Protokoll der Sitzung vom 07.09.2001

Werte Frau Präsidentin, werte Damen und Herren, bevor ich beginne, möchte ich doch kurz auf meine beiden Vorrednerinnen eingehen. Frau Nitzpon, wenn Sie sagen, das Monopol der Ehe ist endgültig vorbei, ich denke, es ist nicht vorbei, und es wird in vielen Jahren auch nicht vorbei sein. Ich denke, es ist auch gut so.

(Beifall bei der CDU)

Im Übrigen, das Grundgesetz der Bundesrepublik schützt die Ehe und die Familie. Und wenn Sie die aktuelle Shell-Studie kennen, auch wie sich Jugendliche zur Institution Ehe äußern, dann, denke ich, lässt einen das auch zuversichtlich in die Zukunft blicken. Frau Bechthum, ich schätze Sie sehr als Kollegin, aber ich denke, das war echter Unsinn, was Sie heute erzählt haben. Sie ist leider nicht mehr da.

(Zwischenruf Abg. Bechthum, SPD: Doch, hier bin ich.)

Ach, ja. Dass für die CDU eine Welt zusammengebrochen ist mit diesem Lebenspartnerschaftsgesetz, kann man wirklich nicht sagen, so weltfremd ist die CDU nicht. Aber die Behauptung, dass die CDU homosexuelle Paare diskriminiert, die möchte ich auf das Schärfste zurückweisen.

(Beifall bei der CDU)

Frau Bechthum, dass wir am 01.08.2001 nicht in Weimar waren; ich halte es für eine private Angelegenheit dieser Paare, wenn die sich registrieren lassen.

(Beifall bei der CDU)

Ansonsten, wenn Sie das mit der Ehe gleichstellen, was wir ja absolut nicht tun, dann müsste ja die Landesregierung oder die Fraktionen auch zu jeder Eheschließung gehen. Ich denke, das ginge wohl etwas zu weit.

(Unruhe bei der PDS)

Seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2001 steht fest, dass das Lebenspartnerschaftsgesetz vom 16. Februar 2001 am 01.08.2001 in Kraft tritt. Sie sprechen von diskriminierender Umsetzung dieses Gesetzes in Thüringen. Wie ist denn die rotgrüne Bundesregierung mit diesem Gesetz umgesprungen? Es gab keine Mehrheit im Bundesrat, dann hat man das aufgespalten in zwei Teile, einmal in das Lebenspartnerschaftsgesetz, was erhebliche Mängel aufweist, und dann in das Lebenspartnerschaftsgesetzänderungsgesetz, was kein Mensch aussprechen kann, das natürlich scheiterte. Die CDU hat nie einen Zweifel daran gelassen, dass ein rechtlicher Rahmen für gleichgeschlechtliche Paare geschaffen werden muss. Nicht zu akzeptieren ist die Gleichstellung des neuen Rechtsinstituts mit der Ehe. Das vorliegende Lebenspartnerschaftsgesetz hat mit der Wahrung der Interessen homosexueller Paare nichts zu tun. Das Lebenspartnerschaftsgesetz enthält keine Regelungen, wie das Verwaltungsverfahren der Registrierung abläuft.

(Zwischenruf Abg. Schemmel, SPD: Und warum nicht?)

Die Thüringer Landesregierung hat bis zur Vorlage eines entsprechenden Ausführungsgesetzes die Registrierung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften im Landesverwaltungsamt ermöglicht. Meine Damen und Herren der PDS, Ihre Geschichtskenntnisse in allen Ehren, aber, wie Sie wissen, haben viele öffentliche Gebäude eine wechselseitige Geschichte.

(Zwischenruf Abg. Dittes, PDS: Auch dieses hier.)

Auch dieses hier. Kein Mensch ist bisher auf die Idee gekommen, diese gut arbeitende Behörde aufgrund der Geschichte dieses Gebäudes zu verunglimpfen. Erst durch das Konstruieren dieser Verbindung konnte es zu Diskriminierungen kommen, und das geschah nicht durch die Landesregierung. Die Registrierung im Landesverwaltungsamt, daran hat keiner einen Zweifel gelassen, ist eine Übergangslösung. Die in der Begründung zu Ihrem Antrag angefügte Forderung zur Eintragung der gleichgeschlechtlichen Partnerschaften in Standesämtern greift wohl der Entscheidung dieses hohen Hauses voraus. Im Übrigen fordern Sie in Ihrem Antrag, dass diese Eintragung unverzüglich in den kommunalen Standesämtern erfolgen soll. Das halte ich für einen Eingriff in die Organisationshoheit der Kommunen.

Ich denke, wir werden ausgiebig über den Gesetzentwurf zur Ausführung dieses Lebenspartnerschaftsgesetzes beraten können. Die Registrierung einer Lebenspartnerschaft ist nun einmal nicht mit einer Eheschließung gleichzusetzen, was im Übrigen das Lebenspartnerschaftsgesetz auch gar nicht vorsieht. Namens der CDUFraktion beantrage ich die Überweisung dieses Antrags

an den Innenausschuss. Danke.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt eine weitere Wortmeldung, Frau Abgeordnete Nitzpon, bitte schön.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich muss noch einmal auf drei Sachen eingehen. Der Herr Innenminister hat dargelegt, dass eigentlich der Landtag noch gar nicht beschließen könnte, aber er hat auch noch mal verwiesen auf die Klage, die noch nicht entschieden ist. Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil, und das können Sie ja wohl nachlesen, eindeutig festgestellt, dass die Länder durchaus jetzt schon, ohne diese Klage abzuwarten, eine rechtliche Regelung schaffen können. Ich denke, es war auch angekündigt, dass das im September eingebracht wird, und nun müssen wir wieder einige Wochen warten, bis vielleicht die Oktobersitzung ist und das verzögert sich. Ich habe die Befürchtung, Herr Innenminister, dass Sie vielleicht die Klage sogar noch abwarten wollen und das können wir so ganz einfach nicht nachvollziehen und da wird es auch ganz großen Protest geben, nicht nur von unserer Fraktion.

Eine zweite Sache: Die Idee, Frau Groß, das Gauforum und das Landesverwaltungsamt für eine Übergangslösung zuständig zu machen, war natürlich von Ihnen beabsichtigt. Das ist eine Diskriminierung, andere Länder haben andere Übergangsregelungen geschaffen, nämlich in den Standesämtern. Was in anderen Ländern möglich ist, warum soll das in Thüringen nicht möglich sein, Sie zeigen ja sonst immer mit einem Finger auf andere, vor allen Dingen Altbundesländer,

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Wir zeigen mit der Hand auf Bayern.)

die diese Regelung gesucht haben, nämlich in den Standesämtern auch Übergangslösungen zu schaffen. Frau Groß, ich stimme Ihnen natürlich zu, die Ehe wird es immer geben, und ich persönlich finde, dass das auch eine sehr schöne Einrichtung ist - aber das Monopol einer Ehe, die Zeiten sind längst vorbei. Ich denke, es gibt so viele andere Lebensformen derzeit, dass es einfach zwingend der geschichtlichen Entwicklung auch bedingt ist, dass rechtliche Regelungen geschaffen werden, die dieser Entwicklung gerecht werden. Ich freue mich zumindest und ich hoffe, dass im Oktober endlich dieser erste Entwurf dieses Gesetzes hier beraten wird und ich denke, dann können wir uns inhaltlich mit noch ganz anderen Dingen auseinander setzen. Danke.

(Beifall bei der PDS)

Herr Ministerpräsident, bitte schön.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich möchte der Sorge von der Kollegin Bechthum, der Landesregierung sei eine Welt zusammengebrochen, gerne durch meinen Beitrag widersprechen. Die Welt ist für uns nicht zusammengebrochen, sondern es ist hier ein ganz vernünftiger und normaler Vorgehensweg noch einmal deutlich zu machen. Die Bundesregierung hat ein Gesetz zur Lebenspartnerschaft beschlossen. Sie hat für dieses Gesetz keine Mehrheit gefunden und dann hat sie das Gesetz in zwei Gesetze aufgespalten. Das scheint manchen Rednern nicht bekannt zu sein, nicht der Bundesrat, sondern die Bundesregierung hat den Vermittlungsausschuss angerufen, weil ihr Gesetz im Bundesrat, und Sie wissen, dass die Mehrheiten dort nicht bei uns liegen, keine Mehrheit gefunden hat. Das Ergebnis war die unglückselige Aufspaltung in das Lebenspartnerschaftsgesetz, das in Kraft ist, weil es der Bundespräsident unterschrieben hat und weil der Versuch Bayerns und Sachsens, an dem wir uns nicht beteiligt haben, dieses Gesetz durch eine einstweilige Verfügung nicht in Kraft treten zu lassen, nicht erfolgreich war. Das Ausführungsgesetz, die Verpflichtung der Bundesregierung, nicht nur zu sagen, was sie möchte, sondern wie es geschehen soll, liegt nach wie vor im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat. Deswegen stelle ich zunächst einmal fest, dass kurzfristig Entscheidungen getroffen werden mussten durch uns, ist nicht durch uns herbeigeführt worden, sondern dadurch, dass die Bundesregierung ein unvollständiges Gesetz auf den Weg gebracht hat.

(Beifall bei der CDU)

Die Frage einer vom Bundesverfassungsgericht einstweiligen Verfügung ist, wie Sie wissen, so entschieden worden, dass sie nicht eingetreten ist. Wir haben uns auch um eine solche einstweilige Verfügung nicht bemüht.

(Zwischenruf Abg. Dittes, PDS: Aber Sie ha- ben den Antrag unterstützt.)

Nein, wir haben auch den Antrag nicht... Entschuldigung, zum Beweis der nicht zusammengebrochenen Welt verfüge ich noch über die Kenntnis, wie wir gestimmt haben. Wir haben das natürlich nicht unterstützt.

(Zwischenruf Abg. O. Kretschmer, SPD: Das war eine einstweilige Anordnung...)

Wir haben weder eine einstweilige Anordnung beantragt, noch unterstützt, noch sonst etwas in diesem Zusammenhang gemacht. Das passt Ihnen nicht in Ihre Vorstellungen, weil Sie dann Vorwürfe nicht untermauern können, die Sie machen, aber das ist nicht mein Bier.

(Zwischenruf Abg. Dittes, PDS: Unterstüt- zung ist keine Frage einer Unterschrift unter einen Antrag.)

(Beifall bei der CDU)

Wir haben, weil die Bundesregierung dieses unvollständige Gesetz auf den Weg gebracht hat, handeln müssen. Nach der hier geltenden Rechtslage in Thüringen haben wir nach der zweiten Zuständigkeitsverordnung überhaupt keine andere Möglichkeit gehabt, als zunächst und übergangsweise das Landesverwaltungsamt zu beauftragen. Das ist übrigens eine Sache, die auch sonstwo so gemacht worden ist. Beispielsweise in Nordrhein-Westfalen, an deren Regierung beteiligt zu sein, uns ja niemand vorwerfen kann, ist genauso verfahren worden und die Bezirksregierungen sind mit dieser Aufgabe vorübergehend beauftragt worden.

Unverzüglich danach hat der Innenminister der Landesregierung einen Gesetzentwurf vorgelegt. Gesetzentwürfe bedürfen nach der ersten Beratung der Anhörung, und wir pflegen uns an die Gesetzesgegebenheiten zu halten. Darum haben wir noch nicht in dieser Sitzung, sondern werden erst in einer der nächsten Landtagssitzungen unseren Gesetzentwurf einbringen.

Wir haben den Sitz des Landesverwaltungsamts festgelegt. Kenntnislose Leute haben sich zu Wort gemeldet und haben gar nicht nachgefragt.

Meine Damen und Herren, ich habe mir ausdrücklich noch einmal bestätigen lassen, keines der Gebäudeteile des so genannten Gauforums ist bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges tatsächlich fertig gestellt gewesen. Der Komplex ist nie als Gauleitung, also als Machtzentrale des Nationalsozialismus in Thüringen verwendet worden. Ihre Feststellung, verehrte Frau Bechthum, das kann ja einmal passieren, ist schlichtweg falsch.

(Beifall bei der CDU)

Das klingt natürlich viel besser, dort seien Entscheidungen gegen Homosexuelle, dort seien Entscheidungen im Zusammenhang mit Buchenwald getroffen worden. Ich mache Sie nur darauf aufmerksam, wenn Sie das auch immer wieder sagen, es ist falsch. Aus diesem Grund lasse ich auch nicht auf dieser Behörde sitzen, dass dort seit 10 Jahren 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten und jetzt plötzlich ein solcher Vorwurf erhoben wird. Er ist unzutreffend.

(Beifall bei der CDU)

Schließlich, um auch das noch einmal zu sagen, die Sachlage, Frau Nitzpon, ist für uns völlig klar. Wenn ein Gesetz gilt, dann wird dieses Gesetz ausgeführt, ganz selbstverständlich, ob wir es unterstützt haben oder nicht, darauf beruht unser Rechtsstaat. Das ist übrigens ein

Vorgang, der häufig der Fall ist, dass wir im Bundesrat einem Gesetz nicht zustimmen, aber wenn es die Mehrheit findet, es selbstverständlich praktizieren. Darum ist dieses erste Lebenspartnerschaftsgesetz in Gültigkeit. Aber das Recht, gegen ein Gesetz zu klagen, lassen wir uns doch dadurch nicht nehmen. Von diesem Recht haben in der Tat neben Sachsen und Bayern auch wir Gebrauch gemacht, weil wir - ärgerlich für Sie, das immer wieder hören zu müssen, aber es stimmt eben - aus zwei Gründen Bedenken haben. Wir haben Bedenken gegen die Aufspaltung des Gesetzes - und jeder sieht ja, zu welchen kuriosen Dingen das geführt hat - in zwei Gesetze. Das scheint uns nicht sachgerecht zu sein. Zweitens haben wir Bedenken, dass der Artikel 6 des Grundgesetzes verletzt ist. Diese Klage richtet sich nicht gegen Homosexuelle und richtet sich erst recht nicht gegen das allseitige Bemühen, Diskriminierungen von Homosexuellen abzubauen oder sogar gänzlich zu beseitigen. Wir klagen nicht gegen Homosexuelle, aber wir klagen, um festzustellen, ob der besondere Schutz von Ehe und Familie, wie er in Artikel 6 festgelegt ist, auch wirklich gewahrt bleibt.

(Beifall bei der CDU)

Ich kann nur sagen, wer sich darüber aufregt, dass wir das dem Bundesverfassungsgericht vorlegen, ja, meine Damen und Herren, der hat ganz offensichtlich Sorge, wir könnten Recht bekommen. Überlassen Sie das doch ganz ruhig dem obersten deutschen Gericht, das in dieser Frage Recht sprechen soll. Wir vollziehen das Gesetz, solange es gilt. Sie haben ja vorhin die gewaltigen Zahlen, um die es sich dabei handelt, sechs bisher, vier angemeldet, gehört.

(Zwischenruf Abg. Nitzpon, PDS: Deswegen brauchen Sie doch keine Angst zu haben.)

Wir wollen keine Diskriminierung, aber wir wollen gesichert haben, dass das Verfassungsrecht des besonderen Schutzes von Ehe und Familie tatsächlich gewahrt und durch dieses Gesetz nicht beeinträchtigt ist. Von diesem Recht machen wir Gebrauch, und davon lassen wir uns auch nicht mit allem möglichen Wehgeschrei abhalten.

(Beifall bei der CDU)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung. Ausschussüberweisung ist ja nicht beantragt worden.

(Zwischenruf Abg. Kölbel, CDU: Doch, an den Innenausschuss.)

Innenausschuss, Entschuldigung. Das war ganz am Anfang, da war ich noch nicht hier oben. Dann stimmen wir zunächst erst einmal über die Ausschussüberweisung ab. Wer für die Überweisung des Antrags in Drucksache