Protokoll der Sitzung vom 30.01.2004

Deshalb, meine Damen und Herren, steht die Finanzpolitik in Deutschland in einem tief greifenden Zielkonflikt, nämlich zum einen, dass in 3. Folge gegen den Stabilitäts- und Wachstumspakt durch die Bundesrepublik verstoßen wurde und von daher alle wirtschaftspolitischen Entscheidungen den haushaltspolitischen Erfordernissen untergeordnet werden müssen und auf der anderen Seite Gestaltungsspielräume aber nötig sind, um die konjunkturellen Antriebskräfte nicht bereits im Keim zu ersticken. Deswegen ist trotz des teilweisen Vorziehens der 3. Stufe der Einkommenssteuerreform die Finanzpolitik im Jahr 2004 im Wesentlichen restriktiv ausgerichtet.

Meine Damen und Herren, das zeigt, dass durch die geringeren Konsumimpulse durch die jetzt beschlossene Steuerentlastung der Weg der Reformfähigkeit in Deutschland weitergehen muss. Deshalb war es ein Anliegen sowohl von der CDU- und offensichtlich auch von der SPDFraktion, die inhaltsgleich im Wesentlichen den Antrag der CDU abgeschrieben hat, dass neben dem Bericht der Landesregierung über die Ergebnisse des Vermittlungs

verfahrens auch hier im Landtag darüber berichtet wird, welche künftigen Steuerreformschritte notwendig sind, um Konsum anzuregen und Investitionsbereitschaft auch für die Zukunft zu sichern. Die Landesregierung hat mit ihrem vorgelegten Finanzplan bis zum Jahr 2007 ein wichtiges Ziel ihrer eigenen Investitionstätigkeit festgeschrieben, nämlich, dass die Investitionsquote bei 20 Prozent aufrechterhalten werden soll und wir aus unserer Thüringer Sicht auch bei verminderter Einnahmesituation höchstmögliche Impulse seitens der öffentlichen Hand für die Auftragsvergabe im Baugewerbe und damit im nachgeordneten mittelständischen und handwerklichen Bereich hier im Freistaat legen wollen. Aber allein ist aus Thüringer Sicht eine massive Veränderung der Wirtschaftsentwicklung nicht zu erreichen. Deshalb werben wir, insbesondere die Union, dafür, dass es weiterer Reformschritte bedarf und die sind so, wie die Finanzministerin hier geschildert hat, auch im Bereich des Einkommens- und Körperschaftssteuerrechts zu sehen.

Ich will deshalb ganz klar sagen, auch im Ergebnis der Debatten, die bei uns in unseren eigenen Reihen am Anfang dieser Woche geführt wurden: Wir fordern ein neues Steuerrecht, wir fordern einen völligen Neuansatz bei der Einkommens- und Körperschaftssteuer, einen Wegfall der Gewerbesteuer mit dem Ziel einer massiven Vereinfachung des Steuerrechts und einer Senkung der Steuerlast. Ich will ausdrücklich sagen, dass es bei der Bewertung der Reform dazu einen wesentlichen Unterschied gibt, den man beachten muss, nämlich zum einen, dass die Vereinfachung des Steuerrechts sich wesentlich von den Erwartungen zur Entlastung aus der Steuerreform unterscheidet. Wir werben dafür, dass in der Betrachtung der Reform die Vereinfachung des Steuerrechts, Abbau von Bürokratie, Vereinfachung, Klarsicht das große Motto, was dahinter steht, die Einkommenssteuererklärung auf einem Bierdeckel darzustellen, wesentlich Vorrang hat vor einer weiteren Entlastung des Einzelnen. Deshalb, meine Damen und Herren, werben wir dafür, dass das, was die Union vorgeschlagen hat in Berlin, was wir aus Thüringer Sicht unterstützen, auch aufgegriffen wird von den Verantwortlichen, die in Berlin Verantwortung tragen, nämlich, dass es tatsächlich in diesem Jahr zu konkreten Schritten und Ergebnissen kommt und wir tatsächlich eine Vereinfachung des Steuerrechts erhalten. Wir haben dazu mit unseren Vorschlägen beigetragen, die im Wesentlichen auf dem so genannten Merz-Modell beruhen, aber auch die Herr Kirchhoff in seinem eigenen Einkommenssteuerrechtsmodell vorgestellt hat, nämlich, dass wir dafür plädieren, sowohl in einem dreistufigen Einkommenssteuertarif künftig Steuerrecht zu gestalten und auf der anderen Seite, dass wir dafür werben, dass dies natürlich im Einklang damit geschehen muss, um Entlastung zu erzielen, dass dies eines massiven Subventionsabbaus bedarf.

Aber wir wollen auch sagen, dass es einen Unterschied macht bei der Frage der Bewertung, was sind tatsächlich Subventionen und wo führen vermeintliche Kürzungen von Subventionen möglicherweise im Gesamtkontext der

Vereinfachung von Steuern auch zu Nachteilen. Deshalb will ich ganz ausdrücklich sagen, dass wir es sehr begrüßt haben, dass im Rahmen der Vermittlungsergebnisse im Dezember die Kürzung der Pendlerpauschale nicht wie ursprünglich geplant auf 15 Cent pro gefahrenen Kilometer, sondern bei 30 Cent pro Kilometer für dieses Jahr festgeschrieben wurde. Ich will auch sagen, meine Damen und Herren, dass es Ziel der künftigen Reformschritte sein muss, dass die Pendlerpauschale, jedenfalls bei der Diskussion um den Subventionsabbau, möglicherweise ausgenommen bleibt. Wir als Vertreter in den jungen Ländern und wir in Thüringen insbesondere wissen, dass wir zahlreiche Pendler haben, die zur Arbeit fahren müssen und die Flexibilisierung hingenommen haben, um den Arbeitsplatz zu erreichen und ihre Familie aus eigener Kraft zu ernähren, dass es für sie unwahrscheinlich wichtig ist, dass sie quasi dieses 13. Monatsgehalt aus Erstattung von Steuern im Rahmen der Pendlerpauschale auch künftig erhalten. Beim Durchschnitt unserer Thüringer, die pendeln - und immerhin erhalten derzeit nach Berechnung des Finanzministeriums über 200.000 Steuerbürger in Thüringen Pendlerpauschalen - würde es zu einem massiven Konsumverlust führen, weil durch eine Kürzung der Pendlerpauschale auf null massiv Familieneinkommen entzogen wird. Die Folgen von Kaufkraftverlust und weniger Konsum in Thüringen wären für den Einzelhandel, aber auch für das produzierende Gewerbe für den Einzelhandel, was in Thüringen tätig ist, unweigerlich groß. Deshalb muss man mit Bedacht weitere Schritte wählen, und deshalb bleibt es dabei, zunächst ist das Ziel: Vereinfachung des Steuerrechts vor weiterer Entlastung.

Meine Damen und Herren, ein neues Steuerrecht muss deshalb einfach, gerecht und übersichtlich sein. Die Ermittlung von Einkünften muss von einer breiten Bemessungsgrundlage ausgehen und niedrigen Steuersätzen vorhergehen. Das Steuerrecht muss familienfreundlich sein und deshalb sind Ehegattensplitting und hohe Grundfreibeträge pro Person unabdingbar.

Wir meinen, auch wenn der Wegfall der Gewerbesteuer angestrebt wird, wofür wir plädieren, bedarf es dafür eines adäquaten Ersatzes für die Einnahmesituation unserer Thüringer Kommunen. Deshalb müssen die Thüringer Kommunen an anderen Steuereinnahmen künftig beteiligt werden, um das zu erreichen, was lange angestrebt wurde und nur in Teilschritten erreicht wird im Rahmen einer Gemeindefinanzreform, nämlich dass die Finanzausstattung der Kommunen auf sichere Füße gestellt wird und dass sie dauerhaft und stetig konsolidiert werden. Deshalb bedarf es für den Wegfall der Gewerbesteuer, die ordnungspolitisch sauber ist, einer verstetigten Einnahme aus anderen Steuereinnahmen und es bedarf einer stetigen Finanzierung aus diesen Steuerarten für unsere Kommunen.

Wir gehen dabei von einer stabilitätsgerechten Finanzierung einer Steuersenkung von insgesamt etwa 10 Mrd.  aus. Dies beinhaltet auch deutliche Einsparungen im Sub

ventionsbereich, um die Staatsquote zu senken und um individuelle Härten zu vermeiden. Um im internationalen Standardwettbewerb erfolgreich zu sein, muss es zu einer echten Entlastung kommen, vor allen Dingen für den Bereich des Mittelstandes und des Handwerks.

Meine Damen und Herren, wir denken, dass es unabdingbar ist für die Entwicklung der jungen Länder, dass diese Reformschritte angegangen werden, weil wir, ich habe das mit der Betrachtung auf die Mittelfristige Finanzplanung gesagt, bei einer eigenen Steuerdeckungsquote im Jahr 2007 von 51,8 Prozent auf Dauer selbst nicht in der Lage sein werden, unser Ausgabenvolumen, das, was gesetzlich verpflichtet ist und wozu wir auch politisch bereit sein wollen, finanzieren. Deshalb wollen wir mit Blick darauf, dass wir zudem auch die Nettoneuverschuldung auf null senken wollen, solide Finanzausstattung sichern, wir wollen Freiräume schaffen für unsere Steuerbürger und wir wollen Entlastungen für unsere Unternehmen. Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Für die PDS-Fraktion hat sich der Abgeordnete Huster zur Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, nach dem Hören der beiden Vorreden weiß ich nicht so richtig, was man nun mit den Anträgen, mit dem ursprünglichen Antrag der CDU und mit den entsprechenden Reden anfangen kann. Was soll damit gemacht werden? Die in den Bundesrat oder Bundestag einzuschicken und zur Kenntnis zu geben und damit aus Thüringen heraus die Debatte zu beflügeln, halte ich für relativ mühselig. Kernbotschaften zu formulieren im Sinne von "wir wollen es einfacher, wir möchten vielleicht auch Entlastungen, wenn es geht, aber es soll gerecht bleiben und eigentlich wollen wir, dass der Solidarpakt II nicht in Frage gestellt wird" - o.k., das, finde ich, hätten Sie auch einfacher haben können, das an anderer Stelle zu formulieren.

Mein Eindruck ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass Sie natürlich eine Absicht mit diesem Antrag hatten, dass er Ihnen aber weder schadet noch nutzt, dem Parlament nicht so richtig schadet noch nützt und dass hier sehr viel mit platten Sätzen argumentiert wird. Ich werde versuchen, diesen Unterschied zwischen Anspruch und Wahrheit in den nächsten Minuten im Rahmen der uns zur Verfügung stehenden Zeit hier darzustellen.

Frau Ministerin Dietzel, Sie haben diese Woche haushaltswirtschaftliche Maßnahmen ergriffen. Die mussten Sie ergreifen mit Blick auf die äußerst unsichere Situation, die sich insbesondere aus der Konjunktur ergibt, aber

auch aus den Ergebnissen vom 21. Dezember, die wir für Thüringen noch nicht konkret abschätzen können. So ist das ja auch nur mittelfristig ausgeführt, also haben Sie Maßnahmen ergriffen. Sie sind als Finanzministerin verpflichtet, ein vernünftiges Buch zu führen, Überblick über Einnahmen und Ausgaben sauber zu haben und Risiken vom Land abzuwehren bzw. abzuwägen. Ich habe folgendes Problem: Während Sie also versuchen, eine Arbeit zu machen, die von Ihnen erwartet wird, läuft der Ministerpräsident durch das Land, redet immer Richtung Bund mit Forderungen nach mehr Entlastung, ohne das an einer Stelle konkret zu untersetzen, wie das gehen kann, wie das finanziert werden kann und auch ohne mal die Frage zu stellen, wie sich das für die öffentlichen Haushalte und auch für den Thüringer Landeshaushalt im nächsten Jahr auswirken wird.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Ich finde, so ein eklatantes Missverhältnis zwischen Anspruch und Wirklichkeit habe ich lange nicht mehr erlebt und diese Debatte muss beendet werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden heute nicht alle Argumente aus der Haushaltsdebatte wieder aufwärmen, das ist auch nicht notwendig. Aber wir haben insbesondere am gestrigen Tag in vielen Politikfeldern gehört, wie eng die Decke ist. Wir wissen um den Hochschulbereich, wir haben über die gesetzlichen Sicherungssysteme in anderen Bereichen gesprochen. Wir wissen, dass im Prinzip alle Bereiche drohen unterfinanziert zu werden oder unterfinanziert sind. Deshalb hat die PDS seit längerer Zeit immer gesagt, in erster Linie muss die Einnahmeseite in Deutschland gestärkt werden. Wir haben deshalb die Vermögenssteuer gefordert, und das ist auch angesichts der Zunahme der privaten Vermögen, Verdopplung der Geldmillionäre in den letzten vier Jahren von 370.000 auf ca. 730.000 nach diesem Argument absolut berechtigt. Diese Frage, Gerechtigkeit in dieser Gesellschaft herzustellen, haben Sie von Anfang an kategorisch ausgeschlossen. Deshalb sage ich, es ist unverantwortlich, dann so zu argumentieren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe immer auf diesen Kreislauf nach unten hingewiesen, wenn sich die Einnahmesituation nicht stabilisiert. Macht man eine Steuerreform, insbesondere eine Unternehmenssteuerreform, die die Großunternehmen entlastet, dann hat man enorme Einnahmeausfälle. Sie folgen einer Logik, Frau Diezel, die heißt: Umso weniger Kosten die Unternehmen haben, also Arbeitskosten, Steuern etc., umso mehr werden sie irgendwann investieren. Diese Investitionen führen zu neuen Arbeitsplätzen und Arbeitsplätze führen zu Steuereinnahmen und alles findet auf einem höheren, besseren Niveau statt. Die Realität in den letzten 20 Jahren ist doch aber genau eine andere und da müssen Sie doch merken, dass Ihre angebotsorientierte Philosophie nicht die richtige ist und zur systematischen Verarmung der öffentlichen Haushalte führt, also die Situation, die Sie

genau seit Jahren hier beklagen.

(Zwischenruf Abg. von der Krone, CDU: Wie war denn das zu DDR-Zeiten?)

(Heiterkeit bei der PDS)

Herr Krone, haben Sie so viel Zeit? Dann können wir das auch noch behandeln, kein Problem.

Frau Diezel, Sie haben hier eine Bemerkung gemacht, die ich spannend finde. Sie haben gesagt, die zentrale Frage für uns ist, was braucht die Wirtschaft? Was braucht die Wirtschaft, das ist auch so ein platter Satz, der ist ja ganz nett gemeint, aber was heißt denn das? Wenn ich diese Frage als das oberste Prinzip für die nächsten Jahre definiere, dann heißt das, dass ich natürlich der unbedingten Kostensenkung für die Unternehmen absolute Priorität einräume. Dann bin ich genau an der Logik, die HansWerner Sinn aufgemacht hat, der Chef des ifo-Instituts München hat gesagt, mit Blick auf die EU-Erweiterung ist das Einzige, was den neuen Bundesländern noch hilft, drastische Lohnsenkung, damit die Unternehmen hier bleiben können und nicht nach Tschechien abwandern. Genau dem hat der Ministerpräsident widersprochen, weil erstens Wahlkampf ist und zweitens glaube ich, dass er wirklich davon überzeugt ist, dass das den Standort Thüringen nicht weiterbringt, diese Logik konsequent weiterzudenken. Also meine ich, ein Satz, der heißt, die zentrale Frage ist, was braucht die Wirtschaft, darf so nicht stehen bleiben, weil auch die Frage gestellt werden muss: Und was brauchen die Menschen, die dafür da sind, dass die Wirtschaft funktioniert?

(Beifall bei der PDS)

Diese Vereinfachung immer auf diese Phrasen und diese Parolen, die kann man doch nicht durchgehen lassen, meine Damen und Herren. Frau Diezel, Sie persönlich, Sie kommen aus der gleichen Stadt wie ich. Sie erleben als Finanzministerin die Klagen aus allen Bereichen. Sie müssen auch Ihren Ministern erklären, Jungs und Mädels, es ist Haushaltssperre, schaut mal, was zu machen ist. Wir haben Ihnen vorgeworfen, dass Sie eigentlich anstatt einer Gestaltungskonzeption nur noch verwalten. Wenn Sie ein Mensch wären, dem es nur um persönliche Macht geht, dann sind Sie in diesen Zeiten genau die Richtige. Dann sind sie dicke da. Aber ich glaube das nicht. Ich glaube, dass Sie einen Gestaltungswillen in Ihrer Funktion als Finanzministerin haben. Dann sage ich Ihnen, Sie als Finanzministerin müssen dann auch im Notfall auf Ihren Ministerpräsidenten einwirken, wenn öffentlich mit einfachen Parolen immer mehr und immer neue Steuerentlastung gefordert wird, weil, wenn dieser Kreislauf nicht durchbrochen wird, werden wir uns erstens noch alle wundern und zweitens wird der Staat handlungsunfähig und drittens das Gemeinwesen geschwächt, weil wir dann für die Bürger auch nichts mehr leisten können. Das ist doch die Realität und die Ansprüche sind da. Deswegen sage ich, wer über neue Steuer

reformen diskutiert, soll - Herr Mohring, das habe ich wahrgenommen, was Sie gesagt haben, also Vereinfachung vor Entlastung - natürlich sagen, wie wird es finanziert. Jetzt bin ich nicht der Richter, Herr Mohring, zwischen Ihnen und der SPD, wer nun blockiert hat usw. Das ist nicht mein Ding und ich hoffe auch nicht, dass Uwe Höhn dieses Spiel mit treibt.

Ich will mal ganz wertfrei sagen, als das Thema Pendlerpauschale im Rahmen des Vermittlungsverfahrens öffentlich wurde, gab es Positionen zur Pendlerpauschale ablehnend aus Ihrer Fraktion. Sie haben darauf hingewiesen, wie wichtig die Pendlerpauschale für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch aus Thüringer Sicht ist. Eine ähnliche Pressemitteilung haben wir gemacht. Ähnliche Positionen kamen aus Bayern. Man kann über alles reden, aber da konkret bitte nicht. Das Problem, Herr Mohring, bei dem Subventionsabbau ist, natürlich haben sich einige in den letzten Jahren verselbständigt, aber natürlich haben die alle einen sehr konkreten Hintergrund und wenn Sie sich das anschauen, sehen Sie, dass viele dieser Subventionen geschaffen worden sind in besonderen Situationen für Arbeitnehmerinnen und für Arbeitnehmer, um Mobilität zu fördern, um untere Einkommen zu stützen und dass es sehr verantwortungsvoll ist. Wenn der Ministerpräsident von Bayern dieses Thema so behandelt, macht er das, weil er seinen Leuten genau das nicht zumuten will. Was ich damit sagen will, so lange Sie nicht auch eine Konzeption vorlegen können, die gerecht ist, die gegenzufinanzieren ist und die nicht zum Schluss dazu führt, Herr Mohring, dass den Leuten mit kleinen und mittleren Einkommen das Geld an der anderen Stelle wieder aus der Tasche gezogen wird, denn da bringt es ihnen unterm Strich gar nichts, es bringt bloß die Handlungsunfähigkeit des Staates aus meiner Sicht - so lange das nicht geklärt ist, kann man die Debatte so nicht führen. Und dann ist es auch völlig sinnlos, Richtung Berlin zu melden, Thüringens Steuerreform soll gerechter und einfacher werden. Das ist mir zu wenig.

Meine Damen und Herren, Frau Finanzministerin, zur Mittelfristigen Finanzplanung haben Sie gesprochen, wie auch Herr Mohring. Wir haben die kurze Beratungszeit kritisiert. Dazu stehe ich auch nicht zuletzt aus einem Grund: Ich glaube, dass diese Mittelfristige Finanzplanung im III. Quartal 2003 aufgeschrieben, eher gemacht ist, um Richtung Bund ein paar Zahlen zu melden, wie das vereinbart ist. Wir reden hier darüber, wir nehmen diese Zahlen zur Kenntnis. Es gilt als Programmcharakter, also weniger verbindlich als ein Haushalt. Wir wissen aber eigentlich alle, dass diese Zahlen nach der Maisteuerschätzung möglicherweise obsolet sein können oder sein werden. Das sagen Sie selber, indem Sie hineinschreiben in die Mittelfristige Finanzplanung: alles unklar, alles unsicher.

Ich habe zur Kenntnis genommen, dass Sie Ihre bisherige Position zur Nettoneuverschuldung korrigiert haben aufgrund der Gegebenheiten, aber ich muss auch sagen, dass über dieser Finanzplanung immer noch eine positive Steuererwartung für die nächsten Jahre liegt. Es kann ja

eintreten. Aber wenn genau die nicht eintritt, weil man sich wieder geirrt hat, weil man wieder positive Erwartungen hineingeschrieben hat, dann ist alles andere, was Sie dort noch aufbauend geäußert haben, wie z.B. das Ziel des Abbaus der Nettoneuverschuldung in den nächsten Jahren, obsolet und Sie wissen genau, was das dann bedeutet, Frau Ministerin Diezel. Deswegen hätte es sich gelohnt, über diese Frage Mittelfristige Finanzplanung auch in einem anderen Rahmen zu reden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich werde ein bisschen abkürzen müssen und noch zu ein paar Punkten aus dem Antrag reden. Zur Position Gewerbesteuer habe ich immer deutlich gemacht, dass die PDS den Erhalt der Gewerbesteuer möchte. Ich finde es schade, dass diese Einigung in der Kommission nicht zustande gekommen ist. Eine Gewerbesteuer, die reformiert ist auf breitere Bemessungsgrundlagen, wäre der bessere Weg als das BdI-Modell, das jetzt offensichtlich die CDU/CSU wieder verfolgt.

Lassen Sie mich an dieser Stelle bemerken, da Sie in Ihrer Antragsbegründung darauf Bezug nehmen, der Bund würde den Kommunen immer weitere Aufgabenübertragungen bringen, ohne die entsprechende Mittelausstattung mitzuliefern. Das mag so sein, trifft zweitens aber auch für Thüringen zu, das genauso mit seinen Kommunen verfährt und drittens wäre dann ein Weg, wenn Sie den Vorschlag, den die PDS seit Jahren einbringt, übernehmen würden, nämlich Verankerung dieses Konnexitätsprinzips im Grundgesetz, ähnlich Verankerung eines Vetorechts auf gesetzlicher Basis wie in Österreich, wo Gesetze, die die Kommunen letztlich bezahlen müssen, nur dann verabschiedet werden können, wenn die kommunalen Spitzenverbände dem zustimmen. In dem Moment, wo sie das Geld nicht bekommen für eine übertragene Aufgabe, haben sie ein Vetorecht. Das ist gesetzlich gesichert und dann kommt dieses Gesetz nicht zustande.

Meine Damen und Herren, ich finde es unlauter, auch in so einer Antragsbegründung zu suggerieren, nur die Bundesregierung überträgt Aufgaben. Problem der Bundesrepublik Deutschland, von Bund und Ländern ist, dass seit 40 Jahren, glaube ich, in der Tendenz so verfahren wird. In der Praxis bezahlen die Kommunen die Zeche.

Jetzt will ich Ihnen noch sagen, weil Sie vorhin zur Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe diskutiert haben, der Deutsche Städtetag befürchtet - er prognostiziert, dass die Kommunen durch die Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe nicht wie ausgewiesen entlastet, sondern zusätzlich belastet werden, während auf der anderen Seite der Bund nach bisherigen Berechnungen wahrscheinlich höher entlastet wird als das bisher im Gesetzgebungsverfahren behauptet wurde. Wenn sich das bewahrheitet, haben Sie wieder ein Problem, Frau Ministerin, weil das, was Sie hier dazu gesagt haben, so nicht stimmt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, noch zwei kurze Bemerkungen zu dem wortgleichen Punkt 3 von SPD und CDU. Hier geht es im Wesentlichen um die Solidarpaktfinanzierung. Offensichtlich gibt es zunehmende Stimmen in den alten Bundesländern, die die Finanzierung des Aufbaus Ost mehr oder weniger deutlich in Frage stellen. Da Sie bisher, Frau Ministerin, wenn ich es nicht überhört habe, auf diesen Punkt des Antrags nicht eingegangen sind, dann frage ich mich zunächst mal, was war denn der Hintergrund. Offensichtlich gibt es interne Debatten. Sie haben sich auseinander zu setzen, Sie wollen aber auch nicht so öffentlich darüber reden, was da für eine Stimmung ist. Da will ich Ihnen meine Position sagen. Wir haben hier im Landtag über die grundsätzliche Frage von Wettbewerbsföderalismus diskutiert über den Abbau von Überregulierungen, wo man sich treffen kann. Aber wir haben auch immer als PDS deutlich gemacht, dass dieser Wettbewerb unter Umständen kein Wettbewerb unter Gleichen ist, d.h., es besteht keine Chancengleichheit. Wenn sich Länder auseinander entwickeln in ihrer Dynamik, dann ist es gefährlich, dort völlig loszulösen und loszubrechen, weil dann die Gefahr besteht, dass der eine wie ein Katapult nach oben geht und der andere in den tiefen Abgrund.

Meine Damen und Herren, deswegen ist es so wichtig, auch eine solide Finanzierung für die neuen Bundesländer wie beschlossen zu fordern und das ist zu unterstützen. Allein dieser Antrag, so wie er steht, nützt Ihnen nichts.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Haushaltsausschuss war im Juni in Frankfurt zu einer auswärtigen Reise und die CDU-Kollegen waren dabei. Wir haben den Bundesbankpräsidenten an einer etwas anderen Stelle gefragt, was ist, wenn der Stabilitätspakt verletzt wird, wer bezahlt den da eigentlich? Der Hintergrund meiner Frage war damals, dass Hessen 2 Mrd. neue Schulden gemacht hat aus dem Stand mit dem Nachtragshaushalt, während Thüringen seinem Land wieder ein richtiges Kürzungsprogramm aufgelegt hat. Die Frage, die gestellt worden ist: Ist es denn gerecht, dass nach geltendem Recht, wenn der Stabilitätspakt verletzt wird, wenn Deutschland Strafzahlungen leisten muss, dass alle Bundesländer diese Strafzahlungen auch leisten müssen? Über den Daumen, Frau Finanzministerin, 150 Mio.         gemäß, ob das gerecht ist, ist vielleicht nicht die entscheidende Frage, aber es wäre politisch nicht sehr klug, wenn die Ostländer das in der Öffentlichkeit diskutieren, weil wir ja eigentlich die Geldgeber sind, füge ich hinzu. Ich will sagen, diese Art und Weise der Diskussion, der stillen Diskussion, die ist schädlich, die ist nicht gut und ich glaube, Herr Ministerpräsident, dass wir eine Position finden müssen, eine ostdeutsche Position, die auch Selbstbewusstsein deutlich macht. Es kann keine Position in der Praxis geben, die heißt, sagen wir nicht, dass wir hier besser sind in diesem Bereich als die alten Bundesländer, weil die das Geld geben. Da will ich Ihnen ein Beispiel aus dem gesamten Komplex Kindertagesstätten nennen, wo wir zugegebenermaßen bessere Standards haben. Wie oft höre

ich auch in Kommunen: Sagen wir gegenüber dem Land Thüringen nicht, dass wir noch das und das haben, weil die uns dann ja zwingen könnten, bei der Genehmigung des Haushalts hier zu streichen. Genauso läuft das doch auch in Thüringen. Ich höre auch von Ihnen oft das Argument, dass es nicht sehr klug ist zu sagen, wo wir bessere Ausstattungen haben, weil im Westen die Begehrlichkeiten sofort laut werden. Die sagen, na, das muss dann aber auch noch weg.

Gerade in dem Bereich, Herr Ministerpräsident, was Kinderbetreuung betrifft, wo wir gut sind und wo wir eigentlich wissen, dass unsere Standards die Messlatten sind, wo die anderen ja erst einmal hinwollen - ganz Deutschland diskutiert darüber, dass wir erst einmal hinwollen ich glaube, da müssen wir auch eine öffentliche Sprache finden, die heißt, und das verteidigen wir, ihr wollt da erst hin. Ich glaube, so wie die Diskussion um die Zukunft des Solidarpakts läuft, um die Finanzierung der deutschen Einheit auch künftig, laufen wir zu sehr mit gebücktem Buckel herum und das finde ich nicht gut, sondern wir müssen eine selbstbewusste Sprache finden. Ich will Sie auch dazu auffordern, das so zu tun.

(Beifall bei der PDS)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es sind noch weitere Redner angekündigt. Ich will zusammenfassen: Richtig habe ich die Zusammenhänge der Anträge mit dem, was Sie dann wirklich daraus machen können für Thüringen, nicht verstanden. Ich halte vieles an Argumentationen schlichtweg für zu oberflächlich, zu vereinfacht, auf Schlagbegriffe gebracht. Ich glaube, bei all den Verunsicherungen, die derzeit im Land sind über die Steuerreform, Arbeitsmarktreform, Reform der sozialen Sicherungssysteme wäre etwas mehr Ruhe, etwas mehr Stabilität sinnvoll, soziale Gerechtigkeit sowieso. Die könnte ich durch eine Vermögenssteuer erreichen und Herr Ministerpräsident, ein wenig mehr Verlässlichkeit. Es ist fehl an Ihrer Argumentation, über Monate lang der Bundesregierung vorzuwerfen, dass sie alle Unternehmen und Konsumenten verunsichert, dass es wichtig ist, nun endlich die Reform zu beschließen, damit Sicherheit eintrete. Und das passiert drei Tage vor Weihnachten und drei Tage nach Weihnachten wird alles wieder in Frage gestellt, alles wieder aufgemacht. Dann frage ich mich, wie sollen Konsumenten und wie sollen Wirtschaft, wie soll Plan, wie soll überhaupt noch verlässlich in diesem Land etwas gedacht werden - und das noch gepaart mit dieser gesamten sozialen Schieflage, mit den Ausnahmetatbeständen für die Besserverdienenden. Deshalb haben Sie die Probleme in der Bevölkerung, SPD und CDU, überhaupt begreiflich zu machen, um was es geht. Deswegen ist die Aussage von einer Finanzministerin, das Ganze transparent und nachvollziehbar zu machen, nur ein Teil der Medaille. Das Entscheidende ist, wenn es gerecht zugeht, gehen die Leute Wege mit. Die Bereitschaft war in Deutschland schon einmal 1998 aus meiner Sicht da. Die ist gründlichst vermasselt worden. Wenn die Gerechtigkeitsfrage nicht gelöst wird

zusammen mit der Einnahmefrage dieser Gesellschaft, können Sie nie und nimmer erwarten, dass Sie mit hohlen Phrasen mehr Entlastung - und alles wird jetzt gut und einfacher - überhaupt die Leute erreichen können. Ehrlich gesagt, das ist Ihnen dann auch nicht zu wünschen und auch nicht zu gönnen. Danke sehr.

(Beifall bei der PDS)

Für die SPD-Fraktion hat sich der Abgeordnete Höhn zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Ministerin, zunächst einmal einige Worte zu Ihnen. Ich war schon vorhin etwas erschrocken, ich glaubte, Sie hatten zunächst wahrscheinlich das falsche Manuskript erwischt. Es klang mir so wie eine Rede zu Ihrem Parteitag. Das war jedenfalls der Eindruck, der sich uns aufgedrängt hat. Bevor ich zu unserem eigentlichen Thema komme, und ich will mich da ganz gerne an die Reihenfolge halten, die uns die Tagesordnung aufgibt, nämlich mit der Mittelfristigen Finanzplanung beginnen. Sie haben zu Beginn Ihrer Ausführungen u.a. davon gesprochen, dass im Zuge der Vermittlungsausschussverhandlungen die CDU/CSU den, so wörtlich, "entgleisten Zug" wieder flottgemacht hätte. Das ist ja wirklich interessant. Sie bringen den Zug erst zum Entgleisen im Bundesrat, brechen sich fast das Kreuz, um die Lokomotive wieder in die Schienen zu heben und dann haben Sie ihn flottgemacht. Das ist eine interessante Variante. Das muss man sich für die Zukunft merken.

Meine Damen und Herren, wie angekündigt, lassen Sie mich zunächst einmal zu dem Punkt der Mittelfristigen Finanzplanung einige Ausführungen machen. Manche meinen ja, viel Papier, viele Zahlen, wenig Bindungskraft, aber so unspektakulär und so langweilig ist dieses Thema gar nicht, wenn man etwas genauer hinschaut und wie wir Finanzer sagen, die MiFriFi, das ist kein neues Produkt einer bekannten Tiefkühlkette, sondern das ist ein sehr wichtiges Finanzinstrument der Länder und des Bundes. Die Rechtsgrundlage dafür ist ja auch das Gesetz zur Förderung der Stabilität, darauf haben Sie hingewiesen, und das Haushaltsgrundsätzegesetz und nicht zuletzt unsere Thüringer Landeshaushaltsordnung. Man sollte wissen, wenn man darüber diskutiert, die Mittelfristige Finanzplanung hat ausschließlich Programmcharakter und ist jährlich der Entwicklung anzupassen. Aber gleichwohl gewährt diese Mittelfristige Finanzplanung, jedenfalls in diesem uns hier vorliegenden Falle, sehr, sehr interessante Einblicke in die Bewertung aktuell politischer Sachverhalte durch unsere Landesregierung. Doch was die Regierung, was die Finanzministerin uns hier als Bericht vorgelegt hat, entspricht nicht den Erwartungen, jedenfalls nicht unseren Erwartungen, die man an eine solche Berichterstattung stel

len kann, meiner Auffassung nach stellen muss.

Meine Behauptung, die werde ich im Nachfolgenden natürlich noch untersetzen: Durch Informationsverkürzung, manchmal sogar Informationsvorenthaltung werden mögliche kritische Fragestellungen im Wahljahr von vornherein ausgeschlossen. Das ist eine Schlussfolgerung, die ich beim Lesen dieses Berichts gewonnen habe. Informationsverweigerung ist ja schon ein altbewährtes Mittel dieser Regierung. Das hat Methode und zieht sich wie ein schwarzer Faden durch das Handeln dieser Legislaturperiode. Ich kann einige Beispiele hier aufführen, wen es interessiert, also es gibt bis heute noch keine Auskünfte über die landeseigenen Gesellschaften. Ich erinnere auch, das hat jetzt nicht unbedingt mit Finanzplanung etwas zu tun, dass der Abgeordnete Schemmel sich sein Fragerecht vom Gericht bestätigen lassen musste, Kienbaum-Studie, im Umweltausschuss ein sehr langwieriges Thema zur Fusion von Talsperrenanstalt/Fernwasserversorgung. Aber erinnert sei auch an die Weigerung der Landesregierung während der letzten Haushaltsberatungen, uns die kompletten Zahlen zum aktuellen Haushaltsvollzug vorzulegen. Haben wir ja alles erlebt.