Protokoll der Sitzung vom 25.01.2024

(Unruhe)

Wir leben in einer Zeit, in der der Arbeitsmarkt - Sie haben es selbst gesagt, die Wirtschaft sucht händeringend Fachkräfte -, offensteht und junge Leute mit guten Qualifikationen sich die Stellen aussuchen können.

Entschuldigung, einen Augenblick, bitte. - Der Geräuschpegel steigt gerade an, und ich merke, dass Sie immer lauter werden. Dann werden die Gespräche lauter, damit man sich noch versteht. Wer sich unterhalten will, sollte bitte nach draußen gehen.

Das sagt meine Frau auch. - Aber dass die AfD beim Thema akademische Bildung nicht richtig zuhört, wundert mich am Ende auch nicht, meine Damen und Herren.

(Zurufe von der AfD)

Aber egal. Der musste jetzt sein.

(Zurufe von der AfD)

- Seid ihr jetzt fertig? - Gut, okay.

Deshalb sage ich eines: Ich kenne junge Leute, die mit einem Bachelor in die Wirtschaft kommen und sagen, sie kommen aber nur einen Tag und wollen vier Tage Homeoffice haben, und die bekommen den Job, weil der Arbeitsmarkt heute so ist, wie er ist. Das heißt, das Zerrbild, da sitzen lauter demotivierte junge Leute, die Angst vor der Zukunft haben, stimmt einfach nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zurufe von der AfD)

Wir müssen eine Balance finden zwischen wissenschaftlichen Perspektiven - - Aber liebe Leute, nicht jeder muss promovieren und Professor werden, da brauchen wir die Besten, aber nicht alle. Deshalb ist das ein Thema - die rote Lampe leuchtet -, über das wir im Ausschuss noch einmal intensiv diskutieren müssen.

Aber ich bekenne freimütig, ich stehe Ihrem Anliegen eher skeptisch gegenüber, bin aber bereit, mit Ihnen darüber zu streiten und zu diskutieren. Darauf freue ich mich. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Tullner. - Jetzt kommt Herr Dr. Tillschneider als nächster Redner an das Rednerpult.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag der GRÜNEN scheint, oberflächlich betrachtet, den Beschäftigten der Universitäten und Hochschulen etwas Gutes tun zu wollen, doch das entpuppt sich bei näherem Hinsehen als Illusion. Kernforderung des Antrags ist - Zitat - „eine Erhöhung des Anteils unbefristet beschäftigten Personals“.

Eine bloße Erhöhung des Anteils unbefristet beschäftigten Personals aber ließe sich schon durch einen lächerlichen Aufwuchs unbefristeter Stellen oder vielmehr auch durch eine ersatzlose Streichung befristeter Stellen erreichen. Die Gesamtzahl der Beschäftigten würde sinken, der Anteil des unbefristet beschäftigten Personals rein rechnerisch steigen.

(Olaf Meister, GRÜNE: Das ist mathematisch korrekt!)

- Genau. Ich glaube ehrlicherweise nicht, dass Sie es darauf abgesehen haben. Das will ich Ihnen auch nicht unterstellen. Sie haben einfach nur keinen Referenten, der hinreichend präzise formulieren kann.

(Beifall bei der AfD - Zuruf von der AfD: Ja!)

Aber wie dem nun sei, das Problem an unseren Universitäten ist, dass es aufgrund der Akademikerschwemme - ich spreche jetzt grundsätzlich - für die andrängenden Massen, die gern Wissenschaftler werden würden, einfach zu wenige Stellen gibt. Dieses Problem wird zurzeit durch Abschreckung mit miserablen Bedingungen gelöst, durch Befristungen, lächerlich niedrige Löhne auf Teilstellen, durch Quotenirrsinn, durch ein Klima geistiger Enge und politisch motivierte Bewerberauswahl.

Ergebnis: An der Universität bleiben nicht die Besten, sondern in erster Linie diejenigen, die zur Quote passen, kein Problem mit der politischen Korrektheit haben, keine rechte Meinung äußern und dazu noch so anspruchslos sind, dass sie für einen Lohn knapp über Sozialhilfeniveau arbeiten, manchmal auch darunter.

Das ist das neue akademische Lumpenproletariat, das dann auch noch so naiv ist - das mache ich diesen Leuten wirklich zum Vorwurf -, den Frust über seine prekäre Situation nicht etwa den Altparteien anzulasten, die da- für die Verantwortung tragen, sondern zu verdrängen und sich dann brav an der AfD ab- zuarbeiten, die diesem akademischen Lumpenproletariat als Sündenbock vorgehalten wird.

(Beifall bei der AfD)

Wollen wir diese Misere beenden, brauchen wir, ganz kurz gesagt, mehr Klasse statt Masse, Selektion nicht nach Quote und politischer Meinung, sondern einzig und allein nach wissenschaftlicher Leistung. Wir müssen den Besten das Beste bieten und die Wissenschaft von der politischen Tyrannei befreien.

(Beifall bei der AfD)

Das aber können die GRÜNEN nicht leisten; denn sie haben diese Verhältnisse doch erst mit herbeigeführt. Sie sind die Partei der politischen Tyrannei, und Sie sind die Totengräberin der deutschen Wissenschaft.

(Beifall bei der AfD - Zuruf von der AfD: Ge- nau! - Weitere Zurufe von der AfD)

Es gibt keine Frage,

(Zuruf von der AfD)

auch keine Intervention.

(Unruhe - Zuruf von der AfD)

Es folgt Herr Pott.

(Lachen bei der AfD - Unruhe)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Im Rahmen der Vereinbarung über die Umsetzung des Zukunftsvertrages „Studium und Lehre stärken“ hat sich das Land Sachsen-Anhalt gemeinsam mit den Hochschulen in seiner Verpflichtungserklärung auf eine Erhöhung des Anteils des hauptberuflich tätigen unbefristeten wissenschaftlichen und künstlerischen Personals verständigt.

Eines der erklärten Ziele ist dabei die deutliche Verbesserung der Betreuungssituation zwischen Studierenden und Lehrpersonal. Da- für sollen laut Vereinbarung 25 % der vom Bund zur Verfügung gestellten Mittel ein- gesetzt werden.

Die Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage des Kollegen Meister aus dem August 2023 zeigt jedoch auf, dass die Zielumsetzung der Hochschulen durchaus stark variiert. Beispielsweise wurden an der MLU seit dem Jahr 2019 insgesamt 48 unbefristete wissenschaftliche Stellen neu eingerichtet. An der OVGU waren es ganze zwei Stellen in diesem Zeitraum. Da scheint doch noch ganz schön viel Luft nach oben zu sein. Genau darüber sollten wir im Ausschuss mit den Hochschulen sprechen.

Deshalb nehme ich an der Stelle vorweg, dass wir vorschlagen, den Antrag in den Wissenschaftsausschuss zur federführenden Beratung sowie in den Finanzausschuss zur Mitberatung zu überweisen. Denn neben der bereits angesprochenen Verbesserung der Betreuungssituation soll der Fokus der Hochschulen laut Verpflichtungserklärung auch auf der Steigerung der Lehrqualität liegen.

Exzellente Lehre setzt jedoch auch zwingend exzellente Dozentinnen und Dozenten voraus. Es gilt, genau diese zu finden und dann vor allem im Wissenschaftssystem zu halten. Das wird bei den aktuellen Bedingungen auf unserem Arbeitsmarkt jedoch nur gelingen, wenn wir den Lehrenden echte und attraktive Karrierechancen bieten, die über die befristeten Qualifikationsstellen hinausgehen.

Lassen Sie uns darüber im Ausschuss vertiefend diskutieren, auch mit den Hochschulen, was denn aktuell die größten Hemmnisse sind, damit wir das hinbekommen. - Ich freue mich auf die Diskussion und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Pott. - Es macht sich Herr Lange auf den Weg.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben sehr oft schon, auch hier im Hohen Hause, über das Thema „Gute Arbeit in der Wissenschaft“ debattiert. Es gab dazu auch von uns umfang-

reiche Anträge. Es gab Anfragen, auch Große Anfragen, über die wir diskutiert haben.

Ich freue mich, dass die GRÜNEN an der Stelle zurückgekommen sind. Mit Frau Dalbert hatten wir z. B. auch das Thema Tenure-Track schon sehr intensiv und auch sehr detailreich in den Ausschüssen debattiert. Jetzt kommt ein recht einfacher Antrag daher mit der Aufforderung: Macht mal was in der Zielvereinbarung! - Das kann man machen. Allerdings dient es doch eher dazu, dieses Thema überhaupt erst ein- mal wieder im Landtag zu beraten. Dafür ist der Antrag tatsächlich geeignet.

Meine Damen und Herren! Prekäre Beschäftigung in der Wissenschaft ist leider an der Tagesordnung. - Herr Tullner, ich würde nicht so einfach über die Berichte hinweggehen, die junge Menschen unter dem Hashtag „#IchBinHannah“ abgeben. Denn wenn wir an unseren Hochschulen so weitermachen, dann sägen wir an dem Ast, den die Wissenschaft braucht.

Das merken wir bspw., wenn man einmal in die Informatik guckt, wie viele dort schon mit dem Bachelor in die Wirtschaft gehen und dann in der Wissenschaft fehlen, weil sie dort viel zu wenige Perspektiven haben. Das ist ein Problem, bei dem wir an dem eigenen Ast der Ausbildung sägen. Das ist falsch. Deswegen muss da etwas passieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir sagen auch ganz klar: Daueraufgaben? - Dafür braucht es Dauerstellen.

Meine Damen und Herren! Promotionen sollten viel besser auf sozialversicherungspflichtigen Stellen erfolgen anstatt mit Stipendien finanziert. Und wir sagen ganz klar: Es braucht

eine Karriereoption für die Postdocphase, bspw. eben Tenure-Track.

Drittmittelstellen sollten so lange andauern, wie das Projekt tatsächlich läuft. Unbefristete Stellen sollten der Standard sein. Der Zukunftsvertrag verlangt das ja auch, und zwar bei den Stellen für Wissenschaftler und nicht immer nur bei den administrativen Stellen. Das ist uns wichtig.