Protokoll der Sitzung vom 11.06.2024

- Dann überlasse ich ihn Ihrer kritischen Bewertung. Ich würde gern ungestört diesen Gedanken weiterführen.

(Zustimmung von Stephen Gerhard Stehli, CDU)

Der zweite Punkt ist, dass ich dem Minister hundertprozentig beipflichte, weil ich denke, die Prinzipien und Kriterien, die er benannt hat, sind tragend und am Ende auch elementar für alles, was wir an der Stelle tun.

Ich will, bevor ich meinen eigentlichen Gedanken zu Ende bringe, noch einen ganz kurzen Seiteneinstieg wagen. Ich war am Himmelfahrtstag im Gewandhaus zu Leipzig. Dort hat der, wie ich finde, große Schauspieler Klaus Maria Brandauer aus einem Buch gelesen, das heißt „Der menschliche Makel“ und ist von Philip Roth. Er hat aus einem Buch gelesen, das sehr kritisch und sehr reflektierend den akademischen Betrieb beleuchtet, mit den ganzen Schattierungen und Gefahren, die damit verbunden sind. Das will ich an dieser Stelle auch nicht aus dem Blick verlieren.

Wir leben in Zeiten, in denen auch der akademische Betrieb sich über viele Dinge kritisch hinterfragen muss. Wenn wir nach Berlin

gucken - der Minister hat darauf hingewiesen, dass wir hier in Sachsen-Anhalt sind und nicht nur über Dinge reden sollten, die anderswo problematisch sind - und auf die schwierigen Debatten - so will ich es einmal ganz neutral formulieren -, die durch den Nahostkonflikt in die Academia hineingetragen werden - das konnten wir, von Amerika kommend, auch in anderen Bereichen sehen -, dann müssen wir schon gucken, dass wir uns hier Pluralität, Meinungsfreiheit und Wissenschaftsfreiheit in allen Dimensionen bewahren. Dabei ist Sachsen-Anhalt, wie ich finde, im Moment eine sehr kostbare Insel. Damit komme ich zum Kern des Ganzen zurück.

Ich bin froh darüber, dass wir eine Hochschullandschaft mit akademischer Selbstverwaltung und Rektorinnen und Rektoren haben, die es geschafft haben, uns aus diesem schwierigen Fahrwasser weitgehend herauszuhalten. Ob das ein momentaner Befund ist, der sich auch einmal ändert, das weiß ich nicht. In Halle ist man immer nah an Leipzig und in Leipzig gab es auch schon die eine oder andere Debatte. Das will ich einmal sagen.

Auch ich erinnere mich an die Fridays-for- Future-Geschichten, die in Halle gelaufen sind. Aber die Rektorin hat auch hierbei klug und deeskalierend die politischen Stürme ein Stück weit so kanalisiert, dass die akademische Welt in ihren Grenzen das machen kann, was sie machen soll, einen Freiraum schaffen für Kreativität, für Forschung, für Forscherdrang, am Ende für das Verbessern der Welt. Das müssen wir uns, finde ich, in der Form er- halten.

Weltverbesserei darf nicht in Politisiererei ausarten. Das können wir hier besser. Wir müssen es schaffen, diese Diskursfähigkeit, diese Pluralität an unseren Hochschulen zu bewahren.

Dabei müssen wir aufpassen; denn es lauern hier und da Gefahren. Das will ich an dieser Stelle auch sagen. Und nicht erst seit Corona können wir, kritisch zurückblickend, sagen, wir alle haben die Wissenschaft manchmal ein bisschen einseitig bemüht, um sehr verengte Diskussionen zu führen,

(Oliver Kirchner, AfD: Aha!)

die uns am Ende nicht nur geholfen haben. Daraus zu lernen und den Hochschulen einen Schutzraum der Freiheit zu bewahren, wäre ein wichtiges Anliegen. Wenn das der Kern der Debatte ist, dann bin ich nicht traurig darüber. Aber die Motivlage des Antrags

Herr Tullner!

- damit ist mein letzter Satz erreicht - deutet auf anderes hin. Deswegen werbe ich sehr intensiv für unseren Änderungsantrag, den ich für außerordentlich gelungen halte und dem ich eine große Mehrheit in diesem Hause wünsche. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Tullner hat es mühelos geschafft, die zusätzliche Minute noch zu überziehen - Punkt 1. Punkt 2, Herr Tullner, es gibt keinen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen,

(Dr. Katja Pähle, SPD: Alternativantrag!)

aber Sie meinen möglicherweise den Alternativantrag.

(Marco Tullner, CDU: Ganz genau!)

- Gut, in Ordnung.

(Marco Tullner, CDU: Vielen Dank, Herr Prä- sident!)

- Bitte sehr. - Dann sind wir fertig mit diesem Diskussionsbeitrag und kommen zu Herrn Lange. Er spricht für die Fraktion Die Linke. Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Dass die AfD Märchen und Falscherzählungen

(Oh! bei der AfD)

über eine angebliche Hegemonie der sogenannten Woken in Hochschulen, aber auch in den Medien und wo auch immer erzählt, das ist nicht neu und gehört zur Selbstinszenierung: angeblich Verfolgte und Unterdrückte des linken Mainstreams.

Die Wahrheit ist: Derzeit gibt es einen europaweiten Rechtsruck, der auch in Deutschland nicht haltmacht. Was diese Parteien mit Meinungsfreiheit, gerichtlicher Unabhängigkeit

und Unabhängigkeit der Medien und der Wissenschaft anrichten, das kann man in Polen und Ungarn sehen.

Die AfD hebt auf ein Gesetz der konservativen Regierung in Großbritannien ab. Nun, ich habe Freunde im Königreich, die auch an den Hochschulen arbeiten.

(Zuruf von der AfD: Notting Hill, oder was? - Lachen bei der AfD)

Nur einmal zur Debatte dort. Der frühere konservative Minister Edward Leigh meinte auf die Frage einer Abgeordneten, ob das Gesetz auch Holocaust-Leugner schützen würde, dass das Gesetz eben unbeabsichtigte Folgen haben könnte, und argumentierte, dass die Redefreiheit durch gute Manieren und nicht durch Gesetze geregelt werden sollte. Zu guten Manieren von rechts außen haben wir hier in diesem Parlament schon sehr viel gelernt.

Übrigens muss sich die AfD einmal entscheiden, was sie will. In Berlin fordert ihr hoch- schulpolitischer Sprecher in der Auseinandersetzung um die Präsidentin der TU Berlin das Eingreifen des Regierenden Bürgermeisters. Na, was denn nun? Ihr ehemaliger Fraktionsvorsitzender wollte unter Grölen und Johlen ihrer Fraktion - ich zitiere - die linken Lumpen aus den Hochschulen treiben und der Arbeit zuführen. Das ist der Ungeist der AfD.

(Beifall bei der Linken)

Darum gilt es, die Institutionen vor dem Zugriff von rechts außen zu schützen.

(Guido Kosmehl, FDP: Ja, Herr Lange, als Ver- treter einer Partei, die Republikflüchtlinge erschießen lassen wollte! Also! - Daniel Rausch, AfD: Nehmen Sie doch die Antifa!)

- Was haben Sie denn jetzt, Herr Kosmehl? Ich habe doch nur zitiert.

(Oliver Kirchner, AfD, lacht)

Meine Güte, was regen Sie sich denn darüber auf in Ihrer ersten Reihe?

(Oliver Kirchner, AfD: Sie hatten in der Volks- kammer die echten Nazis sitzen, Sie Witz- bold! - Zuruf von der AfD: Jawohl!)

Darum gilt es, die Institutionen vor dem Zu- griff von rechts außen zu schützen. Zudem begrüße ich den Alternativantrag der Koalitionsfraktionen, insbesondere dass der Umgang mit Protestaktionen an unseren Hochschulen mit Augenmaß erfolgt und bislang angemessen und deeskalierend war. Dem stimme ich ausdrücklich zu.

Dem Märchen der AfD glauben wir nicht. Dem Alternativantrag stimmen wir zu.

(Beifall bei der Linken)

Es gibt auch hierzu keine Fragen. - Jetzt kommt Herr Pott für die FDP-Fraktion zu seinem Beitrag. - Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Freiheit von Forschung und Lehre bildet eine grund- legende Säule unserer Wissensgesellschaft. Ohne sie wären die großartigen Errungenschaften unserer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nicht möglich. Diese Freiheit ermöglicht es, neue Ideen zu entwickeln, Hypothesen zu überprüfen und innovative neue Lösungen für die Herausforderungen unserer Zeit zu finden. Sie ist das Herzstück unseres Bildungswesens und ein entscheidender Motor für Fortschritt und Wohlstand.

Gleiches gilt für die Möglichkeit aller Hochschulangehörigen, sich ungehindert und offen am vielfältigen demokratischen Diskurs über wissenschaftliche, politische und gesellschaftliche Themen zu beteiligen. Diese Freiheit des Wortes und des Denkens ist nicht nur ein Privileg, sondern eine Notwendigkeit in einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft.

Wir Freien Demokraten bekräftigen daher die zentrale Rolle, die die Hochschulen als Orte der freien Debatte für unsere Gesellschaft insgesamt spielen, und erkennen an, dass unsere Hochschulen die Bedingungen für die freie Entfaltung der Wissenschaft sicherstellen und ein offenes Diskussionsklima bieten. Dies ist von unschätzbarem Wert. Dafür haben sie unsere volle Unterstützung.

Wir Freien Demokraten appellieren an alle Bürgerinnen und Bürger, auch in Zukunft kontroverse Debatten sowohl innerhalb als auch außerhalb der Hochschulen respektvoll und konstruktiv zu führen. Nur so können wir die Vielfalt der Meinungen wahren und zu einem besseren Verständnis und friedlichen Miteinander gelangen. Wir alle stehen hierbei aber auch in der Verantwortung. Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch wir sollten hier in diesem Hohen Haus darauf achten, wie wir den politischen Diskurs und den Meinungswettbewerb miteinander führen; denn auch das trägt sich selbstverständlich nach außen und in die Gesellschaft.

(Zustimmung von Guido Kosmehl, FDP)

Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass unsere Hochschulen weiterhin Orte der Freiheit, der Debatte und des Fortschritts bleiben. Lassen Sie uns gemeinsam die Werte hoch-

halten, die unsere Gesellschaft stark und zukunftsfähig machen. Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Alternativantrag. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der FDP)

Dann kommen wir zu Herrn Meister. Er spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. - Sie haben das Wort.