Protokoll der Sitzung vom 31.01.2003

Nun zu einem Thema im Gartenbau und der landwirtschaftlichen Vorprodukte: Unser Bundesfinanzminister Herr Eichel formulierte Folgendes: Er kann sich nicht erklären, warum Schnittblumen dem reduzierten Steuersatz unterliegen, Babywindeln aber dem Normalsatz. Schnittblumen sind durch Samenzüchtungen und durch Gewächshäuser im Winter sehr arbeits- und energieaufwendig. Babywindeln werden im Sommer und im Winter gleichermaßen durch Knopfdruck produziert. Das ist ein großer, großer Unterschied. Das sind lebende Pflanzen - die Windeln sind genauso wichtig, das ist ja klar -, aber hier so große Unterschiede zu machen, das finde ich in dem Fall gar nicht gut.

(Beifall bei der PDS)

Die Gegenfrage dazu: Was reitet den Bund eigentlich, bei Lieferung von Futtermitteln aus Rückständen der Lebensmittelindustrie den ermäßigten Steuersatz, so wie Herr Dr. Botz das gesagt hat, aufzuheben, bei Hunde- und Katzenfutter aber eine Ausnahme zu machen?

(Beifall bei der PDS)

Ein Witz, das versteht überhaupt keiner. Wenn man das einem normalen Bürger sagt, sagt er, also das Hunde- und Katzenfutter muss genauso besteuert werden wie andere Futtermittel, aber das ist nicht der Fall. Deswegen muss ich das eben heute hier noch mal darstellen. Welche zu

sätzlichen Einnahmen verspricht sich der Bund durch dieses Gesetz? Es gibt dazu verschiedene Berechnungen. Eine Internetveröffentlichung des Finanzministeriums sagt: Ziel der Steuereinnahmen insgesamt 2003 3,6 Mrd.  2004 10,7 Mrd.      Sie, liebe Anwesende, dass ich so viele Zahlen nenne, aber es sind nur drei und ich muss das schon mal sagen. 2006 wird versucht, mit 16,8 Mrd.     zurechtzukommen. Aus der Landwirtschaft und dem Gartenbau kommen aber höchstens 650 Mio.      viel, wenn ich das so betrachte. Eine Quelle, um das auszugleichen, kann doch die Vermögenssteuer sein. Die Wiedereinführung dieser Steuer ist doch keine PDS-Forderung oder -Drohung oder -Erfindung. 12 Millionäre in Deutschland haben sich in einem offenen Brief an den Bundeskanzler dazu bekannt, etwas von ihrem Reichtum an die Gesellschaft abzugeben. Das wurde veröffentlicht und ist nachzulesen in der Zeitschrift "IG Metall" 12/2002. Diesem Beitrag entsprechend schätzte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung, dass mit der Wiedereinführung der Vermögenssteuer bis zu 16 Mrd.    Bundesländer fließen könnten. Würde nur ein Steuersatz von 1 Prozent zugrunde gelegt, würden rund 500.000  Steuer freigestellt. Also, auch Thüringen könnte die Landeskasse aufbessern. Abgeschafft worden ist die Vermögenssteuer nicht durch unseren Bundeskanzler Schröder, sondern bereits noch unter Kohl. Jetzt könnte die CDU da auch was ändern. Leider hat sich der Bund von der Wiedereinführung der Vermögenssteuer wieder verabschiedet. Sogar Siegmar Gabriel - irgendwann wird er abgewählt, übermorgen

(Heiterkeit bei der CDU)

hatte sich erst für die Wiedereinführung der Vermögenssteuer ausgesprochen. Dann haben sie etwas anderes erfunden und nun ist er auch dagegen. Hier greift man lieber denjenigen in die Tasche, die ohnehin - wie ich vorhin ausführte, wie die Landwirte und die Gärtner, die die meiste Arbeit haben, um die Bevölkerung zu ernähren die Schwächsten sind und die Geringverdiener in Kleinbetrieben mit geringem Umsatz.

Ein kurzer Ausflug in die Geschichte der ermäßigten Mehrwertsteuer. Die Komponente war damals die soziale Komponente. Deswegen wurde die ermäßigte Mehrwertsteuer eingeführt, weil jeder sie zu entrichten hat, auch derjenige, der so wenig verdient, dass er nicht mal Einkommenssteuer entrichten muss. Jetzt soll diese soziale Komponente aber wegfallen.

Ein Beispiel, um die Tragweite etwas deutlicher zu machen: Der Anteil der Ausgaben für Lebensmittel aus dem verfügbaren Einkommen einer durchschnittlichen Familie ist in Thüringen im Vergleich zu anderen Bundesländern am niedrigsten. Wir haben dazu das Statistische Jahrbuch bemüht. Bei einem Nettoeinkommen je Haushalt und Monat von unter 920 ! "! der Aufwendungen für Lebensmittel bei 15 Prozent. Dieser Anteil sinkt, je höher

das Familienbudget ist, z.B. bei einem Einkommen von unter 3.580      "! #   Aufwendungen an Lebensmitteln nur noch 10,3 Prozent. Das heißt doch nichts anderes, als dass die vom Bund gewollten steuerlichen Veränderungen am meisten diejenigen mit den geringsten verfügbaren Einkommen belasten. Von steuerlicher Gerechtigkeit haben wir in der PDS eine andere Vorstellung als die Bundesregierung. Es geht darum, dort anzusetzen, wo wirklich das große Geld ist, und nicht dort, wo jeder Euro dreimal umgedreht werden muss. Wir wissen laut Armutsbericht, dass es immer mehr Arme gibt und die Gesellschaft immer mehr gespalten wird. Was passiert mit solchen Sachen, geht das weiter? Das sollte vermieden werden.

Eine weitere Komponente, die in unserem Antrag enthalten ist, ist das Risiko für manche bäuerlichen und Gartenbaubetriebe. Sicherlich ist es so, dass die größeren - Herr Botz, da haben Sie Recht - Marktfruchtbetriebe den erhöhten Mehrwertsteuersatz aufgrund der Verrechnung nicht so zu spüren bekommen, das will ich doch gar nicht abstreiten, aber Sie wissen auch, das habe ich immer gesagt, hier hätte damals bei der Agenda schon anders gehandelt werden müssen, Tiere und Pflanzen in die Ausgleichszahlung mit einzubeziehen. Das ist hier fast nicht geschehen. Ich will sagen, die bekommen das nicht so zu spüren. Aber besonders hart wird es die Kleineren und die mit geringerem Umsatz treffen, die oft nur den Pauschalsteuersatz anwenden. Diese sollen nach den Eichel'schen Vorstellungen nun von 9 Prozent auf 7 Prozent gesenkt werden. Es entfällt aber damit die Subventionswirkung für diese Regelungen und die Erlöse sinken somit für diese Betriebe noch mehr. Dabei ist altbekannt, dass die Landwirtschaft diejenige Branche ist, die sich jeden Tag mit dem Wetter, der Kälte, mit der Wärme und allem auseinander setzen muss. Da gibt es bei den Bauern und den Gärtnern immer die Hoffnung, dass alles gut geht. Wenn ich Ihnen sage, im EU-Durchschnitt war das Einkommen voriges Jahr bei den Bauern und Gärtnern um 3 Prozent geringer, bei den deutschen Bauern - alles Statistik, nicht von mir erfunden - um 18 Prozent. Wo gibt es so etwas schon mal? Nur in unserer Branche, dass das so schwankt - einmal so und einmal so. Das gibt es eben nur bei diesen Betrieben und bei diesen Menschen, die in freier Natur arbeiten und Witterungsunbilden und allem anderen ausgesetzt sind.

Nun komme ich noch mal zu einem weiteren Aspekt für den Gartenbau. Eichel'sche Pläne werden so durchschlagen, dass schlicht und ergreifend die Endprodukte, sprich Blumen und Gemüse, weit, weit teurer werden. Beim Kauf von Lebensmitteln hat der einzelne Bürger und die Familie eigentlich gar nicht viel Spielraum. Die müssen mindestens jeden Tag dreimal essen - mindestens. Aber bei Blumen wird jeder dafür länger und öfter nachdenken, ob er einen Strauß Blumen kauft, wenn die noch teurer werden. Dann muss man eben nur eine kaufen, wenn man heimkommt zu seiner Frau, und nicht zehn, um eine Aufmerksamkeit zu haben. Solche Sachen sind ja fast unmöglich. Das kann man sich gar nicht richtig vorstellen. Aber was passiert für alle? Die Blumen werden weniger nachgefragt und auch

dementsprechend werden die Umsätze sinken. Das Nachsehen haben also wieder die Gärtner. Gartenbau hat ein Spezifikum, er ist sehr arbeits- und energieintensiv. Die Produkte sind schnell verderblich und müssen deshalb schnell an die Konsumenten gebracht werden. Besonders Unterglasanbau im Gartenbau ist die Branche mit den höchsten - wie ich vorhin schon mal sagte - Aufwendungen an Heizenergie. Außerdem haben die einheimischen Gärtner ganz massiv mit der Konkurrenz aus anderen Ländern und auch aus Übersee zu kämpfen. Wir haben nun mal die Flugzeuge und die Frachtflugzeuge. Das kann man gar nicht ändern. Mit allen diesen Dingen haben sich besonders auch die Thüringer Gartenbauer tagtäglich auseinander zu setzen. Sie sind angewiesen auf Direktvermarktung.

Frau Wildauer, nimm bitte Platz. Ich denke, was macht die da vorn bei der Frau Groß.

(Heiterkeit im Hause)

Sie sind angewiesen auf Direktvermarktung und haben den ständigen Kampf anzutreten, mit den großen Handelsketten konkurrieren zu können. Dann sollen noch weitere Belastungen, Herr Dr. Botz, auf sie zukommen. Dies ist nicht zu begründen. Wir haben in Erfurt eine große Tradition im Gartenbau. Wir haben die Firma Chrestensen, ihr Chef ist jetzt erst wieder zum IHK-Präsidenten gewählt worden. Ich will ihm auch noch gratulieren. Dann haben wir die Firma Heinemann gehabt - große Tradition. Wenn Sie sich mal auf den Ringelberg stellen und schauen nach Erfurt hinein, denn sehen Sie, warum das mit der großen Tradition für Blumenkohl und anderes ist. Dann haben wir noch den Nestor des Gartenbaus, den Dr. Christian Reichardt gehabt. Das war eine große Tradition. 1990 hatten wir noch 750 Hektar, wo Blumen gezüchtet wurden, und heute sind es noch 40 Hektar Samenzucht. Da hatte ich einen Traum, weil ich hier dazu reden soll, ich saß mit Herrn Nils Lund Chrestensen am Tisch und habe mit ihm Verträge über Samenzucht gemacht, über Schwarzwurzelsamen, über Stiefmütterchensamen, über Tulpensamen und ganz besonders über Blumensamen. Wenn ich Ihnen sage, Blumenkohl wurde bei uns auch vermehrt, in Größenordnungen, alles ist verabschiedet worden. Es wird in Ländern produziert, wo die Arbeitskraft um die Hälfte billiger ist als bei uns, wo es noch bessere klimatische Bedingungen gibt, also Trockengebiete, die sich für die Samenzucht besonders eignen. Damit wurden aber unheimlich viele Arbeitsplätze vernichtet. Hier muss ich sagen, dieser Traum ist nicht aus der Welt gewesen. Wir hatten früher diese 750 Hektar Samenzuchtvermehrung. Wissen Sie, was da war in unserem Gebiet? Das können Sie sich gar nicht vorstellen, wo das überall hin exportiert worden ist. Wir hatten 30 Hektar Zwiebelsamenvermehrung, allein 30 Hektar, das ganze Feld roch im Herbst wunderbar nach Zwiebelsamen. Dazu hatten wir Bienenvölker in Größenordnungen. Heute ist alles weg.

Nun komme ich zu dem Punkt - und da sind wir schon fast am Ende - da muss ich noch sagen, ich bin nicht so

ein Freund von dem Bundesminister Trittin, aber er hat zu Recht gesagt - und da widerspricht er eigentlich dem Bundeskanzler oder was weiß ich, wem: Die meisten Blumen kommen nicht mehr aus den kleinen Gärtnereien, weil sie aus Übersee kommen und dort unter den schändlichsten Bedingungen produziert werden, durch Kinderarbeit. Die sitzen zehn Stunden am Tag in der Gärtnerei mit 40 Grad und müssen die Blumen machen. Können Sie sich das überhaupt vorstellen? Unter den schändlichsten Bedingungen, hat er gesagt, und auch unter den schändlichsten Umweltbedingungen. Was die da verfeuern, das könnt ihr euch gar nicht vorstellen. Das ist nicht nur normale Wärme. Bei uns gehen sie dann los mit den Blumen und fahren die Blumen mit steuerfreiem Kerosin bis hierher und dann verkaufen sie sie hier und da können wir gar nichts machen. Das sind Sachen, da muss man sich wirklich stark machen für die einheimische Produktion, überall, und dagegen ist diese Geschichte kontraproduktiv. Herr Dr. Botz, da können Sie sagen, was Sie wollen, ich hätte auch lieber mehr Geld, aber das große Geld, da habe ich Ihnen ja gesagt, wo das ist. Was mir auch nicht gefällt, das kann ich hier ruhig mal sagen - jetzt ist die Dame nicht da, ich lasse es lieber. Er war in seinem ganzen Leben immer einer, unser Ministerpräsident, der hat das Geld immer an die Reichen besser umverteilt als an die Armen.

(Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Das hat doch nicht der Ministerpräsident gemacht.)

In seinem ganzen Leben war immer seine Politik so. So sehe ich das. So muss ich das auch sehen, wenn ich sehe, in Deutschland ist genug Geld da. Da muss man aber nicht die Mehrwertsteuer auf solche Produkte so erhöhen, sondern da hinlangen, wo das Geld steckt, Frau Dr. Groß. Sie wollen absahnen und wollen das Geld irgendwo hinschaufeln. Hören Sie auf damit und fangen Sie mir nicht mit so was an. Sie wissen das schon, die in der ersten Reihe sind sowieso so schnell gefährdet.

(Unruhe bei der CDU)

Setzen Sie sich lieber hinter zu mir, dann sage ich Ihnen, was los ist. Also, Sie können ganz ruhig sein.

(Unruhe bei der CDU)

Da bitte ich noch mal: Sicher haben wir jetzt schon das erste Mal im Bundesrat, dass etwas im Vermittlungsausschuss ist. Es bleibt aber zu hoffen, dass sich in dem Fall und ich hatte Ihnen alles Mögliche gesagt - die CDU unserem Antrag anschließt oder den verwirklicht. Ich meine ja nicht - Sie können ja machen, was Sie wollen. Gerade das Zitat vom Ministerpräsidenten, der sagt nichts ohne Hintergrund. Aber das ist schon immer unsere Position, auch im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sind wir uns in vielen, vielen Punkten mit Herrn Dr. Botz einig und ich weiß ja auch, dass es für Sie zurzeit Erklärungsschwierigkeiten gibt, wenn Sie mit dem Bauamt zusammen sind und mit uns zusammen sind und wir reden

über alles Mögliche. Ich verstehe Sie da in manchen Punkten, aber wo Wahrheit ist, muss Wahrheit bleiben für alle, sonst brauchen wir gar nicht anzufangen. Vielen Dank für die Ausführungen.

(Beifall bei der PDS)

Mir liegen keine weiteren Redeanmeldungen vor, aber die Ministerin Diezel möchte für die Landesregierung sprechen.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, der uns vorliegende Antrag der PDS-Fraktion ist nicht notwendig gewesen, denn es bedarf keiner Aufforderung mehr, die Landesregierung hat - und selbst Herr Abgeordneter Scheringer hat es hier zitiert - am 20. Dezember 2002 in der 784. Sitzung des Bundesrats ihre Verantwortung für die Thüringer Landwirtschafts- und Gartenbauunternehmen entsprechend wahrgenommen.

(Beifall bei der CDU)

Es war der Thüringer Ministerpräsident Bernhard Vogel, der die Sitzung zum Anlass nahm, um auf die schweren Belastungen gerade der erfolgreichen Gartenbaustandorte hier in Mittelthüringen hinzuweisen. Er machte deutlich, dass die Folgen der Steueränderung Unternehmensinsolvenzen und Arbeitsplatzverluste sind. Herr Scheringer hat ja den Teil aus seiner Rede zitiert, der sich ganz besonders mit der Stärkung der bäuerlichen Landwirtschaft beschäftigt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich aber trotzdem noch mal etwas näher auf die vorliegenden Maßnahmen eingehen. Im Steuervergünstigungsabbaugesetz sind im Bereich der Umsatzsteuer spezielle, nur für die Landwirtschaft und den Gartenbau geltende Regelungen vorgesehen:

1. Der Absatz gartenbaulicher Erzeugnisse, Blumen, Zierpflanzen, soll mit 16 Prozent statt bisher 7 Prozent der Umsatzsteuer unterworfen werden.

2. Die gleiche Regelung, also die Anwendung des 16-prozentigen Steuersatzes, soll für die Umsatzbesteuerung landwirtschaftlicher Vorprodukte, lebende Tiere, Saatgut, Futtermittel, Stroh, organische Dünger, Brennholz und Ähnliches, verwendet werden,

3. für Leistungen wie der Aufzucht, dem Halten von Vieh, der Anzucht von Pflanzen, der Vatertierhaltung, der Förderung der Tierhaltung,

4. für Leistungen und Qualitätsprüfungen in der Tierzucht,

5. außerdem die Senkung des pauschalen Vorsteuerabzugs für Umsatz der landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Betriebe im Rahmen der Durchschnittssatzbesteuerung um zwei Prozentpunkte.

Herr Scheringer hat es genannt. Alle diese genannten Regelungen führen zum Anwachsen der Steuerlast im landwirtschaftlichen und gärtnerischen Bereich. Allein aus den ausschließlich für die Landwirtschaft geltenden Regelungen rechnet die Bundesregierung mit ansteigenden Steuereinnahmen in Höhe von 800 Mio.  $  1,25 Mio. % &

Zu diesen Regelungen im Einzelnen: Die Umsatzsteuer soll entsprechend ihrer Zielstellung den Endverbraucher belasten. Der Gesetzgeber geht insoweit davon aus, dass der Unternehmer die Umsatzsteuer mit dem Preis an den Kunden weitergibt. Eine Anhebung des Steuersatzes um 9 Prozent für die Leistungen von Blumen, Nutz- und Zierpflanzen würde somit unmittelbar zu einer Erhöhung der Handelspreise für Pflanzen und Blumen führen. Da die Erzeuger und Anbieter keinen Spielraum für die Nettopreise haben, führt das natürlich zu Problemen in der betriebswirtschaftlichen Berechnung der Unternehmen. Es käme unweigerlich, aber beim Verbraucher auch, wenn diese Preise weitergegeben würden, zu Kaufzurückhaltung. Es ist also, wenn diese Regelung kommt, mit Umsatzeinbrüchen zu rechnen.

Meine Damen und Herren, es gibt Länder, die mit solchen Anhebungen von ermäßigten Umsatzsteuerbescheiden Erfahrung haben - das Nachbarland Frankreich. In Frankreich sind beispielsweise Anfang der 90er-Jahre im Ergebnis einer ermäßigten Steuersatzanhebung für Schnittblumen einschlägige Erfahrungen gesammelt worden. Aus einem vollständigen Verlust von 20 Prozent der Umsatzerlöse in diesem Bereich und den verheerenden Folgen auf dem Arbeitsmarkt in Frankreich hat man umgelenkt. Man hat 1995 dann den Umsatzsteuersatz wieder gesenkt und es kam wieder zu positiven Effekten im Bereich des inländischen Gartenbaus in Frankreich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Scheringer hat aufmerksam gemacht auf die Blumenzucht in Übersee. Es gibt aber nicht nur die Blumenzucht, in der Kinder beschäftigt sind, sondern es gibt auch Blumenzucht - und hier hat sich die kolumbianische Botschaft an alle Ministerpräsidenten der Bundesländer gewandt, um auf die fatale Wirkung der Steuererhöhung gerade von Blumenzuchtbetrieben der alternativen Linie in Entwicklungsländern aufmerksam zu machen. Der Anbau von Blumen in solchen Projekten bietet manchmal eine würdige Alternative für gering qualifizierte Arbeitskräfte, aber auch für zahlreiche Frauen, die zugleich in solchen Ländern Familienoberhäupter sind und ihre Familie ernähren. Eine Mehrwertsteuererhöhung würde also deutliche Folgen auf diesen Absatzmarkt haben, auf den Export von Entwicklungsländern. Inzwischen lassen sich ja Äußerungen aus den Kreisen der Bundestagskoalition hören, die dieses wieder auf den

Prüfstand stellen. Das zeigt wieder einmal, dass die Bundesregierung bei diesem Gesetzentwurf nicht vorher gedacht hat, nicht vorher auch zwischen den Ministerien besprochen hat, sondern einfach formuliert und eingebracht hat. Damit und vor allen Dingen mit der Steuersatzerhöhung, trifft sie 90 Prozent aller landwirtschaftlichen Betriebe in ganz Deutschland. Die gleichzeitige Absenkung des pauschalen Vorsteuerabzugs im Rahmen der Durchschnittssteuersatzbesteuerung kommt hier verschärfend hinzu. Durch die gesetzlich vermutete Vorsteuerpauschalierung ist der Land- und Forstwirtschaft derzeit der Nachweis für die Vorsteuer erlassen worden. Mit der Senkung der Vorsteuerpauschale verliert im Ergebnis die zur Verfahrensvereinfachung für die Land- und Forstwirtschaft speziell entwickelte Durchschnittssteuersatzbesteuerung ihren Wert. Interessant ist, dass diese Pauschalierung ja eigentlich Einzug halten soll wieder in die Mittelstandsinitiative. Hier frage ich mich: Warum haben Frau Künast, Herr Eichel und der so genannte Superminister, Herr Clement, nicht miteinander gesprochen? Sind denn landwirtschaftliche Unternehmen kein Mittelstand?

(Beifall bei der CDU)

Dort will man diese Pauschalierung einführen, mit Recht einführen und bei den landwirtschaftlichen Betrieben schafft man sie ab, auch im Hinblick auf die Belastung bei dem Verwaltungsaufwand, bei der Pauschalierung. Es gibt viele Länder in Europa und der Welt, die bei der Steuererhebung sehr auf Pauschalierung gehen. Das erleichtert vieles. Wir gehen hier wieder davon ab. Wenn der Unternehmer den Mehrwertsteuersatz zurückhaben will, hat er in Zukunft - der landwirtschaftliche Unternehmer, der Gartenbauunternehmer - ein umfangreiches Nachweissystem vorzulegen. Das heißt, weg von der Pauschalierung, mehr Verwaltungsarbeit, der Bauer, der Landwirt muss immer mehr mit dem Bleistift rechnen, als dass er auf seiner Scholle arbeitet. Das ist nicht Ziel von Mittelstandsinitiative.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie bei der anderen Sache, der Verschärfung der Dienstwagensteuer - die "Frankfurter Allgemeine" macht hier auf mit dem Kanzlerzitat, darüber müsse man reden -, glaube ich, muss man über diese Sache auch reden, und über noch viel, viel mehr, was die Bundesregierung vorbringt.

(Beifall bei der CDU)

Wir als Thüringer Landesregierung haben besprochen und werden uns mit allen uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten im Bundesrat dafür einsetzen, dass dieses Gesetz nicht verabschiedet wird.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren der PDS, es bedurfte also nicht eines Antrags am 31. Januar, sondern am 20. Dezember, weit über einen Monat vorher, haben der Ministerpräsident und die Landesregierung sich eindeutig zu diesem Gesetz geäußert.