Zitate aus den Kommentaren der heutigen Zeitungen. Die Menschen erwarten nicht nur, dass endlich etwas gegen die hohe Arbeitslosigkeit unternommen wird, Umfragen belegen sogar, dass sie dafür auf die Straße gehen würden. Wie gesagt, alles heutige Zeitungen, meine Damen und Herren. Ich würde mich sehr hüten, Herr Kollege Gerstenberger, an dieser Stelle von irgendwelchem Zeitgeist zu reden, sondern die Not in dieser Frage ist so groß, Sanierungsfall Deutschland, dass etwas getan und nicht nur geredet werden muss, meine Damen und Herren.
Nun zum Antrag der CDU-Fraktion in den einzelnen Punkten. Sie haben ja in der Ihnen eigenen Art, Herr Kollege Gerstenberger, versucht, delikat diese oder jene Formulierung hier etwas ironisch vorzutragen. Wissen Sie, schauen Sie mal in die Formulierung 2, die im Antrag hier bei uns steht. Die nimmt eigentlich auf, dass die Diskussion, die von Herrn Clement nun bewusst oder vorsätzlich als Nebelkerzen in die Lande geworfen werden, man könnte Sonderwirtschaftszonen einrichten. Nein, nein, es gibt eine Idee, die darauf hinausläuft, mit Öffnungs- und Experimentierklauseln zu hantieren. Diese Formulierung ist hier auch aufgenommen, dass man die Möglichkeit wahrnehmen sollte, auch mit zeitlicher Befristung, innovative Regelungen einzuführen oder für einen befristeten Zeitraum, bis zu fünf Jahre, steht bei Herrn Clement im Bericht an den Wirtschaftsausschuss des Bundestags, mit landesrechtlichen Regelungen vom Bundesrecht abzuweichen. Wissen Sie, dort steht auch noch als Ziel formuliert, die Tragfähigkeit eines entsprechenden Regelungskonzepts in Praxis und Anschluss für spätere Änderungen des Bundesrechts wahrzunehmen, meine Damen und Herren. Für mich ist das an dieser Stelle in der Diskussion auch ein Stückchen Ratlosigkeit, so nach dem Motto, die wissen nicht mehr, was sie tun sollen, wir machen das mal mit kleinen Testregionen oder solche Dinge. Wie wirkliche Reformen aussehen, ist offensichtlich nicht klar. Insbesondere, meine Damen und Herren, möchte ich dazu sagen, die Zeitschiene ist ja entscheidend, die man dabei berücksichtigen muss. Ich verstehe die Ungeduld und den Unmut der Wirtschaft, die sagt, es muss endlich etwas passieren. Wir haben die Handwerkerproteste hier in Erfurt erlebt. Da steht das Wasser nicht nur bis zur Unterkante Oberlippe, sondern viel höher. Ich habe den Eindruck, mit dieser Diskussion über die Sonderwirtschaftszone wird ein Nebenkriegsschauplatz eröffnet bzw. eine Ablenkung aufgenommen, denn keiner weiß in der Bundesregierung, wie die aussehen soll und sie sind sich auch nicht einig, wie das im Grunde genommen gehen soll. Das will ich Ihnen ganz eindeutig belegen. Ich habe hier das Interview des Staatssekretärs im Bundesministerium für Verkehrswesen, Bau- und Wohnungswesen, Staatssekretär Tilo Braune, nicht die Frau Gleicke, die mit - wenn wir es wollen, wird der ICE rollen, das ist so - nein, Tilo Braune wird befragt in der "Volksstimme". Die Landesregierung will Sachsen-Anhalt zur Modellregion für Deregulierung und Bürokratieabbau machen, um die Wirtschaft anzukurbeln. Jetzt wird er gefragt: "Ist das
ein guter Weg?" Und jetzt antwortet der Staatssekretär: "Grundsätzlich ist Entbürokratisierung ein Ziel, für das wir uns gemeinsam mit Arbeitsminister Clement auch einsetzen. Vom Alleingang eines einzigen Bundeslandes halte ich nichts. Lösungen kann es nur für benachteiligte Regionen allgemein geben." Dann fragt der Korrespondent interessanterweise noch mal nach: "Also sind Sie gegen eine Sonderwirtschaftszone Sachsen-Anhalt?" "Ich halte nichts von einer Sonderwirtschaftszone,", sagt der Staatssekretär in der Bundesregierung, "allerdings wäre ich sehr dafür, dass für befristete Zeit für ganz Ostdeutschland Regelungen zur Bürokratieerleichterung eingeführt werden müssen." Nein, meine Damen und Herren, so kann es nicht gehen, glaube ich, denn wir hätten, das ist mein Eindruck, wenn man das mal nachvollzieht, am Ende ein Patchwork von partiellen Sonderwirtschaftszonen. So würde Deutschland auf eine etwas merkwürdige Art und Weise vielleicht aus einer Altregulierung herauswachsen, aber diese Strategie hat drei Risiken, das will ich deutlich sagen, weil das Wort ja sehr sympathisch klingt.
Erstens braucht man bei dieser Strategie einen langen Atem, mindestens fünf Jahre, also hier der lange chinesische Marsch.
Zweitens wären die Reformschritte in Teilattacken gegen den Status quo möglicherweise so schwach, dass durch den Status quo die Veränderung abgewehrt werden kann, meine Damen und Herren, denn es könnte sich ja bei Einzelteilen der Reform die Situation verschlechtern und dann stünden Sie möglicherweise schlecht da.
Und das Dritte, was ich in die Diskussion mit hineingeben will, ist das Dickicht von Regulierungen, in denen sich am Ende niemand mehr auskennt. Das kann man im Grunde genommen auch Überregulierung nennen.
Meine Damen und Herren, ich habe Verständnis für die Ungeduld der Wirtschaft, aber es ist eine deutliche Botschaft. Mit der Diskussion um die Sonderwirtschaftszone wird man genasführt. Es geht erstens nicht schneller und zweitens geht es nicht sofort los. Es geht eher langsamer, denn Sie müssen jede Regelung, die Sie außer Kraft setzen, erst im Landesparlament beschließen und dann wieder in den Bundestag zurückbringen. Das geht hin und her. Es geht langsamer, es geht eben nicht schneller.
Wenn man schon von - und jetzt komme ich wieder auf den Antrag zurück - Experimentierklausel und Öffnungsklausel sprechen will, dann muss man sie an objektive Kriterien binden, meinetwegen - das ist als Vorschlag zu verstehen - an den Durchschnitt der Arbeitslosigkeit oder an den Durchschnitt in der Entwicklung des Bruttosozialprodukts. Wenn dann Regionen gravierend davon abweichen, dann hat man ein objektives Kriterium, was sich nicht an Thüringen oder an Ostdeutschland oder sonst wo festmacht, sondern insgesamt festmacht und dann kann man bestimmte Dinge machen.
Meine Damen und Herren, nichtsdestotrotz will ich aus meiner und unserer Meinung keinen Hehl machen. Der beste Weg wäre, es auf der Bundesebene zu versuchen.
Der Sanierungsfall Deutschland bedarf Regelungen, die für Gesamtdeutschland die Entwicklung von Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik eröffnet, meine Damen und Herren. Das ist z.B. eine sehr konkrete Formulierung, die hier im Punkt 2 steht, dass man, wie auch bisher geschehen - ich will das doch nicht verhehlen -, die Initiativen im Bundesrat sind ja hier bekannt, die der Freistaat eingebracht hat in der Frage der Verlängerung Verkehrswegebeschleunigungsgesetz und auch in der Verbandsklage, die Landesinteressen dort zu sehen. Aber, wie gesagt, das ist, glaube ich, eine sehr konkrete Formulierung.
Zum Zweiten nun zu dem Punkt, der offensichtlich missverstanden worden ist, zu berichten über die Ergebnisse der Stabsstelle. Über die kann man im Augenblick ja offensichtlich nichts berichten. Das haben wir ja auch gemerkt, denn die soll ja anfangen zu arbeiten. Das Ziel der Fraktion ist es, in diesem Antrag über das, was im Haushaltsbegleitantrag schon gebracht worden ist, im Plenum zu berichten, was in der Stabsstelle denn gebracht wird, denn, meine Damen und Herren, diese Stabsstelle wird in der Diskussion in der Wirtschaft schon sehr interessiert betrachtet.
Wir haben oft genug die Formulierung, dass alles auf den Prüfstand gestellt werden muss. Wissen Sie, mit dieser Formulierung "alles auf den Prüfstand stellen" locken Sie die Leute nicht mehr allzu viel, weil man das offensichtlich in Westdeutschland schon seit 30 Jahren macht und die Formulierung "alles auf den Prüfstand stellen" ist mir hier auch nicht ganz unvertraut.
Ich bin der Fraktion sehr verbunden, aber auch der Landesregierung, dass sie sagt, in der Stabsstelle ist das Vorgehen ein anderes, dass man sagt, wir setzen alle Vorschriften außer Kraft bis zum 31.12.2003. Dieser Termin ist ja im entsprechenden Beschluss nachzulesen. Nun können Sie sich vorstellen, dass man natürlich nicht alle Vorschriften außer Kraft setzen kann, deshalb kommt mein zweiter Satz: Die Ressorts werden der Stabsstelle die Vorschriften benennen, die notwendigerweise und unabdingbar weiterhin bestehen müssen, und die Stabsstelle wird dann überprüfen, ob dem so ist oder nicht.
Ja, ja. Deshalb sage ich es doch noch einmal, dass wir das noch einmal deutlich haben. Und über diese Ergebnisse wollen wir hier im Landtag informiert werden.
Wir haben weiterhin auch die Feststellung, dass in dieser Diskussion um Deregulierung die Vorschläge eben nicht nur aus dem Landtag oder aus dem politischen Raum kommen, sondern dass sich sehr wohl die Kammern, die Wirtschaftsverbände, auch die Gewerkschaften einbinden, auch die Bürger binden sich ein, denn die Beispiele, wo überall ein Zugeständnis an Bürokratie erfolgt, sind sehr vielfältig.
Da dieses relativ diffus an verschiedene Stellen kommt, ist es doch ganz richtig, einmal zu bündeln, was kommt an Vorschlägen zur Deregulierung und vielleicht auch einmal zu sortieren, an welche Ebene muss denn der Vorschlag gerichtet werden. Den Unternehmern und den Bürgern ist nämlich oftmals nicht klar, von welcher Ebene her die entsprechende Regel oder die entsprechende Verordnung kommt, mit der er konfrontiert wird. Ist es also entweder der Bund oder das Land oder die Kommune. Ich finde es deshalb sehr vernünftig zu sagen, wir sortieren einmal, wo kommen denn die Hemmnisse her, die den Bürgern und den Unternehmen das erfolgreiche Arbeiten und das Leben schwer machen und würden dann die Verteilung auch entsprechend vornehmen.
Deregulierungsvorschläge, die Bundesangelegenheiten sind, werden zum Bund gegeben. Wir wollen einmal sehen, wie Herr Clement dann seine entsprechende Arbeit macht. Das, was auf Landesebene zu tun ist bzw. sich im Vorschlagskatalog befindet, geht beispielsweise an die Stabsstelle oder auch hier an den Landtag. Das, was es an kommunalen Vorschlägen gibt, sollte man doch an die kommunale Ebene weiterreichen und sie, weil man sie ja nicht anordnen kann, aber doch bitten kann, bitten, auch weiter an der Frage Deregulierung/Verfahrensvereinfachung zu arbeiten.
Wissen Sie, es gibt so einfache schöne Beispiele. Wenn Sie einmal das Beispiel vom Bäcker sehen, der auf seiner Straße ein Straßenkaffee errichten will, also Tische und Stühle herausstellen will, dann bekommen Sie graue Haare, wenn Sie sich ansehen, was der alles für Genehmigungen und Verordnungen usw. berücksichtigen soll. Da sind wir jetzt schon erstaunt. Aber wenn ich einmal nachschauen würde, welche Verordnungen und welche Genehmigungen, die er beibringen muss, auf welcher Ebene angesiedelt sind, bin ich auch überfragt. Deshalb sage ich, man muss das einmal sortieren: wo ist die Bundesebene, wo ist die Landesebene und wo ist die kommunale Ebene.
Meine Damen und Herren, ich muss mich über den Punkt 4 überhaupt nicht wundern, sondern, um deutlich zu sagen, wenn ich schon so selektiere, dann ist es doch
auch recht, die Vertreter der Kommune, der Landkreise zu bitten, auch weiterhin in der Frage der Verfahrensvereinfachung und Entbürokratisierung zu arbeiten. Deshalb die Punkte dazu.
Meine Damen und Herren, ich sage einmal, es ist für mich in einer Sache Einigkeit, Herr Kollege Gerstenberger, ich denke, man braucht über die Anträge im Ausschuss nicht zu beraten. Ich stehe für den Antrag unserer Fraktion in der Deutlichkeit, da kann man sich entscheiden Ja oder Nein. Das muss man jetzt nicht zerreden, das ist ganz deutlich.
Bei dem Antrag der Kollegen der SPD-Fraktion, zu dem dann Kollege Kallenbach noch sprechen wird, sind mir nur zwei Dinge besonders aufgefallen. Er musste ja offensichtlich kommen, weil unser Antrag war - das ist der erste Punkt. Das ist so. Ich verstehe das schon sehr wohl. Was mich nur in Punkt 1 sehr wundert, da scheint offensichtlich eine überaus gute Kommunikationsebene zwischen der Bundesregierung und der Landtagsfraktion zu bestehen, denn Ihr Antrag ist am 26. Februar gestellt worden und Sie wussten offensichtlich schon, was im Kabinettsbeschluss der Bundesregierung am 26. Februar stehen wird. Das finde ich überaus interessant, dass Sie das so unmittelbar sofort begrüßen können.
Herr Gentzel, ich weiß nicht, ob Sie den Kabinettsbeschluss gelesen haben, sonst würden Sie vielleicht weniger...
(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Sie haben es doch eben behauptet! Dann nehmen Sie es doch nicht gleich wieder zurück.)
Passen Sie einmal auf, ich habe die Ernsthaftigkeit Ihres Antrags jetzt unterstellt und wenn Sie unterschrieben haben, dass der Kabinettsbeschluss vom 26. Februar das und das bringt, dann werden Sie es doch wissen oder Sie wissen es nicht. Das müssten Sie jetzt nur sagen. Das war die positive Annahme. Soll ich sagen, Sie wissen es nicht? Naja, also.
Meine Damen und Herren, das vielleicht hier an dieser Stelle, weil das die unterschiedliche Verfahrensweise des Herangehens der Landesregierung und der CDU-Fraktion deutlich macht zu dem, was man auf der Bundesebene offensichtlich mit diesem Masterplan vorhat. Es gibt im Masterplan mehrere Stufen. So ist der Entwurf, der Eckpunkt dieses Gesamtkonzepts vorgesehen, in dem zunächst einige Sofortmaßnahmen stehen. Aber die zweite Stufe, die da steht, finde ich schon ein bisschen lustig. Die kommt mir zum Teil auch ein bisschen bekannt vor.
In einem zweiten Schritt werden alle Bundesministerien bis Anfang April aufgefordert, je drei weitere Vorschläge zum Abbau überflüssiger Regelungen auf den Tisch zu legen. Jedes Bundesministerium soll bis Anfang April drei Vorschläge bringen. Das ist eine tolle Ansatzweise für Ver
fahrensderegulierung. Es kann ja auch dabei nichts herauskommen. Entweder ich muss merken, ich welcher Art und Weise in den Häusern die entsprechende Deregulierung notwendig ist, aber so einen Antrag zu machen, wir beschließen jetzt, jedes Haus gibt drei Vorschläge und damit ist die Deregulierung vorbei - das kann es doch nicht sein.
Ich will noch einmal deutlich sagen, wir haben uns einer aktuellen Frage mit unserem Antrag gestellt, die nicht die alleinige Ursache ist für die wirtschaftliche Situation und die Dramatik auf dem Arbeitsmarkt, die aber einen wesentlichen Bestandteil dazu bildet, wenn man bei Deregulierung und Entbürokratisierung beginnen will, meine Damen und Herren. Das war auch das Ziel des Antrags, das entsprechend zu unterstützen. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollege Kretschmer, natürlich haben wir gewusst, was in dem Kabinett beschlossen wird. Das gebe ich ganz unumwunden zu. Ich bin heute in die Tagesordnung gegangen mit dem - glauben Sie es mir mal ruhig, wenn Sie mir auch sonst nicht viel glauben,
vielen Dank, Herr Ministerpräsident - Anliegen, hier eine ernsthafte Debatte führen zu wollen, führen zu können, denn das Thema ist es wert. Ich habe leise Zweifel bekommen bei der letzten Sequenz unseres Herrn Wirtschaftsministers, als er den Antrag der SPD so abgemeiert hat. Das hätten Sie gar nicht nötig gehabt, Herr Schuster. Sagen Sie doch bitte ein einziges Mal, wir haben eine Verwaltungsreform vor und sie ist noch nicht abgeschlossen. Da fällt Ihnen keine Perle aus der Krone oder sagen Sie, die Forderung der Enquetekommission haben wir zur Gänze nicht aus den und den und den Gründen erfüllen können oder erfüllen wollen. Warum tun Sie denn das nicht?
(Zwischenruf Schuster, Minister für Wirt- schaft, Arbeit und Infrastruktur: Ich habe es schon zehnmal gesagt.)
Sie werfen uns hier vor, wir hätten da irgend so ein Nonplusultra abgeliefert. Ich halte das nicht für gut und halte das nicht für richtig. Jetzt beginne ich eigentlich mit dem, was ich mit einer ernsthaften Debatte bezeichnen möchte; hoffentlich können Sie mir am Ende zustimmen, dass ich mich zumindest darum bemüht habe.
Kundige haben, der Kollege Kretschmer hat es gesagt, errechnet, dass die deutsche Wirtschaft mit 5.000 Gesetzen und mit 85.000 Verordnungen befrachtet ist. Ich habe sie nicht gezählt, ich werde sie auch nicht zählen wollen, aber selbst wenn das ein bisschen zu hoch gegriffen ist mit den Gesetz- und Verordnungszahlen, eines kann man feststellen, es sind zu viele. Denn die Beachtung dieser Vorschriften, die kostet ja nicht nur Zeit, die kostet echtes Geld. In vielen Fällen wird möglicherweise sogar eine Investition erschwert oder kommt gar nicht zum Ziel. Das ist unbestritten so. Das Schärfste an der ganzen Geschichte ist, für die meisten dieser Vorschriften erschließt sich dem entsetzten Leser noch nicht einmal, warum sie denn überhaupt da sind, für sehr viele. Die wenigsten von diesem ganzen Wust an Gesetzen und Verordnungen sind in irgendeiner Form haushaltsrelevant, also interessant für die Gebietskörperschaften.
Eine weitere Vorbemerkung: Wir sollten, und ein Minimum an Fairness gebietet das, nicht so tun, als wären für diese Situation die jeweils politisch Verantwortlichen in Kommunen, in Ländern und beim Bund verantwortlich. Das ist falsch. Die momentane Situation ist das vorläufige traurige Ende eines fatalen Prozesses der Überregulierung und Überbestimmung, an dem Deutschland seit 50 Jahren leidet. Jeder hat auf seine Weise dazu beigetragen und jeder hat erklärt, dies ändern zu wollen, und keiner hat es bisher vermocht, keiner. Zu stark ist die Lobby derer, die zwar gerne ändern wollen, aber bei den anderen. Eine faire Güterabwägung gerät augenblicks unter den Hammer, wenn eigene Interessen befürchtet werden. Sie können noch so ein kleines Sträßchen bauen, irgendjemand läuft mit dem Unterschriftenzettel rum und sammelt Unterschriften dafür, dass diese Straße zwar gebaut werden muss, aber gerade nicht bei mir. So ist das nun einmal in Deutschland. So ist die Situation. Man kann noch nicht einmal sagen, meine sehr verehrten Damen und Herren, es funktioniere in Deutschland deshalb überhaupt nichts. Nein, wenn die Wirtschaft boomt, dann scheinen alle ganz gut damit zurechtzukommen, erstaunlicherweise. Da wird es überspielt. Aber wenn mal eine rezessive Phase ist, in der wir uns befinden, gerät nun diese Problematik zu Recht regelmäßig auf den Tisch des Hauses. Das war schon zu Zeiten Helmut Schmidts so und das ist auch heute so. Wir hatten nach der Wende einen Wirtschaftsminister in Thüringen, der hat Thüringen zur Sonderwirtschaftszone machen wollen. Aber da waren zu viele dagegen - ich auch, ich gebe es zu.
Nun aber haben einmal die deutsche Regelungswut, zum Zweiten europäisches Regelungsbedürfnis und drittens das Zuständigkeitsgestrüpp zwischen Bund und Ländern zu einer Situation geführt, wo es ernsthaft angezeigt ist - ich sage es einmal ganz profan -, das Buschmesser zu nehmen und dieses Gestrüpp durchzuhauen und zu lichten. Dazu, meine sehr verehrten Damen und Herren, bedarf es
Mut - Mut, nicht nur über einen fremden Schatten zu springen, sondern vor allen Dingen über den eigenen. Das betrifft meine Partei genauso wie die Ihre. Es ist so.
Andere europäische Staaten haben das vermocht, mit einer Rigorosität, die entsetzlich wirkte, aber hilfreich war, nämlich die Holländer und die Dänen und die Schweden, die haben es zustande gebracht.
Die Engländer vielleicht auch, aber bei denen, da könnte ich jetzt vielleicht ein Beispiel mit dem englischen Eisenbahnwesen bringen, Herr Dr. Vogel, das ist nicht so besonders. Die Deregulierung hat dort nicht so sehr geklappt, aber da decken wir den Mantel der christlichen Nächstenliebe drüber. Die Bundesregierung hat nun im Koalitionsvertrag vom letzten Jahr den so genannten Masterplan Bürokratieabbau festgeschrieben. Erstaunlicherweise und zum Entsetzen der einen und zur Freude der anderen ist Wirtschaftsminister Clement nun drangegangen, aus dem ganzen Ding Nägel mit Köpfen zu machen. Das ist jetzt erst einmal der Stand, und zwar als Gesamtansatz.