Protokoll der Sitzung vom 11.06.2024

klar, Frau von Angern -, dass Sie hier ein Bild zeichnen, als ob wir hier einen Mangel hätten. Der Witz ist: Allein das Bild von einem Mangel sorgt natürlich auch dafür, dass Vermieter - ich hatte eigentlich immer den Eindruck, dass Sie nicht gerade auf deren Seite stehen - teurer vermieten können. Eigentlich ist es absurd, was Sie hier machen;

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zurufe von der Linken)

denn indem Sie diesen Mangel herbeireden und den Leuten das in den Kopf setzen, machen Sie eigentlich genau das, von dem Sie hier immer wieder wortreich vermitteln zu können glauben, dass Sie es nicht tun.

Jetzt aber weg mit meinem Ärger und zum Inhalt Ihrer Anfrage. Die 93 Fragen bilden ein sehr breites Spektrum ab, und sie betreffen auch nicht nur mein Ressort, sondern eine Reihe von Ressorts. Deshalb möchte ich mich zunächst einmal für die gute und zügige Zuarbeit zur Beantwortung dieser sehr großen Großen Anfrage bedanken.

Neben der Entwicklung der Versorgung mit Wohnraum und der Wohnraumförderung wird eine ganze Reihe von sozialen Aspekten - gut, das war jetzt nicht anders zu erwarten - des Wohnens aufgegriffen. Dazu gehört etwa die Entwicklung der Wohnraumversorgung, insbesondere die Miet- und Wohnkostenentwicklung. Hinzu kommen die Wohnungslosigkeit und Zwangsräumungen. Hinzu kommt die Gentrifizierung von Stadtteilen, Quartieren und Sozialräumen. Wir haben das Thema „Mehrgenerationenwohnen“, wir haben das Thema „Wohnen im Alter“, wir haben das Thema „Bezahlbarkeit des Wohnens“ und das Thema „Wohngeld“.

Meine Damen und Herren! Aus meiner Sicht ist Wohnen natürlich ein Grundbedürfnis und für alle Menschen von elementarer Bedeutung. Die Wohnverhältnisse und das Wohnumfeld sind mitentscheidend für das Wohlbefinden und damit für den Verbleib bzw. für die Abwanderung nicht nur junger Menschen. Das Wohnungsangebot in den Gemeinden ist jedoch nicht - so, wie Sie es gerade sagen - pauschal schlecht, sondern es stellt sich hier ein sehr, sehr differenziertes Bild dar.

Wichtig ist z. B. die Größe des Ortes. Und selbst da - um noch einen Einschub zu machen - ist es so, dass wir, was die Durchschnittsmiete betrifft - wir reden immer von einer Durchschnittskaltmiete, das ist unsere Zuständigkeit -, nach den qualifizierten Mietspiegeln, die die drei großen Städte unseres Landes jetzt vor- legen müssen, mit den 6,50 € hinkommen. Das bedeutet - das muss ich auch einmal ganz klar sagen -, dass der Mietmarkt in diesen drei Städten für die Vermieter, auch die Genossenschaften, auch die kommunalen Gesellschaften, sehr herausfordernd wird. Auch dazu nenne ich noch einen Punkt: Wenn die Vermieter nicht mehr wirtschaftlich bauen und investieren können, dann machen die das nicht, im Übrigen auch die Genossenschaften nicht und auch die Kommunalen nicht.

(Zustimmung bei der CDU)

Das heißt, wenn ich ein so großes Angebot habe, vielleicht auch ein Überangebot, dann sorgt das dafür, dass der Wohnungsmarkt für die Vermieterseite schwierig wird, dass nicht gebaut wird und dass dies in der Perspektive natürlich Auswirkungen auf die Qualität und vielleicht sogar auch auf die Quantität hat.

Wenn wir uns nicht nur die drei großen Städte, sondern auch den ländlichen Raum ansehen, sehen wir aktuell aber auch andere Parameter. Ein ganz, ganz wichtiger Aspekt ist die Lage in Bezug auf die Verkehrsinfrastruktur. Sind dort überregionale Straßen in der Nähe? Gibt es dort eine Verkehrsinfrastruktur, Schiene oder Bus, die attraktiv für die Menschen ist? Wichtig ist die Frage: Welche Angebote der Daseins- vorsorge sind vorhanden? All das hat immer Einfluss auf die Frage, wie viele Menschen in einem Ort wohnen wollen, und das wirkt sich natürlich auch auf die Kostenfrage aus.

Insbesondere im ländlichen Raum - das ist, glaube ich, auch in unserer Antwort auf die Große Anfrage sehr deutlich geworden - steht der Wohnungsmarkt vor erheblichen Herausforderungen. Wir sehen dort immer noch eine rückläufige Geburtenzahl und wir sehen eine starke Alterung der Gesellschaft. Das gilt auch für die großen Städte, aber nicht ganz so krass.

Deshalb müssen die Wohnraumförderung und die Wohnraumversorgung aus meiner Sicht auf zwei Ebenen betrachtet werden. Wir haben zum einen den quantitativen Aspekt. Egal wie oft Sie hier versuchen, Ihre Position zu betonen, wir haben ausreichend Wohnraum, ausreichend gebauten Wohnraum in unserem Bundesland. Aber wir haben Schwierigkeiten damit - ich habe gerade skizziert, woran das liegt -, dass die Eigentümer oft nicht kontinuierlich modernisieren und den Wohnraum nicht anpassen; denn er wird häufig nicht nachgefragt. Dann ist das Leerstehen oft günstiger, als zu modernisieren und eine entsprechende Wohnung an den Markt zu bringen.

Qualitativ gibt es aber - das schreiben wir auch in der Antwort - Potenzial, zum Teil genau in dem von mir gerade beschriebenen Zusammenhang. Exakt deshalb wollen wir als Bundesland auch gerade den Bereich „Bestandsgebäude und Modernisierung“ unterstützen.

In Ihrer Großen Anfrage fragen Sie, Frau Hohmann, auch nach studentischem Wohnen und nach dem Wohnen für Auszubildende. Ich habe es gerade schon skizziert: Das ist ein Thema, das mir wirklich wichtig ist, und zwar nicht, weil ich der Auffassung bin, dass wir in Sachsen-Anhalt einen Wohnungsmarkt hätten, auf dem sich Studierende nicht hinreichend mit Wohnraum versorgen könnten. Im Gegenteil: Wir merken an manchen Stellen sogar, dass Studierende, die sich zu einer WG zusammenschließen, für Vermieter oft attraktiver sind als junge Familien.

Das heißt: Nein, wir haben hier keinen Mangel, und wir haben keine soziale Not, auch des- halb nicht, weil die Wohnungen in Sachsen- Anhalt tatsächlich günstig sind, gerade für Studierende, die oft in Deutschland unterwegs sind, die auch einmal den Studienort wechseln, die oft der Chefin eines Studentenwerkes sagen: Mein Gott, ist das toll hier; das ist ja preiswert; ich kann mir hier vieles leisten, und mit dem Geld, das ich habe, komme ich in Halle, komme ich in Magdeburg deutlich weiter als etwa in Nürnberg/Erlangen.

Für mich war es aber immer wichtig, dass wir auch Erstsemester unterbringen können, die sich am Standort nicht auskennen, die nicht wissen, wo man entsprechende Wohnungen findet. Das gilt übrigens auch für die Studierenden im Masterstudium, die ihren Bescheid, dass sie studieren können, inzwischen oft sehr, sehr spät bekommen und dann nur eine kurze

Zeit haben, um entsprechenden Wohnraum zu finden.

Und das gilt natürlich auch für die Studieren- den, die etwa im Rahmen des Programms Erasmus nach Sachsen-Anhalt kommen.

Aber es gibt im studentischen Wohnungsmarkt hier kein quantitatives Problem. Ich kann Ihnen berichten, dass die Studenten- werke oft schon Ende Januar durchaus Wohnungen zur Verfügung haben, die leer sind. Also, wir haben hier keine Situation, in der quasi in der gesamten Zeit etwa 95 % des Wohnraumes vermietet werden. Etwa 4 % bis 5 % nimmt man bei Wohnheimen immer heraus, weil man sagt: Dort muss einmal saniert werden etc. - Nein, wir haben oft deutlich geringere Belegungen, was eine ganz klare Aussage ist. Wenn junge Menschen an einem Standort sind, sich dort ein bisschen auskennen und andere Studentinnen und Studenten kennenlernen, dann bewegt sich auf diesem Markt einiges.

Darüber hinaus habe ich auch eine positive Nachricht; Sie haben es schon erwähnt: Wir haben es geschafft, die Richtlinie zum Sonderprogramm „Junges Wohnen“ zu erarbeiten. Der Vertragsabschluss mit der Investitionsbank steht kurz bevor. Das ist eine Richtlinie, die mir tatsächlich sehr wichtig war, weil ich glaube, dass wir gerade im Bereich der Auszubildenden und der Studierenden in Deutschland - weniger in Sachsen-Anhalt - erheblichen Bedarf haben. Deshalb hat die Koalition in Berlin auch mit tätiger Mithilfe dafür gesorgt, dass hier eine entsprechende Möglichkeit existiert.

Wir haben als Land hierfür die entsprechenden Mittel bereitgestellt. Wir haben uns als Land

dafür eingesetzt, dass der Status „Auszubildender“ und der Status „Student oder Studentin“ völlig ausreichend ist, um dort entsprechend wohnen zu können. Also: Wir gehen hierbei nicht in den Bereich der Belegungsbindung.

Auch wenn Sie das gern dementieren: Angesichts der Wohnungsmarktlage, angesichts des Umstandes, dass man auch in Magdeburg und in Halle oft deutlich preiswertere Wohnungen bekommen kann als zu einem Preis von 6,50 € pro m², habe ich eigentlich gar keinen Anlass, zur Verwaltung zu gehen.

Na klar, Stigmatisierung ist das eine. Das andere ist die Frage: Warum? Wenn ich preis- wert Wohnungen ohne Wohnberechtigungsschein bekommen kann, dann spare ich mir den Weg zur Verwaltung. Das ist jetzt gar nicht unbedingt eine Frage nach dem Motto: Oh, ich geniere mich dabei. Vielmehr stellt sich dabei einfach die Frage: Warum sollte ich das tun? - Ich weiß nicht, wie es bei Ihnen ist. Jeder Verwaltungsgang, den ich nicht machen muss, ist aus meiner Sicht ein guter Verwaltungsgang.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Genau!)

Wir haben aber tatsächlich auch Herausforderungen. Damit komme ich einmal zu dem Thema Wohnen im Alter. Das ist ein Punkt, bei dem wir einfach aufgrund des demografischen Faktors, den wir in unserem Bundesland haben, und auch aufgrund des Kompasses, den wir alle haben, dafür sorgen müssen, dass Menschen möglichst lange selbstbestimmt leben können. Das bedeutet, dass man den Wohnraum so herrichten muss, dass die Menschen dort auch leben können, wenn es altersbedingt mit der Mobilität nicht mehr ganz so toll wie

in jungen Jahren ist. Dafür brauchen wir Unterstützung.

Ich habe gerade skizziert, dass natürlich niemand auf einen wirtschaftlichen Verlust hin modernisiert. Deshalb ist es aus meiner Sicht wichtig, dass wir hierbei öffentliche Mittel nutzen und einbringen. Ich nenne einfach einmal die Richtlinie „Sachsen-Anhalt Modern“ - der eine oder andere von Ihnen kennt sie -, mit der wir energieeffizienten und alters- gerechten Wohnraum fördern, die Modernisierungsrichtlinien, bei denen es um Instandhaltung und um Instandsetzung geht, und auch das sogenannte Aufzugsprogramm. Der Landtag hat dafür Geld zur Verfügung gestellt. Wir haben hierbei den Sachstand, dass die Rechtsförmlichkeitsprüfung jetzt noch kommt, sodass wir optimistisch davon ausgehen, dass das Aufzugsprogramm noch vor der Sommerpause starten kann.

All das tun wir, weil wir dort wirklich Bedarf sehen und weil wir uns Sorgen machen, dass der private Wohnungsmarkt, der genossenschaftliche Wohnungsmarkt und natürlich auch die kommunalen Akteure hierbei nicht entsprechend tätig werden können. Wir glauben, dass sie mit einer Förderung besser auf dem Markt agieren können.

Ein weiterer Punkt, den Sie ebenfalls adressiert haben: das Wohngeld. Das Wohngeld ist eine Subjektförderung, die sich direkt an Menschen mit niedrigem Einkommen richtet. Das heißt, sie ist zielgenau. Sie trifft genau diejenigen, die sich ansonsten keinen entsprechenden Wohnraum leisten können.

Die Bundesregierung hat Anfang 2023 den Empfängerkreis deutlich ausgeweitet. Ich glaube, ich habe hier schon einmal darüber berichtet,

dass der Umstand selbst wohl, aber die Verfahrensweise und die Fristen, die dahinterlagen, bei den Bauministern - egal welcher Partei sie angehören - nicht unbedingt auf Applaus gestoßen sind. Wir haben den Bund damals gebeten, uns eine längere Frist für den Übergang zu geben, weil wir das, was jetzt passiert ist, schon geahnt haben, nämlich dass die Kommunen für die Steigerung, die wir hierbei sehen, gar nicht genügend Personal haben.

(Zuruf von der Linken)

Für das Wohngeld gilt ein ziemlich kompliziertes Verfahren. Dafür wird eine Reihe von Informationen gebraucht. Wenn man viele Informationen an eine Verwaltung gibt, dann werden viele Informationen geprüft. Das heißt, die Kommunen haben hierfür neues Personal gewinnen müssen und sie mussten dieses neue Personal auch ausbilden. Mir ist oft berichtet worden, dass es relativ schnell zu Frustration führt, wenn man neue Kolleginnen und Kollegen mit Verfahren, die hoch komplex und kompliziert sind, überfordert.

Wir haben bei den Bearbeitungszeiten je nach Wohngeldbehörde einen Anstieg auf zwischen zwei und 36 Wochen tatsächlich feststellen müssen. Diesbezüglich teile ich Ihre Auffassung völlig, Frau Hohmann: Das geht so nicht. Das ist viel zu lang, weshalb wir natürlich immer wieder mit den Kommunen ins Gespräch gegangen sind.

Ich kann die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch nicht herbeizaubern. Allerdings kann ich Ihnen jetzt sagen - ich habe mich im Vorfeld noch einmal erkundigt -, dass die Bearbeitungszeiten sinken. Die Kommunen sind der Auffassung, dass sie inzwischen hinreichend Personal haben. Sie werden noch weiteres gewinnen. Wir werden jetzt den Bearbeitungsstau nicht

weiter aufbauen, sondern abbauen. Damit werden sich auch die Bearbeitungszeiten verringern.

Abschließend noch zum Thema Statistiken etc. Es schimmerte ein bisschen durch, dass Sie sich vorstellen, dass das Ministerium einreitet und sich die Gebäude einmal von innen anschaut, dass das Ministerium einmal bei einem privaten Eigentümer vorbeiguckt und fragt: Wie ist denn so die Situation? - Nein, das ist nicht unsere Verfasstheit. Das ist nicht unsere Vorstellung vom Umgang mit privatem Eigentum.

Ich muss ganz offen gestehen - ich kenne die Kolleginnen und Kollegen der kommunalen Wohnungsbaugesellschaften und der Wohnungsbaugenossenschaften in unserem Land sehr gut; ich glaube, auch sie würden sich nicht freuen, wenn wir einmal vorbeischauen, um zu sehen, wie es denn so ist -: Wir haben manchmal auf Ihre Fragen antworten müssen, dass wir dazu keine Informationen haben. Das wird auch so bleiben. Zumindest halte ich das für sachgerecht.

Aber wir haben alle paar Jahre immer wieder Bedarf an Datenerhebung. Aktuell ist der neue Wohnungs- und Mietmarktbericht ausgeschrieben, der uns über die drei großen Städte hin- aus entsprechende Informationen auch für den ländlichen Raum aufzeigen soll. Er soll die aktuellen Trends und Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt aufzeigen. Er soll auch ein Check-up sein, bei dem man feststellt, ob das, was wir aktuell an Daten haben, so bleibt und ob es ggf. neue Notwendigkeiten für Nachjustierungen oder Handlungsempfehlungen für zukünftige Entscheidungen gibt.

Ich halte es auch für sachgerecht, immer wie- der einmal auf den Mietmarkt zu schauen,

immer wieder einmal ähnliche Fragen zu stellen, um zu sehen, was wir ändern und über- arbeiten müssen. Gerade vor dem Hintergrund der zahlreichen erfolgreichen Unternehmensansiedlungen, die wir in Sachsen-Anhalt zu verzeichnen haben, müssen wir das machen. Damit meine ich nicht nur Intel in Magdeburg. Ich habe dem Ausschuss schon gesagt, dass wir auch einmal zum Thema demografischer Wandel und zu den Auswirkungen dieser Unternehmensansiedlungen berichten. Gerade deshalb müssen wir auch schauen, was das für Auswirkungen hat.

Natürlich sehe ich als Magdeburgerin auch, dass es Unternehmen gibt, die gerade viel bauen wollen - von 4 000 Wohneinheiten ist allein im Süden unserer Stadt die Rede -, und dass es andere gibt, die aktuell versuchen, Wohnungen vom Markt zu nehmen in der Hoffnung - -

Frau Ministerin,

Ja.

darf ich Sie darauf aufmerksam machen, dass Sie Ihre Redezeit schon jetzt um ein Drittel überzogen haben?

(Eva von Angern, Die Linke: Oh!)

Frau Präsidentin, ich danke Ihnen für den Hinweis.

Außerdem gibt es auch noch eine Nachfrage von Frau von Angern.

Frau Präsidentin, ich danke für den Hinweis. Sie haben gemerkt, ich habe schon versucht, es zu komprimieren.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Das spüre ich überhaupt nicht! - Hendrik Lange, Die Linke: Der Anfang war z. B. überflüssig! - Zuruf von Eva von Angern, Die Linke)