Protokoll der Sitzung vom 06.09.2001

Wie bitte sollen denn sonst die Informationen aus diesem Ausschuss hier in dieses Parlament geraten können? Ich bitte doch zumindest, wenn Sie die Kritik an anderer Stelle als gerechtfertigt finden, an dieser Stelle, was die Information über das Gutachten anbetrifft, ist sie es keinesfalls.

(Zwischenruf Abg. Wehner, CDU: Das kann doch wohl nicht wahr sein.)

Meine Damen und Herren, es steht doch unmittelbar im Zusammenhang, dass hier zu diesem Themenbereich, zu dieser Fragestellung, wo ein Untersuchungsausschuss be

antragt worden ist, sich der Innenausschuss verständigt hat. Es muss doch möglich sein, genau das Parlament in diesem Zusammenhang darüber zu informieren, Herr Fiedler und Herr Böck.

(Zwischenruf Abg. Schwäblein, CDU: Das ist ein Fremdwort für Sie.)

Die Frage, die es zu diskutieren gilt, die geklärt wird, wenn Sie wollen, innerhalb und außerhalb des Ausschusses ist die, darf die Fragestellung, die auch Fragestellung des Untersuchungsausschussantrags ist, im Innenausschuss, in einem also nicht geheim arbeitenden Gremium des Thüringer Landtags debattiert werden. Und damit natürlich letztendlich ist es die Frage, ob die Aufklärung dieses Vorwurfs auch der parlamentarischen Kontrolle des gesamten Parlaments unterliegt. Die Landesregierung darf sich dieser Verantwortung nicht entziehen, auch deshalb nicht, weil

1. bei der Frage nach einer eventuell erfolgten rechtswidrigen Anweisung oder Bitte die Aufgaben und die Befugnisse des Landesamts und die daraus sich ableitenden besonderen Kontrollvorschriften noch gar nicht berührt sind - das hatte ich bereits ausgeführt;

2. weil ohnehin diese besonderen Kontrollvorschriften eine parlamentarische Kontrolle im Innenausschuss oder in anderen Gremien nicht zwangsläufig ausschließt und weil

3. rechtswidriges Verhalten grundsätzlich sich nicht unter den Schutz der Geheimhaltung begeben kann.

Meine Damen und Herren, der Verlauf nicht nur der öffentlichen Debatte, vielmehr auch der der parlamentarischen Beratung, hat gezeigt, dass sich das Parlament in seiner Kontrolle von der Voraussetzung der Bereitschaft zur Aufklärung seitens der Landesregierung lösen und Voraussetzungen selbst schaffen muss, wonach die die Landesregierung tragende Mehrheit nicht schrankenlos Kontrollinteressen parlamentarischer Fraktionen und der Öffentlichkeit behindern kann, will sie eine tatsächliche, entsprechend der Schwere des Vorwurfs notwendige, tiefgründige, öffentlich nachvollziehbare und glaubwürdige Aufklärungsarbeit leisten. Dies wird durch die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses nunmehr sowie durch die im Gesetz verankerten Minderheitenrechte gewährleistet. Und dabei, meine Damen und Herren, das füge ich auch hinzu, nehmen wir die Skeptiker an Untersuchungsausschussarbeit durchaus ernst, gerade auch vor dem Hintergrund der gemachten Erfahrungen hier im Thüringer Landtag in dieser Legislaturperiode, auch vor dem Hintergrund der Zeit raubenden Konstituierungsphase. Aber, meine Damen und Herren, dem können die Mitglieder des Untersuchungsausschusses, sofern sie dazu bereit sind, durch eigenes Handeln vorbeugen. Und, Herr Fiedler, die Mitglieder, die auch aus Ihrer Fraktion kommen werden, und zwar zur Mehrheit aus Ihrer Fraktion kommen werden, können durch ihre Arbeit eben auch dazu beitragen, dass

dem Untersuchungsausschuss nicht unterstellt werden kann, er würde den Versuch unternehmen, einen Innenminister zu diskreditieren, sondern tatsächlich Aufklärung betreiben.

Auch die enge Fragestellung und der überschaubare Personenkreis, der auch unter Androhung von Zwangsmitteln zur Aufklärung des Sachverhalts befragt werden kann, ermöglichen darüber hinaus ein zügiges Arbeiten.

Meine Damen und Herren, ich hatte gesagt, dass wir die Skeptiker an dieser Untersuchungsausschussarbeit sehr ernst nehmen. Aber meine Damen und Herren, dass der Thüringer Innenminister verkündet, die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses werde eine rasche Aufklärung verzögern, entbehrt nun nicht einer gewissen Pikanterie. Angesichts Ihrer, Herr Köckert, von mir sowohl zeitlich als auch inhaltlich dargestellten und natürlich auch bewerteten Aufklärungsbereitschaft sind Sie, Herr Köckert, der Letzte, der in diesem Zusammenhang das parlamentarische Instrument Untersuchungsausschuss und dessen Inanspruchnahme derartig kritisieren sollte.

Die PDS-Fraktion, und das sage ich abschließend, hat mehrfach deutlich gemacht, dass das parlamentarische letzte Mittel zur Kontrolle der Landesregierung auch in diesem Fall das letzte Mittel gewesen ist. Sie, Herr Köckert, und die Landesregierung haben mit dazu beigetragen, dass es heute zur Antragstellung auf der Tagesordnung steht.

(Beifall bei der PDS)

Aus den Reihen der Abgeordneten liegt mir jetzt keine weitere Wortmeldung vor. Herr Ministerpräsident, bitte schön.

Verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Antrag der Fraktion der PDS wendet sich gegen den Verantwortungsbereich des Innenministers und darum ist es selbstverständlich meine Sache, dazu Stellung zu nehmen. Es ist das Recht einer Landtagsfraktion, einen Untersuchungsausschuss zu beantragen. Ich habe nicht die Absicht, mich durch Vorschläge, wie ich das abwenden könnte, unter Druck setzen zu lassen, sondern ich will ausdrücklich sagen, wer einen Untersuchungsausschuss will, soll ihn bekommen und er muss ihn auch verantworten,

(Beifall bei der CDU)

meine Damen und Herren, wenn er ihn bekommen hat. Meiner Ansicht nach wird hier, und zwar nicht unüberlegt, sondern beabsichtigt, aus einer Mücke ein Elefant gemacht.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Pohl, SPD: Das will man ja feststellen im Ausschuss.)

Es gibt die klare und eindeutige Antwort, es gibt das klare und eindeutige Wort eines Ministers. Und es gibt unbewiesene Aussagen eines Beamten, dem ich vor einigen Monaten aus guten Gründen das Vertrauen entzogen habe.

(Beifall bei der CDU)

Ich überlasse es selbst jedem, diese beiden Aussagen abzuwägen. Aber, meine Damen und Herren, wenn Sie den Sprecher der PDS vorhin gehört haben, da war ja gar nicht mehr von dieser einen Sache die Rede, sondern da war plötzlich generell die Formulierung gewählt, der Innenminister habe Auftrag gegeben Kommunalpolitiker im Lande auszuspionieren.

Meine Damen und Herren, es ist unerhört, wie mit dem guten Ruf eines bewährten Politikers in diesem Land umgegangen wird.

(Beifall bei der CDU)

Der Innenminister hat eine unabhängige Persönlichkeit von Rang gebeten, einen klaren Auftrag zu erfüllen. Er hat gebeten, die Behauptungen und die Verdächtigungen, die gegen ihn erhoben worden sind, zu überprüfen. Der Beauftragte, Herr Dr. Frisch, hat unverzüglich mit seiner Arbeit begonnen. Und, meine Damen und Herren, wir werden Herrn Dr. Frisch doch nicht unter ein Zeitdiktat setzen. Er wird berichten, wenn er diesen Auftrag erfüllt hat.

(Beifall bei der CDU)

Ich füge hinzu, Herr Dr. Frisch braucht keine Stütze. Er ist durch seine Arbeit in den vergangenen Jahrzehnten hinreichend ausgewiesen. Und deswegen, Herr Dr. Pidde, ich gehe auf den Brief von Herrn Gentzel gern ein, Herr Minister Gnauck hat ihn mir nicht vorenthalten, ich habe ihn hier im Besitz. Nur, Herr Gentzel, er hat den Brief am 03.09.2001 geschrieben, am 04.09.2001 der Presse mitgeteilt und am 05.09.2001 mir zugeleitet. Sie werden bitte verstehen, dass ich ihn hier beantworten möchte, obwohl ich ausdrücklich sagen will, der Brief ist in sehr freundlichem Ton gehalten und enthält zunächst die Unterstützung der Einsetzung des Herrn Peter Frisch ausdrücklich. Es wird dann vorgeschlagen, Mitglieder der PKK in die Arbeit von Herrn Frisch zu integrieren. Ich habe eben begründet, es wäre ein Misstrauen gegenüber der Persönlichkeit von Herrn Dr. Frisch, wenn ich ihm und wenn der Innenminister ihm nicht vertraute, diese ja nicht sehr schwierige Aufgabe zufrieden stellend zu lösen.

(Beifall bei der CDU)

Ich unterstreiche allerdings, in diesem Brief heißt es "beide" - es werden der Vorsitzende und der stellvertretende Vorsitzende der PKK vorgeschlagen - "beide sind überaus honorige Abgeordnete". Dem kann ich nur ausdrücklich in beiden Fällen zustimmen. Dann wird gebeten, dass nach der Auffassung des Briefschreibers es unerlässlich sei, den Abschlussbericht dem Thüringer Parlament vorzulegen.

Meine Damen und Herren, wenn der von uns beauftragte Dr. Frisch dagegen nicht aus irgendwelchen Geheimhaltungsgründen Einwendungen hat, werde ich überhaupt nicht zögern, dieser Bitte von Herrn Gentzel zu entsprechen. Und im Übrigen bietet Herr Gentzel in dieser Angelegenheit ein persönliches Gespräch an. Das werde ich selbstverständlich mit ihm führen und mich dadurch, dass ich den Brief erst zur Kenntnis bekommen habe, nachdem Sie über ihn in der Zeitung lesen konnten, nicht abhängig machen lassen.

Im Übrigen, wenn man sich wirklich einmal den Fall ansieht, er grenzt schon ans Kuriose. Der Freistaat Thüringen hat über 1.000 Gemeinden und dort sind Bürgermeister und Bürgermeisterinnen zur Wahl gestanden, ich denke einige Tausende, denn, Gott sei Dank, waren es ja meistens mehrere. In einer kleinen Gemeinde gab es eine Wahl am 14. Mai. Der Amtsinhaber schnitt hervorragend ab, der CDU-Kandidat schlecht, fast so schlecht wie der SPD-Kandidat, der SPD-Kandidat lag bei 25 Prozent, der CDU-Kandidat bei 27 Prozent. Ich finde die Vorstellung kurios, dass durch die Einschaltung des Verfassungsschutzes diese Wahl für den CDU-Kandidaten gewinnbar gewesen wäre.

Meine Damen und Herren, der Amtsinhaber hat mit 68,7 Prozent ein paar Tage später diese Wahl für sich entschieden. Das nun zu einer Staatsaffäre, zu einer Krise, zu einer Drucksituation des Innenministers hochzustilisieren, glückliches Thüringen, wenn ich an Probleme in anderen deutschen Landeskabinetten in diesen Tagen denke, meine Damen und Herren, uns wird wenigstens nicht vorgeworfen, dass die Frau des Staatssekretärs und die Frau des Ministers sich bereichert haben auf Kosten des Landes.

(Beifall bei der CDU)

Uns werden auch andere Vorwürfe, die gegenwärtig anderswo erhoben werden, nicht vorgeworfen. Ich kann nur sagen, ich wünsche dem Lande, dass wir nie wichtigere Themen haben, um uns stundenlang darüber zu unterhalten als über diese Petitesse.

(Beifall bei der CDU)

Und im Übrigen, meine Damen und Herren, der Antrag und die hier vorgetragenen Sorgen stammen, wie Sie wissen, von Leuten, die die Abschaffung des Verfassungsschutzes wollen und jeden Strohhalm ergreifen, um die

sen Verfassungsschutz möglichst in Misskredit zu bringen.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Das macht ihr schon allein.)

(Beifall bei der CDU)

Ich kann nur sagen, ich ermuntere den Innenminister ausdrücklich, sich durch solche Versuche nicht von der Aufgabe, die er nicht begründet, sondern übernommen hat, das Verfassungsschutzamt im Lande voll funktionsfähig zu machen, ablenken zu lassen.

(Beifall bei der CDU)

Ich zitiere einen Journalisten, der heute in einer Thüringer Tageszeitung geschrieben hat: "Weil man den aus nahe liegenden Gründen verhassten Verfassungsschutz nicht wegkriegt, versucht man ihn halt über den Verfassungsschutzminister zugrunde zu richten." Richtig, meine Damen und Herren, das könnte von mir sein.

(Heiterkeit bei der CDU)

Ich will im Bezug auf die Debatte, die wir vorhin zu einem ebenfalls mit dem Verfassungsschutz zusammenhängenden Thema geführt haben, noch einmal sagen, die Lage ist doch eigentlich klar. Die sozialdemokratische Fraktion will den Verfassungsschutz, die christlich-demokratische Fraktion will den Verfassungsschutz auch, über die Art und Weise sind wir unterschiedlicher Meinung, ja sicherlich, aber diese beiden Fraktionen wollen ihn und die PDS-Fraktion will ihn nicht. Die beiden erstgenannten Fraktionen haben unterschiedliche Auffassungen über die Ausgestaltung, ja, aber beide Fraktionen trennen in der Tat, wie Herr Pohl gesagt hat, Welten, von denen, die den Verfassungsschutz abschaffen wollten.

(Beifall bei der CDU)

Und wir wollen ihn, weil wir alle in West und Ost über ein Jahrhundert erfahren haben, dass die Freiheit in der Lage sein muss, sich vor Feinden der Freiheit zu schützen.

(Beifall bei der CDU)

Und weil eine Demokratie sich selbst ruinierte, wenn sie die Verfassung nicht schützte, und zu nichts anderem ist der Verfassungsschutz da, meine Damen und Herren, und dazu muss er so ausgestaltet werden, wie das im Einzelnen im Parlament auch immer für richtig gehalten wird. Wenn man nun nichts anderes mehr weiß, als einen Untersuchungsausschuss zu diesem Thema zu beantragen, bitte schön, nur soll niemand glauben, dass wir uns mehr mit diesem Untersuchungsausschuss befassen als mit den wirklich wichtigen Zukunftsthemen des Landes. Danke schön.