Protokoll der Sitzung vom 12.12.2002

Bürger und Unternehmen werden dennoch durch die Bundesregierung und durch die geplanten Steuererhöhungen maßlos belastet. Allein in dieser Legislaturperiode summieren sich die Belastungen auf 46 Mrd.   5 " erhöhungen ersticken jegliches, dringend benötigtes Wirtschaftswachstum im Keim. Die Wachstumszahlen sind eindeutig. Von den geplanten Maßnahmen ist auch Thüringen betroffen, insbesondere bei der geplanten Maßnahme der Kürzung der Eigenheimzulage. Das ist ein Schlag auch gegen die Thüringer Bauwirtschaft. Viele Unternehmen kämpfen um das Überleben und was tun wir, wir reduzieren die Eigenheimzulage. Mit dem Steuervergünstigungsabbaugesetz werden vor allen Dingen Familien ohne Kinder noch einmal belastet. Ich möchte Ihnen sagen, in Thüringen haben im vergangenen Jahr ein Drittel aller Bauanträge Familien ohne Kinder gestellt. Was sagen Sie denn dem Ehepaar, dessen Kinder aus dem Haus sind? Jetzt ist es nicht günstig ein Häuschen im Grünen zu bauen, jetzt ist es nicht möglich, deswegen streichen wir euch die Eigenheimzulage. Ihr habt Lebensleistung erbracht, indem ihr die Kinder erzogen habt, studiert und in die Ausbildung geschickt, aber dafür kriegt ihr keine Eigenheimzulage? Der Traum vom Wohneigentum rückt also in weite Ferne. Übrigens beim Wohneigentum: In den neuen Ländern liegt die Durchschnittsquote von Wohneigentum bei 31,2 Prozent, in Thüringen glücklicherweise, auch traditionsbedingt bei 39,2 Prozent, liegt aber immer noch unter dem Durchschnitt der alten Länder bei 43,1 Prozent. Europaweit belegt Deutschland nur den vorletzten Platz beim Wohneigentum. Wir haben hier Nachholbedarf und nicht etwa Überschuss.

(Beifall bei der CDU)

Ich komme zu einem weiteren Punkt: Die Absenkung der Umsatzsteuerpauschalierung von 9 auf 7 Prozent und die gleichzeitige Erhöhung der Mehrwertsteuer für Betriebsaufwand bei Futtermitteln, Viehzukauf, Saatgut, Zierpflanzen und dergleichen. Dies ist ein unverantwortlicher Schlag. Wir als Flächenland müssen uns wehren, das hat Auswirkungen auf unsere Landwirtschaft und auf unsere Gartenbaubetriebe, wir als Erfurter Gartenstadt.

(Beifall bei der CDU)

Unsere Landwirtschaftsbetriebe genauso wie unsere Gartenbau- und Samenzuchtbetriebe leiden schon unter der Ökosteuer; hinzu kommt jetzt noch diese Erhöhung des Mehrwertsteueransatzes. Der FDP-Abgeordnete im Bundestag Dr. Gerhardt hat es treffend gesagt, es ist nicht zu verstehen, warum das Futter der Kuh mit 16 Prozent Mehrwertsteuer besteuert wird und das Futter der Katze mit 7 Prozent. Das muss mir einer erklären.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Weil man die nicht melken kann.)

Dann zur viel diskutierten Vermögenssteuer: Man hat ja etwas eingelenkt, Herr Höhn, von Ihrem Parteivorsitzenden, sowohl ganz oben als auch der in Thüringen. Man meinte, mit der Vermögenssteuer könnte man den Haushalt retten. Es ist eine Diskussion, wie im Nebel stochern, es ist eine Neiddiskussion. Ich möchte Ihnen die Zahlen noch einmal sagen, die ich in letzter Zeit immer wieder und letztens hier auch in der Debatte gesagt habe. Die Vermögenssteuer hätte 1995 bei geringeren Ansätzen in Höhe von 120.000 DM - jetzt sind wir bei 250.000 $  Person in einem Haushalt - hier in Thüringen 646 Bürger betroffen. Nun weiß ich nicht, wie viel Vermögen seit 1995 in Thüringen weiter geschaffen wurde, dass Sie - und Frau Rühlemann ist ja noch toller, die sagt, 400 Mio.  könnten wir über die Vermögenssteuer erreichen. Wir haben einmal über den Länderfinanzausgleich gerechnet. Würden alle Länder diese Steuer einführen und würde es bei einer Höhe von 4,6 Mrd. sein - abgesehen davon muss man den Verwaltungsaufwand sehen, der vielleicht auch schon bei über 500 Mio. liegt -, dann wären für Thüringen vielleicht - aber Bayern und Baden-Württemberg wollen ja nicht einführen - 4 Mio. drin. Ich weiß nicht, woher Frau Rühlemann die beiden Nullen hat.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Ich auch nicht.)

(Beifall bei der CDU)

Zur Vermögenssteuer noch: Die Vermögenssteuer würde einen Aufwand von 6.000 neuen Steuerbeamten bedingen. Das kann ja sein, dass man diese AB-Maßnahme machen will. Für Thüringen wären das allein 200 neue Beamte im Bereich der Steuerverwaltung. Ich sage Ihnen, wir brauchen nicht mehr Verwaltung, sondern wir brauchen effektivere.

(Beifall bei der CDU)

Ich fordere die Bundesregierung auf, sich endlich die Kirchhoff-Vorschläge von Prof. Kirchhoff zur Steuervereinfachung zunutze zu machen. Wir und Minister Trautvetter haben es mehrfach in Thüringen mit unserer Steuerverwaltung durchgerechnet. Steuervereinfachung geht.

(Beifall Abg. Zitzmann, CDU)

Wenn ich dann diese Ungetüme sehe: Steuerbereinigungsgesetz, Unternehmenssteuerfortführungsentwicklungsgesetz, Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz und jetzt Steuervergünstigungsabbaugesetz. Wissen Sie, ich kann meine Steuerbeamten in Gotha gar nicht so schnell schulen und so viele EDV-Programme einstellen, wie diese Programme kosten.

(Beifall bei der CDU)

Aber Herr Höhn, in Wortschöpfungen sind Sie immer gut. Sie haben ja vorhin in Ihrem Vortrag so eine neue Wortschöpfung - die SPD hat zwei Wortschöpfungen gebracht,

sehr einfallsreich.

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Worthülsen waren das.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, leider sind die Einflussmöglichkeiten des Freistaats auf diese katastrophale Wirtschafts- und Finanzpolitik des Bundes begrenzt. Eines macht mich besonders zornig, das ist zum einen der negative wirtschaftliche Trend, den die Bundesregierung zu verantworten hat, aber auch die Vertuschungstaktik. Hier komme ich auf einen Fakt:

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD)

Vorsicht, hören Sie zu, Herr Höhn. Aus der Angst heraus, die Deutschen würden die Kenntnisse über die wahre Lage zur Gelegenheit nehmen und würden im September 2002 etwa die Bundesregierung abwählen, hat man wahrscheinlich alle Energie darauf verwandt, Zweckoptimismus zu verbreiten und Tatsachen nicht gleich zu offerieren. Für uns als Landesregierung gab es keine Chance, zu einem früheren Zeitpunkt die realistischen Einschätzungen über die Einnahmeentwicklungen vorzunehmen. Wir haben zwar geahnt, dass es schlimm wird, aber das föderale System mit einer Steuerzerlegung, dem Finanzausgleich und der Systematik der Bundesergänzungszuweisung ist sehr komplex, und zwar so komplex, dass ein Land allein nicht eine haltbare Prognose über die Einnahmeentwicklung vollziehen kann.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: So ging es Schuster und Huster auch.)

Nein, Schuster, Huster auch nicht, sehr gut. Thüringen ist dazu auf die Steuerrechnung und die Ist-Einnahmen des Bundesfinanzministeriums angewiesen. Dann dieses interessante Detail: Lagen dem Thüringer Finanzministerium im August 2001 noch die Abrechnungen der Steuereinnahmen des 1. Halbjahrs 2001 vor, wartete die Bundesregierung 2002 damit etwas länger. Die Abrechnung des 1. Halbjahrs verschickte man erst in der 39. Kalenderwoche. Warum wohl? Weil am letzten Arbeitstag der 38. Kalenderwoche der 20. September war. Zynischerweise trägt dann diese Mitteilung des Bundesfinanzministers die Aufstellung 20. September. Am Freitag vorher bekamen wir das tatsächliche Ausmaß der Steuereinnahmen-Ist-Entwicklung in der Bundesrepublik bekannt gegeben. Da kann man natürlich nichts mehr mitteilen. Ich habe das hier liegen - 20. September. Ich will Ihnen sagen, es ist ja noch interessanter. Die Gemeinschaftssteuern, die uns als Land und die Kommunen betreffen, gehen um 7 Prozent im 1. Halbjahr zurück. Die reine Bundessteuer, das sagt der Bundesfinanzminister nicht, steigt um 3,6 Prozent. Die reinen Landessteuern sinken wieder um 6 Prozent, das hat man uns erst am 20. September in die Post gegeben. Im Jahr vorher war das im August.

(Zwischenruf Dr. Vogel, Ministerpräsident: Ein Schelm, der Schlechtes dabei denkt.)

Genauso, der Schlechtes dabei denkt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch das bringt kein Vertrauen in die Bundesregierung oder in ihre Seriosität,

(Beifall bei der CDU)

auch in solchen ganz normalen Fragen der Abrechnung mit den Ländern offen zusammenzuarbeiten. Es ist ein Glaubwürdigkeitsproblem. Der auch von mir anerkannte Haushaltsexperte Oswald Metzger hat das eindeutig gesagt: "In einem Abwägungsprozess wollen wir weiterregieren, haben wir uns für das Weiterregieren entschieden und gegen die Ehrlichkeit." Dem ist nichts hinzuzufügen, deswegen ist vielleicht Herr Metzger nicht mehr für den Bundestag aufgestellt worden, weil er es so ehrlich und offen gesagt hat.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, so ist Deutschland als ehemals treibende Kraft und Vorreiter der europäischen Stabilitätspolitik nunmehr unter Bundeskanzler Schröder zum finanzpolitischen Sorgenkind Europas geworden. Im Vertrauen auf die deutsche Stabilität - und daran möchte ich erinnern - haben wir es erreicht, dass die Europäische Zentralbank nach Frankfurt gezogen ist. Ich weiß nicht, ob wir unter den jetzigen Zuständen mit Schröder als Kanzler erreicht hätten, dass dieses Institut nach Frankfurt gekommen wäre.

(Beifall bei der CDU)

Vielleicht noch: Ein damaliger Finanzminister hat mit einer kleinen Nebenäußerung die "Lira" in Probleme gebracht. Jetzt wäre es vielleicht andersrum, dass der italienische Finanzminister die deutschen Zustände in Probleme bringen könnte.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dennoch, auch unter diesen erschwerten Bedingungen will die Landesregierung an ihrem grundsätzlichen Kurs der Haushaltskonsolidierung festhalten. Es ist geradezu Verpflichtung für uns, wenn staatliche Aufgaben auch in Zukunft finanzierbar sein sollen. Zugleich sind wir uns aber im Klaren, dass Thüringen nur eine Zukunft hat, wenn wir den Anteil an Investitionen hoch halten.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb halten wir an der guten Tradition des Haushalts "Sparen und Gestalten" fest. Wir machen keine neuen Wortschöpfungen, sondern wir sparen und gestalten.

(Beifall bei der CDU)

Diesem Grundgedanken folgend hat die Landesregierung die Investitionsquote wieder bei 20 Prozent gehalten. Dies,

obwohl die Sparzwänge auch zu Eingriffen im investiven Bereich geführt haben. Wir werden für das nächste Jahr wieder 1,8 Mrd.   %&&*;A-   ( " tionen bereithalten.

(Beifall bei der CDU)

Das, meine Damen und Herren, ist eine Spitzenposition unter allen Ländern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind in einer finanzpolitisch sehr, sehr schwierigen Zeit. "Nichts ist so mächtig wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist.", sagte einmal Victor Hugo - und hier komme ich auf die Hochschulen zu sprechen. In dieser Zeit der Erneuerung der Beziehung von Freistaat und Hochschulen war und ist sie gekommen, meine Damen und Herren, diese Zeit. Aus den einstigen Pilotprojekten der vergangenen Jahre ist schneller als erwartet und gedacht Neues geworden. Angetrieben vom Wunsch, die Zukunft Thüringens zu gestalten, verstärkt allerdings auch durch die finanziellen Engpässe. So entstand aus dieser schwierigen Lage etwas Neues, etwas Kreatives. Die Thüringer Hochschulen leisten als Zentren der Wissenschaft einen wesentlichen Beitrag. Die Wettbewerbschancen der Hochschulen sollen weiter verbessert und ihre Leistungsfähigkeit dauerhaft gesichert werden. Neue Leitlinien werden nunmehr das Verhältnis des Freistaats zu den Hochschulen beschreiben. Partnerschaftliche Verabredungen, Hochschulautonomie und Wettbewerbsfähigkeit sind Kerngedanke dieser Leitlinien. Diese sind im jüngsten unterzeichneten Hochschulpakt, den wir dem hohen Haus zur Zustimmung vorlegen, bis 2006 geregelt. Ich war dabei und neben mir saßen die Hochschulrektoren; ich habe nicht empfunden, dass die mit der Faust in der Tasche neben mir die Unterschrift geleistet haben, im Gegenteil, die haben uns dann beim Empfang sehr nett zugeprostet.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Hochschulhaushalt steigt im Verhältnis zu den anderen Haushaltsresorts. Dort, wo wir nichts sparen, heißt das schon Erhöhung bei dieser Haushaltslage. Deshalb - Hochschulen sind unsere Zukunft.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein Wort zur alternativen Finanzierung, die beiden Redner der Opposition sind ja darauf eingegangen. Die private Finanzierung von Baumaßnahmen gewinnt in Thüringen trotz knapper Kassen an Bedeutung für den Arbeitsmarkt. Wissen Sie, Herr Höhn oder Herr Ramelow, dem Bauarbeiter auf der Baustelle ist das nämlich völlig egal, ob das Geld für das Gebäude, das er baut, aus dem Landeshaushalt kommt oder privat vorfinanziert wird. Ich bin schon etwas verwundert, Herr Clement hat diese privaten Finanzierungsmöglichkeiten ja gerade propagiert, mir sagen das die Bankenvertreter immer wieder und die schöpfen ja eine gewisse Hoffnung dann auch an Herrn

Clement. Deswegen wundert mich, dass die Thüringer Opposition alternative Finanzierung verteufelt.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Das war aber nicht Herr Clement!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zum Punkt Familien. Wie schon bei der Einbringung des Doppelhaushalts dargestellt, sind die Thüringer Familien und ihre Kinder für die Landesregierung ein elementares Thema.

(Beifall bei der CDU)

Die Förderung des Familienlebens und die weitere Verbesserung kinderfreundlicher Bedingungen sind eine wichtige Investition in die Zukunft überhaupt. Die Landesregierung hat daher die Ausgaben für Kinder, Familie und Jugend auf dem gegenwärtig hohen Niveau gehalten. Der Freistaat Thüringen gehört neben den Ländern wie Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen zu den wenigen Ländern, die sich ein besonderes Landeserziehungsgeld leisten.

(Beifall bei der CDU)