Hier ist das Ziel, erstmal das Selbstwertgefühl zu fördern, ein selbstbewusstes Verhalten im Alltag, Verhaltensänderungen durch neue Erfahrungen, Umgang mit Gefühlen von Macht und Ohnmacht, gewinnen, verlieren, Eskalation und Deeskalation. Das hat eine Sozialpädagogin sehr interessant beschrieben. In der Jungenarbeit geht es um die kritische Reflexion der Geschlechterrolle, die männliche Identitätsfindung, Werte und Normen sowie effektive Bewältigung von Konflikten.
Zu 8. - der berufsvorbereitende Unterricht: Wie läuft auch heute noch berufsvorbereitender Unterricht? Ich zitiere einen 17-jährigen Schüler, Sie haben bestimmt über ihn gelesen in der TA vor zwei Wochen, aus Erfurt, der den Beruf eines Mechatronikers seit einem Jahr lernt: "Drei Wochen vor Schulabschluss kamen Vertreter des Erfurter Bildungszentrums in unsere Klasse und stellten den Mechatroniker vor, eher zufällig, eigentlich wollten sie in die 9. Klasse." Wenige Wochen zuvor wusste dieser Junge noch gar nicht, dass es diesen Beruf gibt. Ein Beispiel nur, wie sicherlich Berufsvorbereitung nicht erfolgen soll. Die schon zur Tradition gewordene Berufsmesse "Forum Berufsstarts" für Schülerinnen und Schüler trägt auch dazu bei, solche Defizite abzubauen. Dass sich für die neuen IT-Berufe zurzeit nur 10 Prozent Mädchen bewerben, hat auch seine Ursache. Die Auseinandersetzung mit diesen Problemen muss in der Schule beginnen. Die Schülerinnen und Schüler müssen umfassender über die vielfältigen Berufsangebote unterrichtet werden. Dafür müssen aber auch die Lehrerinnen und Lehrer bereit sein, sich fortzubilden. Wenn mir vom ThILLM gesagt wird, Frau Bechthum, wir haben die ganzen Fortbildungsangebote - ich habe den Katalog auch -, aber wir können die Lehrerinnen und Lehrer nicht zwingen, sie anzunehmen. Wir müssen - wir haben darüber auch schon gesprochen - Anreize schaffen, wenn sie selbst nicht firm sind, wenn sie selbst nicht mit dem Computer umgehen können. Das ist meine Altersklasse, ich habe auch Hemmungen davor, ich bin dabei, dann werden die das auch nicht tun, das wissen die selbst. Die Schule muss einfach auch die Konzepte zur Berufsorientierung und Lebensplanung anbieten, und auch die unbezahlte Arbeit genauso thematisieren wie Vereinbarkeit von Beruf und Familie bei Mädchen und Jungen. In dem Rahmenprogramm "Schulen ans Netz" gibt es Modelle, die gezielt Mädchen fördern. Ich weiß, in Erfurt gibt es eines. Mir sagte die Leiterin des Com-Centers, das sollte im April beginnen, das wird gestützt vom Arbeitsamt und vom Bund. Da waren zwei Mädchen, 8. Klasse; die Schulen waren noch nicht in der Lage, Mädchen dafür auch zu werben. Ich frage also hier: Werden die schon genügend genutzt? Die Forderung des Kultusministers Krapp, Lehrer und Lehrerinnen, wie auch Schülerinnen und Schüler der Klassen 8 bis 10 sollten zukünftig Betriebspraktika in der Wirtschaft absolvieren, ist positiv und zu unterstützen,
aber es muss dann auch eine breite Vielfalt von Berufen angeboten werden. Eine Aufwertung von Berufen erfolgt insbesondere immer dann, wenn Männer frauentypische Berufe ergreifen. Sie wissen das von den Sparkassen, in den Kaufhallen, wo auf einmal viele Männer nach der Wende auftauchten. Das hat auch etwas mit Chancengleichheit zu tun. Ich muss Ihnen sagen, der Beruf des Grundschullehrers, ich hatte noch einen, daran kann ich mich heute noch erinnern, als Vorbild für Jungen, der ist fast völlig verloren gegangen. Kennen Sie noch Männer, die heute als Grundschullehrer arbeiten? Auch ein Mann als Erzieher im Kindergarten, im Kinderhort wäre durchaus vorstellbar.
Und in dieser Ausbildung und in dieser Arbeit werden genau diese Kompetenzen erworben, die dazu führen, in der Familienphase später problemlos Erziehungsurlaub zu nehmen. Stellen Sie sich darauf ein, wir haben jetzt das Teilzeitgesetz, dass das Recht besteht, Erziehungsurlaub zu nehmen, ab nächstem Jahr tritt das in Kraft. Und da werden Sie auch nicht mehr so schmunzeln und lächeln, sondern Sie werden dann auch Stellung beziehen müssen.
Sie merken, Sie finden die volle Zustimmung bei diesen kritischen Worten. Moment, lassen Sie erstmal den Saal zur Ruhe kommen und sprechen Sie dann weiter.
Ja, wir können doch auf vieles stolz sein in Thüringen. Was ich zum Teil auf Konferenzen wiedergebe, da sperren die Mund und Nase auf; das habt ihr schon alles in Thüringen? Aber wir sagen dann dazu, woran es hapert und das ist nicht so glänzend, wie das Herr Krapp hier sagt. Wir haben in Thüringen in den Hochschulen und im ThILLM gute Voraussetzungen, um die in Punkt 9 genannten Forderungen zu realisieren. An der Fachhochschule Erfurt, wo auch Frau Wolf herkommt, wird von Beginn an Geschlechterdemokratie gelehrt. Frau Professor Spieß, Frau Rentmeister sind ausgewiesene Expertinnen. Von der
Landeszentrale für politische Bildung, sie waren auch schon dabei, den Stiftungen, egal ob Ebert- oder Adenauerstiftung, werden Seminare angeboten, die immer den neuesten Stand der Geschlechterforschung zum Inhalt haben. Es gibt an unseren Hochschulen Professorinnen, Lehrerinnen, die ausgewiesene Expertinnen auf diesem Gebiet sind. Sie sind inzwischen aufgenommen in diese Datei vom ThILLM und können dort abgerufen werden, aber es geschieht eben noch nichts. Im Juli 1999 wurde zwar nur mündlich in Bad Berka am ThILLM vereinbart, gemeinsam mit den Vetrauenslehrerinnen und Frauenbeauftragten der Schulämter zum Thema Geschlechterdifferenz zu beginnen. Die Expertinnen warten auf das Signal des Beginns vom Kultusminister. Es ist alles organisiert, es muss aber erstmal geschehen. Und das Land Thüringen hat auch seit 1997 eine C 4-Professur für Frauenforschung eingerichtet
- ja, aber die haben ja andere noch nicht mal - und sie ist der Universität Erfurt angegliedert, die war als Honorarprofessur vertreten worden, aber sie ist jetzt im Grunde seit einem Jahr ausgeschrieben gewesen. Es ist alles gelaufen, ich möchte jetzt eigentlich wissen: Wann wird diese Professur besetzt? Sie hat den Titel "Soziologie der Geschlechterverhältnisse".
Zu 10.: Ich glaube, das knappe Jahr bis zur echten Berichterstattung, Herr Krapp, sollten wir uns nehmen, um dann auch realistisch zu sagen, was hat sich in Thüringen nun wirklich in diesem Jahr getan.
Zusammenfassend: Die gesetzlichen Grundlagen sind für die Realisierung der Chancengleichheit für Mädchen und Jungen geschaffen worden, es fehlt die praktische Umsetzung im Alltag, und zwar auf allen Ebenen - Wirtschaft, Politik, Bildung, Kultur und Wissenschaft. Und solange hierher Schulklassen kommen mit Lehrerinnen und Lehrern, die mich immer noch mit großem Erstaunen dann angucken, dass wir einen Gleichstellungsausschuss haben, was der denn soll und wozu wir ein Gleichstellungsgesetz haben, da wissen Sie selbst, wie weit entfernt die Schulen noch sind, um dieses Problem anzugehen. Ich bitte Sie, die Beratung im Gleichstellungsausschuss und im Ausschuss für Bildung und Medien und hier federführend im Gleichstellungsausschuss fortzusetzen. Danke für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich es nicht wiederholen wollen, aber ich tue es. Es ist interessant, welche Aufmerksamkeit diesem Tagesordnungspunkt geschenkt wird, egal, ob er nur von der SPD-Fraktion eingebracht wurde oder nicht. Meine Herren und Damen, es liegt an uns selbst, welche Zeichensetzung wir nach außen verkünden, wenn es um gleiche Chancen für Frauen und Männer geht. Es liegt an uns.
Das ist schon recht, der Beifall ist schon gut, aber ich zweifle das an. Ich möchte ein paar Dinge zu dem Antrag der SPD-Fraktion sagen und wiederhole noch einmal, es geht mir persönlich, und wir haben fünf Jahre in der 2. Legislatur dafür gekämpft und gestritten und wir wollten natürlich auch Aufmerksamkeit dadurch erringen, um gleiche Chancen für Mädchen, für Jungen, für Frauen und für Männer, egal welchen Alters.
Zu Punkt 1: Ich kann nicht nur dieses Thema negativ verkaufen, ich verkaufe es positiv. Und wir alle sollten es positiv verkaufen, denn je mehr Negatives ich rüberbringe, da brauche ich mich gar nicht zu wundern, wenn es belächelt wird. Da brauche ich mich nicht zu wundern. Punkt 1 des Antrags, ich betone, regionale Beispiele sind zu erwähnen. Sie sind flächendeckend unterschiedlich, aber wer eigenständig-selbständig dieses Thema betrachtet, der hat Erfolge vorzuweisen und nicht nur bedeutende Frauen aus der Musik, aus der Wissenschaft, aus der Forschung, aus der Wirtschaft sind zu nennen. Jeder hat zu Hause in seinem Ort irgendeine Dame, egal ob sie Oma oder Tante oder Mutter genannt wird, das ist eine Persönlichkeit.
Punkt 2: Ja, das geschieht, was in dem Antrag steht, wieder regional sehr unterschiedlich. Wo geschieht es? Sehr wohl in Kursen, sehr wohl in Arbeitsgemeinschaften, sehr wohl in der Volkshochschule und und und. Es liegt natürlich wieder an uns, wie wir es verkaufen, wie wir es positiv in der Öffentlichkeit rüberbringen.
Punkt 3: Finanzielle, personelle Unterstützung - ja das geschieht und das wissen wir auch, dass das geschieht. Nur, warum reden wir denn nicht drüber? Es reicht natürlich nicht aus. Man greife in die rechte oder in die linke Tasche eines Anzugs oder einer Jacke, wenn in der rechten oder in der linken nichts mehr drin ist, ist meine Decke zu kurz. Selbstverständlich muss ich darum kämpfen, hier finanziell und personell etwas zu tun, auch sachlich. Der Thüringer Kultusminister hat dazu einiges ausgeführt.
Zu 4.: Geschieht, von unten geschieht es, selbständig, eigenständig, vor Ort, voller Offenheit, jeder kann es sehen, voller Klarheit, voller Wahrheitsgehalt. Man höre und staune, auch das kommt herüber. Regionale Unterschiede, wieder flächendeckend im Freistaat Thüringen, aber auch hier betone ich: Warum werten wir denn das nicht entsprechend aus, warum stehen wir nicht dazu und verkünden es, ohne es ins Lächerliche zu ziehen?
Zu 5.: Veränderungen sind hier nötig, bitter nötig in den Köpfen, in den Köpfen von Männern und Frauen. Denn wie gehen wir denn täglich miteinander um? Das Miteinander zählt hier, nicht das Gegeneinander. Das Aufwerten zählt und nicht das Abwerten. Jeder von uns war doch schon einmal in einer Situation, wo man so abwertend über bestimmte Dinge gesprochen hat. Aber wenn die Dinge interessant sind - und ich mache da garantiert jetzt keine Polemik -, ob das Wirtschaftsthemen sind, Wissenschaftsthemen, ist Ihnen schon aufgefallen, dass die ganz anders behandelt werden, dass da ganz anders zugehört wird? Mir fällt es schon auf. Die eigene Darstellung ist doch hier notwendig.
Zu 6.: Frau Bechthum, wichtig, richtig. Wo ist die öffentliche Unterstützung, aber von uns allen, nicht nur von Bestimmten?
Zu 7.: Ja, geschieht, geschieht flächendeckend, wieder mit regionalen Unterschieden, aber warum streben wir denn hier nicht mal Vergleiche an zwischen einzelnen Landkreisen, Regionen von mir aus. Oder man nimmt ja so gern die Himmelsrichtungen Norden, Osten, Westen, Süden, machen wir es doch mal, tauschen wir Erfahrungen aus.
Zu 8.: Ja, ein klares Ja. Information vor Ort ist notwendig. Alte Zöpfe müssen abgeschnitten werden. Weg mit den Vorurteilen! Aber das fängt bei uns an. Das fängt bei uns selbst an.
Zu 9.: Dafür sorgen wir. Ja, vielleicht müssen wir hier die positiven Zeichen nach außen senden, verstärkt, und zu den vorhandenen positiven Ergebnissen und Erkenntnissen müssen wir auch stehen. Man kann nicht nur in Sonntagsreden oder wenn es uns gerade gefällt, dieses Thema beleuchten, sondern jeden Tag aufs Neue, sowohl die Männer als auch die Frauen.
Und zu 10.: Ein klares Nein von mir, keine Zeitfestlegung, das haben wir doch gar nicht nötig. Wir sind doch selber in der Pflicht. Rufen wir es doch auf in der Plenarsitzung oder im Ausschuss, was weiß ich. Und dann möchte ich noch eins sagen, Frau Bechthum, ich denke, das kann man hier sagen: Karriere beginnt zu Hause, im Elternhaus.
Und ein Letztes: Jeder einzelne Abgeordnete hier in diesem hohen Haus, und ich habe das auch schon einmal gesagt, ich weiß nicht, in welcher Rede, aber ich habe es schon einmal gesagt, muss selber oder kann, wenn er denn will, selber dazu beitragen, dass dies alles umgesetzt werden kann. Gleiche Chancen für Mädchen, für Jungen, für Frauen, für Männer und nicht nur in der Schule. Dagegen habe ich was, nicht nur in der Schule,
sondern wir können das in jedem Bereich unseres täglichen Lebens und wir sind ja nun ständig auch unterwegs, können wir dazu stehen, müssen wir dazu stehen. Ich denke, dieses Thema ist einfach zu wichtig, um belächelt zu werden oder um gar nicht zuhören zu wollen. Vielleicht liegt es auch an uns, wie wir sprechen. Irgendwann, wenn mal hier ein bisschen Dialekt gesprochen wird, und manchmal rutscht mir das ja raus, vielleicht hören mir dann die Leute besser zu, das zwingt dann zum Zuhören. Ich bedanke mich.
Es liegen keine weiteren Redemeldungen vor und es ist die Überweisung an den Gleichstellungs- und an den Ausschuss für Bildung und Medien beantragt worden und die Federführung beim Gleichstellungsauschuss. Wir stimmen über diese Anträge ab. Wer zustimmt, dass dieser Antrag in der Drucksache 3/498 an den Gleichstellungsausschuss überwiesen wird, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Ich glaube, wir müssen zählen. Gegenstimmen?
Danke schön. Das waren jetzt die Gegenstimmen. Wer für die Überweisung stimmt, das haben wir vorhin nicht gezählt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es Stimmenthaltungen? 5 Stimmenthaltungen. Der Überweisung haben 29 zugestimmt, 34 haben dagegen gestimmt und es gab 5 Enthaltungen. Damit ist der Überweisungsantrag abgelehnt.
Es ist ein weiterer Antrag gestellt worden, den Antrag an den Ausschuss für Bildung und Medien zu überweisen. Wer dem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Wer stimmt dagegen? Danke schön. Gibt es Stimmenthaltungen? 1 Stimmenthaltung. Wir haben 28 Jastimmen gezählt, haben dann bei 30 aufgehört, die Neinstimmen zu zählen und registrieren 1 Stimmenthaltung. Damit ist auch der Überweisungsantrag an den Ausschuss für Bildung und Medien abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag. Wer dem Antrag der SPD-Fraktion in der vorliegenden Fassung zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen.