Aber auch, meine Damen und Herren, in anderen sensiblen Bereichen grassiert der Rotstift, obwohl bereits die vorgesehenen Mittel jetzt nicht ausreichen. Probleme werden also verschärft anstatt gelöst. Zwei kleine Beispiele: Verlustausgleich Personennahverkehr, immer ein beliebter Titel. Wissen Sie, was die Folge ist, die ÖPNV werden das weiterreichen. Es wird Fahrpreiserhöhungen für die Bürger zur Folge haben. Das ist das Ende vom Lied von dieser Position. Zweitens: Es wurde schon vom Finanzminister der zweite Arbeitsmarkt angesprochen. Natürlich haben auch wir zur Kenntnis genommen, dass im Bereich der AB-Maßnahmen weniger Geld vom Bund zur Verfügung steht. Dass da natürlich auch die Kofinanzierung des Landes entsprechend zu korrigieren ist, das ist klar. Aber es gibt eine andere Position, die ausschließlich vom Land zu beeinflussen ist, das ist das Programm Arbeitsförderung-Ost, woraus die SAM finanziert werden. Hier habe ich wirklich den Eindruck, dass man so mit dem Rotstift rangeht und versucht, die Situation auf dem Arbeitsmarkt offensichtlich ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl künstlich zu verschärfen, um irgendwelchen wahltaktischen Honig daraus zu saugen.
(Zwischenruf Abg. von der Krone, CDU: Jetzt reicht es aber, das kann doch nicht wahr sein. Sie leben wohl auf dem Mond?)
Das ist der Eindruck, der nicht nur bei uns, der bei den Leuten im Lande entstanden ist. Der ist schon da, da brauchen Sie nicht mehr dafür zu sorgen, meine Damen und Herren.
Sie brauchen doch nur Ihre eigenen Zahlen zur Kenntnis zu nehmen, meine Damen und Herren, die sprechen eine eigene Sprache. Was gerade hier auf dem Gebiet zusammengestrichen und wirklich, ich sage bewusst, kaputtgemacht worden ist seit dem Ende der großen Koalition, das geht nicht mehr auf die sprichwörtliche Kuhhaut. Das muss man an dieser Stelle ganz deutlich sagen.
Die Ausgaben für die aktive Arbeitsmarktpolitik - wir haben eine Übersicht, die kann ich Ihnen gern zur Verfügung stellen, Herr Schuster, zusammengestellt - wurden halbiert, wenn man die von der EU mitfinanzierten Programme ausnimmt.
Aber, meine Damen und Herren, als Finanzpolitiker bin ich natürlich auch Realist genug, um zu erkennen, dass es schwer bzw. geradezu unmöglich ist zu sparen, ohne jemandem wehzutun. Das für mich persönlich Erschütternde aber ist, dass die Landesregierung vorhandene Reserven, beispielsweise innerhalb der Ministerialbürokratie, seit Jahren nicht zum Sparen nutzt, aber in der breiten Masse all das zusammenstreicht, was nicht gerade mit CDUKlientel in Verbindung gebracht werden kann. Nach wie vor hält es die Landesregierung nicht für nötig, ein langfristiges Personalbegründungs- und -entwicklungskonzept zu erarbeiten. Klar, wie sollte man denn beispielsweise auch der Öffentlichkeit begründen, dass man in den Schulen Stunden wegen Lehrermangel ausfallen lässt und z.B. in der Staatskanzlei die Personalkosten in zwei Jahren um 14 Prozent gestiegen sind. Das hat nicht allein mit der Abteilung Europa zu tun; gleichzeitig sind die in dem anderen Haus nämlich nicht um 14 Prozent gesunken.
Da komme ich jetzt noch zu einem ganz entscheidenden Feld, es wurde von meinem Kollegen Huster hier auch schon ausführlich beleuchtet, ich will das aber ebenso tun. Auch die Kommunen kommen bei diesem Nachtragshaushalt nicht ungeschoren davon, und das, obwohl uns allen und mir natürlich auch noch die letzte Debatte und die Ausführungen von Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU, zur kommunalen Finanzausstattung wirklich in den Ohren klingen. Damals, wie soll das denn anders sein, spielten Sie sich auf als der Rächer der Kommunen und forderten mehr Steuern für die Kommunen und eine Kommunalfinanzreform oder Gemeindefinanzreform.
Die kommt, seien Sie ganz sicher, Herr Kollege Mohring, die kommt und sie wäre vielleicht sogar schon da,
wenn nicht die üblichen Verdächtigen, und Sie wissen, wen ich meine, mit ihrer Klage gegen den Länderfinanzausgleich die Verhandlungen dermaßen verzögert hätten, dass wir erst im letzten Jahr zu einer Einigung gekommen wären.
Sie werden doch wohl als unbestritten hinnehmen, dass man eine Gemeindefinanzreform erst dann erstellen kann, wenn der Länderfinanzausgleich, was die Hauptgrundlage der Länderfinanzierung betrifft, unter Dach und Fach ist. Erst dann kann ich an eine Gemeindefinanzreform gehen. Diesen Schritt tut die Bundesregierung zurzeit und das sollten Sie endlich zur Kenntnis nehmen.
Aber, und ich benutze da bewusst einen Begriff, den ich heute vom Finanzminister auch schon einmal gehört habe, allerdings in einem anderen Zusammenhang, mit diesem Haushalt betätigt sich die Landesregierung und dieser Finanzminister in der Tat als ein Totengräber, nämlich als Totengräber der kommunalen Finanzverwaltung in Thüringen. Alles Reden nutzt doch nichts, meine Damen und Herren, wenn Sie als Landesregierung nicht in der Lage sind, hier ein deutliches Zeichen zu setzen. Ein solches Zeichen wäre die Beibehaltung der kommunalen Finanzausgleichsmasse gewesen, zugestanden nach Korrektur durch die Veränderung der Bundesergänzungszuweisungen. Aber das muss man politisch wollen und dann muss man auch konsequent bleiben und das heißt, ausgerechnet an die Investitionspauschale der Kommunen zu gehen für viele, vor allem für die Kleineren, der einzige Hoffnungsschimmer für das Füllen ihrer Vermögenshaushalte - ist geradezu, und das muss ich Ihnen mit aller Deutlichkeit sagen, ein Beleg für die Unglaubwürdigkeit Ihrer Politik dieser gesamten Landesregierung.
Anspruch an andere und eigene Wirklichkeit, da haben wir es wieder, sie klaffen eben doch meilenweit auseinander. Was Sie sich dabei gedacht haben, bei den Programmen zur Strukturhilfe und den Zinshilfeprogrammen, in beiden Positionen Kürzungen vorzunehmen, wissen Sie, das muss man wirklich hier einmal ganz explizit anführen. Strukturhilfeprogramm, Zusammenschlüsse von Zweckverbänden, um letztendlich ein Ziel zu realisieren, das Ziel, niedrigere oder bezahlbare Gebühren für die Bürger am Ende herauszubekommen, da wird gekürzt. Wenn ich das aber tue, muss ich auf der anderen Seite das Zinshilfeprogramm doch beibehalten. Ansonsten macht das keinen Sinn. Oder wenn ich die Zinshilfe senke, dann muss ich bei der Strukturhilfe aufstocken, das sind doch kommunizierende Röhren. Beides zu tun, das zeugt nicht gerade von kommu
Doch nicht nur bei den Einsparpositionen, sondern auch bei den gesetzlichen Mehrausgaben muss ich ganz einfach Kritik an dem hier vorliegenden Planentwurf anmelden. Der Plan ist deshalb unehrlich, weil die Landesregierung der Öffentlichkeit vorgaukelt, sie bekomme die Haushaltsprobleme ohne dramatische Einschnitte und ohne zusätzliche Kredite in den Griff. Dabei ist heute schon klar, dass diese zusätzlichen gesetzlichen Ausgaben wiederum zu knapp veranschlagt wurden. Wir schlagen uns jedesmal im Haushalts- und Finanzausschuss mit diesem Problem herum. Regelmäßig, ob nun bewusst oder unbewusst sei dahingestellt - ich habe da meine Meinung -, unterschätzt die Landesregierung die Dynamik dieser Ausgaben und muss dann im Haushaltsvollzug andere Ausgabentitel kürzen. Es ist jedes Jahr das gleiche Spiel und das ist unehrliche Finanzpolitik.
An dieser Stelle, meine Damen und Herren, sei mir doch noch ein Wort zur Nettoneuverschuldung gestattet. Der hier von der Landesregierung eingeschlagene Weg der sukzessiven Rückführung der Kreditaufnahmen, und ich betone es deutlich, wird ausdrücklich gutgeheißen von Seiten der SPD-Fraktion. Daran darf es auch kein Rütteln geben. Wissen Sie, wenn ich als Privatmann, als Hausbesitzer, wenn mein Dach undicht ist, habe ich auch nur ein Sparbuch, da muss ich das Geld nehmen, um mein Dach zu reparieren, und habe auch niemanden, der mir zusätzliches Geld gibt. Da muss eben das neue Auto oder die neue Hofeinfahrt noch ein Stück warten. Wenn wir in der öffentlichen Hand erst wieder zu diesem Denken kommen, dass wir wirklich nur das Geld ausgeben, was vorhanden ist, dann wären wir - und ich denke, an der Stelle wird mir doch hoffentlich der Finanzminister Recht geben - weiß Gott finanzpolitisch schon ein Stück weiter.
Aber bei Ihnen, meine lieben verehrten Kollegen von der PDS, da habe ich eine andere Erinnerung, was gerade die Frage Neuverschuldung, Kreditaufnahme betrifft. Da werde ich immer an meine Tochter erinnert, sie ist zwar mittlerweile 15 Jahre, aber als sie 10 Jahre war, hat sie mir immer gesagt: Vati, wenn du Geld brauchst, da geh doch zum Automaten, da gibt's doch welches. Oder Herr Hahnemann würde sagen, das Geld liegt doch bei den Banken. Wissen Sie, Ihre Kollegen in den Bundesländern, in denen sie Verantwortung tragen, machen es Ihnen doch vor, wie man auch dort verantwortungsbewusst mit Finanzen umgehen kann, da passen diese Auffassungen, und das sage ich Ihnen mit aller Deutlichkeit, nicht in die finanzpolitische Landschaft.
Übrigens, die Kollegen in Mecklenburg-Vorpommern machen schon seit zwei Jahren weniger Schulden als Thüringen. Sie halten ihren Abbaupfad konsequent ein.
Meine Damen und Herren, kein Rauch ohne Feuer und natürlich auch kein Wasser ohne Wein. Durch die in den letzten Jahren wirklich expansiv betriebene Politik der Leasinginvestitionen - man muss diesen Punkt ganz einfach beleuchten,
die schränken selbst bei sinkender Nettokreditaufnahme unsere finanziellen Spielräume ebenso ein wie bei normalen Krediten, auch wenn das immer gern nicht zur Kenntnis genommen werden will -, Zinsen bleiben nun mal Zinsen und sie müssen bezahlt werden. Ich bin nicht grundsätzlich gegen Leasingfinanzierungen, aber man muss genauer hinschauen, welche Objekte man auf diese Art und Weise finanziert. Rentierliche Objekte oder Objekte für hoheitliche Aufgaben, das lasse ich mir alles noch gefallen, aber wenn für ein Verwaltungsgebäude kein Geld da ist, dann kann ich es auch nicht mit Leasing finanzieren. Das ist meine Auffassung dazu.
Ärgerlich und kritikwürdig ist auch die Verfahrensweise der Landesregierung, Fördermittel von Bund und EU anstelle bisheriger Landesmittel zu veranschlagen. Das, muss ich sagen, konterkariert doch geradezu die Verlautbarungen unseres Herrn Ministerpräsidenten an den Bund, doch ständig mehr Mittel zur Verfügung zu stellen. Tut dies dann der Bund, dann nutzt die Landesregierung diese Mittel zur eigenen Haushaltskonsolidierung und der Impuls der Zusätzlichkeit, der ja damit beabsichtigt war, geht verloren.
Doch nicht nur das, die Zusätzlichkeit, auch die Glaubwürdigkeit, meine Damen und Herren, geht dabei den Bach runter und dies schadet im Übrigen auch dem Ruf Thüringens.
Meine Damen und Herren, wir werden jetzt in den nächsten zwei, drei, vier Wochen wirklich in intensive Beratungen im Ausschuss eintreten, dessen bin ich mir sicher. Sie können auch versichert sein, Herr Finanzminister und die Kollegen von der CDU-Fraktion, dass die SPD-Fraktion ihren konstruktiven Anteil an diesen Verhandlungen, an diesen Beratungen, ich sage, wie immer tragen wird.
1. Dieser Nachtragshaushalt wird den Erfordernissen Thüringens und ihren eigenen Ansprüchen als regierende Partei und Landesregierung nicht gerecht, da dort gekürzt wird, wo es am einfachsten ist, und nicht dort, wo es am sinnvollsten ist.
2. Bei der Landesregierung herrscht das Prinzip Glaube und Hoffnung, um die Bevölkerung über den Wahlkampf hinaus über die tatsächlichen Sparzwänge und nötigen Umstrukturierungen, Umschichtungen im Unklaren zu lassen.
3. Auf Kosten des Bundes und der EU betreibt diese Landesregierung Haushaltskonsolidierungen, indem zusätzliche Fördermittel regelmäßig Verringerung von Landesmitteln nach sich ziehen.
Wir werden nach unseren politischen Prioritäten gewichtet unsere Veränderungsvorschläge für diesen Nachtrag einbringen, dessen seien Sie sicher. Ich kann nur hoffen, dass Sie, meine Damen und Herren, im Verlaufe der Beratungen wenigstens so viel Größe zeigen, dem einen oder anderen Vorschlag, von dem ich weiß, dass er auch Ihre Intentionen trifft, wenigstens dann zustimmen können. Ich bedanke mich.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, im Wesentlichen, Herr Höhn, eine ganz solide Rede, ärgerlich nur,
dass nur elf Ihrer Fraktionskollegen bei der Sitzung und Ihrer Rede anwesend waren. Das lässt für die Wahl nächste Woche bei Ihnen nichts Gutes ahnen.
Ich hoffe aber, egal, wie die Wahl bei Ihnen nächste Woche ausgeht, dass, wenn Ihr Freiabo beim "Handelsblatt" zu Ende ist, Sie das dann auch weiter lesen und abonnieren.