Erst letzten Dienstag kam noch ein weiterer die Kommunen belastender Vorschlag, das ist Ihr Plan der Kommunalisierung der Sozialhilfe in Thüringen, und traf auf einhellige Kritik sowohl in der Art und Weise des Vorgehens wie auch in der vorgeschlagenen Konstruktion. Dass es sinnvoll ist, in diesem Bereich Zuständigkeiten zu bündeln, ist unbestritten. Aber es ist wie immer in solchen Dingen, Herr Althaus, wo das Besteck eines Chirurgen notwendig wäre, gehen Sie mit der großen Keule ran. Das ist das Problem an dieser Stelle.
An einer anderen Stelle, da reicht meine Redezeit leider nicht aus. Wir können das gern in den Einzelplanberatungen noch einmal vertiefen.
Ja, meine Damen und Herren, ich möchte an dieser Stelle doch noch einmal mit einem Satz auf die Verfahrensweise bei der Beratung des Doppelhaushalts zu sprechen kommen. Es ist schon angesprochen worden, es war schon ein ziemlicher Schweinsgalopp, der hier durchgeführt worden ist. Wir hatten den Eindruck, dass die Terminleiste geprägt war a) von der Bundestagswahl, vorher wollte man nicht, um die Klientel nicht zu vergraulen, und b) vom Geburtstag des verehrten Herrn Ministerpräsidenten. Dazwischen hatten sich die Haushaltsberatungen mit all diesen Schwierigkeiten zu bewegen und dennoch möchte ich mich an dieser Stelle bei allen Mitarbeitern im Finanzministerium, der Verwaltung und den Fraktionen bedanken, die diese Beratungen fachlich abgesichert haben.
Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion hat ihre Rolle als Opposition angenommen in diesem Landtag. Allerdings geht unser Verständnis von der Rolle als Opposition weiter als in Ihrer christdemokratischen Denk
weise, vor allem auf Bundesebene. Wir machen Vorschläge und unsere Vorschläge zum Landeshaushalt dokumentieren, dass es uns Sozialdemokraten nicht um kurzfristige Effekthascherei, sondern um das Wohl des Freistaats geht.
Es wäre schön, wenn die CDU-Regierung auf allen Ebenen, Herr Ministerpräsident, ebenso denken und handeln würde.
die politische Funktion einer Haushaltsdebatte wie folgt umrissen: "Es geht um die Zukunftsentwürfe, die sich gegenüberstehen, um Ihre und unsere Vorstellungen, Ziele und Programme für die weitere Entwicklung unserer Gesellschaft und unseres Staates und es geht um die Interessen und die Prinzipien und die Werte, an denen sich diese Programme orientieren." So weit, Frau Präsidentin, aus dem Plenarprotokoll.
Meine Damen und Herren, wenn man Hans-Jochen Vogel zum Maßstab nimmt, da kann man eins feststellen, nachdem PDS und SPD hier heute gesprochen haben, nämlich, dass die Zukunftsentwürfe für Thüringen hier nicht aufgezeigt wurden.
Meine Damen und Herren, vielleicht mag es an der kurzen Redezeit von Bodo Ramelow gelegen haben oder an der überzogenen von Uwe Höhn, wir vermissen diese Zukunftsentwürfe und selbst der Blick, den beide Redner in die Vergangenheit gerichtet haben, ist verklärt und falsch. Ich will es an zwei Stellen zu Beginn auch deutlich sagen. Zum Ersten zu Bodo Ramelow, der der Landesregierung vorgeworfen hat, einen 12 Mrd. 5 aufgehäuft
zu haben. Wir wissen, wie schwierig diese Last zu tragen ist. Aber, meine Damen und Herren, eins steht demgegenüber auch fest: Hätte dieser Landtag in seiner Mehrheit alle Änderungsanträge der PDS-Fraktion von 1990 bis in dieses Jahr hinein angenommen, die über Kreditfinanzierung gedeckt waren, wäre die Nettoneuverschuldung um weitere 1,3 Mrd. stiegen. Das wollten wir nicht.
Deshalb ist es immer gut, auch in die eigene Vergangenheit zu schauen, bevor man Kritik am politischen Mitstreiter übt.
Auch, meine Damen und Herren, hat Uwe Höhn mit seinem Blick in die Vergangenheit nicht Recht, wenn er vergleicht, in welchen Regierungsjahren denn angeblich nach seiner Meinung der größte Sprung an Nettoneuverschuldung in diesem Freistaat zu verzeichnen war. Er meint, mit Blick auf das Jahr 1997, dass dieser Sprung größer gewesen wäre als in Zeiten der großen Koalition. Dieser Blick ist falsch.
1994 - richtig. Danke, Herr Althaus. Dieser Blick ist natürlich falsch, Herr Höhn, weil Sie eines vergessen dabei, nämlich, dass der Fonds "Deutsche Einheit" in diesem Jahr ausgelaufen ist und die Verhandlungen in dem Solidarpakt I noch nicht abgeschlossen waren.
Wer die Lasten, die dieser Freistaat in diesem Haushaltsjahr zusätzlich übernommen hat, um genau dieselben Leistungen für die Bürger in diesem Freistaat weiter leisten zu können und Bundesmittel, die ausgefallen sind, ergänzt hat und das hier zum Vorwurf erhebt, der irrt und der hat falsche Ansätze von Haushaltspolitik.
Meine Damen und Herren, das Kreuzfahrtschiff, der Luxusliner Deutschland, ist in schwere Seenot geraten. Der Kapitän dieses Luxusschiffes, der Kanzler, bot seiner Mannschaft an, von Bord zu gehen. Die Mannschaft ist panisch und orientierungslos
und den Offizieren auf diesem Luxusliner fällt nichts Besseres ein, als vorzuschlagen, um in ruhiges Fahrwasser zu kommen, dass doch die vermögenden Passagiere dieses Schiffes mit einer zusätzlichen Steuer belastet werden sollen und meinen, damit den Luxusliner in ruhiges Fahrwasser zu bekommen. Das ist Deutschland im Winter 2002. In diesem täglichen Hin und Her, der andauernden Unruhe in dieser stürmischen See wollen wir jedenfalls in Thüringen Kurs halten.
Wir, meine Damen und Herren, das ist natürlich die unionsgeführte Landesregierung und die sie tragende CDULandtagsfraktion, wir halten mit dem hier vorgelegten Doppelhaushalt für die Jahre 2003 und 2004 Kurs. Wir wissen, dass wir das in schweren Zeiten tun und wir wissen das auch angesichts dessen, dass die Hälfte unserer Fracht, also unserer Einnahmen, aus Steuern, Länderfinanzausgleich, Solidarpakt I und II und auch aus Ziel-I-Förderungen im Rahmen der Förderung durch die Europäische Union nicht von uns selbst erwirtschaftet werden kann. In diesem Jahr sind dem Freistaat Thüringen über 10 Prozent seiner geplanten Einnahmen weggefallen. Diese dramatischen Ausfälle haben unseres Erachtens nach hausgemachte Ursachen, die in Berlin zu finden sind und die vor allem, und das ist das Dramatische an der Situation, in den Länderhaushalten und den Kommunalhaushalten eine deutliche Spur hinterlassen, was wohl Jahre braucht, um diese Spur wieder auszugleichen.
Meine Damen und Herren, diese Krise wäre aber auch eine Chance gewesen, das Ruder fest in die Hand zu nehmen, doch stattdessen, und da gilt es, noch mal einen Blick nach Berlin zu werfen, wird die ökologische Steuerreform fortentwickelt. Ich will diese Fortentwicklung deshalb besonders hervorheben, weil sie zeigt, wie dramatisch diese Situation ist. Was heißt eigentlich, ökologische Steuerreform fortentwickeln? Was will die Arbeiterpartei SPD damit erreichen? Das, was jahrelang gut war, nämlich mit Erdgas Energieverbrauch abzudecken, soll jetzt mit 58 Prozent weiterer Steuererhöhung belastet werden. Das schlägt die Arbeiterpartei SPD vor, quasi eine Vermögenssteuer für Arme.
Doch damit nicht genug. Angebliche Reformen folgen im Wochenrhythmus, vor allem im Gesundheitssystem. Jetzt heißt es Rürup-Kommission - Rürup - wer sich an Schneewittchen erinnert, die hat mal gesungen: "rühre, rühre, Löffelstiel". Ich glaube, meine Damen und Herren
leicht abgewandelt natürlich -, es darf bezweifelt werden, genauso, wie in der Suppe gerührt wird und gemeint,
dort ein Ergebnis zu erzielen, darf bezweifelt werden, dass diese Rürup-Kommission ein Ergebnis vorlegen wird.
Meine Damen und Herren, es braucht aber ein Ergebnis aus dieser Kommission oder von dieser Bundesregierung, weil tatsächlich das Gesundheitssystem bis an die Wurzeln krankt und Veränderungen notwendig sind. Aber, selbst wenn es einen Vorschlag geben würde - und wir wollen uns da an Hartz erinnern -, würde er denn auch umgesetzt 1 : 1, 1 : 10 oder vermutlich gar nicht.
Meine Damen und Herren, in diesem Land und mit Auswirkung auf die neuen Länder fehlt die große Linie für eine gute und wichtige Sozialpolitik.
Die Alterung der Gesellschaft stellt das nach dem Umlageverfahren organisierte Sozialsystem künftig vor gewaltige und existenzielle Aufgaben. Der demokratische Wandel in der Gesellschaft ist dennoch keineswegs die einzige Herausforderung für das Sozialsystem. Die aktuellen Milliardenlöcher werden vor allem durch die Wirtschaftskrise gerissen, immer weniger Menschen haben einen Job oder es wird den Arbeitnehmern das Weihnachtsgeld gestrichen. So schrumpft auch im Ergebnis - und deshalb muss es hier angesprochen werden - die Finanzierungsbasis für solche gesetzlichen Versicherungsleistungen. Nach der Logik dieses Systems müssen dann die Beiträge steigen, der Arbeitsfaktor wird noch teurer - ein Teufelskreis.
Meine Damen und Herren, der Hauptgrund hierfür sind strukturelle Defizite, die wir hier benannt haben und die ich auch noch mal aufzählen will: Ein leistungshemmendes Steuersystem, eine teure Gesundheitsvorsorge,
kaum finanzierte Renten- und Pensionszusagen, ein strangulierter Arbeitsmarkt, denn die Massenarbeitslosigkeit gefährdet das deutsche System. Zu viele Menschen in Deutschland sind arbeitslos. Deshalb bedarf es entregulierender Maßnahmen, damit die tragende Säule der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland, also der Mittelstand, wieder Luft zum Arbeiten, wieder Luft zum Schaffen von Arbeitsplätzen hat.