Protokoll der Sitzung vom 12.12.2023

(Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf von der CDU: Aber nicht in Deutschland!)

Fotovoltaik und Windenergie haben im Jahr 2022 knapp 12 % des globalen Strommix ausgemacht, Tendenz exponentiell steigend.

(Zuruf von der AfD: 1,7 beide zusammen!)

Im Jahr 2022 wurde 4 % weniger Atomstrom produziert als im Jahr 2021. Frankreich produziert so wenig Atomstrom wie zuletzt im Jahr 1990. In Großbritannien ist die Anzahl der aktiven Reaktoren von elf auf neun gesunken.

(Unruhe bei der CDU, bei der AfD und bei der FDP)

In den nächsten Jahrzehnten sind weltweit viele Abschaltungen geplant, und zwar parallel zum Abschwung der fossilen Stromerzeugung. Das Geld fließt mittlerweile immer stärker in eine sinnvolle Richtung.

(Zuruf von Eva Feußner, CDU)

In erneuerbare Stromkapazitäten ohne Wasserkraft wurden umgerechnet 495 Milliarden USDollar investiert, das Vierzehnfache der atomaren Fehlinvestitionen, von denen eine ganze Menge niemals auch nur eine Kilowattstunde ins Netz speisen werden.

Allein China hat mit 423 Terawattstunden die Atomkraft mit 397 Terawattstunden bereits überholt. Da wundert es auch nicht, Herr Kosmehl, dass Chinas Unterschrift beim atomaren Wolkenkuckucksheim in Dubai gefehlt hat. Auch wenn es viele in diesem Raum nicht wahrhaben wollen, Atomkraft ist nur für zwei Sachen gut: erstens versteckte Quersubventionierung des Militärs für Atombomben und zweitens Risikokapitalvernichtung.

(Abg. Guido Kosmehl, FDP: Schämen Sie sich für einen solchen Beitrag! - Jan Scharfenort, AfD: Schwachsinn! - Weitere Zurufe)

Atomkraft ist riskant, schmutzig, teuer und unzuverlässig. Atomkraft wird, wie Kohle und Gas, in den nächsten Jahren weltweit von erneuerbaren Energien in Kombination mit Batteriespeichern aus dem Markt gedrängt.

(Zuruf von Eva Feußner, CDU)

Das werden Sie erfahren. Die Diskussion, die wir zum Wohle des Landes führen müssen, dreht sich nicht um Atomstrom, sondern darum, wie wir den Jobmotor Erneuerbare und Speicher in Sachsen-Anhalt beschleunigen. Wir hatten dazu vor Kurzem ein Fachgespräch zur Verfahrensbeschleunigung mit Projektierern und Verteilnetzbetreibern. Wir haben vorgeschlagen, die Servicestelle Erneuerbare Energien bei der LENA weiterzuentwickeln, und zwar dahin gehend, dass sie die Genehmigungsverfahren für die Landkreise übernehmen kann. Das wurde von der Koalition abgelehnt.

(Zuruf von Eva Feußner, CDU)

Von den Macherinnen und Machern der Energiewende bekommen wir dafür positives Feedback. Es gibt den Hinweis, dass Baden-Württemberg eine Zentralstelle eingeführt hat und bei vollständigen Unterlagen die Genehmigung nur noch ein bis drei Monate braucht. Dieses ambitionierte Ziel kann sich die Landesregierung gern zu eigen machen.

(Unruhe)

Erinnern Sie sich noch an den Beginn meiner Rede, Herr Silbersack? Ich habe den Kollegen gefragt, ob er die Schuldenbremse abschaffen würde, um Atomkraftwerke zu finanzieren. Ich muss mich korrigieren. Es ist tatsächlich nicht die naheliegendste Frage, und zwar schon gar nicht, wenn Herr Silbersack jetzt Atomkraftwerke in Leuna bauen will.

Noch näher liegt die Frage, Herr Silbersack, ob Sie uns in unserem Sachsen-Anhalt und viel-

leicht sogar in Ihrem Weinberg eine Lösung für ein Endlager anbieten.

Herr Bernstein, Ihr Kollege, war in der Landespressekonferenz erfrischend ehrlich. Er wurde nach einem Endlager in Sachsen-Anhalt gefragt und antwortete: Wer A sagt, muss auch B sagen. - Gehen Sie voran, liebe FDP.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bieten Sie Ihre Wahlkreise als Endlager für Ihre Träume einer atomar strahlenden Zukunft an.

(Zuruf von der FDP)

Lassen Sie mich jetzt ganz zum Schluss noch deutlich sagen: Wir haben schlicht die Situation, dass Sie sich hier in diesem Raum immer wieder aufregen, wenn es um Stromimporte geht.

(Jörg Bernstein, FDP: Weil Sie keine Ahnung haben; das ist die Situation!)

Wenn es um Importe anderer Energien geht, dann werden Sie plötzlich still. Bei Steinkohle machen Sie es nicht. Bei Gas machen Sie es nicht. Bei Erdöl machen Sie es nicht. Wir sagen: Wir wollen uns unabhängig machen, und zwar mit erneuerbaren Energien in einem europäischen Netz.

Herr Striegel, das Ende Ihrer Redezeit ist erreicht.

Dafür stehen wir GRÜNEN.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir sind am Ende der Debatte angekommen. - Herr Silbersack kommt nun an das Rednerpult, um das Schlusswort für die FDP-Fraktion zu sprechen.

(Unruhe)

Ich freue mich über die rege Diskussion zu dem Thema. Dies zeigt, dass das Thema an Brisanz nicht ansatzweise verloren hat.

(Lachen bei der FDP)

Die Debatte ist deshalb von uns angemeldet worden, weil uns die Weltklimakonferenz gezeigt hat, wie wichtig es ist, dass man eben über beide Dinge redet,

(Zustimmung bei der FDP)

einerseits über das Thema erneuerbare Energien, wozu wir eine Erklärung haben, andererseits aber auch über das Thema Kernenergie. Das, was uns einfach umtreibt, ist, dass wir keinen deutschen Sonderweg gehen können. Davon bin ich fest überzeugt.

Es geht auch nicht darum, dass die FDP hin und her schlingert.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Nur ein biss- chen!)

Im Jahr 2011, Herr Minister, waren die Vor- zeichen andere. Es war eine andere Situation. Wir haben im Grunde genommen eine sich verändernde Welt. Das ist ungefähr so, als wenn ich Reden aus dem Bundestag aus dem Jahr 1923 zitiere.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Was? 1923 aus dem Bundestag?)

Damals haben die Leute eben anders gesprochen als heute. Geschichte verändert sich. Deshalb ist es einfach so, dass man darauf tatsächlich reagieren muss. Insofern hat sich die Geschäftsgrundlage geändert. Das, was Christian Lindner gesagt hat, war vor dem Ukrainekrieg.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Aber die Argu- mente zählen heute noch immer!)

Nach dem Ukrainekrieg haben sich die Herausforderungen geändert. Wir haben gesagt, wir brauchen bezahlbaren Strom; denn bis dahin hatten wir Energie aus Russland. Das war für uns sehr günstig. Das ist durch den Ukrainekrieg weggefallen. Deshalb haben wir gesagt, wir müssen es in alle Richtungen öffnen. Insofern ist es kein Wechsel in irgendeine Richtung, sondern es ist eine ganz klare Richtung: Ich brauche bezahlbaren Strom für die Leute. Ausschließlich darum geht es.

(Olaf Meister, GRÜNE: Uns auch!)

Ich muss ganz ehrlich sagen, Herr Minister, wenn Sie immer so nonchalant sagen, na ja, wir produzieren selbst keinen Strom, lehnen das kategorisch ab, nehmen aber den Atomstrom von anderen,

(Ulrich Thomas, CDU: Doppelmoral!)

dann finde ich das schwierig. Ich finde, das lässt sich schlecht verkaufen. Es fühlt sich irgendwie nicht gut an.

(Zuruf von Minister Prof. Dr. Armin Willing- mann)

Das muss ich wirklich sagen.

Herr Scharfenort, in Ihre Richtung muss ich sagen, der Unterschied ist - das wollen Sie wahr-

scheinlich nicht wahrhaben -: Dubai hat zwei Erklärungen gebracht. Das eine war eine Erklärung in Richtung erneuerbarer Energien, wofür die Liberalen stehen, und das andere eine Erklärung in Richtung Kernenergie, also zwei. Sie lehnen den ersten Teil gänzlich ab. Insofern ist das nicht unsere Sprache. Wir haben keine Doppelmoral und sind auch nicht verlogen. Es ist eine klare Basis. Wir haben einen Klimawandel, den Sie leugnen. Der ist aber da. Das ist einfach so.