der wissenschaftlich fundierten Vernunftspolitik zu geben. Noch einmal ohne Beschönigung: Selten war die Wissenschaft in diesen Fächern so sehr Hure der Politik, wie sie es jetzt ist.
erstens sich zur Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit an sämtlichen Universitäten, Hochschulen und Fachhochschulen innerhalb des Landes Sachsen-Anhalt zu bekennen,
zweitens die Hochschulen zu verpflichten, Maßnahmen zu ergreifen, um die Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit innerhalb des Rahmens der freiheitlichen demokratischen Grundordnung vollumfänglich zu gewährleisten und dabei sicherzustellen, dass bei sogenannten kontroversen oder unpopulären Meinungen weder Repressalien noch Nachteile abgeleitet werden können.
zungsverfahren jeglicher Art keinerlei Nachteile erleiden, weil sie kontroverse, unpopuläre oder politisch inkorrekte Meinungen vertreten,
im Rahmen von Promotion oder Habilitation aus politischen Gründen nicht einseitig durch den Betreuer aufgelöst werden kann.
Viertens. Die Hochschulen haben außerdem zum Schutz der Studenten vor politischer Diskriminierung, wo immer dies eben möglich ist, anonyme Bewertungsverfahren anzuwenden.
Fünftens. Studenten, die den Verdacht hegen, bei der Leistungsbewertung politisch diskriminiert worden zu sein, erhalten durch ein Widerspruchsverfahren das Recht, ihre Leistung von einem Zweitkorrektor ihrer Wahl bewerten zu lassen.
Sechstens. In Fortschreibung der jeweiligen Zielvereinbarungen zwischen Land und Universität ist eine Verpflichtungserklärung zu vereinbaren, welche die vorgenannten Punkte berücksichtigt.
Ich komme zum Schluss. All diese Forderungen lehnen sich an den Higher Education (Freedom of Speech) Act 2023 der Briten an, welcher nach zahlreichen ähnlichen Zwischenfällen dort in Kraft getreten ist. Ich finde, was die Briten können, das kriegen wir auch hin, da- mit an Stätten wie der Humboldt-Universität das namensgebende humboldtsche Bildungsideal auch tatsächlich wieder gelebt werden kann. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Damit sind wir am Ende des einführenden Redebeitrags. Wir kommen zur Dreiminutendebatte. Es spricht zunächst der Wissenschaftsminister Herr Willingmann.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nur der Ordnung halber: Die Humboldt-Universität befindet sich im Land Berlin. Es wird Ihnen aufgefallen sein, dass der Abg. Herr Mertens kein Beispiel aus SachsenAnhalt bringen konnte. Das hätte mich auch gewundert.
Als Wissenschaftsminister lege ich Wert auf die Feststellung: Meinungsfreiheit und Wissenschaftsfreiheit sind nicht nur in der Landesverfassung und im Grundgesetz verankerte Grundrechte, sondern sie sind unverzichtbare Voraussetzungen der wissenschaftlichen Arbeit an unseren Hochschulen.
Bei dem vorliegenden Antrag der AfD geht es nun um nicht weniger als die Verteidigung der Meinungsfreiheit im Bereich der Hochschulen in Sachsen-Anhalt. Sich für die Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit einzusetzen, wie für Grundrechte überhaupt, ist generell immer gutzuheißen.
Allerdings: Wenn man dies im Modus eines Einsatzes für gefährdete Rechte tut, muss man fragen dürfen, worin die Gefahr besteht und wer eigentlich als Gefährder ausgemacht wird. Dabei will ich nicht leugnen, dass es immer wieder einmal Fehlverhalten geben mag, selbstverständlich auch an Hochschulen. Wir alle wissen - hier sitzt der Gesetzgeber -, ohne Fehlverhalten brauchte man die allermeisten Gesetze nicht.
Aber wenn man, wie wir im Antrag lesen, die Hochschulen verpflichten will - ich zitiere -, „Maßnahmen zu ergreifen, um die Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit innerhalb des Rahmens der freiheitlich-demokratischen Grundordnung vollumfänglich zu gewährleisten“, dann unterstellt man in der Sache nichts anderes, als dass sie eben keine Wissenschafts- und Meinungsfreiheit haben und - ich zitiere - „kein Ort des freien wissenschaftlichen Meinungs- und Faktenaustauschs mehr sind“, und außerdem, dass sie, und zwar in ihrer Gesamtheit, das eigentlich auch gar nicht mehr sein wollen. Man unterstellt systemisches Versagen; denn sonst käme man gar nicht auf die Idee, man müsse die Hochschulen sozusagen gegen ihren Willen zur Respektierung der Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit verpflichten.
Hierbei wird offenbar die Wissenschaftsfreiheit mit der Freiheit von Kritik verwechselt. Selbstverständlich gibt es an unseren Hochschulen einen kritischen Diskurs, auch mit wissenschaftlichen Auffassungen. Das muss so sein. Das ist sozusagen Conditio sine qua non für Wissenschaft.
Die Substanz des Antrags können Sie an einer anderen Stelle feststellen, nämlich dort, wo es um das Verbot der Exmatrikulation wegen politisch inkorrekten Verhaltens geht. Meine Damen und Herren! In § 30 unseres Hochschulgesetzes stehen die Gründe für Exmatrikula-
tion; das sind Straftaten, das ist z. B. auch das endgültige Scheitern in Prüfungen. Aber politisch inkorrektes Verhalten ist kein Exmatrikulationsgrund. Und wir sammeln dort auch nicht all die anderen Gründe, die nicht dazu führen, dass man exmatrikuliert wird. Was ist denn das für eine Gesetzgebungskunst?
Aber lassen Sie mich abschließend noch etwas dazu sagen, nämlich dass sich die Hochschulrektorenkonferenz vor wenigen Tagen in Fulda mit diesem Thema beschäftigt hat. Deren Präsident Rosenthal hat - ich zitiere - betont:
und internationale Anschlussfähigkeit des deutschen Hochschulsystems beruhen wesentlich auf den Werten der freiheitlichen Demokratie und des Rechtsstaats. Wissenschafts- und Meinungsfreiheit sind für uns unverzichtbar und müssen nach innen und außen verteidigt werden.“
Das ist das Entscheidende. Das Ganze läuft unter der Überschrift „Principiis opsta!“, liebe Kolleginnen und Kollegen: „Wehret den Anfängen!“. Das sehen die Hochschulen durchgängig so und deshalb haben sie es auch so beschlossen. Ich bin sehr froh, dass das so ist. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke. - Ich stelle fest, dass jeder Redner eine Minute länger zur Verfügung hat, die er nutzen kann, aber nicht nutzen muss.
Bevor der Kollege Tullner als erster Redner der Fraktionen sprechen kann, möchten wir Damen und Herren des Lions Clubs Bitterfeld auf unserer Besuchertribüne begrüßen. - Herzlich willkommen bei uns!
Vielen Dank, Herr Präsident. Ich war ganz kurz erschrocken, aber ich trete gern zurück, weil ich bekenne, ich bin auch Lions-Mitglied. Deswegen freue ich mich sehr, dass ich diese Gelegenheit habe, nach dem guten Begriff der Lions etwas zu sagen.
Ich will freimütig bekennen, dass ich eigentlich für zwei Dinge dankbar bin. Erstens dafür, dass der Kollege von der AfD in das Thema überraschend sachlich eingeführt hat. Das hatte ich gar nicht erwartet.
Ich finde, dass man bei allem Streit, bei allen Begrenzungen und bei allen Differenzen im politischen und akademischen Diskurs doch immer wieder eine gewisse Sachlichkeit an den Tag legen sollte.
(Eva von Angern, Die Linke: Ist das zynisch gemeint oder ist das ernst gemeint? - Hen- drik Lange, Die Linke: Ja! Das meinen Sie doch nicht ernst, oder?)
Vielleicht habe ich die Gelegenheit, liebe Kolleginnen und Kollegen, meinen Redebeitrag zu Ende zu bringen.
- Dann überlasse ich ihn Ihrer kritischen Bewertung. Ich würde gern ungestört diesen Gedanken weiterführen.