Protokoll der Sitzung vom 25.01.2024

Insofern war es sehr interessant, in den Berichten zu sehen, dass auch die Delegetimation von Wahlen ein eigener Tagesordnungspunkt war.

In dieser Konferenz der Rechtsextremisten im November 2023 trat ein besonders typisches Element einer totalitären Weltsicht hervor. Der AfD selbst scheint es gar nicht so recht klar zu sein. Sie wirkte daher etwas ratlos und hilflos in ihrer Reaktion. Sie haben doch eigentlich nur wie immer gegen Ausländer gehetzt und plötzlich regen sich alle auf und gehen gleich zu Millionen auf die Straße.

In dieser Konferenz maßt sich der Rechtsextremismus, und mittendrin die AfD, an, zu

entscheiden, wer noch zu unserem Staatsvolk gehört und wer nicht.

(Oliver Kirchner, AfD: War die CDU auch da- bei?)

Sie sortieren nach ethnischen und rassistischen Merkmalen, aber vor allem auch nach Wohlverhalten aus. Ein totalitärer Staat soll tief in die Rechte seiner Bürger eingreifen und ihnen die bestehende Staatsbürgerschaft entziehen, sie ausbürgern. Sellner sprach gleich von 15 Millionen.

(Zuruf von der AfD)

Sie kommen dann nach Nordafrika, und zwar auch so missliebige Personen wie all diejenigen, die sich für Flüchtlinge einsetzen - so war das Zitat.

Wer könnte denn damit gemeint sein, wenn nicht der politische Gegner? Was passiert denn in der in der Konferenz skizzierten totalitären Welt mit Menschen, die ihre Heimat nicht auf Anweisung einer AfD-Regierung in Richtung Nordafrika verlassen, mit Richtern, die denen recht geben, mit Journalisten, die das kritisieren, mit Pfarrern, die sich dem entgegenstellen? - Wären das nicht auch die Volksfeinde, die Herr Dr. Tillschneider erwähnt, von denen er spricht? Was passiert in Ihrem Staat mit diesen Menschen?

Herr Siegmund - er wurde natürlich wie so oft schrecklich missverstanden - möchte ausländische Restaurants unter Druck setzen. Wie macht man das rechtsstaatskonform? Es ist auch ein ziemlich krudes Ziel, gegen den Griechen an der Ecke zu kämpfen, aber das ist ein anderes Thema. Druck auf Gewerbetreibende anhand rassistischer Kriterien. Es soll für diese Klientel möglichst unattraktiv sein,

in Sachsen-Anhalt zu leben. Dass wir einen Staat mit genau solchen Prämissen schon einmal hatten und wo das endete, sollte klar sein.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der LINKEN und bei der SPD)

Für die Politik, die Sie in Ihrer Konferenz verfolgt und vorbereitet haben, gibt es einen ganz simplen Begriff, man muss auch nicht darum herumeiern und sich etwas Neues einfallen lassen: Das ist Faschismus.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der LINKEN und bei der SPD)

Wir alle müssen uns fragen, wie wir mit dieser Situation umgehen. Die AfD muss für sich klären, ob das ihr Weg ist. Die kurze Geschichte der AfD ist eine der kontinuierlichen Radikalisierung. Die Vorsitzenden kamen immer von rechts auf die Bühne und fielen links wieder herunter, weil die AfD wie im Zeitraffer immer rechtsextremer wurde: Lucke, Petry, Meuthen. Nun ist man längst bei faschistischen Positionen angelangt.

Ja, es ist so, eine Demokratie muss dazu bereit sein, viel auszuhalten. Sie muss auch extreme Ansichten hinnehmen und in Kauf nehmen, dass Menschen das System infrage stellen. Rechtsextreme werden gewählt und sitzen in den Parlamenten. Ob das den demokratischen Parteien gefällt, ist rechtlich keine sinnvolle Kategorie.

(Oliver Kirchner, AfD: Das bestimmen Sie nicht!)

- Ich sage ja, das stellen wir gerade nicht fest.

(Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)

Es gibt aber eben eine Grenze. Es gibt das Toleranzparadox: Uneingeschränkte Toleranz führt zu ihrer Abschaffung. Muss die Demokratie so tolerant sein, dass ihre eigene Abschaffung ein ganz normaler Teil des politischen Meinungsspektrums ist?

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Nein! - Zu- stimmung von Cornelia Lüddemann, GRÜ- NE)

Die Mütter und Väter des Grundgesetzes haben, wortwörtlich in den Trümmern der gegenteiligen Ansicht sitzend, diese Frage deutlich mit Nein beantwortet.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN und bei der SPD)

Damit sind wir bei der Frage, was sollte die wehrhafte Demokratie tun. Ich bin kein Freund von Parteiverboten. Sie ändern keine Einstellungen. Die Demokratie liefert ihren Gegnern inhaltliche Munition, wenn ein politischer Akteur repressiven Maßnahmen aus- gesetzt wird. Doch gibt es diese Linie: Die Abschaffung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung,

(Oliver Kirchner, AfD, lacht)

des Rechtsstaats ist keine hinnehmbare Option. Wenn Sie Volksfeinde ausmachen und auf die Liste setzen oder Leute bejubeln, die das tun, wenn Sie die Deportation von missliebigen Staatsbürgern betreiben oder Leute in Funktionen bringen oder belassen, die das tun, dann sind Sie deutlich auf der anderen Seite dieser Linie.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN und bei der SPD)

Eine Partei wird nicht wegen Äußerungen einzelner Extremisten einem Verbotsverfahren unterzogen, sondern man muss die Position der Gesamtpartei zurechnen können.

(Daniel Roi, AfD: Ach!)

Die AfD muss sich entscheiden, ob sie diesen rechtsextremistischen, ja, letztlich faschistischen Weg weitergeht und die freiheitlich- demokratische Grundordnung bekämpft oder ob ein Ende der Radikalisierung erfolgt und diese Linie, von der ich sprach, Beachtung findet. Dass Sie bundesweit in bewusster Fortsetzung der Konferenz diese Remigrationsdebatten beantragt haben - wir haben gleich nach der Mittagspause eine -, zeigt, dass bis- her keine Einsicht besteht.

(Ulrich Siegmund, AfD: Sie können ja mal zu- hören!)

Die Antwort auf Ihre Position wird gar nicht in der Aktuellen Debatte gegeben, sondern die haben die Leute draußen gegeben mit diesen Großdemonstrationen. Ich hatte den Eindruck, dass das tatsächlich auch im rechtsextremen Lager für Überraschung sorgte,

(Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)

mit welch kurzem Vorlauf welch große Demonstrationen aus der Mitte der Gesellschaft stattfanden, weil sich die Leute für unsere Republik einsetzen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN, bei der SPD und von Guido Kos- mehl, FDP)

Die Großdemonstrationen sollten Ihnen gezeigt haben, dass die demokratischen Kräfte stark

sind und dass wir, wenn es ans Eingemachte geht, zusammenstehen und für diese Republik kämpfen. Berlin ist nicht Weimar.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN und bei der SPD)

Es gibt wie immer eine Intervention von Herrn Scharfenort. - Herr Scharfenort, Sie haben das Wort. Bitte sehr.

Herr Meister, ich habe Ihren Ausführungen sehr gut zugehört. Ihr ganzes Konstrukt bricht auch bei Ihnen zusammen, weil Sie das Ganze auf Annahmen gründen, die einfach nicht zutreffen. Auch Sie übernehmen einfach Spekulationen und Lügen. Sie wissen ganz genau, dass es nicht bewiesen ist und dass es dort auch nicht gesagt wurde. Ich möchte das alles hier nicht noch einmal wiederholen. Es ist mittlerweile auch einfach zu lächerlich für mich.

(Holger Hövelmann, SPD: Was ist denn dann beredet worden? Sagen Sie es doch ein- mal!)

Sind Sie fertig, Herr Scharfenort? - Okay. - Dann können Sie antworten. Bitte.

Na ja, was dort in Potsdam passiert ist, das weiß ich nicht. Ich glaube das, was darüber

berichtet wird. Ich habe aber ein konkretes Zitat gebracht; das war vor zehn Minuten. Also, Ihr Vorsitzender sprach von „Systempresse“. Das sind häufiger gehörte Wörter: „Systempresse“, „Systemparteien“. - Welches System? Was meinen Sie denn?

Wofür steht denn die gesamte deutsche Presse? Das ist ja nicht nur der öffentlich-rechtliche Rundfunk. Wir haben private Zeitungen. Wir haben privaten Rundfunk. Das ist die Systempresse. Wofür stehen sie? Das beantworten Sie nicht. Das habe ich in meiner Rede dar- gelegt.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN und bei der SPD)

Das eine ist die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Wenn man gegen das System ist, dann ist man gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung.

(Unruhe bei der AfD)

Das ist Ihr Problem. Darauf baut es auf.

Zur Volksverräterrede und zu den Volksfeinden wird vielleicht Herr Dr. Tillschneider jetzt etwas sagen.

(Lachen bei den GRÜNEN)