Darüber werden wir jetzt gleich abstimmen. Entschuldigung, das habe ich übersehen. Eine Wortmeldung lag hier nicht vor, deswegen habe ich das übersehen. Bitte schön, Frau Abgeordnete Thierbach.
Frau Präsidentin, Herr Minister, genau diese Ironie, die Sie eben hier gegenüber der Stadt Jena geäußert haben,
ist letztendlich ein Beleg dafür, dass das Verfahren, wie Städte zu dieser Bezeichnung kommen, die ihre Identität ausdrückt, letztendlich nicht richtig geregelt ist. Die PDS-Fraktion wird sich bei der Abstimmung über diese Beschlussvorlage enthalten,
nicht etwa, weil wir den Städten diesen Namen nicht gewähren wollten, sondern wir haben ein anderes Verständnis von kommunaler Selbstverwaltung,
nämlich eins, wie es die Stadt Jena gerade dokumentiert. Im Zusammenhang mit der Novelle zur TKO Ende 2002 haben wir uns bereits als PDS-Fraktion zu dem Verfahren geäußert. Warum ist die Mehrheit in diesem Thüringer Landtag nicht bereit, kommunale Selbstverwaltung in der Art zu verstehen, dass auch die jeweilige Gemeinde selbst darüber entscheidet,
(Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Haben Sie nicht gehört, was der Fraktionsvorsitzende der PDS gesagt hat?)
Vielleicht könnte sich Ihre Erregung wieder ein bisschen legen und Frau Thierbach kann in Ruhe hier ihre Ausführungen zu Ende bringen.
Kommunale Selbstverwaltung würde bedeuten, dass die Kommunen tatsächlich über ihre Bezeichnungen entscheiden, z.B. die Glockenstadt Apolda, die Wartburgstadt Eisenach, inwieweit man die Toskana des Nordens in Bad Sulza...
inwieweit man sie im Norden sieht, auch wenn es gegenwärtig keinen Begriff "Toskana des Ostens" gibt. Man könnte als Kommune darüber diskutieren, ob man "Stadt des Friedens" heißt, wie es in der Stadt Erfurt mehrfach diskutiert wurde und wie es auch der Oberbürgermeister artikuliert hat. Aber weil die Thüringer Kommunalordnung
eben die Beschlussfähigkeit hier durch diesen Landtag festgeschrieben hat und Sie kein Vertrauen in die kommunale Selbstverwaltung haben, sind nur die Namen vorgegeben, die Sie für richtig erachteten. Wir selbst sind der Meinung, den Kommunen kann man diese Verantwortung überlassen.
Sollte tatsächlich mal eine Formulierung auf einem Ortsschild oder auf einem Briefkopf erscheinen, die verfassungswidrig ist oder die der Würde des Landes nicht entspricht, ich glaube, dann wäre die Form des Anzeigeverfahrens, das man den Kommunen als einzige Form aufbürden sollte, letztendlich die Möglichkeit, vor Missbrauch mit Bezeichnungen tatsächlich geschützt zu sein, ausreichend.
Wir werden aus den Gründen nicht zustimmen. Es hat keinen Sinn, über kommunale Selbstverwaltung zu diskutieren und am Ende hier dann aber immer das Verfahren vorzugeben. Herr Minister, Sie können weiter den Kopf schütteln, ich finde es schon interessant, dass Sie hier generös dastehen. Das Kabinett hat am 16.03. beschlossen, vorbehaltlich der Zustimmung des Thüringer Landtags, den Städten die folgende Bezeichnung zu geben. Zuvor hat Ihr Haus - bitte schön - in die Kreise Briefe geschrieben, dass die Gemeinden und die Stadtratsparlamente so schnell wie möglich mal beschließen mögen, was sie wollten; und dann haben sogar noch die Stadtoberhäupter, wie die der Stadt Erfurt, Ihnen mal schnell in einem Brief mitgeteilt: "Vorbehaltlich der Zustimmung des Stadtrats teile ich ihnen mit, ich hätte gern..." Genau das zeigt darauf, dass Sie sich Ihre großen generösen Handlungen, die Sie heute hier mit der Mehrheit beschließen wollen, selbst organisieren, damit die anderen dann sagen können, wie sie wirklich heißen und das ist unlauter.
(Zwischenruf Abg. Pohl, SPD: Da hat doch der Oberbürgermeister von Erfurt richtig ge- handelt. Was haben Sie denn dagegen?)
Gibt es weitere Redewünsche? Das ist jetzt nicht der Fall. Damit können wir den Antrag abstimmen. Wer dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Gibt es keine. Stimmenthaltungen?
Beratung des Berichts des Untersuchungsausschusses 3/2 Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 3/4126
Der der Untersuchung zugrunde liegende Untersuchungsauftrag lässt sich wie folgt zusammenfassen: Zunächst sollte geklärt werden, inwieweit sich die mit der Privatisierung der TSI verbundenen Ziele der Verbesserung des Angebots an Leistungen für den Freistaat bei der Straßenwartung und -instandhaltung und der Kostenreduzierung haben erreichen lassen.
Zweitens sollten die von der TSI zur Durchführung ihrer Aufgaben abgeschlossenen Verträge bzw. Beraterverträge geprüft werden.
Drittens wurden dem Untersuchungsausschuss konkrete Fragen mit auf den Weg gegeben. Es sollte geklärt werden, ob Mitglieder der Geschäftsführung der TSI GmbH, Mitglieder des Aufsichtsrats, Mitglieder der Landesregierung oder den vorgenannten zuzuordnende Dritte persönliche Vorteile im Zusammenhang mit Geschäften der TSI GmbH gezogen haben. Ferner sollte geklärt werden, ob durch Handlungen oder pflichtwidrige Unterlassungen jetztiger oder früherer Mitglieder der Landesregierung bei der Aufsicht über die TSI GmbH oder durch solches Verhalten der Geschäftsführung, des Aufsichtsrats oder einzelner Aufsichtsratsmitglieder dem Land Thüringen finanzieller Schaden entstanden sei oder der geordnete Ablauf der Straßenwartung und -instandhaltung gefährdet worden ist.
Der Untersuchungsausschuss bestand aus 10 Mitgliedern, zuletzt waren von Seiten des Hauses Mitglieder im Untersuchungsausschuss: die Abgeordneten Volker Pöhler, Harald Michel, Reyk Seela, Gottfried Schugens, Manfred Grob und Jörg Schwäblein für die Fraktion der CDU; Werner Buse und Dr. Heide Wildauer für die Fraktion der PDS sowie neben mir der Kollege Frieder Lippmann von der Fraktion der SPD. Ich möchte diesen Kollegen des Hauses für die im Ergebnis konstruktive gemeinsame Arbeit recht herzlich danken.
Sie findet ihren Ausdruck nicht nur darin, dass dem Landtag ein Abschlussbericht ohne Gegenstimme vorgelegt werden konnte, sondern auch in dem heute hier vor allen Mitgliedern des Ausschusses gemeinsam aus der Mitte des Landtags eingebrachten Antrag gemäß § 51 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Beratung. Erinnern möchte ich aber auch an die Kollegen, die als Ersatzmitglieder zum Teil an der Mehrzahl der Sitzungen als Zuhörer teilgenommen haben. Dieses betrifft die Abgeordneten Michael Heym und Siegfried Wetzel von der CDU-Fraktion, Bodo Ramelow und Mike Huster von der PDS-Fraktion sowie von der Fraktion der SPD die Abgeordneten Irene Ellenberger und Volker Schemmel. Mein Dank gilt auch den Kollegen, die zwischenzeitlich aus dem Untersuchungsausschuss ausgeschieden sind, so der Abgeordnete Dr. Heinrich Dietz, Jörg Kallenbach, Christiane Neudert und Dr. Richard Dewes. Allen Genannten sei für ihre Arbeit herzlich gedankt.
Der Umfang dieser Arbeit lässt sich mit wenigen Worten skizzieren: Über 8.400 Seiten Unterlagen, 30 Beweisanträge, 169 interne Vorlagen wurden in 32 Sitzungen des Ausschusses beraten. Dieses Arbeitspensum hatten nicht nur die Abgeordneten zu bewältigen. Auch die Mitarbeiter der Fraktionen haben Erhebliches in der Vorbereitung des Ausschusses beigetragen. Ich nenne hier nur beispielhaft Herrn Thomas Pecher, Herrn Otto Hoffmann und Herrn Volkmar Bauer. Und nicht zuletzt waren auch die Ministerien durch ihre Beauftragten im hohen Umfang in die Arbeit eingebunden. Sie haben an den Sitzungen teilgenommen, Auskünfte auf Verlangen des Ausschusses abgegeben, Stellungnahmen eingebracht und sich in der Endphase auf Wunsch des Ausschusses kurzfristig an der Redaktion des Abschlussberichts beteiligt. Ich nenne hierbei stellvertretend für das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Infrastruktur die Herren Michael Flore und Michael Scholtze, für das Finanzministerium Herrn Dr. Rainer Späth sowie für das Justizministerium Herrn Rainer Holland-Moritz und für die Staatskanzlei Frau Cornelia Schymura. Mein ganz besonderer Dank geht in diesem Zusammenhang auch an die Landtagsverwaltung, die hier einen großen Teil der Vorarbeiten für den Ausschuss, auch für den Abschlussbericht geleistet hat und ohne deren Zuarbeiten wir sicherlich nicht in der Lage wären, heute diesen Abschlussbericht zu beraten. Ich nenne hier stellvertretend für alle, die daran mitgewirkt haben, Herrn Dr. Poschmann, Frau Schmidt und Herrn Schier.
Der von mir soeben skizzierte Arbeitsumfang lässt praktisch erkennen, dass es sich bei den Untersuchungsverfahren um bedeutende parlamentarische Kontrollverfahren handelt, die zur Aufklärung von Sachverhalten im öffentlichen Interesse vom Parlament auch nur in besonderen Fällen eingesetzt werden.
Für den vorliegenden Fall des Untersuchungsausschusses zur TSI ist ein weiterer Aspekt bedeutsam. Der Unter
suchungsausschuss beschäftigte sich mit einer staatlichen Eigengesellschaft, die auf der Privatisierung der Straßenmeistereien des Freistaats Thüringen beruhte, in einem Zwischenzeitraum vor der späteren Veräußerung sämtlicher Geschäftsanteile durch den Freistaat Thüringen. Die parlamentarische Untersuchung der Geschäftstätigkeit einer solchen Eigengesellschaft und des Verhaltens des Freistaats als Gesellschafter, als für den Zustand auf Thüringer Straßen Verantwortlichem, wies der Untersuchung einen weiten Rahmen zu. Neben den Regeln der Staatsorganisation war das Gesellschaftsrecht bedeutsam. Neben die haushaltsrechtliche Finanzierung traten Finanzierungen durch Rahmenverträge und Vergaberecht. Neben der durch das Gesellschaftsrecht bestimmten Stellung der entsandten Mitarbeiter oberster Landesbehörden in ein Unternehmen traten dienstrechtliche Gesichtspunkte. Durch die Privatisierung wurde die Frage der Verteilung von Zuständigkeiten nach dem Kriterium der fachlichen Beantwortung oder nach dem Kriterium der Beteiligungsverwaltung als Fiskalvermögen bedeutsam. Schließlich war neben der grundsätzlichen Öffentlichkeit der parlamentarischen Untersuchung der Schutz von Firmengeheimnissen zu bedenken.
Auf diese mit der parlamentarischen Kontrolle von Privatisierungen verbundenen Probleme haben ca. sieben Monate vor Einsetzung des Untersuchungsausschusses die Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen Landesparlamente in ihrer Konferenz in Hamburg hingewiesen. In der Entschließung, die am 1. November 1999 mit Drucksache 3/50 des Thüringer Landtags verteilt wurde, weisen sie darauf hin, dass mit der Privatisierung die Mitwirkung zum Kontrollbereich der Parlamente eingeschränkt werde und fordern, dass sich die Regierung durch Privatisierungen den parlamentarischen Kontrollrechten nicht durch Berufung auf gesellschaftsrechtliche Vorschriften oder auf Grundrechte privater Dritter entziehen können dürfe. Privatisierung dürfe auch grundsätzlich nicht zu einem Verlust an Öffentlichkeit bei der Kontrolle führen, denn nur die öffentliche Kontrolle sichere die uneingeschränkte Rückbindung an das Volk.
Meine Damen und Herren, der Untersuchungsausschuss zur TSI hat für die genannten Probleme in seinen Beratungen weit gehend Verfahren und Lösungen gefunden. Der Untersuchungsausschuss ist zunächst übereingekommen, durch Aktualisierung der gesellschaftsrechtlichen Einwirkungsrechte des Freistaats auf die TSI GmbH im Rahmen der Aktenvorlage nach § 14 Untersuchungsausschussgesetz Kenntnis der relevanten Unterlagen zu erlangen. Nach Einsicht in die vorliegenden Unterlagen hat er in den insgesamt 30 Beweisanträgen wesentliche Punkte in öffentlicher Beweisaufnahme erhoben. In gleicher Weise hat sich der Untersuchungsausschuss zu parallelen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen nach § 14 Untersuchungsausschussgesetz unterrichten lassen und von eigenen Beschlagnahmemöglichkeiten im Ergebnis abgesehen.
Zur Frage des Geheimhaltungsbedürfnisses für Firmenund Geschäftsgeheimnisse hat der Untersuchungsausschuss daran festgehalten, dass eine Beschränkung der Öffentlichkeit der Beweisaufnahme grundsätzlich nur gestattet ist, soweit dies öffentliche oder private Geheimhaltungsgründe gebieten. Diese Geheimhaltungsgründe müssen das gleiche Gewicht besitzen wie die verfassungsrechtlich gewährleistete Öffentlichkeit der Untersuchung. Hierzu hat sich der Untersuchungsausschuss mit den Beauftragten der Landesregierung auf das Verfahren verständig, dass diese bei Zuleitung von Unterlagen selbständig anzeigt, welche Unterlagen aus Sicht der Landesregierung vertrauliche Behandlung verdienen. Der Untersuchungsausschuss hat unter Wahrung der grundrechtlich geschützten Interessen einbezogener Dritter die notwendigen Beschränkungen der Öffentlichkeit in eigener Verantwortung beschlossen. Diese Beratungen und Beschlussfassungen über den gebotenen Diskretionsschutz hat der Untersuchungsausschuss selbst in vertraulichen Sitzungen geführt. Im Ergebnis wurden grundsätzlich die Beweisaufnahmen öffentlich durchgeführt.
In einem späteren Zeitpunkt des Verfahrens haben die Beauftragten der Landesregierung selbst Entsperrung der Unterlagen angezeigt. Umgekehrt hat der Untersuchungsausschuss durch Anonymisierung von Firmendaten, bei denen es nur auf die Vorgänge, nicht aber auf die Namen oder die Auswahl der Firmen ankam, deutlich hervorgehoben, dass auch bei Wahrung in einem öffentlichen parlamentarischen Untersuchungsverfahren im Wege der praktischen Konkordanz ein hinreichender Schutz privater Interessen oder Rechte möglich ist.
Weiterhin hat der Untersuchungsausschuss dem Geschäftsführer der TSI GmbH den Betroffenenstatus nach § 15 Untersuchungsausschussgesetz zuerkannt und die damit verbundenen Beschränkungen der Untersuchungstätigkeit in Kauf genommen. Die TSI GmbH selbst als Eigengesellschaft des Freistaats Thüringen hat diesen Status nicht erhalten.