Protokoll der Sitzung vom 05.03.2004

Der Minister hat sehr, sehr viele Dinge benannt, die ich auch unterstütze. Ich nehme zwei Dinge raus, wo ich glaube, er irrt. Das Erste ist die Notwendigkeit des Pflegeberichts. Er sagt, unser Entschließungsantrag wäre überflüssig, er wäre nicht notwendig, weil es eine Menge von gesetzlichen Berichten in der Heimverordnung bzw. auch in der Pflegeversicherung gibt. Da es aber im Land Thüringen keinen Pflegebericht mehr gibt, haben wir in unserer Fraktion, nachdem wir dreimal den Antrag gestellt hatten, einen Landespflegebericht vorzulegen, uns die Mühe gemacht, 76 einzelne Fragen in Kleinen Anfragen zusammenzufassen, um selbst überlegen zu können, wo die Löcher in der Pflegeversicherung sind. Ich möchte Ihnen nicht alle 76 Fragen vorlesen und ich möchte Ihnen auch nicht alle Überschriften vorlesen.

(Zwischenruf Abg. Ellenberger, SPD: Das ist aber schade.)

Ich möchte Ihnen aber dokumentieren, dass das Ministerium selbst immer aufgeschrieben hat, dass man Zeit für einen Pflegebericht braucht. Meine Anforderung und die meiner Fraktion bestand also in den Fragen zum Stand der Umsetzung des Qualitätssicherungsgesetzes. Unsere Frage bestand in der Gewährleistung einer umfassenden Aus-, Fort- und Weiterbildung von Fachkräften. Unsere Frage bestand in der Situation Pflege in Thüringen, unsere Frage bestand in der Pflegeplanung, unsere Frage bestand in der Anwendung des Arbeitszeitgesetzes in Pflegeeinrichtungen. Wir fragten nach der personellen Situation in Thüringer Pflegeeinrichtungen, dieses untersetzt mit vielen einzelnen Fragen. Nun lese ich Ihnen den Satz vor, der in jeder Antwort des Ministeriums zu jeder Frage stand: "Für eine umfassende Beantwortung der Fragen wären umfangreiche und langwierige Recherchen notwendig, da eine Vielzahl der Daten der Landesregierung nicht vorliegen und auch nicht erhoben werden. Die Erhebung der Daten würde einen unverhältnismäßig hohen Aufwand bedeuten und ist daher unzumutbar." Wer diese Vorbemerkung analysiert, diese Sätze, der kommt in der Analyse dieser Sätze zu mehreren Aussagen.

1. Die umfassende Beantwortung der Frage wäre umfangreich und würde langwierige Recherchen notwendig machen. Dazu ist die Landesregierung offensichtlich nicht bereit. Natürlich bietet eine Kleine Anfrage nur sechs Wochen, aber wie oft werden wir von Ministerien gebeten, eine Verlängerung der Zeit für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zu gewähren, damit die Recherchen geführt werden. Diese Bitten gab es bisher auch aus dem Sozialministerium. Keine einzige ist, um die Qualität der Antworten zu machen, überhaupt nur gestellt worden zur Verlängerung. Daraus ergibt sich, offensichtlich hatte man kein Interesse. Was bedeutet aber, die Erhebung der Daten würde einen unverhältnismäßig hohen Aufwand bedeuten? Das bedeutet übersetzt, denn die Fragen, die wir gestellt haben, betreffen die Menschen, die in den Pfle

geheimen arbeiten und vor allem die, die zu pflegen sind. Da bedeutet nämlich diese Antwort: Auch die haben wir nicht im Blick, sondern wir sind der Meinung - Ministerium -, einen unverhältnismäßig hohen Aufwand würde dies bedeuten. Also die Aussagen zu den Lebensverhältnissen der Menschen in den Pflegeheimen und im ambulanten Pflegedienst, die man in einem Landespflegebericht aufnehmen würde, sind der Landesregierung, die Erhebung der Daten, ein unverhältnismäßig hoher Aufwand. Das ist skandalös. Das ist skandalös, wie Sie mit der Pflege umgehen,

(Beifall bei der PDS)

und warum wir weiterhin der Meinung sind, ein Landespflegebericht muss her. Er muss in einer Zeit formuliert werden, die abrechenbar ist und nicht auf den SanktNimmerleins-Tag verschoben wird. Und - hier bin ich bei dem Ausgangspunkt - deswegen war es falsch, was die CDU gemacht hat, dass sie im Ausführungsgesetz zum Pflegeversicherungsgesetz des Landes Thüringen die Berichterstattung gestrichen hat. Wäre nämlich das Berichtsersuchen pro Jahr oder alle zwei Jahre im Ausführungsgesetz weiterhin enthalten, dann hätte die Landesregierung nicht darauf verzichten können, Statistiken zu erheben oder einen Dritten zu beauftragen, dieses Qualitätsmanagement - denn das bedeutet das auch - überhaupt kontinuierlich zu machen.

(Beifall bei der PDS)

Genau diese Novelle zum Pflegeversicherungsgesetz muss auch wieder her.

Zur Pflegeplanung: Man kann trefflich darüber streiten, ob die ca. 20.000 stationären Pflegeplätze spätestens im Jahr 2006 aufgrund der demographischen Entwicklung reichen oder nicht. Dieser Streit, wenn er der Zahlen wegen geführt wird, ist kontraproduktiv. Worüber wir uns unterhalten und vielleicht produktiv streiten müssen, ist die Tatsache: Ist es tatsächlich so, dass ich an einer absoluten Zahl festmachen kann, dass damit der Bedarf gedeckt ist - noch dazu, wenn ich im Hinterkopf habe, dass dieses dann die Zahlen sind, die zum Teil über den so genannten Artikel 52 finanziert wurden, also durch Bundesmittel finanziert wurden, mit einer Kofinanzierung von 20 Prozent, über die wir alle nicht streiten brauchen? Aber hört mit diesem Fakt der Abfinanzierung der Investitionen über diese Bundesmittel dann plötzlich der Bedarf an Investitionsmitteln auf? Müssen wir bei der Pflegeplanung nicht beachten, dass das Land in einer Verantwortung steht, wo wir in irgendeiner Form eine Landesinvestition zur Unterstützung der Aufgaben der Träger in den Pflegeheimen brauchen? Haben wir nicht festgeschrieben, dass das Land die Verantwortung bei den stationären Einrichtungen hat? Ergibt sich daraus nicht die Verantwortung, dass ein Landesinvestitionsprogramm aufgelegt wird? Ergibt sich daraus nicht die Frage, dass wir wieder fragen müssen, ist hier nicht eine Priorität auch

haushalterisch zu setzen, weil eben zu Pflegende in ihrer Würde behandelt werden müssen?

(Beifall bei der PDS)

Gehören da diese Dinge nicht dazu? Gibt es nicht ein ganz akutes Problem, warum wir den 5. Landespflegeplan brauchen? Ist das Problem nicht so akut, dass es dem Ministerium unbekannt sein sollte? Ist Ihnen nicht bekannt, dass in den Heimen, die frei finanziert wurden, wenn der zu Pflegende in die Situation kommt, Sozialhilfe ergänzend beantragen zu müssen, er, wenn dieses frei finanzierte Heim keinen Versorgungsvertrag mit dem Sozialamt hat, nur über eine Einzelfallprüfung in seinem - wie er es empfindet - Pflegeheim wohnen bleiben darf? Na klar gibt es die Einzelfallprüfung, aber es gibt eben auch die Umzüge von Pflegeheim zu Pflegeheim mit der Begründung, dass der zu Pflegende in seinem angestammten Heim zu teuer ist. Denn diese Begründung wird gegeben auch im Südthüringer Raum in Pflegeheimen. Dort müssen Menschen umziehen, weil ein Träger keinen Versorgungsvertrag mit dem Sozialamt hat, und das nur, weil diese Heime nicht im Landespflegeplan aufgenommen sind. Ist das denn zu rechtfertigen? Ist das zu rechtfertigen demjenigen gegenüber, der zu pflegen ist, weil dieses Heim nicht auf einem Blatt Papier steht, aus dem die rechtliche Konsequenz des Anspruchs der Sozialhilfe - wenn man es nicht mehr selber finanzieren kann - abzuleiten ist? Ich glaube, so ein Skandal muss sofort überwunden werden,

(Beifall bei der PDS)

dass nämlich die Heime, die mit den Pflegekassen einen Versorgungsvertrag haben, die, die der Heimmindestverordnung entsprechen, dass diese auch im Landespflegeplan aufzunehmen sind. Und nun, Dr. Pietzsch, sind wir eben wieder bei Ihrem Problem aus dem August. Haben Sie nicht einen schlechten Gesetzentwurf vorgelegt, in dem nämlich das Pflegewohngeld angegriffen werden musste, aber nicht die Regelung, dass es dort endlich den Versuch gab, alle Pflegeheime in den Pflegeplan mit aufzunehmen? Wäre es nicht möglich gewesen, genau dieses Problem, das sich tatsächlich dann auf ein Bundesverfassungsgerichtsurteil begründet, das hätten wir lösen können. Aber genau dazu waren Sie und Herr Staatssekretär nicht in der Lage.

(Beifall bei der PDS)

Wir brauchen also den Landespflegeplan so schnell wie möglich und wir brauchen ihn noch aus einem wirtschaftlichen Grund. Ich weiß nicht, da ich kein Jurist bin, was ein Brief wert ist bei einer Bank, wenn ich eine notwendige Pflegeeinrichtung baue, die in einem kommunalen Bedarfsplan steht, aber nicht im Landespflegeplan, die aber von der Bank die Garantie braucht für die Finanzierung, und dann von Ihnen, Herr Minister Zeh, aus Ihrem Haus, weil eben die Bank nur bereit ist einen Kredit zu geben, wenn das Heim im Landespflegeplan

aufgenommen wurde, dann verschickt Ihr Haus Briefe, in dem doch tatsächlich drinsteht, dass, wenn man einen 5. Pflegeplan erstellt, dieser Träger darin möglicherweise berücksichtigt wird. Das ist der Brief, auf den dann eine Bank einen Kredit gibt. Und jetzt erinnere ich Sie wieder an Ihr dämliches Pflegegeldgesetz.

(Unruhe bei der CDU)

(Beifall bei der PDS)

Wollten Sie dort nicht genau das machen, indem Sie nämlich aussteigen aus Vereinbarungen zur Finanzierung von Krediten? Wollten Sie nicht genau das dort regeln in dieser schlechten Form, wie Sie jetzt Briefe rausgeben, wo die Unsicherheit spätestens dann, wenn die Träger nicht in den Pflegeplan aufgenommen werden, gegenüber den Banken wieder entstehen? Ich empfinde das sehr, sehr unlauter, weil die Träger nämlich mit den Briefen Ihres Hauses hoffen, dass sie auch tatsächlich rechtens sind. Diesem hält so ein Brief nicht stand.

(Beifall bei der PDS)

Da haben wir das Phänomen, dass durch die Nichtakzeptanz eines 5. Pflegeplans in einem überschaubaren Zeitraum Sie als Sozialministerium für diese Unsicherheiten verantwortlich sind. Da können Sie Kopfstand machen, da kommen Sie nicht raus. Das lässt sich eben leider unterschiedlich nachweisen. Ich möchte Sie auffordern, so schnell wie möglich diesen 5. Landespflegeplan vorzulegen, damit eben diejenigen, die als Leistungserbringer arbeiten, eine Rechtssicherheit den Menschen gegenüber, die in ihrem Heim leben, haben, aber auch Kassen gegenüber und vor allen Dingen auch den Banken gegenüber, denn dieses Grundproblem haben Sie im Moment überhaupt nicht gelöst und Sie sind mit keinem My auch nur gegenwärtig an der Erarbeitung einer Klärung dieses Problems, sondern nach wie vor vertrösten Sie diejenigen, die an der Situation der Pflege etwas verbessern wollen.

Nun möchte ich noch etwas zu den so genannten Statistiken sagen. Ich glaube, die Kritik, die ich jetzt von anderen höre, an den Statistiken der AOK - sehr relativiert, Herr Minister Zeh, habe ich sie auch bei Ihnen gehört, aber mehr als Problemsicht, die ich fast teilen würde. Es ist richtig, 70 Prozent der zu Pflegenden sind bei der AOK. Es ist richtig, dass jede Statistik so und so interpretiert werden kann. Die absoluten Zahlen an der Statistik können ein Problem sein, müssen aber keines sein. Aber spätestens die Tendenz, die aus dem Vergleich von absoluten Zahlen kommt, die müsste Sie als Mathematiker doch hellhörig machen. Ist es nicht irgendwie überlegenswert und auch wieder ein Argument für einen Bericht und damit für eine starke Analyse, wenn die Tendenz zwar weggeht von den gravierenden Mängeln, aber in die Grauzone der Mängel nämlich derer, die Sie gesagt haben, die in der Organisation, die in der Pflege

dokumentation und in der Heimmindestverordnung bestehen. Sie haben gesagt, 90 Prozent der Mängel sind Pflegedokumentation, Heimmindestverordnung und Pflegeorganisation. Heimmindestverordnung bedeutet, hier ist doch irgendetwas, was nur mit Investition oder Umbau in den Heimen verändert werden kann. Das ist eine große Bandbreite. Natürlich haben wir immer noch Heime, die noch nicht saniert oder in dem Sinne umgebaut werden konnten, dass sie der Heimmindestverordnung entsprechen. Die gibt es immer noch. Aber ist das nicht ein Argument dafür, über Investitionen nachzudenken? Pflegedokumentation: Steckt hinter der Pflegedokumentation nicht das Zeitbudget und die Personalschlüsselfrage bzw. die Beschäftigten in den Heimen? Ist es dann noch richtig, wenn der Aufwand zur Dokumentation so groß ist, dass dort die meisten Mängel mit entstehen, dass wir darüber nachdenken, wer, was und wie viel an Dokumentation notwendig ist, damit eine qualitativ verbesserte Pflege gemacht werden kann, und ist es diese jetzige Form schon? Wenn ich 51 Prozent Fachpersonal habe, dann können auch nur diese 51 Prozent in der Dokumentation sachlich, fachlich richtig diese Behandlung in der Pflege dokumentieren. Dann sind diese 51 Prozent Fachpersonal zu viel mit Schreibkram beschäftigt, mit Strichemachen und mit Minutenzählen;

(Beifall bei der PDS)

das trifft zu auf die ambulante wie auf die stationäre Pflege.

Oder, Herr Minister, Pflegeorganisation: Ist Pflegeorganisation nicht wiederum abhängig vom Personal-, vom Zeitbudget und von den betriebswirtschaftlichen Abläufen in diesen Häusern und in den Sozialstationen? Muss man auch danach nicht wieder fragen, wie ist die Personalsituation? Dann zu sagen, dass die Statistiken ja nicht so schlimm sind, weil 90 Prozent der Mängel nicht unbedingt schwerste Pflegemissstände hervorrufen, damit habe ich ein Problem. Da will ich nicht nur sagen, das ist zynisch, aber die graue Masse der Mängel ist nie die Spitze des Eisbergs und die könnte sich als ein nivelliertes Qualitätsniveau in den Pflegeheimen einschleichen. Das wäre wirklich sehr, sehr kontraproduktiv, dass wir uns zufrieden geben, dass die Fehler in dieser grauen Masse, die nicht der Familienangehörige sehen kann, dann bestehen. Der Familienangehörige kann sehen, ob ein Bett falsch steht, ob ein Bett falsch aufgeblasen ist, wenn er sich draufsetzt und denkt, was ist denn das. Der kann auch sehen, wenn die Oma oder der Großvater oder der Vater oder auch der Sohn nur verbunden und verwickelt sind oder wenn die Tasse immer noch dasteht. Aber das, wo diese vielen Mängel sind, genau das ist der Familie nicht möglich einzuschätzen, wie viele Fehler in den Heimen gemacht werden.

Nun noch zu dem Pflegezertifikat: Ich habe lange überlegt, ich teile die Auffassung des Ministeriums, dass es ein externes Pflegequalitätssiegel geben sollte, das mit

Mindeststandards verbunden ist. Ich bin froh, dass die Träger, also die Leistungserbringer und die Pflegekassen wie die AOK, sich bereit erklärt haben, genau diesen Prozess auch mit zu gehen bis hin zu dieser Überlegung: Wer wird regresspflichtig gemacht, wenn gegen das Pflegesiegel verstoßen wird? Denn den Zustand teile ich, was ist, wenn Familien in das Pflegeheim gehen und ein Pflegequalitätssiegel sehen, das man sich selbst gegeben hat. Das ist nicht die Form, die wir wollen. Das Pflegequalitätssiegel, das erstritten bzw. erdiskutiert werden soll, das dann möglicherweise etwas kostet, das dann möglicherweise pflegesatzrelevant wird, sollte so gestaltet sein, dass die Familienangehörigen eine relative Sicherheit haben, wenn sie dieses sehen, und nicht überlegen müssen, kontrolliert sich der Träger X und der Träger Y etwa hier nur allein. Das ersetzt auch nicht die ISO 9.000, die letztlich als Rechtsvorschrift in Form von Dokumentationen vorgelegt werden müssen.

Ein letzter Gedanke zu dem Antrag der SPD-Fraktion: Willkommen in der Erkenntnis,

(Zwischenruf Abg. Dr. Pietzsch, CDU: In der Denkfabrik.)

die zusammen - die Denkfabrik muss eine andere sein, Herr Pietzsch, als die, die sie gerade wieder begrüßt haben.

Ich werde meiner Fraktion empfehlen, den Antrag der Fraktion der SPD zu unterstützen und anzunehmen, damit wir die Chance haben, dann auch einen Pflegebericht entsprechend der Geschäftsordnung zu bekommen. Das war auch Konsens in einem Gespräch zwischen Frau Arenhövel und mir, was ich in Ordnung finde. Aber, meine Damen und Herren von der SPD, nehmen Sie es nicht als zu übel oder doch? Ihr Antrag ist wieder ein Stückchen, na ja, machen wir mal schnell etwas.

(Zwischenruf aus der SPD-Fraktion: Das nehme ich übel.)

Das können Sie übel nehmen.

Die Kleinen Anfragen 1141, 1116, 1135, 1136, 1113, 1114, 1115, 1140, 1117, die Mündliche Anfrage des gestrigen Tages, die Mündliche Anfrage von Frau Arenhövel zu den Verbandsmitteln, die noch heute kommt, die hätten Ihnen alle Antworten auf Ihren Antrag mit dem Vorsatz des Ministeriums, dass ihnen die Recherchen zu viel sind, dass sie es als einen unzumutbaren Aufwand empfinden, geben können. Jetzt, und das ist die Begründung, warum ich meiner Fraktion empfehle, diesen Antrag zu unterstützen und ihn anzunehmen, muss die Landesregierung recherchieren, jetzt muss sie vollständig beantworten oder sie legt sich noch mehr offen, inwieweit sie etwas nicht will, denn hier kommt nämlich am Ende ein Pflegebericht in derselben Gliederung heraus, wie unsere kleinen Antworten einen Pflegebericht hätten zusammenstellen

lassen. Das ist die Begründung, warum wir diesen Antrag unterstützen.

Nun ganz kurz noch zu unserem

(Zwischenruf Abg. Pohl, SPD: Och.)

Herr Pohl, ich hoffe, Sie kommen nie in die Notwendigkeit der Pflege, denn keiner ist dann da und stöhnt, dass ihm die Zeit zu viel ist.

Zu unserem Entschließungsantrag: Unser Entschließungsantrag ist verbindlich. Er ist zeitlich überschaubar und er hat genug Zeit gelassen, nämlich seit Dezember letzten Jahres, wo wir mit den Kleinen Anfragen begonnen haben, einen Pflegebericht zu geben, einen Pflegeplan zu erstellen, weil seitdem auch die Briefe an Interessenten für neu zu bauende Pflegeheime rausgehen, dass sie in einem 5. Pflegeplan berücksichtigt werden, und es wäre auch möglich und notwendig, umgehend den in Punkt 3 von uns benannten Novellierungsbedarf zu benennen. Teile waren beim Minister. Mit einem bisschen guten Willen wäre der Rest, der auch pflegenovellenbedürftig ist, machbar gewesen. Und aus diesem Grund ist es eben nicht nur die Ausbildung in den Pflegeberufen, es ist der Landespflegeplan im Ausführungsgesetz zu bestimmen. Es ist zu überlegen, ob die Landespflegekommission nicht ein Gremium wird, damit Gipfel - obwohl ich mich nicht dagegen wende oder kritisieren möchte, dass es diesen gab -, aber Gipfel nicht mehr notwendig sind, sondern dass die Aufgaben der Landespflegekommission genau in diesem moderierten Umfeld, wo ja die Landesregierung drin sitzt, etwas Normales, etwas Gängiges ist, und dass es nicht notwendig ist, dass ein Pflegegipfel erst dann stattfindet, obwohl er vorher geplant war, das will ich ehrenhalber auch dazu sagen. Aber der war eben geplant, weil Sie die Unzufriedenheit von Pflegeträgern gemerkt haben, von den Kassen, die in der Erfahrung schon längst gemerkt hatten, dass in der Landespflegekommission nicht alles moderiert ausgestritten werden konnte. Deswegen ist auch dieses notwendig im Ausführungsgesetz zu verändern, eben diese Pflegekommission. Ich kann Sie alle nur bitten, aus all diesen Gründen zum einen den SPD-Antrag heute anzunehmen und zum Zweiten den Entschließungsantrag auch. Wollen Sie das nicht - es ist Ihre Entscheidung. Ich werde im Auftrag meiner Fraktion namentliche Abstimmung dazu verlangen. Danke.

(Beifall bei der PDS)

Als Nächste hat das Wort Frau Kollegin Bechthum, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, Frau Thierbach, unser Antrag ist eine modifizierte Wie

derholung unseres ersten und zweiten Antrags in den Drucksachen 3/2639 und 3/3244. Es ist also nicht nur von Ihnen gekommen. Die Situation in der Pflege in Thüringen stellt sich nach unserer Auffassung sehr zwiespältig dar. Einerseits kommt sie jährlich wenigstens einmal mit Pflegeskandalen in die Öffentlichkeit, andererseits wird von den Pflegekassen und dem Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit immer wieder beteuert, dass wir eine gute Pflege haben. Die letzten beiden bekannt gewordenen Pflegeskandale haben uns gezeigt, wie notwendig eine verbesserte Kontrolle in den Pflegeheimen ist. Laut dpa-Meldung vom 19. Februar 2004 sollen der Medizinische Dienst der Krankenkassen das letzte Mal vor rund fünf Jahren und die Heimaufsicht das Heim in Bad Klosterlausnitz vor knapp drei Jahren kontrolliert haben. Gleichzeitig aber sagt der Staatssekretär Herr Benner bei einem Besuch in einem Weimarer Pflegeheim, die Einrichtungen würden mindestens einmal jährlich kontrolliert. Wem soll der Bürger, der einen Angehörigen in einem Pflegeheim hat, glauben? Deshalb interessiert uns, wie im Antrag zu lesen, nicht nur die Anzahl der Kontrollen, sondern auch die Zahl der kontrollierten Pflegeheime und damit der zeitliche Abstand zwischen den Kontrollen der Heimaufsicht und des MDK. Entweder sind die vom damaligen Minister Dr. Pietzsch im 71. Plenum am 10. Oktober 2003 aufgeführten vielen gesetzlich vorgeschriebenen Berichte und Kontrollen nicht aussagekräftig, sie werden von den Verantwortlichen, z.B. dem Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit als Rechtsaufsichtsbehörde, nicht gelesen oder sie sind unwirksam. Nach den derzeitigen Erkenntnissen darf man hier frei wählen. In unserem Antrag haben wir auch die Frage nach der Personalsituation in den Pflegeheimen gestellt. Wie uns im Sozialausschuss berichtet wurde, hat das Heim in Bad Klosterlausnitz u.a. als Auflage, fehlendes Personal, das sind immerhin rund acht Fachkräfte bei 129 Heimbewohnern, einzustellen. Da stellt sich sofort die Frage: War da jemals eine ordentliche Pflege gewährleistet oder wurden die Mitarbeiterinnen schamlos ausgebeutet? Wenn man nun am 3. März bei dpa liest, dass die "Krosana" das Personal aus anderen eigenen Häusern holen will, stellt sich die Frage: War es dort wirklich überzählig? Wenn ja, warum war es nicht eher möglich, dieses umzusetzen oder schlimmer, werden jetzt an anderer Stelle Löcher aufgerissen? Das kann nicht im Interesse der Pflegebedürftigen sein. Wir haben in unserem Antrag nach der Zertifizierung der Heime gefragt. In den Streit zwischen den Pflegekassen möchten wir uns nicht einmischen oder gar Partei ergreifen. Uns bewegt vielmehr die Frage nach dem Sinn, d.h. der Verlässlichkeit von Zertifikaten, wenn für diese viel Geld, das ja wohl letztendlich aus dem Pflegesatz kommt, ausgegeben wird und nach kurzer Zeit bei einer Kontrolle erhebliche Mängel festgestellt werden. Dabei ist es unter dem Gesichtspunkt der Verlässlichkeit eines Zertifikats nach unserer Meinung gleich, ob diese dem Management oder bei der Pflege direkt sind. Managementfehler führen in den meisten Fällen zu Pflegefehlern.

Auf einen weiteren Punkt unseres Antrags möchte ich noch eingehen. Bei allen Diskussionen um Mängelaufdeckung bei der Pflege in Heimen sollten wir den Blick darauf haben, wie entwickelt sich die Pflegestruktur in Thüringen weiter. Dazu gehören einerseits die Schaffung genügender Pflegeheimplätze. Bei der Versorgung mit ausreichend Pflegeplätzen sind wir noch weit von einem konkurrierenden Angebot bei den Pflegeheimen entfernt; der Ausbau des Prinzips "ambulant vor stationär", z.B. durch mehr betreutes Wohnen und die Weiterentwicklung der Versorgungsstruktur besonders für demenzkranke Pflegebedürftige. Nach über zwei Jahren intensiver "Fleißarbeit" hat das Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit im Dezember 2003 es endlich geschafft, eine Verordnung nach § 45 b Abs. 3 Sozialgesetzbuch XI zu erlassen. Nur nebenbei, sie hat den Umfang von acht Paragraphen. Die letzten drei Paragraphen sind reine Routine.

Zu dem Entschließungsantrag der PDS möchte ich nur so viel sagen, dass Qualität vor Schnelligkeit gehen sollte. Was bei einem Schnellschuss aus der Hüfte herauskommt, sah man ja schon in der Überschrift Ihres Antrags im Vorabdruck in der Drucksache 3/4072. Wir gehen davon aus, wenn ein Bericht erstellt werden soll, ist er auf einem fundierten und geprüften Material aufzubauen. Schlussfolgerungen, die aus unvollständigen oder gar unkorrekt dargestellten Fakten gezogen werden, nützen den Pflegebedürftigen und dem Pflegepersonal überhaupt nichts.

Zum Antrag der CDU in der Drucksache 3/4069: Nach den gegebenen Informationen des Sozialministers Dr. Zeh im Sozialausschuss diese Woche war ich gespannt, was uns nun plötzlich als Ergebnis präsentiert wird. Die als Ergebnis gefeierte Allianz der Verantwortung wäre sehr wichtig. Aber leider ist sie bisher nur eine Worthülse. Sie haben dazu ja auch ausgesagt, zu handeln. Interessant wäre ja nun, wie dies konkret mit den Beteiligten umgesetzt werden kann. Der Landtag hat sich heute bestimmt nicht das letzte Mal mit dem Thema "Pflege" in Thüringen beschäftigt. Aber ich hoffe, dass dann die Weiterentwicklung der Pflege in Thüringen der Anlass ist und nicht solche für die Pflegebedürftigen bedauerlichen Zustände, wie wir sie jetzt wieder erlebt haben in Thüringen. Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)