Jetzt kommen wir aber trotzdem noch einmal zur Tätigkeit des Abgeordneten Ramelow. Da steht als Erstes drin, dass sich die Erfassung seiner Daten auf seinen Umgang vor 20 Jahren im Zusammenhang mit dem Berufsverbot eines bekannten Politikers beschäftigt und dass er seine Hochzeitsanzeige in einer Zeitung geschaltet hat, die offensichtlich vor 20 Jahren in der freiheitlich-demokratischen Grundordnung nicht verfassungsgemäß oder verfassungskonform galt. Nun frage ich mich wieder, was soll nun diese Information in einer Akte des Thüringer Verfassungsschutzes?
Das lasse ich nicht die Sorge des Landesamts für Verfassungsschutz sein, sondern ich gehe mit diesen Informationen, von denen meine Kollegen mir gesagt haben, dass ich mit ihnen öffentlich umgehen kann, auch öffentlich um. Denn es ist der beste Schutz vor allem Missbrauch. Dazu kommt noch, dass genau diese Unterlagen über einen Politiker in der Akte des Abgeordneten Ramelow auf den unglaublichen Umstand hinweisen, dass der Politiker ers
tens rehabilitiert und zweitens auch tot ist, und zum anderen aber in der Akte des Thüringer Landesamts trotzdem noch auftauchen.
Ich könnte noch eine ganze Reihe weiterer absurder Vorgänge aus diesen Briefen an meine Kollegin und Kollegen zitieren.
Aber nun ist ja mehrfach der Vorwurf erhoben worden, wir hätten uns vom Sommer bis Dezember hingesetzt und hätten gewartet, bis wir das Ganze zum politischen Instrumentarium aufbauschen können. Meine Kollegin und meine beiden Kollegen haben sich, als sie ihre Briefe erhalten haben, an die Datenschutzbeauftragte gewandt. Ich habe mir vorhin, um das auch nachzuweisen, von Frau Kaschuba noch einmal ihre beiden Briefe geben lassen. Sie wenden sich also im Sommer an die Datenschutzbeauftragte und Frau Kaschuba erhält die Auskunft, dass man um Verständnis bittet, noch keine abschließende Nachricht auf die Anfrage zukommen zu lassen. Dies erklärt sich daraus, dass sich die Datenschutzbeauftragte noch im Gespräch mit dem Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz befinde. "Ich hoffe, Ihnen kurzfristig eine abschließende Mitteilung zukommen lassen zu können." Das ist dann das Ergebnis vom Dezember. Dann sollten die Daten gelöscht werden. Das heißt, meine Kollegin und Kollegen, die erfahren, über sie wird eine Akte ganz unterschiedlicher Natur geführt, sie erhielten nicht mal die Möglichkeit, sich diese Akte anzusehen. Das heißt, sie erhielten nicht mal die Möglichkeit, wie sie aus datenschutzrechtlichen Gründen mit dem, was über sie gespeichert ist, umgehen. Nun frage ich Sie, warum der Minister einen Bericht hält, einen Lehrbericht, wie Verfassungsschutz nach seiner und sicher auch einer ganzen Reihe anderer Menschen Auffassung organisiert und begründet wird.
Ich höre hier ständig Zwischenrufe "die lernen es ja nicht, die wollen es nicht lernen". Herr Minister Trautvetter, Sie sind in der DDR groß geworden. Sie haben die klassischen Attribute einer DDR-Biografie. Herr Minister Gnauck ist in der Bundesrepublik groß geworden und hat sicherlich alle klassischen Merkmale dieser Biografie.
Als 1989 auch für mich erschreckenderweise Akten geöffnet worden sind, die mit geheimdienstlichen Mitteln zusammengetragen worden sind, die Menschen vernichtet haben und die letzten Endes auch dem Ansehen von Ideen, wie ich sie hatte, schwer geschadet haben, habe ich mir gesagt, so etwas passiert mit dir nie wieder.
Und jetzt - das ist ein ganz persönliches Wort -, ich bin durchaus in der Lage, eine Verfassung, sowohl das Grundgesetz der Bundesrepublik als auch die Verfassung Thüringens, a) zu kritisieren und b), so lange sie in Kraft sind, sie auch zu achten und vielleicht mehr zu achten als manche, die sich auf die Fahnen geschrieben haben, dass das Ganze ihr Werk sei. Dazu gehört, dass Verfassungsschutz eigentlich nur dort funktioniert, wo der Bürger die Verfassung achtet, wo die Demokratie geachtet wird, wo Beteiligung möglich ist und wo alle in diesem Land oder möglichst viele Leute darauf achten, dass die Verfassung nicht außer Kraft gesetzt wird durch Prozesse, die wir alle nicht wollen.
Deshalb, Herr Minister Trautvetter, wehren wir uns, vielleicht aus sehr unterschiedlichen Motiven, gegen die Art und Weise der Organisation des Verfassungsschutzes und gegen diese Methoden. Ich denke, dass - und jetzt noch mal an die Kollegen der SPD-Fraktion gerichtet - wir mit Veränderungen an der Gesetzlichkeit zum Verfassungsschutzgesetz eben nichts erreichen können, weil der Fehler in dem System liegt, und - wir müssten es ja eigentlich wissen - aus dem System heraus
sich jedes geheimdienstliche Handeln verselbständigen kann. Denn es handeln Menschen und die parlamentarischen Mittel sind ja letzten Endes auch nur die, die im Rang einer wenigstens vertraulichen Verschlusssache sind. Ich verstehe eigentlich nicht, wie Sie sich so, ich sage jetzt nicht aufblasen, sondern so aufregen können, wenn Sie eine andere Position, die auch aus Sozialisationserfahrung in zwei unterschiedlichen politischen Systemen entstanden ist, zur Kenntnis nehmen sollen. Insofern halte ich den Bericht, den Sie gegeben haben, sicher dem Antrag der CDU-Fraktion angemessen, aber nicht den Skandalen um den Verfassungsschutz in Thüringen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, bevor ich beginne, möchte ich doch was zu Ihnen sagen, Frau Dr. Klaubert: Sie haben hier von einem Lehrbericht gesprochen, ich halte es für einen Sachbericht, aber ich glaube, dass die sachliche Darstellung für
Ich danke dem Innenminister für seinen ausführlichen Bericht zur Arbeit des Landesamts für Verfassungsschutz. Die CDU-Fraktion hat diesen Antrag gestellt, damit die wirkliche Aufgabe und Arbeit des Verfassungsschutzes in sachlicher Form dargestellt wird. Es hat sich gezeigt, dass das wichtig und nützlich war. Hoffentlich war es nützlich.
Der Schutz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung hat in der Bundesrepublik einen hohen Stellenwert und ist deshalb, wie bereits erwähnt, im Grundgesetz verankert. Ich hoffe, Sie auf den Bänken der PDS haben den Satz im Bericht des Ministers Trautvetter nicht überhört, dass die bloße Gesinnung politisch anders Denkender nicht den Aufgabenbereich der Verfassungsschutzbehörde berührt. Herr Scheringer hat es zumindest mit einem lauten "Aha" bekundet, also ist es da angekommen. Dies ist aber genau das, was uns die PDS immer glauben machen will. Herr Pohl, Sie haben vorhin in Ihrem Beitrag gesagt, dass die PDS doch Vorschläge machen möchte für das Gesetz, aber der Herr Hahnemann hat es ja eindeutig gesagt, da Sie gegen ein Verfassungsschutzgesetz sind, können da auch keine Vorschläge kommen. Der Kollege Ramelow ist ja leider nun nicht mehr da
ja, warum wohl. Die Frau Dr. Klaubert ist auf drei Fälle eingegangen. Ich denke, das reicht, wenn man auf ihren Fall Nummer 3, den Fall des Kollegen Ramelow, eingeht. Der Kollege Ramelow kommt mir manchmal vor wie ein Sandmännchen.
Er versucht uns Sand in die Augen zu streuen und stellt sich letztendlich noch als Opfer einer so genannten Ausspähaffäre dar.
Sie können mir glauben, dass weder hier im hohen Hause noch die Bürger unseres Freistaats sich von Herrn Ramelow die Augen verkleistern lassen.
Bereits im Sommer letzten Jahres sind die Auskunftsanträge der Mitglieder der PDS oder mehrerer Mitglieder der PDS-Fraktion beschieden worden. Lediglich über drei Abgeordnete wurden Daten geführt. Ich denke, das entkräftet doch schon
es haben mehrere nachgefragt, das Nachfragerecht steht jedem zu, Herr Buse. Bei dreien sind Daten gefunden worden und das widerlegt eigentlich die Behauptung, dass über die ganze PDS-Fraktion Daten angelegt worden wären. Da Herr Ramelow den Bescheid öffentlich gemacht hat, möchte ich diesen auch noch etwas näher beleuchten. Die Sachverhalte, Frau Dr. Klaubert hat es schon angesprochen, deshalb brauche ich im Einzelnen nicht darauf einzugehen, zwei stammen aus den 80er-Jahren und einer im Zusammenhang mit einer Kurdendemonstration. Für mich haben diese drei Sachverhalte mit der PDS überhaupt nichts zu tun. Es gibt da keinerlei Bezug. Aber es wird von der PDS immer eifrig weiter suggeriert, dass die Beobachtung gegen die PDS geht. Nachdem er den Bescheid erhalten hatte, ging er in Widerspruch und hat die Datenschutzbeauftragte eingeschaltet. Das ist alles vollkommen korrekt und in Ordnung. Der Widerspruch ist abgewiesen worden und wie auf jedem ordentlichen Bescheid steht auch darauf ein Rechtsmittelbehelf. Es hat dem Herrn Ramelow frei gestanden, beim Verfassungsgericht zu klagen. Zu meiner Verwunderung, muss ich gestehen, hat er den Bescheid rechtskräftig werden lassen.
Nun frage ich mich auch - doch, ich frage mich auch, Herr Kollege Fiedler -, wenn ihm so an einer Klärung lag, warum hat er dann das Rechtsmittel nicht ausgeschöpft? Man könnte ja mutmaßen, er hatte Angst vor einer Entscheidung des Verfassungsgerichts. Der Gipfel der Frechheit war die öffentliche Behauptung, dass der Thüringer Verfassungsschutz Daten bereinigt hätte. Uns allen ist bekannt, dass nach bestimmten Fristen Daten, die nicht mehr relevant sind, gelöscht werden. Möglicherweise hat die PDS die ganze Zeit gewartet in der Hoffnung, in die Daten, wenn sie gelöscht sind, mehr hineinzuinterpretieren als eigentlich dabei war.
Die PDS lehnt den Verfassungsschutz ab, beruft sich aber immer bei ihren Meldungen auf Quellen aus dem Landesamt. Für mich steht das im Widerspruch. Herr Dr. Hahnemann hat vorhin gesagt, er lehnt Geheimdienste ab. Da gibt es für mich auch wieder Widersprüche. Wenn im Oktober letzten Jahres hier in Erfurt auf Einladung der PDS ein Herr Markus Wolf eine Lesung durchführt, dann frage ich mich doch - zur Biografie von Markus Wolf brauche ich sicherlich in diesem Hause nichts zu sagen -, wenn
die PDS dem hier eine öffentliche Plattform gibt, dann steht sie für mich nicht auf dem Boden des Grundgesetzes.
Meine Damen und Herren der PDS, dies ist kein Sand in den Augen, das ist Sand im Getriebe. Herr Ramelow, das wollte ich ihm gerne sagen, mit seiner gezielten Bespitzelung der PDS, was er ja immer suggeriert hat, auch über Pressemitteilungen, das war ein Schuss in den Ofen.
Mir liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Dann können wir die Aussprache und auch den Tagesordnungspunkt 11 schließen. Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 12. Ach so, ich kann den Tagesordnungspunkt 11 natürlich nicht abschließen, bevor ich festgestellt habe, ob dem Berichtsersuchen Genüge getan wurde. Erhebt sich dagegen Widerspruch? Frau Nitzpon.
(Zwischenruf Trautvetter, Innenminister: Sie haben doch selbst gesagt, dass es ein Lehr- bericht war.)