn du eine richtig tolle Karriere machen willst. Es wird schwer für dich, in Sachsen-Anhalt einen Beruf zu finden, in dem du ganz viel erleben kannst, in dem du die große Welt sehen kannst und in dem du erfolgreich sein kannst.“ Das hat man nicht nur mir gesagt, sondern Tausenden anderen auch. Warum sind sie denn alle in Bayern, in Baden-Württemberg und in Nordrhein-Westfalen gelandet?
Heute ist genau das Gegenteil der Fall. Wenn ich heute mit Schülerinnen und Schülern spreche, dann sage ich: Ihr habt heute die beste Zeit, die ihr euch vorstellen könnt. Wir haben heute einen Arbeitnehmermarkt. Heute kann sich jeder den Beruf aussuchen, den er haben will.
Wenn man jungen Leuten heute sagen kann „Egal ob ihr eine Ausbildung macht oder ob ihr eine Hochschule besucht, was auch immer ihr macht, ihr habt tolle Voraussetzungen, ihr müsst eure Heimat nicht mehr verlassen“, dann ist das auch ein Erfolg der aktuellen Landes- regierung und vor allen Dingen der Landesregierungen der vergangenen Jahrzehnte mit den Ministerpräsidenten Reiner Haseloff und
Es ist richtig: Reiner Haseloff hat das im Deutschen Bundestag gesagt. Und es ist doch gut, dass wir einen Ministerpräsidenten haben, der schon damals Dinge angesprochen hat, die man vielleicht auch heute so sieht und die man damals möglicherweise auch aus der Sicht der Bundesregierung hätte so sehen sollen.