Protokoll der Sitzung vom 25.01.2024

(Lachen bei der FDP und bei der CDU - Zu- stimmung bei der SPD)

Ich meine, man sollte die Sache nicht ins Lächerliche ziehen, aber ich habe zumindest darauf hingewiesen, dass Schüler, die in Deutschland

(Dr. Falko Grube, SPD: Wo ist denn der Zet- tel?)

- ich habe keinen Zettel -, die in Sachsen-Anhalt eine Ausbildung z. B. zum Physiotherapeuten und zum Ergotherapeuten machen - ich habe den Logopäden ausdrücklich ausgenommen; denn ich habe jetzt keine öffentliche Schule gefunden, die diesen ausbildet -, landesweit die Möglichkeit haben - wie gesagt, mit Ausnahme der Berufsschule in Stendal, die bilden darin nicht aus -, eine Ausbildung zu machen.

Das soll kein Abwerben von den Schulen in freier Trägerschaft sein, aber wenn man sich die Karte anschaut - ich habe mir das bei www.physio.de angesehen; so heißt, glaube ich, die Seite, auf der die einzelnen Ausbildungsmöglichkeiten sehr übersichtlich aufgeführt werden -, dann sieht man: In dem Umfeld der öffentlichen Berufsschulen sind immer auch Berufsschulen in freier Trägerschaft

vorhanden. Dann stellt sich für mich die Frage, warum man die eine oder die andere Schule wählt.

Schauen wir einmal ganz konkret auf meine eigene Schule. Wir hatten, wenn ich das richtig sehe, zu den besten Zeiten zwei Parallelklassen für Physiotherapeuten. Jetzt kriegen wir mit Mühe und Not gerade eine voll. Das ist für mich doch eigentlich ein Zeichen dafür, dass es andere Ursachen dafür gibt, dass diese Ausbildungsberufe nicht mehr angewählt werden.

Kollegin Katja Pähle hat es vorhin schon gesagt: Das sind letztendlich andere Rahmenbedingungen. In meiner Anfangszeit als Berufsschullehrer hatten wir Berufsfachschulklassen, z. B. Kaufleute für Büromanagement. Das war Ausdruck dessen, dass die Wirtschaft nicht genügend Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt hat. Heute ist das anders; heute können die Schüler wählen. Dann muss ich diese Ausbildungsberufe doch letztendlich so attraktiv machen, auch vonseiten der Arbeitgeber, dass sie gewählt werden. Es kann nicht immer nur die Aufgabe des Staates sein, in diesem Fall des Landes, zu sagen: Wir machen das jetzt schulgeldfrei. Wir bieten doch schon die Ausbildungsplätze an und dafür muss niemand etwas zahlen.

(Nicole Anger, DIE LINKE: Einfach mal ma- chen!)

- Ja, machen wir doch auch. Ich kann z. B. in Dessau an der Berufsschule Physiotherapeut werden und habe, wie bei Fielmann, keinen Pfennig dazubezahlt.

(Zustimmung von Konstantin Pott, FDP - Ste- fan Ruland, CDU, lachend: Schleichwerbung! - Lachen bei der CDU)

Das war gar nicht das Thema. Ich habe gesagt, dafür muss es eine Lösung geben, wie z. B. bei den Pflegefachkräften: Man kann sich über einen Ausbildungsfonds, in den alle Beteiligten, die davon profitieren, einzahlen, entsprechend verständigen.

Gut.

(Unruhe)

- Jetzt geht das hier mit dem Hin- und Herrufen weiter. Nein!

Ich wollte nichts weiter sagen.

(Lachen bei der CDU und bei der SPD)

Sie nicht, aber einige dort hinten. Und dann immer in Dialogform und so etwas. Nein, nein.

Jetzt kommt Frau Sziborra-Seidlitz an das Rednerpult und dann sind wir wieder im normalen Fahrwasser.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Anfang 2019, also vor meiner Zeit hier, wurde die damalige Landesregierung von dem damaligen Landtag mit dem Beschluss in der Drs. 7/3904 aufgefordert - ich zitiere -

„[…] alle notwendigen Verwaltungsverfahren zur Umsetzung der Schulgeldfreiheit für Erzieher- und Gesundheitsberufe vorzubereiten, damit diese, beginnend zum Schuljahr 2020/2021, in Sachsen-Anhalt umgesetzt werden können. Dazu gehört“

- das Zitat geht weiter -

„nach einer Ermittlung der möglichen Kosten auch die haushälterische Vorsorge.“

Jetzt stehen wir im Schuljahr 2023/2024 und warten noch immer auf die vollständige Umsetzung. Es ist bitter und fahrlässig, dass sich insbesondere ein Ministerium weiterhin weigert - nun schon in der zweiten Legislaturperiode -, die Verantwortung zu übernehmen und diesen Beschluss umzusetzen. Als bundesweit unrühmliche Ausnahme gibt es nach wie vor ein Schulgeld an Gesundheitsfachschulen in Sachsen-Anhalt.

Es ist natürlich unattraktiv für junge Menschen und auch überhaupt nicht nachvollziehbar, für die eigene Ausbildung Geld zahlen zu müssen, während man gleichzeitig jeden Tag Klagen über den Fachkräftemangel gerade in diesem Bereich hört. Ich hoffe sehr darauf, dass sich die Landesregierung und die zuständigen Ministerien den heute zu fassenden Landtagsbeschluss mehr zu Herzen nehmen als den eben zitierten und ihn zügig umsetzen, damit wir im Schuljahr 2024/2025 endlich einen Haken an dieser Stelle machen können.

Auch nach einem entsprechenden Beschluss längst nicht zu streichen von der politischen To-do-Liste - denn es steht nicht mehr darin - ist die weitere Akademisierung der Gesundheits- und Pflegeberufe. Ja, dabei sind wir in- zwischen einige Schritte weiter, und ja, es gibt einige entsprechende Studiengänge hier im

Land. Aber weder die Breite der Studiengänge noch die Zahl der Studienplätze reichen auch nur annähernd aus, um den Herausforderungen einer sich gerade rasant verändernden Gesundheitslandschaft gerecht zu werden. Wir haben einige Herausforderungen vor der Brust und denen werden wir nicht gerecht.

Ebenso wichtig wie die Etablierung solcher Studiengänge ist natürlich die Entwicklung der nachfolgenden Berufsfelder und Karrierewege. Es liegt noch einiges brach, das zu tun wäre, damit die Absolventinnen und Absolventen nach ihrem Abschluss ihren Kompetenzen entsprechend arbeiten können und auch bezahlt werden.

Sie erinnern sich sicherlich: Das Projekt Hebammenkreißsaal hat sich exakt dies auf die Fahnen geschrieben und wird seit der Kenia- Koalition vom Land erfolgreich gefördert - für starke Hebammen, für eine gesunde und natürliche Geburt. Augenhöhe und echte Multiprofessionalität, das gilt es zu erreichen, für gutes Arbeiten, für einen attraktiven Beruf, für das Wohl der Patientinnen und Patienten.

Die vorliegende Beschlussempfehlung stupst die Entwicklung dahin etwas an - das erkenne ich durchaus an -, aber sie schöpft die Möglichkeiten unseres Landes nicht wirklich aus. Ich denke, eine Enthaltung wird der vorliegenden Beschlussempfehlung deshalb auch an dieser Stelle gerecht. - Vielen Dank.

(Zustimmung von Olaf Meister, GRÜNE)

Vielen Dank, Frau Sziborra-Seidlitz. - Es folgt als letzter Redner Herr Redlich.

Werte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unser Ziel muss es sein, die Deckung der Personalbedarfe und eine sichere Versorgung der Bevölkerung auch mit therapeutischen Gesundheitsleistungen in Sachsen-Anhalt weiterhin zu gewährleisten. Insofern verstehe ich Herrn Walds Ausführungen nicht so richtig. Warum sollten wir dafür nicht auch Zuwanderung nutzen?

Aktuell sehen wir aber auch, dass wir in den therapeutischen Gesundheitsberufen teilweise nicht mehr genügend Absolventen haben. Das wurde schon angesprochen. Wir haben vielfältige Angebote, aber die Zahl derjenigen, die sich darauf bewerben, sinkt. Die leistungsstarken Bewerber fehlen. Deshalb ist es - Herr Bernstein hat es angesprochen - wichtig, dass wir auch in Sachsen-Anhalt Schulgeldfreiheit haben, dass wir aber auch - das hat Frau Pähle angesprochen - darüber nachdenken, wie man eine Ausbildungsvergütung hinbekommt. Der Punkt dabei ist einfach, dass man auch über neue Wege nachdenken muss, etwa das Ganze vielleicht auch mit einer dualen Ausbildung zu machen. Denn wir müssen nicht alles immer stärker akademisieren.

Wenn wir das nicht erreichen, drohen potenzielle Bewerber in andere Bundesländer abzuwandern, weil sie dort ohne zusätzliche finanzielle Belastungen eine Ausbildung beginnen können. Ob sie dann wieder nach Sachsen- Anhalt zurückkommen, ist fraglich.

Die meisten therapeutischen Gesundheitsberufe brauchen wir aber auch deshalb, weil sie einen präventiven Charakter haben. Bei einer älter werdenden Bevölkerung, die das Gesundheitssystem mit immer neuen und

komplexeren Anforderungen konfrontiert, ist es wichtig, das Gesundheitssystem zukünftig gerade durch Prävention zu entlasten und auch für Entlastung genau an den Stellen zu sorgen, die wir sonst noch zusätzlich belasten.

Wir haben die Kostenfreiheit der Erstausbildung festgeschrieben und dem wollen wir auch gerecht werden. Dabei gibt es in SachsenAnhalt aber eben einen Unterschied, z. B. bei der Physiotherapie, zwischen den Regelungen für den wissenschaftlichen Bereich und denen für schulische Ausbildungszentren. Ich habe bereits gefragt, ob man das akademisieren muss. Mit unserem Beschluss wollen wir der Problematik der unterschiedlichen finanziellen Belastungen Rechnung tragen. Wir fordern die Landesregierung deshalb dazu auf, diese Maßnahmen zu prüfen und zeitgerecht Änderungen einzuleiten.

Allerdings ist auch der Bund in der Pflicht. Dieser hat gemeinsam mit den Bundesländern die Eckpunkte des Gesamtkonzepts der Gesundheitsfachberufe beschlossen. Diese Eckpunkte müssen auch auf der Bundesseite endlich umgesetzt werden.

(Zustimmung von Ministerin Eva Feußner)

Im Kern geht es vor allem um die grundlegende Reform der Ausbildung. Da bin ich bei Herrn Bernstein: Das ist genau der Punkt, an dem wir auch einmal über neue Wege nachdenken müssen. Insgesamt ist es wichtig, dass wir attraktive Ausbildungsangebote und Möglichkeiten schaffen. Deshalb bitten wir um Zustimmung zu der Beschlussempfehlung. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU, bei der FDP und von Ministerin Eva Feußner)

Vielen Dank, Herr Redlich. - Damit ist die Debatte beendet und wir kommen zur Abstimmung.

Abstimmung

Es geht zunächst um den Änderungsantrag der LINKEN in der Drs. 8/3644, der eine Ergänzung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung um einen neuen Punkt 8 vorschlägt. Wer dem Änderungsantrag der LINKEN zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Wer ist da- gegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich der Stimme? - BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die AfD. Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE abgelehnt worden.

Damit kommen wir zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses in der unveränderten Fassung. Wer der Beschlussempfehlung zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Niemand. Wer enthält sich der Stimme? - Die Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der AfD. Damit ist der Beschlussempfehlung gefolgt worden und der Tagesordnungspunkt 16 ist beendet.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 17

Erste Beratung

Längerfristig an Hochschulen arbeiten - Mehr Dauerstellen an den Hochschulen schaffen und Personalstellen entfristen

Antrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 8/3430