Ich bin enttäuscht, dass das Resümee Ihres Berichts ist, Richard Dewes ist an allem Schuld. Ich habe gedacht, Sie agieren nach gut eineinhalb Jahren viel souveräner, müssen die Schuld nicht immer auf Ihren Vormann abschieben.
Und jetzt das, was ich Ihnen versprochen habe: Was haben Sie denn vor einem Jahr zum gleichen Verfassungsschutz, den Sie heute so in Grund und Boden unter Richard Dewes geredet haben, gesagt? Ich zitiere aus einer dpa-Meldung vom 08.06., am gleichen Tag, als Roewer suspendiert worden ist: Roewer habe freie Hand und volles Vertrauen gehabt, aber nicht verhindern können, dass interne Vorgänge im Verfassungsschutz immer wieder die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich zogen, meinte Köckert. Die Arbeitsfähigkeit des Geheimdienstes sei aber nicht gefährdet gewesen und jetzt - Originalzitat - "Der Verfassungsschutz hat bislang gute Arbeit geleistet." Ich kommentiere das gar nicht. Ich stelle das dem gegenüber, was Herr Köckert hier vor einer Viertelstunde zum Thema Verfassungsschutz gesagt hat.
Meine Damen und Herren, ich will aus einer Sache keinen Hehl machen. Ich halte es prinzipiell für falsch, wenn Funktionäre, oder ich sage mal Führungsleute, aus dem rechtsradikalen Bereich hier in Thüringen als V-Männer geführt werden. Ich stehe dazu, mir ist vollkommen egal, unter welchem Innenminister das passiert. Aber ich kann es nur kritisieren, wenn ich es weiß. Das wissen Sie selber, dass ich da keine andere Möglichkeit habe. Ich habe nie die Frage offen gelassen, wie ich reagiert hätte, wenn ich zu einem anderen Zeitpunkt erfahren hätte, dass ein anderer Innen
minister so verfährt, wie es leider bei Ihnen, Herr Köckert, Tagesgeschäft ist. Ich stehe ausdrücklich zu der Formel: Ein Innenminister muss nicht wissen, wer V-Mann ist, aber ich füge hinzu, er muss hundertprozentig wissen, dass kein Funktionär aus der rechten Szene, aus der radikalen rechten Szene V-Mann ist. Dieser Zusatz ist für mich unverzichtbar und ich sage Ihnen auch, warum.
Die Gefahr, und das wird oft genug diskutiert, ist riesengroß, dass dieser Salär, dieser Lohn, den es gibt, auf der anderen Seite wieder in den Aufbau der Strukturen dieser Vereine und Verbände geht.
Selbst vorhandene Ermittlungserfolge wären doch kontakariert, wenn dieses in die Öffentlichkeit geht. Wir haben es doch gesehen im Fall Dienel. Wir sehen es doch im Fall Brandt. Es schadet doch mehr, wenn es in die Öffentlichkeit kommt, als es uns zu irgendeinem Zeitpunkt je genutzt hat. Es arbeitet gegen den Ruf des Landesamts für Verfassungsschutz. Und in unserem speziellen Zeitausschnitt, wo wir dieses diskutieren, ist es natürlich kontraproduktiv für das NPD-Verbot, was wir beantragt haben und was wir mittragen. Sie wissen doch selber, dass da keine Logik drin ist, auf der einen Seite zu sagen, wir wollen die NPD verbieten, und auf der anderen Seite zu sagen, wir arbeiten aber mit ihren Spitzenfunktionären in einer Institution zusammen. Das ist doch eine Logik, die sich Ihnen nicht verschließt.
Meine Damen und Herren, ich habe ein Stückchen Verständnis gezeigt für das, was der Innenminister nicht sagen kann, aber auch, weil ich glaube, auch über meine fünf Jahre bei der PKK einiges verstanden zu haben. Es waren übrigens hochinteressante Jahre und ich kann mich nicht beschweren. Es gibt nicht eine Frage, die jemals in diesem Gremium unbeantwortet blieb.
Deshalb, Herr Köckert, ich will Ihnen nicht die Chance geben, hier noch mal etwas zu sagen, ich will Ihnen aber die Chance geben, Aussagen von mir zu dementieren. Das machen Sie ja nun schon seit zwei Tagen, dass Sie der Öffentlichkeit ständig erklären, welche Aussagen oder was falsch ist. Dann schlage ich vor, ich stelle hier eine Behauptung auf und Sie dementieren sie, wenn Sie es denn können, weil Sie es dürfen, was den Wahrheitswillen betrifft.
Ich behaupte, Tino Brandt war über einen längeren Zeitraum - damit meine ich mindestens ein Jahr - Quelle bzw. V-Mann beim Thüringer Verfassungsschutz. Herr Köckert, sagen Sie, wenn das nicht wahr ist.
Ich behaupte, er hat für seine Tätigkeit beim Landesamt insgesamt eine Entlohnung im hohen sechsstelligen Bereich bekommen oder - sagen wir mal - im sechsstelligen Bereich. Herr Köckert, dementieren dürfen Sie, dementieren Sie dieses.
Und bei meiner dritten Behauptung, gestatten Sie mir, dass ich vorher noch eine Minute aushole, dass Sie verstehen, auf was ich hinaus will. Herr Köckert hat gesagt, man informiert sich in den Medien. Mir geht es genauso. Das eine oder andere nimmt man zur Kenntnis. Das eine oder andere ist man geneigt zu glauben. Bei dem einen oder anderen schmunzelt man, weil man weiß, dass es bestimmte Zusammenhänge einfach nicht gibt. Das geht auch aus der PKK-Zeit hervor. Ich habe zunächst geschmunzelt, als ich im "Freien Wort" von heute gelesen habe, dass es da u.a. die Vermutung gibt, dass Ihr ehemaliger Staatssekretär beim Vizepräsidenten Peter Nocken gewesen ist und vorgeschlagen hat, die Quelle Tino Brandt wieder einzuschalten. Da habe ich zunächst gegrinst, weil ich weiß, dass das so eigentlich nicht geht, weil Entscheidungen von dieser Tragweite mit der Spitze des Hauses fallen und nicht mit dem Vizepräsidenten des Hauses. Mit dem bespricht man das nicht. Dass das der Staatssekretär macht, ist in Ordnung. Da gibt es diese Arbeitsaufteilung, die Sie intern bestimmen. Aber wann eine abgeschaltete Quelle wieder aufgeschaltet wird, das bespricht man nicht mit dem Vizepräsidenten. Also habe ich geschmunzelt.
Und dann habe ich es noch mal gelesen und dann fiel mir ein, dass es ja einen Zeitpunkt gab, wo der Vizepräsident der amtierende Präsident des Landesamts für Verfassungsschutz war. Und meine Befürchtung bestärken Sie mit Ihrem Bericht.
Es gab drei Phasen in Ihrer Innenministerzeit, Sie hatten drei Vorsitzende bzw. Präsidenten beim Landesamt für Verfassungsschutz. Zur Nocken-Zeit haben Sie noch keine Ausführungen gemacht. Sie haben kritisiert, was Sie mit Roewer übernommen haben, Sie haben sich selbst gelobt, was Sie mit Sippel getan haben. Ich erlaube mir zu fragen: Was ist denn in der Zeit Nocken passiert? Und wenn ich das, was im "Freien Wort" geschrieben steht, was Ihr ehemaliger Staatssekretär Brüggen nicht mal dementiert, für bare Münze nehmen würde, heißt das schlicht und einfach, weil wir auch über den Zeitraum Nocken wissen, in welchem Zeitraum es passiert ist, unmittelbar nach der Debatte zum Fall Dienel, wo wir uns in den Konsequenzen gestritten haben, aber alle gesagt haben, solche Leute gehören nicht zum Verfassungsschutz. Unmittelbar nachdem alle politisch relevanten Fraktionen diese Forderung äußern, geht ein Vertreter Ihres Hauses zum damaligen Chef des Verfassungsschutzes und sagt nicht: Hast du die Diskussion verfolgt, wir müssen eventuell noch einen abschalten, sondern er sagt: Wir müssen einen wieder einschalten von der gleichen Qualität. Und wenn das wahr ist, wenn das der Realität entspricht, ist dieses der politische Skandal, dass unmittelbar nach Dienel - Herr Althaus, ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihre Bemerkung zum Thema "Brandt", wenn das so war, hat das Konsequenzen, d.h., wir sind dafür, dass es Konsequenzen hat, wenn solche Leute in den Verfassungsschutz gebracht werden. Das heißt ganz klar, unmittelbar nach dem Fall Dienel hat unser Thüringer Verfassungsschutz zumindest mit dem Staatssekretär aus dem Innenministerium darüber diskutiert, ob
Meine Damen und Herren, das ist wirklich ein politischer Skandal, wenn das so passiert ist. Und deshalb, Herr Köckert, von mir folgende Behauptung, die ich Sie eindringlichst bitte zu dementieren, wenn Sie es können.
Unmittelbar nach der öffentlichen Diskussion um den Neonazi Dienel beim Verfassungsschutz ist unter Ihrer politischen Verantwortung in Erwägung gezogen worden, eine mindestens genauso gefährliche Quelle wieder anzuschalten. Und Sie haben es getan. Sie beziehen sich nur wieder auf das Abschalten, wo Sie sich und den Herrn Sippel loben. Aber wer abschaltet, muss vorher eingeschaltet haben. Ich glaube, auch in dieser Logik sind wir uns sehr nahe.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, darin liegt für mich der politische Skandal. Herr Köckert, Sie haben jetzt nur zwei Möglichkeiten, wenn Sie Ihre politische Verantwortung voll wahrnehmen: Entweder Sie dementieren das, was ich jetzt gesagt habe, bis auf den Punkt oder Sie treten zurück.
das ist nicht so einfach. Weil, wenn man sich zu diesem Verfassungsschutz bekennt - und ich gehe mal davon aus, auch die Leute, die mich in der PKK haben arbeiten sehen, dass ich eine ziemlich gefestigte Meinung dazu habe. So einfach ist das nicht, das ist schwer. Das ist schwer, zur Erkenntnis zu kommen, dass über das eigene Land, über den eigenen Verfassungsschutz gelacht wird, und dann zur Erkenntnis zu kommen, wir müssen eigentlich noch mal von vorn anfangen, und zwar mit anderen Leuten. Das ist nicht einfach.
Meine Damen und Herren, zum Abschluss von meiner Seite Folgendes: Der Vorsitzende des Thüringer DGB hat gestern den Rücktritt des Innenministers verlangt. Lassen Sie mich das so formulieren, er hat das in seiner von uns bekannten Art und Weise getan, aber aus der Presseerklärung gibt es zehn Zeilen, die nach meiner Auffassung treffender sind als alles andere, und die möchte ich zum Abschluss zitieren: "Statt Riesensummen an rechtsextreme Führer zu zahlen, solle die Landesregierung endlich eine aktive Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik starten, die diesen Namen verdient. Anstatt rechtsextreme Führer auf Staatskosten zu sponsern, müsste die Landesregierung endlich ein Landesprogramm zur Bekämpfung des Rechtsextremismus auflegen, den rechtsextremen Thüringer Heimatschutz verbieten und seine Opferberatung ausbauen."
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, als Kollege Dittes hier das Rednerpult erklomm, entrang sich so nach meiner Beobachtung manchem meiner Kollegen ein ähnlicher Stoßseufzer, wie er sich mir entrang, wenn doch hier der Strom ausfallen würde
und wir hätten dann gespannt seinen Ausführungen folgen können, die er nicht mehr im Hellen hätte ablesen können. Ich bereue diesen Stoßseufzer, Herr Kollege Dittes, das möchte ich Ihnen ausdrücklich sagen und Ihnen statt dessen meinen Respekt ausdrücken. Ich habe Respekt vor dem, was Sie hier vorgetragen haben, Respekt vor der Fülle der Fakten, die Sie hier vorgetragen haben. Ich habe in meinen Beziehungen zum Verfassungsschutzamt in Thüringen von diesem Amt nicht eine solche geschlossene Kette von Informationen über politische Vorgänge erhalten können, wie Sie die hier vorgetragen haben. Die Zielrichtung Ihrer Einlassung war nicht nur der Innenminister des Freistaats Thüringen, war nicht nur der Präsident des Amts für Verfassungsschutz, es war das Amt selber. Sie haben das an manchen Stellen auch sehr deutlich gesagt. Sie haben nicht gegen das Verfassungsschutzamt von Thüringen hier eine Schlacht geschlagen, Sie haben gegen alle Verfassungsschutzämter, so auch nachzulesen in Ihrer Rede, gesprochen und Sie haben gesagt, dass dieses Geld sinnvoller zu verwenden wäre, statt Infiltration in die rechte Szene zu betreiben, Geld der aktiven Bürgergesellschaft zu geben, um gegen diese rechte Szene vorzugehen. Sie sagen auch gleich, wer rechte Bürgergesellschaft und wer der Anführer ist. Das ist der Kollege Dittes,
PDS-Fraktion aus dem Thüringer Landtag, Verfassungsschutz weg, Geld an aktive Bürgergesellschaft, geführt vom Kollegen Dittes. Das ist Ihre einfache Logik, die Sie hier vorgetragen haben, und Ihr Verständnis von demokratischer Gesellschaft und von demokratisch und auch rechtlich gesicherten Institutionen. So ganz nebenbei diskriminieren Sie eine Landesregierung, diskriminieren Sie eine Fraktion, die diese Landesregierung trägt, diskriminieren Sie Bürgerinnen und Bürger dieses Landes, die diese Abgeordneten gewählt haben und die offenbar durch ihre Wahlentscheidung eine solche politische Konstellation wollten. Nein, der Führer der aktiven Bürgergesellschaft
Dittes braucht das Geld, er wird aktiv gegen die rechte Szene vorgehen, er hat es uns schon mehrfach demonstriert.
Demgegenüber ist die Zielrichtung der SPD auch eindeutig zu erkennen. Natürlich, als demokratische Partei hat sie auch im Bund Verantwortung für das Bundesamt für Verfassungsschutz und die Verfassungsschutzämter der Länder, ob A oder B, und das Bundesamt arbeiten sehr eng miteinander und nicht gegeneinander. Insofern ist natürlich die Zielrichtung eine ganz andere.
Sehr brillant vorgetragen, auch Kompliment an den Fraktionsvorsitzenden der SPD-Fraktion, der dann dem Innenminister gleich die Gretchenfrage mitstellt, und die erinnert mich an die Frage, die der Reporter dem zu Befragenden stellt: "Wann hören Sie auf, Ihre Frau zu schlagen? Antworten Sie nur mit Ja oder Nein."
Genauso ist das hier vorgetragen worden und genauso wird die Antwort verlangt; wir können es nachlesen. Ja, ich habe mit Erstaunen auch durch die vielen Fakten im Antrag der PDS nun erfahren, wann, wer, wo angeworben ist, wo aktiviert worden ist. Ich habe erfahren, dass die Quelle Brandt schon vor sehr langer Zeit geworben worden ist, dass sie deaktiviert worden ist. Es gibt die Parlamentarische Kontrollkommission. Es wird tief beklagt, das Parlament habe keine Kontrollmöglichkeit, vom Kollegen Dittes so vorgetragen, aber meines Wissens haben zur Konstituierung des Landtags wir natürlich auch nach den rechtlichen Voraussetzungen die Besetzung der parlamentarischen Gremien beschlossen. Der Platz, der der PDS in der Parlamentarischen Kontrollkommission zugestanden hätte, ist von ihr abgelehnt worden, weil sie dort nicht mitarbeiten wollte.
Jetzt beklagt sie, sie habe keine Informationen darüber. Stattdessen ist Kollege Pohl von der SPD-Fraktion dort vom hohen Hause hineingewählt worden. Das ist auch gut so, denke ich.
Schauen wir noch einmal in den Anfängen nach, wie das gelaufen ist, Kollege Pohl. Wir können uns darüber bei der Protokolllektüre verständigen. Glauben Sie mir, es war so,
Kollege Pohl. Das ehemalige Mitglied der PKK, Ihr Fraktionsvorsitzender, hat es bestätigt - in der PKK bleibt keine Frage offen. Es wird dort jede Frage auch wahrheitsgemäß und ausreichend beantwortet.
Das tut mir nun um den Kollegen Pohl Leid, dass Sie ihm unterstellen, dass er, als jemand, der dem hohen Hause von Anfang an angehört und als Innenpolitiker mitarbeitet, keine Erfahrung hat, wie man im innenpolitischen Bereich Fragen stellt. Also das lasse ich auf dem Kollegen Pohl nicht sitzen.
Auch die Aussage, der Innenminister habe gesagt, Richard Dewes sei an allem Schuld, habe ich so in seiner Rede nicht erkannt, aber Sie können mich gern vom Gegenteil überzeugen. Ich werde sie auch unmittelbar im Anschluss daran noch einmal lesen. Er hat lediglich gesagt, dass die Anwerbung der Quellen weit vor seiner Zeit erfolgte. Übrigens noch herzlichen Dank, dass Sie die Innenminister vor dem Kollegen Köckert als solche bezeichnet haben, indem keine Enttarnung stattfand, und dass Sie hundertprozentige Sicherheit verlangen, dass keine Enttarnung von V-Leuten und von denen, die sie führen, stattfindet. Das werden wir vielleicht im Himmel erleben, dass wir hundertprozentige Sicherheit haben, einmal, ob es ihn gibt, und zum Zweiten, wie es dort ist. Auf Erden werden Sie diese hundertprozentige Sicherheit nirgendwo finden können.