Protokoll der Sitzung vom 01.04.2004

(Beifall bei der CDU)

Das zeugt, sage ich einmal, von einer guten Zusammenarbeit.

Die PDS-Fraktion hat das Thema im Landtag ebenfalls mit einem eigenen Antrag zur Länderkooperation zwischen Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt mit einem Antrag vom 2. Dezember 2003 aufgegriffen. Dieser Antrag wurde im Plenum am 12. Dezember 2003 beraten und in namentlicher Abstimmung abgelehnt.

Ich stelle somit fest, das Parlament ist umfassend über den aktuellen Stand der Initiative informiert worden.

(Beifall bei der CDU)

Ich bin aber gern bereit, nochmals die grundsätzliche Bedeutung und die Ziele der Initiative darzustellen. Die Ministerpräsidenten von Thüringen, Sachsen und SachsenAnhalt haben die "Initiative Mitteldeutschland" im August 2002 ins Leben gerufen - das ist bereits mehrfach hier gesagt worden -, weil sie durch eine engere Zusammenarbeit Kräfte bündeln und den erfolgreichen Aufbauprozess der vergangenen Jahre fortsetzen wollen. Neben einer Vielzahl regelmäßiger Konsultationen gab es drei ausschließlich der Initiative gewidmete Treffen. Das sind Treffen der Ministerpräsidenten gewesen, aber unabhängig davon treffen sich die Fachminister regelmäßig. Die Auftaktveranstaltung fand in Halle statt. Weitere Zusammenkünfte folgten in Gera am 1./2. Mai und in Merseburg zuletzt am 24./25. Oktober 2003.

Die "Initiative Mitteldeutschland" ist ein langfristig angelegtes strategisches Projekt, ein dynamischer Prozess und kein Fünfjahresplan.

(Beifall bei der CDU)

Die beteiligten mitteldeutschen Länder stimmen sich in geeigneten Kooperationsfeldern ab, um sowohl plötzlich auftretende Krisensituationen, Stichwort Hochwasserkatastrophe 2002, besser und schneller lösen zu können als auch langfristige Perspektiven der Zusammenarbeit zu entwickeln. Vorrangiges Ziel ist es, die wirtschaftliche Attraktivität des mitteldeutschen Raums im Herzen Europas zu steigern. Es geht vor allem darum, ein gemeinsames Image zu prägen und zu vermarkten - Mitteldeutschland, ein attraktiver Raum im Herzen Europas.

(Beifall bei der CDU)

Mit anderen Worten, der mitteldeutsche Raum soll als einheitliche Marke etabliert werden. Gemeinsam mit Sachsen und Sachsen-Anhalt wollen wir einen Wirtschaftsraum schaffen, der mit dem Rhein-Neckar- oder dem RheinMain-Gebiet langfristig vergleichbar ist und international wahrgenommen werden kann.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Dittes, PDS: Jetzt werden Sie mal ein bisschen bescheidener.)

Damit knüpfen wir an die erfolgreiche Industriegeschichte dieser Region an. Mitteldeutschland war ein herausragender Wirtschaftsraum in Deutschland und muss wieder ein herausragender Wirtschaftsraum werden.

(Beifall bei der CDU)

Hier und nicht etwa im Ruhrgebiet stand die Wiege der deutschen Industrie und ich gehe davon aus, dass wir uns dort auch wieder hinentwickeln werden.

(Zwischenruf Abg. Dittes, PDS: Zur Wiege - ja.)

Die Tendenz ist deutlich erkennbar. In diesem Zusammenhang verweise ich auf die neuesten Daten zum Bruttoinlandsprodukt. Danach stieg das BIP in Thüringen im Jahr 2003 real um 0,5 Prozent - damit haben wir den zweiten Platz innerhalb Deutschlands belegt -, während es sich in Deutschland um 0,1 Prozent verringert hat. Im verarbeitenden Gewerbe hat Thüringen sogar ein Wachstum von 8,2 Prozent zu verzeichnen. Damit sind wir Spitzenreiter in Deutschland. Die Entwicklung ist also erkennbar.

(Beifall bei der CDU)

Wir verstehen die "Initiative Mitteldeutschland" nicht nur als Kooperation zwischen den Ländern, sie ist eine Initialzündung für eine Zusammenarbeit auf verschiedenen Ebenen, vor allem auch in der Wirtschaft. Diese Entwicklung ist stetig und verlangt Kontinuität. Die Thüringer Landesregierung steht für Kontinuität. Sie will auch künftig dazu beitragen, dass in Thüringen schwarze und nicht rote Zahlen geschrieben werden.

(Beifall bei der CDU)

Die Impulse, die von unserer Initiative ausgegangen sind, wirken. Das zeigen zum Beispiel die Aktivitäten der Initiative Regionenmarketing, ein Zusammenschluss von etwa 50 Unternehmen aus Ostthüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt, die erst letzte Woche eine Zukunftskonferenz durchgeführt hat. Ziel ist u.a. die Entwicklung länderübergreifender Netzwerke, so genannter Cluster. Länderübergreifende Bildung von Clustern, das ist in der Tat eine Zukunftschance für Deutschland. Unternehmen, die mit anderen Anbietern und Forschungseinrichtungen zusammenarbeiten, können ihre Marktchancen erhöhen und ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern. Im Mittelpunkt stehen dabei die Branchen Automobilindustrie, Chemie/Kunststoffe, Biotechnologie, IT und Ernährungswirtschaft.

Die Vernetzung regionaler Wirtschaftsakteure ist ein wichtiger Schritt, der von staatlichen und administrativen Maßnahmen begleitet werden muss. Die beteiligten Länder wollen dort, wo es sinnvoll und zweckmäßig ist, eng ko

operieren. Als Beispiele nenne ich die Bildung eines mitteldeutschen Verbundes Statistischer Landesämter, die gemeinsame Nutzung des Justizvollzugskrankenhauses Dr. Pietzsch sagte es - in Leipzig, den gemeinsamen Strafvollzug für weibliche Gefangene, die Bildung von Sicherheitspartnerschaften im Justizvollzug, die Entwicklung eines gemeinsamen Luftverkehrskonzepts für Mitteldeutschland - auch schon gesagt -, die gemeinsame Werbung für die Landesausstellungen "Thüringen - Land der Residenzen", "Glaube und Macht" in Sachsen sowie "Der geschmiedete Himmel" in Sachsen-Anhalt. Die "Wege zu Luther" sind ein Gemeinschaftsprodukt der Thüringer und sachsen-anhaltinischen Tourismus- und Marketingverbände auf Landes- und auch auf kommunaler Ebene.

Die Hochschulen der mitteldeutschen Länder pflegen einen regen Austausch. Die Universitäten Leipzig, Halle und Jena haben sich zu einem Universitätsverbund zusammengeschlossen. Die Berufsakademien in Thüringen und Sachsen intensivieren ihre Zusammenarbeit, insbesondere bei der Studienberatung und bei der Qualitätssicherung des Studiums.

Eine große Zahl von Verbänden, Organisationen und Einrichtungen haben die Idee der "Initiative Mitteldeutschland" aufgegriffen. In diesem Zusammenhang nenne ich die Landesversicherungsanstalten Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Sie werden voraussichtlich in Verbindungen mit den Sozialwahlen im Oktober 2005 fusionieren. Die drei mitteldeutschen Landessportbünde setzen auf Kooperation und Arbeitsteilung, ein wichtiger Baustein für die Olympiabewerbung Leipzig und zur Profilierung Mitteldeutschlands.

(Beifall bei der CDU)

Die Verbände der mittelständischen Wirtschaft von Ostthüringen, Sachsen-Anhalt-Süd und Westsachsen werden im Mai dieses Jahres den ersten mitteldeutschen Wirtschaftstag mit rund 400 Unternehmen durchführen. Die Präsidien der drei Architektenkammern streben eine Harmonisierung der Bauordnungen der drei mitteldeutschen Länder an, die sich am Vorbild der neuen Bauordnung orientiert.

(Beifall bei der CDU)

Wichtig dabei ist, die unterschiedlichen Länderinteressen und -identitäten müssen berücksichtigt werden. Es werden nach sorgfältiger Prüfung nur die Projekte umgesetzt, in denen die gewünschten Synergieeffekte erzielt werden können, Projekte, die aus unserer Sicht den Standort Thüringen stärken und voranbringen und nicht umgekehrt. Es geht nicht um eine aktionistische Zusammenlegung von Behörden und Einrichtungen. Es geht um Effizienz, Wirtschaftlichkeit und den Erhalt von Bürgernähe öffentlicher Dienstleistungen.

(Beifall bei der CDU)

Dies erfordert sorgfältige Prüfung und keine Hyperaktivitäten. Wenn wir die bisherigen Ergebnisse der "Initiative Mitteldeutschland" diskutieren, dann sollten wir auch auf die Aspekte eingehen, die die Opposition sicherlich und offensichtlich, das haben wir gesehen, übersieht, nämlich die gemeinsamen Bundesratsinitiativen von Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Zu dritt sind wir stärker. Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt verfügen insgesamt über 12 Stimmen im Bundesrat. Zum Vergleich Baden-Württemberg hat etwa die gleich große Anzahl von Einwohnern wie unsere drei Länder und hat nur sechs Stimmen im Bundesrat. Die drei mitteldeutschen Länder werfen ihr Stimmgewicht in die Waagschale. Erfolgreich waren wir zum Beispiel mit unseren Initiativen zur Verbesserung der Situation der ostdeutschen Wohnungswirtschaft,

(Beifall bei der CDU)

der Grunderwerbssteuerbefreiung bei Fusionen von Wohnungsunternehmen und Wohnungsgenossenschaften in den neuen Ländern. Der Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf unverändert übernommen, ebenso unseren Gesetzentwurf zur Aufhebung der Verwertungskündigungen. Damit ist die Verwertung weit gehend leer stehender Wohnblöcke erst möglich geworden. Die Verlängerung der Investitionszulage in den neuen Ländern, die Nutzung der Rosenholzdateien für die Überprüfung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes in West und Ost. Ein Erfolg ist auch, dass über eine Deckelung der Kostenbelastung der ostdeutschen Länder aus den DDRSonder- und Zusatzversorgungssystemen verhandelt wird. Morgen wird weiterverhandelt. Dieses sind alles sicherlich keine Luftnummern.

(Beifall bei der CDU)

Gemeinsam haben wir auch wichtige Initiativen für mehr Wachstum und Beschäftigung in Deutschland in den Bundesrat eingebracht - Die Rücknahme der wirtschaftsschädlichen Mineralölsteuererhöhung ist an Rotgrün leider gescheitert - Initiative zur Verbesserung der Zahlungsmoral, Entwurf eines Gesetzes zur dinglichen Sicherung von Werkunternehmeransprüchen und zur verbesserten Durchsetzung von Forderungen, Aufhebung des Gesetzes zur Modulation von Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik. Rotgrün nimmt mit der Ablehnung unseres Gesetzentwurfes die Belastung bäuerlicher Betriebe, Verschwendung von Steuermitteln und hohe Anlastungsrisiken in Kauf. Die Verlängerung des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes ist eine ganz wichtige Sache zur Verbesserung unserer Infrastruktur; die rotgrüne Mehrheit in den Bundestagsausschüssen versagt bisher die Zustimmung zum Gesetzentwurf. Die Opposition hat ferner auch übersehen, dass die enge Zusammenarbeit der drei mitteldeutschen Länder für die Europapolitik von entscheidender Bedeutung ist, gerade auch vor dem Hintergrund der EU-Osterweiterung. Es kommt darauf an, dass wir in Brüssel mit einer Stimme reden. Wir müssen geschlossen

auftreten, wenn über die Verteilung der EU-Fördergelder und damit über die Zukunftschancen des mitteldeutschen Raumes nach 2006 verhandelt wird. Thüringen und Sachsen-Anhalt sind federführend bei der Ausarbeitung der Länderstellungnahme zum Kohäsionsbericht. Die jungen Länder sind auch nach 2006 auf angemessene EUStrukturhilfen angewiesen. Weil die Bundesregierung sich als Anwalt der jungen Länder versagt,

(Zwischenruf Abg. Schemmel, SPD: So ein Mist, so ein Müll!)

müssen wir umso mehr zusammenhalten. Auch dafür ist die "Initiative Mitteldeutschland" eine geeignete Plattform und wir haben auch Erfolg.

(Beifall bei der CDU)

Dass der gegenwärtige Bundeskanzler kein Anwalt der jungen Länder ist, hat er nicht erst durch seine letzte Regierungserklärung zur Agenda 2010 bewiesen. Dort fehlen die jungen Länder gänzlich.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Dr. Botz, SPD: Nur Koffer-Kohl hat das besser gemacht!)

Die Länderkooperation zwischen Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt ist zukunftsweisend, weil sie zur Schaffung von Arbeitsplätzen in Mitteldeutschland beitragen kann und weil sie damit einen Beitrag zur Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West leisten kann.

(Beifall bei der CDU)

Für diese Ziele lohnt es sich, Kräfte zu bündeln, Synergien zu nutzen und gemeinsame Interessen zu verfolgen. Dass unsere Initiative Mitteldeutschland auf eine gute Resonanz stößt, zeigen die vielfältigen Aktivitäten regionaler Wirtschaftsakteure. Sie wissen die Standortvorteile dieses Raumes zu schätzen. Die Landesregierung setzt deshalb den Weg der Kooperation mit Sachsen und Sachsen-Anhalt fort, eine verstärkte Kooperation auf allen Gebieten, wo es nützlich und förderlich ist, wo es im Interesse des Freistaats und seiner Menschen liegt. Ich betone, dort wo es nützlich und förderlich ist und nicht in anderen Gebieten.

(Beifall bei der CDU)

Die Thüringerinnen und Thüringer haben erfolgreich um die Wiederbegründung ihres Landes gekämpft, deshalb steht fest, die "Initiative Mitteldeutschland" ist kein Schritt zur Selbstaufgabe.

(Beifall bei der CDU)

Thüringen bleibt Thüringen.

(Zwischenruf Abg. Schemmel, SPD: Hurra!)