Aber, Frau Ministerin, ich frage Sie jetzt mal ernsthaft: Diese Regierung ist jetzt ohne einen Koalitionspartner fast vier Jahre lang - offensichtlich habe ich den richtigen Nerv ja getroffen, sonst könnte ich mir Ihre Aufregung nicht erklären.
(Zwischenruf Abg. Vopel, CDU: Sie haben doch die Demo organisiert, da haben Sie doch gesagt, was Sie wollten.)
Also, Personalausgabenquote: Ich bleibe bei meinem Satz, dass wir uns eine der höchsten Personalausgabenquoten der neuen Länder leisten - und das ist angesichts der Finanzlage und der Einwohnerzahlen nicht vertretbar -, weil Sie eines nicht getan haben - ich hatte vorhin den Satz schon begonnen -, Sie regieren seit fast vier Jahren hier in diesem Land ohne Koalitionspartner. Sie hätten alle Instrumente in der Hand, die Landesverwaltung wirklich auf einen solchen Weg zu bringen, wie es unsere Finanzausstattung eigentlich zulässt. Sie haben es nicht getan, aus welchen Gründen auch immer, weil Sie offensichtlich nicht genau wissen, wie wichtig ein parteipolitisch geprägter Unterbau in Ministerien und Landesverwaltungen ist.
Das mag ja sein, aber es hilft uns finanzpolitisch nicht weiter. Es führt uns weiter in die Sackgasse. Deswegen die Personalpolitik ohne - und Sie reden immer vom Personalentwicklungskonzept, Entschuldigung, das haben wir Ihnen, glaube ich, schon nachgewiesen - dass es sich bei Ihrem "Personalentwicklungskonzept" um ein solches handelt. Es wird nicht ausgegangen von einer wirklich sachgerechten Aufgabenkritik. Effizienzevaluierungen wären notwendig, das wird alles nicht getan. Sie wursteln sich, auf Deutsch gesagt, auf diesem Gebiet mehr oder weniger durch. Ein wirklich umfassendes Personalentwicklungskonzept sieht anders aus. Ich kann hier schon mal vorgreifen, dass die Fraktion der SPD, nachdem unsere Große Anfrage zur Verwaltungsreform in Thüringen von der Regierung beantwortet worden ist, ein solches Konzept auf den Tisch legt. Dann können wir ja gern inhaltlich darüber streiten, was dann der richtige Weg ist, meine Damen und Herren.
Nach der durchaus auch hin und wieder berechtigten Kritik an der Finanzpolitik des Bundes - da bin ich ja so frei und sage, da teile ich manches Argument, aber nicht alle - gehört es sich auch für eine seriöse Finanzpolitik eines Landes, dass man eigene Fehler auch mal eingesteht und - noch viel wichtiger - eigene Fehler auch mal korrigiert, meine Damen und Herren.
Ja natürlich, Frau Ministerin, es kommt. Sie hatten die Chance als Landesregierung im Bundesrat für dieses Land Thüringen ganz konkret Einnahmeverbesserung, und zwar für das Jahr 2003, herbeizuführen. Diese Chance hätten Sie gehabt.
Sie haben sie auf dem Altar parteipolitischer Präferenzen geopfert und das werfe ich Ihnen immer wieder vor, auch wenn Sie das nicht hören wollen.
Die Folge davon ist, meine Damen und Herren, die erhofften Mehreinnahmen, die im Übrigen - ich habe das an anderer Stelle schon einmal ausgeführt - auch Ihre CDU-geführten Länder Hessen und Saarland schon in ihren Haushalten als Einnahmen fest verbucht hatten und nicht umsonst hat ja der Herr Ministerpräsident Koch auch den Kompromiss im Vermittlungsausschuss mit herbeigeführt. Das spricht schon eine deutliche Sprache und ich denke, das ist auch aus seiner Sicht gesehen sicherlich ein besserer Weg als der, den Sie hier in Thüringen gegangen sind. Denn diese Stabilisierung der Steuereinnahmen bleibt nun aus und ein Gespenst geht um, meine Damen und Herren - es ist schon angesprochen worden -, das Gespenst der Mai-Steuerschätzung. Ich will mich nicht an diesen Spekulationen beteiligen, wie hoch denn nun dieser Ausfall ist. Ich gebe Ihnen Recht, Frau Ministerin, ich bedaure auch, dass dort an dieser Stelle von wem auch immer, ich weiß nicht, ob es Eichel ist, ich weiß nicht, ob es aus der Sachverständigengruppe selber kommt, ich bedaure dies auch, dass man durch voreilige Zahlenveröffentlichungen hier zur Verunsicherung beiträgt. Aber Fakt bleibt doch eins, Frau Ministerin: Wir können doch davon ausgehen, dass die Steuereinnahmen sich nicht wundersam vermehren werden in den nächsten Tagen und Wochen. Deshalb gehört es zu einer seriösen Finanzpolitik eines Landes, Vorsorge. Die Vorsorge kann nach meiner Auffassung nur darin bestehen, dass Sie a) nach der Mai-Steuerschätzung dem Thüringer Landtag einen Nachtragshaushalt für das Jahr 2003 präsentieren und es gehört aber auch dazu, und da wiederhole ich eine Forderung aus
der Debatte zum Doppelhaushalt, dass Sie uns spätestens im September zu den üblichen haushaltszeitlichen Abläufen einen kompletten neuen Haushalt für das Jahr 2004 vorlegen. Das gehört zur Seriosität dazu.
Abschließend, meine Damen und Herren, die finanzpolitische Situation bei uns im Land, aber auch in ganz Deutschland zeigt ganz deutlich, dass es zu der von der Bundesregierung, vom Bundeskanzler, vorgelegten Agenda 2010 keine, aber auch wirklich keine Alternative gibt.
Das, was Sie wollen, Herr Seela, ist keine Alternative, das ist eine Verschlimmbesserung; das nur nebenbei.
Ich habe sehr viel Sympathie für den Satz und Sie können mir glauben: All das, was hier vorgeschlagen wird, es fällt niemandem schwerer solche Maßnahmen umsetzen zu müssen als einem Sozialdemokraten. Aber gerade deshalb ist es unsere Pflicht und unsere Schuldigkeit gegenüber der Bevölkerung in Deutschland, genau diesen Weg zu gehen und uns da nicht beirren zu lassen. Davon bin ich fest überzeugt, dass es nur so unseren Sozialstaat über die Runden bringt bzw. unsere Sozialsysteme rettet,
wenn wir diese Sozialsysteme umbauen. Wir haben da, meine Damen und Herren, doch gar nicht so viele Möglichkeiten. Es wurde heute sehr viel Volkswirtschaft und Makro- und Mikroökonomie hier schon dargelegt. Aber wenn denn wirklich die Thesen stimmen, dass wir auf der so genannten Angebotsseite - also auf der Unternehmensseite -, aber auch auf der Nachfrageseite dafür sorgen müssen, dass beide mehr Geld in den Taschen haben, um das mal ganz profan auszudrücken, sowohl bei den Unternehmen mehr Gewinn, um mehr zu investieren, als auch bei den Leuten mehr Geld, um es zu verkonsumieren, dann gibt es nach meiner Auffassung nur eine einzige Stellschraube, die das bewirkt, das sind die Lohnnebenkosten. Und wenn man diese Erkenntnis gewonnen hat, dass es die Lohnnebenkosten sind, da gibt es wiederum unter dieser Stellschraube nur drei Hebel, die ich bewegen kann, das ist die Krankenversicherung, das ist die Arbeitslosenversicherung und das ist die Rentenversicherung.
Um Ihnen das an einem Beispiel klar zu machen, warum wir diesen Weg gehen müssen, das Beispiel Arbeitslosenversicherung. Es gibt dort nur zwei Instrumente, die ich betätigen kann, entweder ich verändere die Höhe oder
ich verändere die Bezugsdauer. Und wenn ich diese Erkenntnis habe, dann bin ich mitten in der Debatte zur Agenda 2010 und es zeigt, dass wir zu diesen Vorschlägen keine Alternative haben.
Damit komme ich zu meinem Ursprungsstatement zurück: Deshalb, meine Damen und Herren, bei allem Verständnis für die Situation noch mal mein Appell an Sie, Frau Ministerin, an die Landesregierung, auch eigene Vorsorge hier bei uns in Thüringen zu treffen. Einen Nachtragshaushalt für 2003 halte ich für erforderlich und ich halte einen neuen Haushalt für 2004 für erforderlich. Danke, meine Damen und Herren.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich werde mich nicht allen Werbereden für Agenda 2010 anschließen und hier irgendwelche Debatten noch mal entfachen. Es war eigentlich eine Werberede, die Sie in Richtung der Parteilinken in der SPD halten sollten, Herr Abgeordneter Höhn.
Lassen Sie mich aber auf einige Punkte eingehen, die Herr Huster angesprochen hat, und auf einige Punkte, die diskussionswürdig sind - wenn auch wenige aus Ihrer Rede, Herr Höhn.
Herr Huster, Sie sagen, das Ziel nicht erreicht. Ja, aber es ist immer die Frage, welche Ziele stelle ich mir, anspruchsvolle oder solche, wo ich ganz schnell über die Hürde springen kann. Ich hatte gesagt in meinen Ausführungen, wir haben uns das Ziel gestellt zu sparen und auch am 21. November oder am 20. November noch Sparsignale in das Land zu geben und in den Landeshaushalt vor dem 31.12. Das haben wir erreicht mit 227 Mio. / mir das anschaue, Sie haben ja auf die Vorschläge der PDS-Fraktion aus den letzten Jahren verwiesen: Vergangenes Jahr 100 Mio. ( aber schon als Ausgabe geplant, und in den vorhergehenden Jahren bis 1998 wären es insgesamt 347 Mio. .$ ( die wir, wenn wir den Anträgen der PDS-Fraktion zugestimmt hätten, aufgenommen hätten. Wir wären also jetzt bei einer viel höheren Quote und wir wären in der Nähe der Verfassungswidrigkeit, denn Sie wollten das Geld ja ausgeben. Sie wollten es zwar ganz populistisch für eine Investitionspauschale der Kommunen geben
- ja, sehr schön, dass Sie mir da zustimmen, Herr Höhn -, aber es war nicht da und wir hätten 347 Mio. Kreditaufnahme. Wir wären also über 1 Mrd. Folgen für die kommenden Generationen und für die kommenden Haushalte. Und was Sie außer Acht lassen ist die Zinsquote. Zurzeit haben wir eine relativ günstige Zinsquote. Wissen wir, ob in drei, in zwei Jahren - und die Kredite sind ja immer langfristig angelegt, das wissen wir als Haushälter, kurzfristige, langfristige, dass wir ein ganzes Kreditmanagement haben im Finanzministerium - wissen Sie, wie die Zinsquote ist und Sie auch; kennen Sie die Entwicklung der Zinsquote und die Entwicklung der Zinsen überhaupt hier bei uns im Haushalt? Auf das haben Sie nicht verwiesen, Herr Huster, und auch dafür habe ich Vorsorge zu treffen.
Nun sind wir beim Doppelhaushalt, das hat ja vor allen Dingen Herr Höhn angesprochen. Warum machen sie Doppelhaushalte? Herr Huster hat das immer im vorhergehenden gemacht. Mittlerweile machen alle neuen Länder einschließlich Berlin Doppelhaushalte. Und Doppelhaushalte, und jetzt kommt das Wort Planungssicherheit Herr Höhn, Sie verdrehen es immer so ein bisschen -, Planungssicherheit für wen? Wir haben eindeutig gesagt, und ich habe es in meiner Rede zum Nachtragshaushalt noch mal bekräftigt, Planungssicherheit für die Haushalte, die von uns abhängig sind oder angeschlossen sind, die Kommunen, die Universitäten, die Theater und für diese Punkte. Und der Kommunale Finanzausgleich Thüringens ist der komfortabelste Finanzausgleich in den neuen Ländern, das hat selbst der Gemeinde- und Städtebund bis jetzt nicht bestritten.
Nein, nein, 1,86 Mrd. = ++ ++> 2004, und dabei wollen wir auch bleiben. Wir hätten die Kommunen mit über 74 Mio. $ den Steuerausfällen, die Ihre Bundesregierung zu verantworten hat.
Das haben wir nicht getan und das ist Planungssicherheit, das höre ich auch von den Landräten und von den Bürgermeistern, auf die sie sehr wohl rechnen können. Welche Schlüsselzuweisung bekommen sie, welche Investitionspauschalen?
Doppelhaushalte bringen Planungssicherheit, aber auch Bewirtschaftungserlasse, und hier bin ich nicht allein, weil Sie sich auch, Herr Huster, über den Bewirtschaftungser
lass so ausgelassen haben. Ich habe als Finanzministerin entsprechend dem Haushaltsgesetz, der Landeshaushaltsordnung Vorsorge zu treffen mit dem Bewirtschaftungserlass - § 2, § 5, § 41 - und das tue ich, und da bin ich nicht allein. Das machen andere Finanzminister in anderen Ländern genauso. Meine Kollegin der SPD in Brandenburg hat nicht nur 15 Prozent, sondern 25 Prozent - mutig, sage ich -, mittlerweile hat sie gar nichts mehr an freien Mitteln. Was wäre das für eine Diskussion hier gewesen? Und wenn wir die Zahlen der Steuerschätzung haben, werden wir im Kabinett Maßnahmen beraten und werden sie diesem Haus vorlegen, erst dann, und nicht großes Palaver und Politdebatten, sondern konkrete Zahlen. Vielen Dank.
Mit liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen mehr vor, dann kann ich zum Abschluss die Frage stellen: Ist dem Berichtsersuchen im Antrag Genüge getan worden oder erhebt sich Widerspruch? Nein. Dann ist das Berichtsersuchen erfüllt. Wir schließen den Tagesordnungspunkt 16.
Die Reform des Arbeitsmarktes und Auswirkungen auf den Thüringer Arbeitsmarkt Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 3/3283 - Neufassung