Protokoll der Sitzung vom 23.08.2002

Die Zahl der Studierenden ingenieurwissenschaftlicher Fächer hat sich in den vergangenen zwei Jahren von 8.700 auf 10.700 erhöht. Damit liegt ihr Anteil mit 25 Prozent deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Das ist auch ein Ausweis für das Technologieland Thüringen. Das zeigt auch, dass die Akzeptanz von Technik bei unseren jungen Menschen beachtlich hoch ist. Ich sehe das auch als ein Ergebnis der Wertschätzung des naturwissenschaftlichen Unterrichts an unseren Gymnasien.

(Beifall bei der CDU)

Auch hier haben uns die PISA-Ergebnisse hervorragende Plätze bescheinigt. Eine besonders hervorzuhebende Entwicklung, meine Damen und Herren, haben die vier neu gegründeten Thüringer Fachhochschulen genommen. Davon profitiert in unserem Land insbesondere die kleinund mittelständische Industrie und diese prägt ja gerade unser Land. Wer die Bedeutung der ingenieurwissenschaftlichen und betriebswissenschaftlichen Fächer und die Nachwuchsklagen der Unternehmen kennt, der kann diese Entwicklung nur begrüßen. Auch damit schaffen wir ein Stück Zukunft für Thüringen.

(Beifall bei der CDU)

Die stärkere Profilierung und der weitere Ausbau der Thüringer Fachhochschulen sind das erklärte Ziel der Landesregierung. Die besondere Chance der Fachhochschulen liegt in ihrem anwendungsorientierten wissenschaftlichen Bildungsauftrag. Unsere Fachhochschulen leben von den Beziehungen zu den Betrieben der Region. Im gleichen Maße wird die technologische Entwicklung einer ganzen Region durch eine Fachhochschule vorangetrieben. Deshalb haben wir beispielsweise an der Fachhochschule Nordhausen den Aufbau eines Kompetenzzentrums für Stoffstrom und Flächenmanagement vorgesehen, das in ganz besonderer Weise die Bedingungen gerade dieser Region berücksichtigt, aber auch die Fähigkeiten, die an der Fachhochschule entwickelt worden sind.

Meine Damen und Herren Abgeordneten, auch die Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern ist ganz entscheidend für unsere Zukunft.

(Beifall bei der CDU)

Nicht erst die Diskussion über PISA und TIMMS haben die Eindringlichkeit einer Lehrerbildungsreform deutlich werden lassen und haben auch dieses Thema verstärkt in das Blickfeld der Öffentlichkeit gelenkt. Die zentrale Botschaft von PISA ist in diesem Zusammenhang, dass neben den Fachinhalten Didaktik, Methodik, Pädagogik und Psychologie eine neue Schwerpunktsetzung in allen Phasen der Lehrerbildung erhalten müssen. Die Landesregierung hat in enger Zusammenarbeit mit den beteiligten Hochschulen eine Reihe von Initiativen gestartet, die das bereits berücksichtigen. Dazu gehören Initiativen zur Entwicklung der Diagnosefähigkeit von Lehrern, die Tätigkeit einer Arbeitsgruppe Schriftspracherwerb, Veränderung der Ausbildungspläne an den Universitäten, Gründung eines Didaktikzentrums an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, Entwicklung eines Kerncurriculums für Lehrerbildung. Bei all diesen Initiativen arbeiten Wissenschaftsministerium, Kultusministerium und die beteiligten Hochschulen eng zusammen. Wir führen mit Beginn dieses Schuljahres - das Zentrum für Didaktik der FSU Jena, das Thüringer Institut für Lehrerfortbildung und die Staatlichen Studienseminare gemeinsam - eine Fortbildung auf dem Gebiet der Didaktik für das Ausbildungspersonal von Lehrern durch; eine erste sehr schnelle Antwort auf die Leh

ren aus PISA. Die Universität Erfurt hat den Reformauftrag, Studium und Lehre neu zu gliedern. Sie entwickelt auch für die Lehrerbildung ein konsekutives Studienkonzept, das die Ausbildung von Grund-, Regel- und Berufsschullehrern zusammenführt.

Das Erfurter Studienmodell teilt die Ausbildung in zwei große Abschnitte: Der erste widmet sich vor allem der Fachausbildung sowie den für den Lehrerberuf unerlässlichen sozialen Kompetenzen. Im zweiten Abschnitt steht die Professionalisierung in Verbindung mit Schulpraktika im Vordergrund.

(Beifall Abg. Döring, SPD)

Auch in dieser Ausbildung werden alle drei Phasen der Lehramtsausbildung enger miteinander verzahnt und damit wird die Ausbildung auf hohem Niveau gesichert.

Meine Damen und Herren Abgeordneten, auch in der Weiterbildung gehen wir neue Wege und nutzen konsequent die Möglichkeiten neuer Technologien. Erst kürzlich haben wir das Bildungsportal Thüringen eröffnet. Hier präsentieren sich die derzeit 80 regionalen und überregionalen Weiterbildungsangebote über eine gemeinsame Internetadresse. Damit beschreitet der Wissenschaftscampus Thüringen einen Weg, der die Selbständigkeit und die Wettbewerbsfähigkeit der Hochschulen unterstützt, gleichzeitig aber die Synergieeffekte ihrer Zusammenarbeit ganz intensiv nutzt. Das Ganze in multimedialer Form, das ist unsere Antwort auf die Herausforderung dieser Zeit.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben in Thüringen sehr frühzeitig erkannt, dass wir festere Brücken zwischen den Unternehmen und ihren Zielen und der wissenschaftlichen Ausbildung brauchen. Deshalb haben wir Mitte 1998 die Berufsakademie Thüringen gegründet. Ihre positive Entwicklung hat dieser Entscheidung Recht gegeben.

(Beifall bei der CDU)

Innerhalb der ersten drei Jahre hat sich die Zahl ihrer Studenten von 200 auf über 1.100 erhöht. Diese Entwicklung hält an, meine Damen und Herren Abgeordneten.

(Beifall bei der CDU)

Die Ausbildung an unserer Berufsakademie hat sich hervorragend bewährt. Die Vermittlungsquote der Absolventen liefert hierfür den besten Beweis. Mehr als 95 Prozent sind bereits in Unternehmen eingestellt. Es war also eine richtige und es war eine wichtige Entscheidung für Thüringen, die Berufsakademie zur Vervollständigung unserer Hochschullandschaft einzuführen.

(Beifall bei der CDU)

Man kann feststellen, der Ausbau des Lehrgebäudes der Berufsakademie in Eisenach ist abgeschlossen. In Gera ist der erste Spatenstich für den Neubau getan. Das Lehrund Laborgebäude neben Schloss Tinz soll 2003 fertig gestellt sein. An diesem Standort allein wird das Land über 10 Mio.         

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren Abgeordneten, eine gute Bildung braucht selbstverständlich ein gutes Heim. Deshalb haben wir seit 1999 insgesamt 325 Mio.   Hochschulbau investiert. Wir haben heute in Thüringen fast 26.000 flächenbezogene Studienplätze. Wir können rückblickend für die letzten 10 Jahre sagen, wir haben Jahr für Jahr kontinuierlich 1.000 neue flächenbezogene Studienplätze geschaffen. Das ist eine beachtliche Leistung, auf die Thüringen stolz sein kann.

(Beifall bei der CDU)

Die Ergebnisse unserer Investitionen können sich national und international sehen lassen. Ich nenne Ihnen einige ausgewählte Beispiele. Wir haben fünf neue Bibliotheken an den Universitäten Erfurt und Jena sowie an den Fachhochschulen Erfurt, Jena und Schmalkalden den Studenten und Wissenschaftlern zur Nutzung übergeben. Wir haben einen neuen attraktiven Campus für die Fachhochschule Schmalkalden geschaffen mitten im Ort, ein herausragendes Merkmal für die Stadt Schmalkalden. Die Technische Universität Ilmenau verfügt seit diesem Jahr über ein Technologiegebäude, das modernsten internationalen Ausstattungsanforderungen genügt. Beim größten Bauvorhaben unseres Landes, dem Uniklinikum Jena, wird der erste Bauabschnitt in wenigen Monaten abgeschlossen. Nächstes Jahr werden wir sieben neue Kliniken in Betrieb nehmen, darunter mehrere chirurgische Kliniken, die Anästhesie und die Neurologie.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren Abgeordneten, damit hat das Land Thüringen seinen Studenten und Wissenschaftlern Voraussetzungen geschaffen, die international Maßstäbe setzen. Moderne Architektur, Funktionalität und benutzerfreundliche Ausstattung bieten optimale Möglichkeiten für Studium, Forschung und Lehre. Wir werden auch in Zukunft in unseren Anstrengungen nicht nachlassen, den großen Rückstand, den Thüringen nach der Wende hatte, aufzuholen und zugleich neue Akzente zu setzen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich auf eine Besonderheit eingehen, die mir besonders am Herzen liegt. Die Hochschule für Musik konnte zum Wintersemester 2001/2002 die umgebaute und sanierte Streichhan-Kaserne als neues Übungsgebäude beziehen. Bei diesem Umbau sind wir auch bei der Finanzierung ganz neue Wege gegan

gen. Hier haben wir erfreulicherweise 4,5 Mio.  Konversionsmittel eingesetzt. Damit ist die bauliche Entwicklung dieser Musikhochschule abgeschlossen. Aber der Hochschulbau selbst ist aus denkmalpflegerischer, aus architektonischer und klangtechnischer Sicht einmalig.

(Beifall bei der CDU)

Gäste, die aus Italien zur Einweihung waren, sagten, sie kennen in ganz Europa nicht ein solches Beispiel wie diese umgebaute Streichhan-Kaserne. Es ist ebenso einzigartig wie diese Hochschule ein Juwel in unserer Thüringer Hochschullandschaft ist. Meine Damen und Herren Abgeordneten, die Umwandlung einer alten Kaserne zu einer modernen Ausbildungsstätte junger Musiker ist für mich persönlich auch ein beeindruckendes Beispiel für den Wandlungsprozess, in dem sich unsere Gesellschaft, in dem wir uns hier in Thüringen befinden. Wo früher russische Soldaten den Gleichschritt übten, werden heute junge Musiker aus aller Welt ausgebildet, die Freiheit von Kunst und Wissenschaft erfahren dürfen.

(Beifall bei der CDU)

Ich freue mich jeden Tag über diese uns vom Grundgesetz zugesicherte Freiheit. Meine Damen und Herren Abgeordneten, als Wissenschaftsministerin ist es mir ein sehr wichtiges Anliegen, unsere begabten jungen Menschen hier in Thüringen zu halten und unseren wissenschaftlichen Nachwuchs zu stärken. Deshalb fördern wir besonders begabte Wissenschaftler und Meisterschüler durch die Vergabe von Stipendien für Promotionen und künstlerische Projekte. Jahr für Jahr stellt das Land Thüringen dafür rund 1 Mio.         100 Stipendiaten unterstützen. Eine erfreuliche Bilanz, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Eine besondere Form der Nachwuchsförderung bilden bei uns im Land die Graduiertenkollegs. Hier arbeiten junge Wissenschaftler interdisziplinär an Forschungsprojekten zusammen. Mittel für diese Kollegs werden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft nach strengen Wettbewerbskriterien vergeben. Es ist ein beachtliches Ergebnis für unsere Thüringer Wissenschaftler, dass es ihnen gelungen ist, sechs Graduiertenkollegs und drei Forschergruppen zu etablieren. Das Land unterstützt zusätzlich Nachwuchsforschergruppen im Rahmen des Hochschulund Wissenschaftsprogramms. Seit dem vergangenen Jahr haben wir 12 solcher Gruppen eingerichtet. Damit halten wir begabte junge Wissenschaftler im Land und schaffen die Voraussetzungen dafür, dass wir unsere wissenschaftliche und unsere wirtschaftliche Entwicklung befördern können. Das ist ein hervorragendes Ergebnis für uns und unterstreicht einmal mehr, dass der Freistaat Thüringen seine Verantwortung für die junge Generation in vollem Umfang wahrnimmt.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren Abgeordneten, der Landesregierung und mir besonders ist es ein zentrales Anliegen, dass Frauen gerade auch in der Wissenschaft neue Möglichkeiten eröffnet werden. Hier sind wir auf einem guten Weg. So stieg der Frauenanteil unter den Professoren in der Friedrich-Schiller-Universität Jena von 5 auf 12 Prozent. Ein hervorragendes Ergebnis im Bundesdurchschnitt.

(Beifall bei der CDU)

Bei den Promotionen im Freistaat Thüringen hat sich der Anteil der Frauen zwischen 1999 und 2001 von 35 Prozent auf 41 Prozent erhöht. Bei den Habilitationen von 15 Prozent auf 25 Prozent. Solche Entwicklungen passieren nicht von selbst. Die Landesregierung hat hier erhebliche Unterstützung geleistet.

(Beifall bei der CDU)

Lassen Sie mich dabei einige Punkte herausgreifen. Gleich nach meinem Amtsantritt habe ich ein neues Förderprogramm für Frauen in der Wissenschaft eingerichtet. Außerdem wurde in dem schon erwähnten Hochschul- und Wissenschaftsprogramm ein besonderer Schwerpunkt auf den Programmteil Chancengleichheit gelegt. Insgesamt haben wir in den letzten zwei Jahren fast 4 Mio.   setzt, um dieses Ergebnis zu erreichen. Aber, ich glaube auch, das Entscheidende ist, dass wir uns Gedanken gemacht haben, wie wir individuell die jungen Frauen und Mütter fördern können. So haben wir Telearbeitsplätze geschaffen für Mütter, die in der Promotionsphase sind und Kleinkinder haben, damit sie von zu Hause aus auch an ihrer Qualifizierung weiterarbeiten können.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben ganz gezielt den Abschluss von Promotionen mit Stipendien gefördert. Wenn jemand durch die Kinderbetreuungsphase aus der normalen Entwicklung herausgerissen war, hat er dadurch die Möglichkeit bekommen, sein Studium abzuschließen. Wir haben Unterstützung gewährleistet beim Besuch von wissenschaftlichen Veranstaltungen, damit man auf international bedeutenden Kongressen Vorträge halten kann, seinen Namen als Frau in der Wissenschaftlergemeinschaft bekannt macht. So haben wir ganz vielfältige neue Formen der Förderung entwickelt, um den spezifischen Bedingungen von Frauen in der Wissenschaft wirklich gerecht werden zu können. Ich glaube, das Ergebnis bestätigt unsere Bemühungen und wir werden das ganz konsequent in der Zukunft fortsetzen.

(Beifall bei der CDU)

Aber die Landesregierung beginnt die Förderung von Frauen in der Wissenschaft nicht erst in der Phase der Promotion. Gerade im Bereich der natur- und ingenieur

wissenschaftlichen Fächer muss das Interesse für das Fach schon in der Schule geweckt werden.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb fördert die Landesregierung bereits seit 1998 die Thüringer Koordinierungsstelle Naturwissenschaft und Technik für Schülerinnen, Studentinnen und Absolventinnen an der Technischen Universität in Ilmenau. Das ist eine bundesweit einmalige, das ist eine beispielgebende Einrichtung. Seit 1999 widmet sie sich verstärkt der Schaffung von Netzwerken für Studentinnen und Absolventinnen. Dieses Netzwerk wird von Mentorinnen aus der Praxis, aus der Wissenschaft und aus dem Beruf betreut. Ich bin mir sicher, dass diese Aktivitäten dazu führen werden, dass unsere Frauen in der Wissenschaft den Platz einnehmen werden, der ihnen zusteht.

(Beifall bei der CDU)

Wir als Frauen werden mit unserer spezifisch weiblichen Kompetenz Forschung und Lehre in Zukunft auf vielen Gebieten bereichern zum Wohle für Thüringen.