Wenn alles nur oft genug wiederholt wird, sei es noch so falsch, irgend etwas bleibt schon hängen - siehe Steuerreform. Dies ist das Schema, meine Damen und Herren, wonach Sie die Menschen hier im Lande wirklich versuchen - ich sage das ganz deutlich - hinters Licht zu führen. Das Ganze hat noch einen schönen Nebeneffekt. Redet man beständig über andere, das lenkt dann gut von den eigenen Fehlern und Unzulänglichkeiten ab. Doch, das lassen wir Ihnen nicht durchgehen, denn Unzulänglichkeiten - was sage ich -, Pleiten, Pech und Pannen, die gibt es in Ihrer Regierungspolitik zuhauf. Auch wenn dafür natürlich, Herr Dr. Vogel, in Ihrer kürzlichen Regierungserklärung kein Platz gewesen ist. Aber ich will es Ihnen an dieser Stelle nicht ersparen, auf einige der real existierenden Probleme in unserem Lande hinzuweisen.
Diese Regierung existiert schon seit zweieinhalb Jahren, aber ein Personalentwicklungskonzept für alle Bereiche der Landesverwaltung gibt es bis heute nicht. Besonders für den Bereich der Schulen wäre ein solches langfristiges Konzept anstelle kurzfristigen Aktionismus gefragt.
Die vielen Probleme, die wir heute in den Thüringer Schulen aller Schulformen haben, sind das Produkt CDUgeprägter Thüringer Bildungspolitik seit der Wende.
Daran hat auch ein gewisser Herr Althaus eine nicht unwesentliche Aktie, indem er die Probleme nicht wirklich löste, sondern seinem Nachfolger eine wirklich schwere Erblast mit auf den Weg gab.
Gehen Sie doch mal raus in die Schulen, gehen Sie doch mal raus in die Beratung der Direktoren und Lehrer. Solch eine Verunsicherung, solch eine wirkliche spürbare Demotivation, wie wir sie heute an diesen Schulen erleben, gab es seit der Wende nicht mehr.
Es ist nicht so sehr das fehlende Geld, meine Damen und Herren, was den Schulen und den dort unterrichtenden Lehrern zu schaffen macht; es ist das fehlende durchdachte bildungspolitische Konzept dieser Landesregierung und die fehlende Perspektive.
Im Bereich der Justiz sind wir seit dem Amtsantritt von Herrn Birkmann schon einiges gewohnt: versuchte Einflussnahme auf richterliche Unabhängigkeit, Sicherheitspannen im Gefängnis, Misshandlungen und Mord und
Jetzt die Ankündigung, die natürlich auch haushaltsrelevant werden wird, deshalb nehme ich das hier mit auf, mehr moderne Haftplätze schaffen zu wollen. Hoffentlich gibt es dabei weniger Pannen als bei der Einweihung der jüngsten JVA in Gräfentonna.
Was im Bereich des Wirtschaftsministeriums und seiner nachgeordneten Einrichtungen in dieser Legislatur noch so alles zum Vorschein kommt, das können wir wirklich nur erahnen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Im Fall "Pilz“ hat die Landesregierung - ich sage bewusst: aus meiner Sicht - mittlerweile jede Glaubwürdigkeit verloren. Da fließen Gelder der landeseigenen Gesellschaften hin und her, aber in jedem Falle immer am Parlament vorbei. Die Landesregierung hat sich hier ganz offensichtlich in einem Konstrukt aus Un- und Halbwahrheiten verfangen und findet nicht wieder heraus.
Bei den Spaßbädern ist das ähnlich. Hier rächt sich nun die wirklich konzeptionslose, vor allem abflussorientierte Förderpolitik um jeden Preis der Vorjahre. Darbende - ich sage bewusst, Sie mögen mir das entschuldigen -, darbende, dahinsiechende Trägerkommunen angesichts enormer Schulden und Betreiberlasten sind dann nicht mehr Schusters Problem, sondern die fallen ins Innenressort, sozusagen vom Regen in die Traufe. So wird man auch Probleme los.
Auf der Strecke bleiben, meine Damen und Herren, die wirklich wirtschaftspolitischen Probleme. Der Bereich Arbeitsmarkt ist unter Herrn Schuster völlig degeneriert. Die EU-Mittel für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen...
Die Maßnahmen der beruflichen Bildung flossen in den vergangenen Jahren im dreistelligen Millionenbereich nicht ab und verschärfen die Situation auf dem Arbeitsmarkt. Dazu wird noch beim Programm "Arbeitsförderung Ost" massiv gekürzt. Fast möchte man meinen, die Landesregierung legt es - ich habe es beim letzten Plenum schon
gesagt - aus wahltaktischen Gründen regelrecht darauf an, schlechte Arbeitsmarktdaten zu erhalten, um besser auf diese Bundesregierung einprügeln zu können. Sie können gewiss sein, die Menschen merken das.
Meine Damen und Herren, das Innenressort als das zuständige Ministerium für Beamtenrecht probiert seit der Regierungsübernahme in einem groß angelegten Feldversuch, wie flexibel Beamtenrecht im Hinblick auf Versetzungen tatsächlich ist. Schade nur, dass hin und wieder einer der Betroffenen nicht mitspielt und nicht nur klagt, sondern auch noch gewinnt. In Sachen Problemlösung war dieser Innenminister weniger emsig als bei seinen Umbesetzungen. Der Landesbetrieb Kataster, wir werden uns heute oder morgen noch damit befassen, geht vor den Augen des Ministers - und ich benutzte bewusst diese drastische Formulierung - vor die Hunde. Im Bereich Wasser und Abwasser wurden und werden die Mittel, die den Beitragszahlern die Zahlungen erträglicher machen sollten, rigide gekürzt. Der Innenminister tritt im Kabinett nicht als der Kämpfer für die Finanzen der Kommunen auf, sondern betätigt sich wie die gesamte Landesregierung als deren Totengräber.
Die Krönung des ministerialen Versagens, meine Damen und Herren, ich kann es der Kollegin Schipanski leider nicht ersparen, ist die Thüringer Kulturministerin. Treffender als kürzlich - ich sage - im berüchtigten "TLZ-Schlüsselloch" kann man es nicht beschreiben, ich zitiere: "Schipanski vagabundiert zwischen Dilettantismus und bahnbrechendem Stillstand." Es tut mir Leid, ich muss es ganz offen sagen, weil ich hohen Respekt vor Frau Prof. Schipanski habe, aber dieser Wissenschaftsstandort Thüringen leidet zunehmend unter dem mangelnden Einsatz der Ministerin innerhalb der Kabinettsriege. Die erstmaligen Streichungen im Wissenschaftsressort sind ein deutlicher Beleg dafür, dass sich das Kräfteverhältnis innerhalb dieser Landesregierung offensichtlich nicht zugunsten, sondern zulasten von Frau Prof. Schipanski und damit der Wissenschaft und Forschung verschoben hat. Es tut dem Wissenschaftsstandort nicht gut, dass trotz steigender Studentenzahlen an dieser Stelle gekürzt wird; die Denkfabrik wird zum Hinterhofzirkus.
Da nützen auch Ihre Zahlenspielereien nicht viel, Herr Mohring. Wenn Sie sich schon mit den Mehrausgaben für die Forschungseinrichtungen brüsten, dann sagen Sie bitte auch dazu, dass der Bund 3 Mio. 3 richtungen der blauen Liste, der Max-Planck-Gesellschaft und das Institut für molekulare Biotechnologie in Jena, gibt. Das Geld, welches das Land zur Komplementierung der zusätzlichen Bundesmittel braucht, holt es sich in den anderen Bereichen der wirtschaftsnahen Forschung. So
initiiert man keine zusätzlichen Impulse und das ist doch das Entscheidende und das ist auch das, was die Bundesregierung mit ihren Mitteln beabsichtigt.
Offensichtlich, meine Damen und Herren, haben Sie diese Zahlen des Herrn Trautvetter alle nicht gelesen, sonst würden Sie nicht so reagieren. Die Zahlen sprechen eine eigene Sprache.
Doch wie soll es in den Ministerien anders laufen, wenn der Ministerpräsident, wie in der letzten Regierungserklärung deutlich spür- und hörbar, zusehends die Augen vor den Problemen im Land verschließt, sich in zweifelhaften Visionen ergießt und angesichts der nahenden Bundestagswahl in der Tat nur noch die parteipolitische Brille aufhat.
Hier liegt das eigentliche Problem, Thüringen wird nicht mehr regiert, sondern nur noch verwaltet. Die echten Probleme werden nicht angepackt, weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Das, meine Damen und Herren, ist offensichtlich auch das Motto der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag. Ihr scheint es ohnehin egal zu sein, was sie so treibt, die Regierung hat sowieso immer Recht. Sie hat sich offenbar mit ihrer Rolle abgefunden, nur noch Erfüllungsgehilfe zu sein, anders kann ich mir nicht erklären, weshalb die CDU-Fraktion nicht einen einzigen Antrag zu diesem Nachtrag einbrachte, obwohl im Vorfeld schon Stimmen für die eine oder andere Änderung laut geworden sind. Herr Mohring, ich hätte Ihnen schon zugetraut, sich an der einen oder anderen Stelle durchzusetzen. Ich habe im Ausschuss richtig mit Ihnen mitgefühlt, allerdings hielt sich das in Grenzen.
Es war sehr deutlich spürbar, in welcher Lage Sie sich befunden haben. Aber der erstmalige totale Verzicht einer Regierungsfraktion auf das Budgetrecht, wie man immer so schön sagt, das Königsrecht des Parlaments, hat nach meiner Auffassung eine ganz besondere Tragweite. Diese CDU gibt das auf, was Politikergenerationen vor ihr sich wirklich hart erkämpfen mussten. Ich finde das wirklich für eine Fraktion wie die Ihre, vor allem, wenn sie so groß ist, einfach nur beschämend.
Die Chance, bei dieser Debatte zum Nachtragshaushalt der Regierung wirklich ganz objektiv ihre Reserven aufzuzeigen, die war groß wie nie. Wann hat man sonst bei der üblichen hohen Haushaltszeit im Herbst die Möglichkeit, die Zahlen der Regierung mit den aktuellen Ist-Zahlen zu vergleichen? Wir haben das getan und haben zum Teil offen gestanden ungläubig gestaunt angesichts so mancher Reserven und Sparbüchsen des Finanzministers. Uns dann finanzpolitische Trickserei vorzuwerfen wie Sie, Herr Althaus, das stellt Ihre finanzpolitische Inkompetenz als Fraktionsvorsitzender eindrucksvoll dar, vor allem dann, wenn keine eigenen Aktivitäten entgegenstehen.
Es gab noch eine andere Hemmschwelle für die CDUFraktion bei diesem Verfahren und das schien mir die entscheidende offensichtlich zu sein. Durch unsere umfassende, vor allem frühzeitige Kleinarbeit, diese vorhandenen Reserven aufzudecken, hätten Sie bei Ihren eigenen eventuellen Umschichtungsvorschlägen nur eine Chance gehabt: Sie hätten zwangsläufig auf die gleichen Deckungsvorschläge wie die SPD-Fraktion zurückgreifen müssen, Herr Kollege Mohring.