Protokoll der Sitzung vom 22.02.2002

(Beifall bei der CDU)

Frau Abgeordnete Klaubert, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, zunächst auch eine Vorbemerkung zur Überschrift unserer Großen Anfrage. Ob wir damit Blumen überreicht haben, weiß ich nicht. Wir könnten es zum Frauentag ja einmal tun, aber wir messen gewöhnlich Politiker und Politikerinnen an ihren eigenen Ansprüchen. Der Anspruch "Kultur... ist kein Luxus" ist ja in einer Rede formuliert worden, die insgesamt diesen Grundtenor trug.

Zum Zweiten ist natürlich immer auch in der Fragestellung die Kritik der Opposition zu erkennen, das soll auch so sein, aber dass wir uns vorwerfen lassen müssen, dass wir dem Land Verantwortung zuschreiben, weil wir noch in zentralistischem Denken verharren würden, das möchte ich einfach zurückweisen, ich verweise eher auf die Verfassungsartikel 27 und 30.

(Beifall bei der PDS)

Die TA titelte gestern "Die Kulturpolitik des Landes ist gescheitert". Ich plädiere dafür, Kulturlandschaft und Kulturpolitik in Thüringen differenziert und mit großer Sorgfalt zu betrachten. Ich kann mich dem Gedanken anschließen. Ob die Stadträte in Weimar mit ihrer Entscheidung zu ihrem Theater Zukunft ermöglichen oder nicht ermöglichen, das vermag man zum heutigen Zeitpunkt nicht einzuschätzen. Ich habe gestern in einer Presseerklärung bekannt gegeben, das neue Modell scheint mir ein interessanter Vorschlag zu sein. Ich habe daran bestimmte Bedingungen

geknüpft. Ich möchte aber in dieser Debatte nicht weiter darauf eingehen, weil das eine Extradebatte verlangen würde, und die Ministerin verwies schon darauf, wieder alles, was in der Großen Anfrage befragt und hinterfragt worden ist, in den Hintergrund rücken lassen würde.

(Beifall bei der PDS)

Aber eines muss ich eben auch sagen, Frau Ministerin. Ich würde nicht sagen, dass eine Chance verspielt ist, denn, wenn engagierte Bürgerinnen und Bürger einer Stadt für Kultur streiten und, ich gestehe, sicher sehr spät eine Lösung anbieten, um ihre Geschicke in die eigene Hand zu nehmen, dann würde ich nicht drohen, ich würde darauf verweisen, dass es Risiken gibt. Aber, ich denke, auch das ist Teil einer demokratischen Kultur und nichts Besseres kann uns in einer solchen Auseinandersetzung widerfahren.

(Beifall bei der PDS)

Es ist bereits darauf hingewiesen worden, im Dezember des vergangenen Jahres gab es eine Debatte zur Sicherung der kulturellen Vielfalt in Thüringen. Es gab einen Sofortbericht und eine Aussprache. Ich möchte gern an diese anknüpfen, ohne alles wiederholen zu wollen, übrigens auch nicht wörtlich wiederholen zu wollen, wie es uns heute leider in der Technologiedebatte widerfahren ist. Natürlich können wir nicht die Fülle der Informationen in der Aussprache würdigen, bewerten, aber wir wollen Schwerpunkte setzen. Ich habe bereits mit einigen Kulturpolitikerinnen und Kulturpolitikern des Landes gesprochen, es scheint mir auch Übereinstimmung darin zu geben, dass wir diese Debatte im Ausschuss fortsetzen wollen.

Zunächst aber, ich glaube, das gehört sich auch so, einige Worte zur Bedeutung von Kunst und Kultur: "Verstehen wir Kultur nicht nur als schmückendes Beiwerk, als feierabendliches Ornament, als Zeitvertreib, als bloßen Spaß oder - und das wäre dann nicht banal, sondern gefährlich als unüberwindliches Unterscheidungsmerkmal von Gruppen und Ethnien, dann ist Kultur jener gesellschaftliche Bereich und jene Form gesellschaftlicher Praxis, in dem und mittels derer der Mensch sich als Mensch erst entdeckt, auf sich hin entdeckt und auf andere hin und sich gemeinsam mit anderen als Mensch erst voll zur Entfaltung bringt." So formulierte Volkhard Knigge auf der gleichen Veranstaltung, auf der dieses "Kultur... ist kein Luxus" benannt worden ist, nämlich anlässlich der Verleihung des Thüringer Kulturpreises im Jahr 2000. Kultur genießt in Deutschland einen hohen gesellschaftlichen Stellenwert und kaum ein Land der Bundesrepublik kann auf ein so reiches kulturelles Erbe verweisen wie der Freistaat Thüringen. Hieraus ergibt sich, und darüber scheint Konsens zu bestehen, eine besondere Verantwortung für den Erhalt und die Pflege des kulturellen Erbes in Thüringen und zum anderen die Pflicht zur Förderung von Kunst, Kultur und Bildung im Sinne von Prävention und Zukunftsinvestition. Daran muss sich jedes regierungsverantwortliche Handeln messen lassen. In diesem Sinne schließe ich

natürlich auch, Frau Ministerin Schipanski, Ihre Vorgänger, Herrn Schuchardt und Herrn Fickel mit ein.

Nach Artikel 35 Abs. 2 des Einigungsvertrages soll und darf die kulturelle Substanz des Landes keinen Schaden nehmen. Dies ist in der gemeinsamen Verantwortung von Bund, Ländern und Kommunen nach 1990 zunächst gelungen. Die Leidenschaft für Kulturpolitik ist allerdings wenigstens als gebremste Leidenschaft einzuschätzen. Wir erleben es immer wieder, Kultur wird zwar gern in Sonntagsreden gepriesen, aber kaum als integraler Bestandteil politischen Handelns in der Gesamtverantwortung der Landesregierung gesehen. Kultur bleibt Kostenfaktor. Das klingt übrigens auch aus sehr vielen Antworten auf unsere Anfragen heraus. Knapper werdende Mittel in den Kommunen in den letzten Jahren, Haushaltsstagnation und Haushaltskürzungen führen dazu, dass im Bereich der so genannten freiwilligen Aufgaben wie eben der Kultur Einsparungen vorgenommen und oft auch hingenommen werden. Die Konsolidierung der Landesfinanzen hat und wird Auswirkungen auf die finanzielle Ausstattung der Kulturbereiche haben.

Herr Trautvetter sagt jetzt, das ist Quatsch. Aber ich werde ihnen einige Beispiele vorrechnen, vielleicht sind Sie in Ihrem Hause darauf auch noch nicht gekommen. Auf einer Arbeitstagung zur Reform des Föderalismus am 26. Januar des Jahres 2002 im Berliner Abgeordnetenhaus stellte der Leiter des Referats "Förderung der Einheit Deutschlands auf kulturellem Gebiet" Dr. Manfred Ackermann fest, dass nach der deutschen Einheit eine Deindustrialisierung der neuen Bundesländer nicht zu übersehen war. Als heutige Merkmale der neuen Bundesländer benannte er viel Platz, Natur und Kultur. Insbesondere hob er hervor, dass die Kulturkompetenz im Osten höher sei als in den alten Bundesländern und die Länder mehr für Kultur ausgeben müssen, um diese Position zu bewahren und zu stärken.

Damit komme ich zu einigen Problemen aus der Anfrage selbst: Richtig ist, Ziel der Anfrage war und ist es natürlich, die Aufnahme des Bestandes zu ermöglichen und den Rückgriff auf Probleme der jeweiligen Kulturbereiche und auf bestehende Konzepte der Landesregierung zu hinterfragen. In den Vorbemerkungen zur Beantwortung betont die Landesregierung, dass die Kulturförderung des Freistaats auf die Einwohner bezogen noch - "noch" steht dort - immer an der Spitze der Flächenländer liegt und sich die Kulturpolitik in Thüringen durch ein hohes Maß an Kontinuität auszeichnet. Hieraus ergeben sich zwei Fragen: Erstens, was bedeutet "noch"? Zweitens, was bedeutet Kontinuität?

Kürzlich benannte eine Thüringer Zeitung die Sparpläne der Landesregierung als Kahlschlag im Kulturbereich. Ich gestehe, ich wäre vorsichtig mit solchen Formulierungen, aber es ist dort aufgeführt, dass die öffentlichen Mittel für Kultur seit 1995 systematisch reduziert worden und seither um 20 Prozent kleiner geworden sind. Dadurch nimmt natürlich kulturelle Substanz Schaden. Wir haben die Ist

Ausgaben der letzten Jahre einmal miteinander verglichen und kamen zu folgendem Ergebnis:

In den Bereichen Bibliotheken, Musikförderung, Theater und Orchester und Museen sind seit Mitte der 90er Jahre die Zuwendungen durch das Land annähernd in gleicher Höhe gehalten worden. Sie kennen alle die Mechanismen, wie das zusammenspielt mit den Kommunalfinanzen, wissen aber auch, dass höhere Personal- und Betriebskosten hier keinen Aufwuchs ermöglicht haben, sondern bestenfalls die Sicherung des Bestandes, ohne dort höher fördern zu können. In anderen Bereichen, und ich greife nur vier heraus, gab es drastische Kürzungen.

Erstens: 1995 wurden z.B. noch fast 2,3 Mio. DM für künstlerische Zwecke zur Unterstützung von Künstlerinnen und Künstlern ausgegeben. Im Jahr 2000 waren es noch unter 1 Mio. - 885.000 DM. Das ist nur noch ein Drittel dessen, was im Jahr 1995 für diesen Bereich ausgegeben worden ist.

Zweites Beispiel: Für die Literaturförderung wurden 1995 noch 450.000 DM ausgegeben. Im Jahr 2000 297.000 DM. Die Kürzung erfolgte um ein Drittel.

Drittens: Im Bereich Soziokultur wurden 1995 noch 3,4 Mio. DM zur Verfügung gestellt, im Jahr 2000 ist dieser Anteil um weit über 1 Mio. auf 2,1 Mio. gesunken, die Kürzung beträgt ein Drittel.

Viertens: Für das hohe finanzielle Engagement, insbesondere der theater- und orchestertragender Städte, gab und gibt es Zuweisungen zum Ausgleich kommunaler Belastungen im kulturellen Bereich. Im entsprechenden Haushaltstitel gab es eine Verringerung von 18 auf 10 Mio., die Kürzung fast um die Hälfte des Gesamtbetrags. Das muss man einfach betrachten, denn wenn man auch immer in den Haushaltsdebatten hört, wir haben im kulturellen Bereich nur ganz sparsam Kürzungen vorgenommen, dann ist das für die jährliche Betrachtung richtig. Aber in der Aufsummierung dieser vielen kleinen Beträge haben wir es damit zu tun, dass die Kürzungen weit über das Maß dieser 20-prozentigen - also der in der Zeitung angekündigten 20-prozentigen - Kürzungen hinaus gegangen sind und einige Bereiche existenziell bedroht sind.

In der Dezemberdebatte zum Thema "Sicherung der kulturellen Vielfalt im Freistaat" betonten Sie, Frau Ministerin, die besondere Schutzfunktion von Land und Kommunen und Sie seien persönlich der Überzeugung verpflichtet, sich hinter die breitenkulturelle Szene zu stellen. Sie haben das heute noch einmal wiederholt und ich nehme Ihnen das auch ab. Aber auf die Frage zur Sicherung von Arbeitsplätzen im Kulturbereich, insbesondere im jugendkulturellen Bereich, erfahren wir in der Antwort auf die Anfrage, dass die Mehrzahl der Projekte und Initiativen im Bereich Jugendkulturarbeit von eingeschränkter regionaler Wirkung und demzufolge durch die Kommunen zu finanzieren sind. Die Folgefrage richtet sich natürlich darauf,

wie die Landesregierung diesbezüglich die Finanzlage der Kommunen bewertet. Da bleibt die Antwort ganz aus. Gerade hier wäre wichtig zu erfahren, wie die Landesregierung künftig die Finanzierung der Kommunen als entscheidende Rahmenbedingung für die Entwicklung von Kunst und Kultur verbessern möchte. Hier klage ich diese vorhin angesprochene Verantwortung der gesamten Landesregierung ein und da ist der inzwischen nicht vorhandene Innenminister, aber der Staatssekretär ist da, auch Kulturminister.

Kultur stirbt meist leise. An den genannten Beispielen ist dies abzulesen, denn sind es mitunter nur geringfügige Kürzungen, so geben sie in den aufsummierten Jahresscheiben ein erschreckendes Bild. Ich sage es noch einmal - von Kahlschlag zu reden, möchte ich an dieser Stelle nicht wiederholen -: Die Kürzungen, die vorgenommen worden sind, liegen an und unter der Schmerzgrenze.

Zur Sozio-, Jugend- und Breitenkultur einige Bemerkungen: Auch hier möchte ich an die Dezemberdebatte anknüpfen. Nach meiner Erinnerung kam sie auch deshalb zustande, weil meine Fraktion zum wiederholten Mal auf die prekäre Arbeitskräftesituation in diesem Bereich hinwies. Wir haben auf interministerielle Lösungsansätze gedrängt und gerade in diesem sensiblen Bereich der Projektförderung in der Breitenkultur sind ja seit Jahren Problemfelder bekannt und benannt und warten bis heute auf eine einvernehmliche Lösung. Ein erster Schritt in die richtige Richtung war die Einführung des Projektmanagerprogramms im Kulturbereich und es ist auch richtig, dass man es ausdehnen soll. Es wirkt sich stabilisierend auf den breitenkulturellen Bereich aus. Aber in vielen Gesprächen mit Trägern der kulturellen Jugendbildung wird uns mitgeteilt, dass zur Sicherung des vorhandenen Netzwerks vorhandene Mechanismen bei weitem nicht ausreichen. Die Situation am so genannten zweiten Arbeitsmarkt, auf den ich im Moment auch nicht weiter eingehen möchte, verstärkt das Problem im Jahr 2002 und in den folgenden gravierend. Wenngleich wir dem Antrag der CDU in der Dezembersitzung zugestimmt haben, dass man bis zum Sommer ein Konzept vorlegen möchte, muss ich doch einschätzen, es ist zu spät gesprungen worden und es ist zu kurz gesprungen. Wir werden vorher den Zusammenbruch einiger Träger erleben.

Ich verweise an dieser Stelle auch auf den Haushaltstitel "Stiftung Breitenkultur", der sich nunmehr "Thüringer Kulturstiftung" nennt, der trotz wiederholter Anträge durch meine Fraktion bis heute nicht mit Leben erfüllt wurde. Ich verweise zum wiederholten Mal auch darauf, dass andere Stiftungen inzwischen auf den Weg gekommen sind und dass man dort das Geld gefunden hat. Ich verweise z.B. auf die Stiftung "Ettersberg".

Unsere Forderungen nach Einführung einer Jugendkulturpauschale oder der Erhöhung des Projektmanagerprogramms im Kulturbereich wurden von der Landesregierung bisher mit Kontinuität abgelehnt. Auswirkungen auf

die Kulturprojektförderung lassen sich auch in der Antwort auf die Große Anfrage ablesen. In den Jahren 1997 bis zum Jahr 2000 sank die Summe der durch das Land geförderten Projekte im Bereich Soziokultur von 3 Mio. DM auf 1,6 Mio. DM, wieder eine Kürzung um die Hälfte. Im Bereich Schwerpunktförderung Breitenkultur ist der Mittelansatz im Jahr 2000 mittlerweile unter 1 Mio. gesunken.

Nun zu einem Thema, welches, glaube ich, noch nie in diesem Landtag eine Rolle gespielt hat, der Situation der freiberuflich tätigen Künstlerinnen und Künstler: Seit 10 Jahren vollziehen sich radikale Veränderungen in diesem Bereich der Kulturlandschaft. Die freischaffenden Künstler Thüringens durchlaufen einen schmerzhaften Anpassungsprozess. Der Spruch von der brotlosen Kunst greift wieder Raum und ist bis heute kein Thema für öffentliche Debatten. Es wird in der Beantwortung richtig festgestellt, dass es Aufgabe des Freistaats ist, durch gezielte Förderung die Rahmenbedingungen für die öffentliche Präsenz von Kunst zu schaffen. Anzuerkennen ist an dieser Stelle die Durchführung der Landeskunstausstellung in diesem Jahr und künftig in vierjährigem Turnus. Hierfür hat nicht nur die Landesregierung Mittel bereitgestellt, auch der Bund unterstützt diese Ausstellung. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung und sollte Schule machen. Aber wissen Sie, dass das durchschnittliche Jahreseinkommen bei Künstlerinnen und Künstlern, die in der Künstlersozialkasse Mitglied sind, eine Höhe von 16.811 DM ausweist. Das ist nur die Spitze des Eisberges. Über 13.000 Thüringer Künstlerinnen und Künstler sind zum 01.01.2001 in der Künstlersozialkasse registriert. Die Anzahl der Künstlerinnen und Künstler, die nicht in der Sozialkasse versichert sind, weil sie nicht einmal 7.000 DM im Jahr erreichen, dürfte recht hoch liegen, aber sie liegt im Dunkeln. Daran ändert nichts, dass es auch im Bereich der Künstlerinnen und Künstler einige Besser- und Bestverdienende gibt. Aber die allgemeine Situation ist eine sehr schwierige. Die meisten Künstlerinnen und Künstler sind inzwischen zu einer Schicht geworden, die unter dem Existenzminimum liegt. Viele Thüringer Autoren üben ihre schriftstellerische Tätigkeit nebenberuflich aus, weil deren Einnahmemöglichkeiten für den Lebensunterhalt allein nicht ausreichen.

Als außerordentlich schwierig kann man auch die Lage der bildenden Künstler in Thüringen bezeichnen. Nach Studium, Diplom und zum Teil mehreren Jahren Berufserfahrung haben sich in den letzten 10 Jahren ihre Existenzbedingungen grundlegend geändert. Von den rund 400 bildenden Künstlern in Thüringen können nur etwa 5 Prozent von ihrer Hände Arbeit leben. Mit Sorge betrachtet der Thüringer Verband der bildenden Künstler die Ankündigung des Kunstministeriums, in diesem Jahr nur noch halb so viel Mittel für Kunst am Bau im Rahmen des Sonderbaufonds zur Verfügung zu stellen. Wir sollten darüber noch einmal sprechen.

Einige Bemerkungen zur Film- und Medienförderung: Als Ostthüringerin möchte ich nur einen Punkt ansprechen, den "Goldenen Spatzen". Das Kinderfilmfestival ist 1979 in

Gera aus der Taufe gehoben worden und seitdem zutiefst in dieser Stadt verwurzelt. Auch die kritische Nachwendezeit überstand das Festival. In Gera haben sich um das Festival herum der erste offene Kanal, die Videofilmtage Thüringen-Rheinland-Pfalz und Gera Media neben vielen anderen etabliert. Für Veranstaltungen der Stiftung "Goldener Spatz" stellt die Landesregierung jährlich 150.000 DM aus Mitteln zur kulturellen Filmförderung zur Verfügung. Aber, seit einem halben Jahr gibt es Bestrebungen durch die Geschäftsführerin der Stiftung, den Standort des Festivals nach Erfurt zu verlegen. Von Verlegungen nach außerhalb ganz zu schweigen, verweise ich wieder auf die Antwort zur Großen Anfrage. Dort heißt es: "Insgesamt gesehen stellt die Ausrichtung der Thüringer Medienpolitik zum Kindermedienland Thüringen eine Zukunftsoption dar, die gerade auch dem Ostthüringer Raum weiterhin zugute kommen wird." Nun heißt es, Gera habe zu wenig Kinder und eine zu schlechte Verkehrsanbindung für den Spatzen. Ich glaube, darüber müsste man noch einmal reden. Hier ist Erklärung durch die Landesregierung notwendig.

Zu einigen Fragen von Museen, Kulturgut und Denkmalpflege: In aller Kürze seien nur wenige Punkte benannt. Bei den Restitutionsverhandlungen mit ehemaligen Fürstenhäusern konnten mit gütlichen Einigungen Teilerfolge erzielt werden. Schwere und schwierige Verhandlungen sind aber hier noch zu führen. Ich möchte an dieser Stelle auch nicht verhehlen, dass ich die Forderungen und das Verhalten des Sachsen-Weimar-Prinzen Michael als regelrecht unanständig finde.

(Beifall bei der PDS)

(Zwischenruf Dr. Vogel, Ministerpräsident: Ich bin auch der Meinung.)

Der Ministerpräsident ist meiner Meinung, das freut mich. Eine weitere ungeklärte Frage scheint mir aber im Wissen um die Forderungen des Fürstenhauses Reuß zu liegen. Hier spricht man im Zusammenhang mit dem Theater Gera von noch ungeklärten Fragen des Erlösauskehrs. Da der Freistaat dort vorhat, mit erheblichen Mitteln zu investieren, glaube ich, sollte man sich auch dieser Frage noch einmal gründlich annehmen.

Im Dezemberplenum übrigens, um zu einem anderen Thema noch einmal zu sprechen, ereiferten Sie sich, Herr Schwäblein, darüber, dass die so reiche Museumslandschaft in Thüringen in unserer Anfrage so wenig Erwähnung gefunden hätte. Ich bekam ja gleich ein schlechtes Gewissen und habe noch mal nachgeschaut. Ich sage es, Sie irren sich, Sie haben es inzwischen sicher auch korrigiert und ich erinnere Sie auch daran, dass die Initiativen meiner Fraktion zur finanziellen und materiellen Sicherung der Landesausstellung Thüringer Residenzen bei uns eher Befürworter fand als bei manchem in der mittleren Sitzgruppe. Ich glaube, Unkenntnis und partieller Unwille ließen sich eher bei der regierungstragenden Fraktion nachweisen.

Über die Zusammenarbeit mit dem Museumsverband aufzuklären, möchte ich an dieser Stelle auch nicht tun, denn dort sehe ich eigentlich immer nur einen der Abgeordneten, das ist, seitdem er im Landtag ist, der Herr Professor Göbel, und dort weiß man eigentlich, wie seit vielen Jahren die Zusammenarbeit der PDS-Fraktion mit dem Thüringer Museumsverband gestaltet wird. Lassen Sie mich demzufolge zu einigen Schlussbemerkungen kommen:

(Beifall bei der PDS)

Als Fazit zur Großen Anfrage Kultur formuliert die Landesregierung in der Antwort zu Frage I 29: Die Kulturausgaben von 271 Mio. DM, das entspricht einem Anteil von 1,4 Prozent des Thüringer Landeshaushalts, erscheinen der Landesregierung nicht steigerbar und sie ist bemüht, diese Kulturförderung zu halten. Lassen Sie es an dieser Stelle deutlich sagen, es sind also keine Steigerungen vorgesehen. Wie formulierte aber der Referatsleiter auf der Föderalismuskonferenz: "Die neuen Länder müssen mehr für die Kultur ausgeben." Ich frage nun, was hindert uns, die vorhandenen Ressourcen zu nutzen und Thüringen stärker zu einem Kultur- und, ich schließe es ein, Bildungsland zu machen. Wolfgang Thierse antwortete dazu kürzlich in einem Zeitungsinterview auf die Frage, ob die Kultur im Osten auf der Kippe stehe. "Ostdeutschland, insbesondere Thüringen, hat eine besonders reiche Kulturlandschaft, die wir verteidigen müssen, auch, indem wir teilweise reformieren. Nicht alles kann man gleichermaßen erhalten. Aber die Landes- und Kommunalpolitiker müssen immer begreifen, wer an Kultur spart, muss irgendwo später draufzahlen." Recht hat er, ich hoffe, dass es nicht nur eine Sonntagsrede war.

Das Konzept der Landesregierung zur Weiterentwicklung der Kunst und Kultur im Freistaat ist für mich schwer erkennbar. Was getan wird ist immer wieder nur Konsolidierung. Demzufolge möchte ich an den Schluss dieser Betrachtungen unsere Vorschläge stellen.

Erstens - Umschichtungen im Haushalt zur Stärkung von Bildung und Kultur als Einheit: Dazu eine ganz kleine Nebenrechnung. Seit 1991 sind in Thüringer Infrastruktur 12 Mrd. DM geflossen, aber unter dieser Infrastruktur ist bisher nie die kulturelle und die Bildungsinfrastruktur betrachtet worden. Wenn man also umschichten möchte, dann muss man Kultur und Bildung als Infrastruktur begreifen und die Umschichtungen im Haushalt zur Förderung dieser Bereiche vornehmen.

(Beifall bei der PDS)

Zweitens - Sicherung des breiten kulturellen Netzwerkes durch die Schaffung einer Stiftung Breitenkultur und den Ausbau des Kulturmanagerprogramms.

Drittens - Pflege und Bewahrung des kulturellen Erbes bei gleichzeitiger Stärkung der kreativen Kulturbereiche.

Viertens - Gestaltung einer lebendigen Kulturszene, die als Wirtschaftsfaktor auch ein Stück Zukunft sichert.

Dazu hätte ich gerne noch eine Debatte mit Ihnen geführt, aber auch das könnten wir später tun. Das kulturelle Erbe Thüringens müssen wir als Zukunftsperspektive sehen und verstehen. Rahmenbedingungen und künftige politische Entscheidungen müssen diesem Rechnung tragen. Ich möchte mich abschließend bei der Landesregierung, sicher insbesondere bei dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, aber auch bei den begleitenden Ministerien für die Sorgfalt bei der Beantwortung dieser Großen Anfrage bedanken. Ich verhehle nicht, dass ich mir in vielen Bereichen eine kritischere Würdigung gewünscht hätte, insbesondere dort, wo wir nach den Problemen fragen. Aber trotzdem, wir haben ein Arbeitsmaterial, mit dem wir alle recht gut umgehen können.

Nun noch eine letzte Replik auf das Dezemberplenum: Dort wurde seitens eines CDU-Politikers bemerkt, unsere Kulturszene in Thüringen ist gesund. Ich möchte dem mit einem Zitat von Karl Kraus begegnen, der sagte: "Wenn die Sonne der Kultur niedrig scheint, werfen selbst die Zwerge lange Schatten."