überregional noch über Thüringen hinaus ausstrahlen. Eines davon ist genannt worden - die Schotte. Ich erinnere an 3 K in Mühlhausen, dort werden alle diese Punkte erfüllt, über die wir heute gesprochen haben. Wir haben im Haushalt Verpflichtungsermächtigungen eingestellt, dass wir zusätzliche Projektmanagerstellen einrichten werden. Dazu steht die Landesregierung und wir werden im nächsten Haushalt diese zusätzlichen Projektmanagerstellen einrichten, insbesondere eben für Jugendkulturprojekte, die überregionale Bedeutung haben. In diesem Sinne finde ich, dass der Antrag bearbeitet wird im Ausschuss, dass überhaupt erst mal dieses Verfahren abgeschlossen werden muss, dass die Landesregierung die Aufgaben im Moment wahrnimmt. Wir haben berichtet, wir sollen erst zum Jahresende wieder berichten, wir werden das auch tun. Deshalb bin ich der Meinung, dass dieser Antrag gar nicht weiter im Ausschuss behandelt werden muss, man kann ihn ablehnen, weil er schon bearbeitet wird.
Gibt es weitere Redewünsche? Das ist nicht der Fall. Es ist also die Überweisung an den Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst beantragt worden. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen? Ist ja interessant, das ist eine Mehrheit von Gegenstimmen. Wir könnten eigentlich mal zählen. Würden Sie bitte zählen, die Gegenstimmen bitte - 33, Danke schön. Die Jastimmen jetzt - 24. Die Enthaltungen keine Enthaltung. Damit ist mit 33 Neinstimmen die Ausschussüberweisung abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der PDS. Wer dem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön, das dürfte die gleiche Zahl sein. Die Gegenstimmen bitte. Diese Zahl hat sich jetzt etwas vermehrt und damit ist der Antrag abgelehnt. Gibt es hier Stimmenthaltungen? Das ist nicht der Fall. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 12.
Folgerungen aus dem "Bericht über die Lebenssituation junger Menschen und die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland - Elfter Kinder- und Jugendbericht -" für die Jugendhilfe in Thüringen Beratung des Berichts der Landesregierung - Drucksache 3/3198 auf Verlangen der Fraktion der CDU dazu: Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 3/3239
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, die Grundlage des Berichts der Landesregierung, den wir heute hier beraten können, ist der § 10 des Thüringer Kinder- und Jugendhilfeausführungsgesetzes. Darin wird die Landesregierung verpflichtet, nach Vorlage des Berichts der Bundesregierung über die Lage junger Menschen und die Bestrebungen und Leistungen der Jugendhilfe den Landtag zu unterrichten, welche Folgerungen die Landesregierung für die Jugendhilfe in Thüringen für erforderlich hält. In den vergangenen Jahren haben wir erfreulicherweise oft über Kinder- und Jugendpolitik und insbesondere auch über Familienpolitik diskutiert. Regierungserklärung zum Thema Familie und Jugend, die Große Anfrage der CDU-Fraktion zur Familienpolitik, die Shell-Jugendstudie, der Landesjugendförderplan und zuletzt der Dritte Sozialbericht der Landesregierung boten u.a. Gelegenheit, sich umfänglich über die Situation in Thüringen auszutauschen. Der Bericht über die Lebenssituation junger Menschen und die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland, kurz der Elfte Kinder- und Jugendbericht, der Bundesregierung hat auf über 300 Seiten Zahlen und Fakten zusammengetragen und diese bewertet. Aus den Schlussfolgerungen der Sachverständigenkommission wurden zehn Empfehlungen für die Kinder- und Jugendhilfe im 21. Jahrhundert abgeleitet. Von diesen Empfehlungen sind einige durchaus richtig und aufgreifenswert, bei anderen, wie der Forderung nach qualifizierten Betreuungsmöglichkeiten für Kinder in Kindertageseinrichtungen merkt man der Sachverständigenkommission an, dass die besondere Situation in den neuen Bundesländern nur ungenügend berücksichtigt wurde. Der Elfte Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung stellt das Aufwachsen in öffentlicher Verantwortung in den Mittelpunkt. Der sich daraus ergebende Perspektivwechsel wurde von der rotgrünen Bundesregierung und der Bundestagsmehrheit begrüßt. Individuelle Transferleistungen für Familien werden damit in den Hintergrund gerückt und stattdessen der Vorrang einer bedarfsgerechten Infrastruktur als Leitvorgabe der rotgrünen Politik betont. Die CDU-Fraktion sieht darin aber ganz klar einen Paradigmenwechsel, der die verfassungsmäßige Erziehungsverantwortung der Eltern schwächt und deshalb von uns abzulehnen ist. Die Landesregierung stellt in ihrem Bericht die unterschiedlichen Grundpositionen zum Elften Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung dar, beschreibt die Situation der Kinder- und Jugendhilfe im Freistaat und leitet ihre Folgerungen daraus ab. Ich bitte dazu um eine sachgerechte Debatte. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Elfte Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung stellt das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen in privater und öffentlicher Verantwortung in den Mittelpunkt seiner Analyse, wie es auch Herr Panse hier schon erwähnt hat. Er setzt hierzu bei den Lebenslagen von Kindern und Jugendlichen an. Der Bericht zeigt das Verständnis, Jugendpolitik als Lebenslagenpolitik zu sehen. Der Bericht geht sehr ausführlich auf die Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen ein und analysiert deren Lebenslagen. Die Kommission zieht zum Teil sehr weit reichende und unbequeme, aber notwendige Konsequenzen für die Arbeit der Jugendhilfe sowie auch der Politik in Deutschland. Dieser Ansatz gewährleistet, die Leistungen und Angebote für Kinder und Jugendliche zielgruppengerecht zu organisieren und die Bedingungen eines Lebensraumes auch zu verändern. Die Konsequenzen, die die Landesregierung aus diesem Bericht für sich entnimmt, sind aber schon sehr beachtlich.
Meine Damen und Herren, es ist richtig, dass das System der Kinder- und Jugendhilfe in Thüringen über eine qualitativ und quantitativ gut ausgebaute Struktur verfügt, sie als Bestandteil der allgemeinen Infrastruktur behandelt und gehört demnach zur sozialpolitischen Grundversorgung in unserem Lande. Die Kinder- und Jugendhilfe richtet sich dann nicht mehr nur an die Schwierigen und an die Auffälligen. Damit wird die Stellung der Kinder- und Jugendpolitik als Querschnittspolitik nochmals unterstrichen. Der Sinn der Jugendberichte der Bundesregierung besteht darin, Bestehendes zu evaluieren, fachlich zu hinterfragen und neue Entwicklungen innerhalb der Zielgruppe Kinder und Jugend zu betreuen, zu begleiten und unterstützend Einfluss darauf zu nehmen.
Meine Damen und Herren der Landesregierung, es gibt aber nichts, was ideal, fachperfekt und noch nicht verbesserungswürdig ist. Oft entsteht beim Lesen von Ihren Berichten, aber auch von Ihren Stellungnahmen zu verschiedenen Themen der Eindruck der absoluten Vollkommenheit. Ob in dem letzten Sozialbericht oder auch bei den Folgerungen der Landesregierung aus dem Elften Kinderund Jugendbericht, alles scheint sich in der einzigsten Top-Thüringen-Phantasie wiederzufinden. Ein Aspekt in Ihrer Stellungnahme ist, das alles zu erwähnen, was Sie glauben erreicht zu haben. Ein anderer Teil impliziert, dass die Fachideen der Kommission zwar schon in Ordnung sind, aber nicht unbedingt geteilt werden. Es mutet an, als sei der Stein des Weisen schon ausgegraben und läge verschlossen im Safe der Landesregierung.
Meine Damen und Herren, eine Politik, die ausschließlich die individuelle Verantwortung stärkt, öffentliche Verantwortung nicht oder nur zum Teil anerkennen bzw. wahrnehmen will, läuft Gefahr, die Rahmenbedingungen nur grob auszusägen und zu vergessen, dass nachgefeilt werden muss. Im Zusammenhang mit der Empfehlung der Kom
mission zu Tageseinrichtungen für Kinder wird zum Beispiel erklärt, ich zitiere: "Die Landesregierung stellt in Übereinstimmung mit der Empfehlung der Kommission fest, dass alle angesprochenen Punkte bereits erfüllt sind." Es ist schon eine gewisse Neigung zur Selbstgefälligkeit festzustellen. Gerade im Bereich Kindertagesstätten kritisieren wir den ausschließlichen Blick auf die Männer, denen in der Realität die nötige Flexibilität fehlt auf tatsächliche Bedürfnisse von vornehmlich Frauen zu reagieren. Die zahlenmäßige Auflistung der Nutzung von Kindertagesstätteneinrichtungen - für Kitas 94 Prozent, Hort 65 Prozent und 40 Prozent Kinderkrippe - lässt Sie folgern, dass das Angebot quantitativ und qualitativ ausreichend und für Eltern bezahlbar ist.
wenn nicht gleichzeitig soziale Rahmenbedingungen als Nutzungskriterien gesehen werden, wie zum Beispiel Zwang Geld zu verdienen, Zwang möglichst in vollem Umfang zu arbeiten, die so genannte Verfügbarkeit für das Arbeitsamt, die so genannten Kürzungen bei sozialen Leistungen. Öffentliche Verantwortung, die die Landesregierung ablehnt, geht aber tatsächlich über die teilweise Unterstützung von Vereinbarkeit von Familie und Beruf hinaus, weil nämlich gleichzeitig auch die Notwendigkeit bestehen muss, individuelle Bedürfnisse von Eltern zu berücksichtigen. Ich denke da zum Beispiel an Öffnungszeiten, Einbeziehung in Planung, Erziehungsauftrag der Kindertagesstätten usw. Kindertagesstätten sollen die tatsächliche Ergänzung des Zuhauses für Kinder sein.
Meine Damen und Herren, Thüringen braucht tatsächlich Verbesserungen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, aber auch die Entschärfung materieller und sozialer Notlagen muss vorangetrieben werden.
Meine Damen und Herren, in Zusammenhang Ihrer Stellungnahme zum Bereich Teilhabe, Partizipation und Rechtsstellung möchte ich Folgendes sagen: Teilhabe und Partizipation beziehen sich als Grundmaxime in ihrer jugendpolitischen und sozialpolitischen Zielsetzung. Die Tatsache allein, dass alle Angebote und Maßnahmen allen zur Verfügung stehen, umfasst nicht den Beteiligungsbegriff. Die theoretische Zugangsmöglichkeit ist nicht gleich Teilhabe und nicht gleich Mitbestimmung. Sie ist an dieser Stelle wirklich nur ein Aspekt, zumal diese von Ihnen beschriebene Grundmaxime nicht wirklich alle Kinder und Jugendlichen betrifft. Ein Hauptkritikpunkt liegt an dieser Stelle in der Verfahrensweise im Umgang mit Kindern von Asylbewerbern und Asylbewerberinnen und Emigrantinnen,
die eben nicht über die gleichen Anspruchsmöglichkeiten an Leistungen der Jugendhilfe verfügen. In diesem Bereich werden für Entscheidungen immer rechtliche Aspekte aus dem Asylrecht vorrangig zur Grundlage genommen. Hier bestimmt nicht das so genannte Kindeswohl die Zugangsmöglichkeiten für Leistungen. Ich denke da zum Beispiel an strukturelle bzw. gesetzliche Barrieren für Bildung und das zwar bestehende Schulrecht für diese Kinder und Jugendlichen, das dann aber in der Umsetzung so unterschiedlich gehandhabt wird, dass weitere Bildungswege von vornherein blockiert werden.
Ich denke da zum Beispiel an den Besuch von Kindertageseinrichtungen für Kinder von Asylbewerberinnen und Emigrantinnen oder Fragen mangelnder Integration bzw. Integrationshilfen. Teilhabe und Mitbestimmung, meine Damen und Herren, das ist für uns auch das Mitreden bei Entscheidungsprozessen und die Möglichkeit des Mittreffens von Entscheidungen für Kinder und Jugendliche. Solche Grundmaximen sichern nämlich dann auch das breite Mittragen der Ergebnisse. Gängige Maßnahmen zur Stärkung der Beteiligung von Betroffenen dürfen sich deshalb nicht nur auf symbolischer Ebene beschränken. Beteiligungsformen entfalten nur dann eine Wirkung, wenn sie bereit wären, Verantwortungsbereitschaft und Verantwortungsfähigkeit zuzulassen und auch diese anzuerkennen. Beteiligung fängt unserer Meinung nach an der Basis an und muss aber von der Landesregierung auch gewollt sein. Ein Großteil der Beteiligungsmodelle, die im Bereich Kinder- und Jugendhilfegesetz in Thüringen umgesetzt und ausgeführt werden, entwickeln sich dann zu tatsächlichen Beteiligungsformen, wenn in konsequenter Umsetzung durch Erwachsene die Ideen, die Belange und Interessen der Jugendlichen diskutiert und auch berücksichtigt werden. Für Erwachsene und an dieser Stelle auch für uns Politiker ungewohnt erscheint, dass wir nicht die Bestimmer sein sollen, sondern Sie werden zu Lernenden. Sie müssen teilhaben und partizipieren von den Gedanken, Diskussionen und Ideen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch kurz ein Letztes sagen, etwas zur Situation Ausbildung, Arbeit, insbesondere Jugendberufshilfe. Ich halte es schon für erstaunlich, dass es Ihnen gelingt, eine 14-seitige Lobeshymne zu singen. Dies ist keine Frage im Hinblick darauf, dass das Thema "Ausbildung" wohl eines der brennendsten in Thüringen ist. Die berufliche Integration ist eine der wichtigsten für junge Menschen und gerade hier an diesem Punkt kommt der Blick in die Zukunft, den wir von einer Landesregierung erwarten, etwas zu kurz. Die Diskussion zur Aktuellen Stunde während der 74. Plenarsitzung im November dürfte Ihnen noch im Ohr liegen. Dort versuchten Sie, die Auswirkungen der Kürzung von 75 Prozent zu verkaufen als zwar schmerzlich, aber unschädlich. Diesen Abschnitt Ihrer Stellungnahme, der in
ausführlicher Weise die bisherige Förderpolitik der Landesregierung beschreibt, halte ich schlichtweg für eine Augenwischerei, wenn perspektivische Alternativen zu Ihren Kürzungen nicht benannt werden können.
Meine Damen und Herren, angesichts des Berichts der Kommission hätten wir von der Landesregierung eine Stellungnahme erwartet, die
1. objektiv von den sozialen Unterschieden in den Lebenslagen von Kindern und Jugendlichen in Thüringen ausgeht und sich in der Analyse und Konsequenz auf diese richtet, nämlich insbesondere auf die Unterschiede nach Geschlecht, Bildung, Schicht bzw. Klasse, Region, Migration und Alter,
2. nach den Einstellungen und Handlungsmöglichkeiten der Kinder und Jugendlichen selber fragt und ihre Selbstständigkeit stärkt,
3. den Auftrag der Kinder- und Jugendhilfe nach § 1 Kinder- und Jugendhilfegesetz ernst nimmt und die Schaffung positiver Lebensbedingungen stärkt, indem
4. Überlegungen zu Perspektiven in den Bereichen getroffen werden, die in Thüringen bisher nur teilweise und nicht umfassend umgesetzt werden.
Meine Damen und Herren, wir möchten über Ihre Stellungnahme eine breite öffentliche Diskussion mit Vereinen und Verbänden einfordern, denn gerade diese perspektivische Sichtweise der Praxis schienen in der weiten Entwicklung der Jugendhilfe in Thüringen eine wesentliche Rolle zu spielen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, lassen Sie mich zunächst zu den hier vorliegenden Folgerungen der Landesregierung - und ich sage das bewusst ein bisschen in Anführungsstrichen - eine grundlegende Anmerkung machen. Ein von einer unabhängigen Kommission erarbeiteter Bericht sollte nicht zum Anlass genommen werden, um völlig aus der Luft gegriffene Unterstellungen von sich zu geben. Es ist nämlich schon eine Unterstellung, den Verfassern des Elften Kinder- und Jugendberichts samt der dazugehörigen Stellungnahme der Bundesregierung in irgendeiner Weise vorzuhalten, in die ureigensten Kompetenzen, in das Erziehungsrecht der Eltern, eingreifen zu wollen. Dies gipfelt in der Behauptung, dass der Bundesjugendbericht die Erziehung in den Familien nachrangig behandeln würde. Sie können dies in Ihren Folgerungen
auf Seite 11 nachlesen. Und es gehört schon eine gewisse Böswilligkeit dazu, eine derartige Unterstellung zu einer wesentlichen Grundlage der Folgerungen der Landesregierung zu machen.
Der Bundesjugendbericht sagt ausdrücklich etwas völlig anderes. Das können Sie nachlesen auf Seite 260 in den abschließenden zehn Empfehlungen, und nicht nur dort. Ich zitiere: "Öffentliche Verantwortung heißt nicht Verstaatlichung von Erziehung und Bildung, sondern im Gegenteil die Stärkung der Erziehungskompetenzen der Eltern und der Bildungskompetenzen der Kinder und Jugendlichen." Und dann weiter: "Die Übernahme öffentlicher Verantwortung ist insbesondere da erforderlich, wo sich abzeichnet, dass Bedingungen des Aufwachsens sich verschlechtern." Ich glaube, diesem Aspekt kann doch keiner widersprechen. Wenn also im vollen Bewusstsein eines anderen Tenors des Elften Jugendberichts, nämlich der Forderung nach einer öffentlichen Mitverantwortung ohne jede Schmälerung von Elternrechten, ganz im Gegenteil, für das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen, wenn also trotzdem die Gefahr der Verstaatlichung von Erziehung heraufbeschworen wird als ein drohendes Gespenst, dann, liebe Kolleginnen und Kollegen, muss das doch einen anderen Hintergrund haben - und Ihre Absicht scheint mir an dem Punkt leicht durchschaubar.
Die Jugendhilfe mit all ihren Leistungen ist aufgrund ihres gesetzlichen Auftrags mehr als nur ein Notnagel im wahrsten Sinne des Wortes und mehr als Eingriffsverwaltung, wenn Missstände allzu offensichtlich sind. Die von der Kommission eingeforderte Besinnung auf öffentliche Mitverantwortung ist nicht nur grundlegender Auftrag des Kinder- und Jugendhilfegesetzes, nein, liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist Sozialstaatsgebot.
Nun zurück zur Rolle der Eltern: Wir wollen, dass Eltern nicht von ihrer Verantwortung entbunden werden, denn das wäre widerrechtlich und würde in keiner Weise den Aussagen des Elften Bundesjugendberichts und der Bundesregierung entsprechen, aber wir wollen, dass Eltern, Kinder und Jugendliche gemeinsam positive Lebensbedingungen vorfinden und für die haben sehr wohl Staat und Politik Verantwortung. Weil wir natürlich genauso wie Sie wissen, dass zumindest finanzielle Fördermöglichkeiten der öffentlichen Haushalte begrenzt sind, gilt es eben dann Entscheidungen zu treffen, welche Aufgaben wir denn vorrangig bewältigt wissen wollen. Dazu dienen z.B. die Folgerungen entsprechend des § 10 des Thüringer Kinder- und Jugendhilfe-Ausführungsgesetzes. Wenn wir uns offenkundig darin einig sind, dass es die besondere Aufgabe der Jugendhilfe ist, soziale Benachteiligungen von Familien und deren Kindern und der Jugendlichen auszugleichen, dann werden wir uns bei der Begrenztheit öffentlicher Haushalte entscheiden müssen, nämlich entscheiden müssen, ob wir notwendige infrastrukturelle Angebote von Kindertageseinrichtungen über Beratungsstellen, die Jugendarbeit bis hin zur Jugendbildung, Familienbildung und Familienerholung, ob wir all dem Priorität ein
räumen oder ob der von Ihnen immer wieder propagierte und geforderte Familienleistungsausgleich in Form des geforderten Familiengelds das Gelbe vom Ei ist. Von diesem Familiengeld, liebe Kolleginnen und Kollegen in der Mitte des Hauses, hat sich mittlerweile wegen Nichtfinanzierbarkeit Ihr Parteifreund Koch in Hessen schon öffentlichkeitswirksam verabschiedet. Vielleicht sollten Sie an diesem Punkt auch noch mal über sich nachdenken.
Folgerungen dienen dazu, nicht nur Geleistetes, sondern auch Fehlbedarfe aufzuzeigen. Wenn sich dann wie ein roter Faden durch den Bericht die übliche Bejubelung all der geleisteten Taten der Landesregierung zieht und damit die Situation beschönigt wird, dann, denke ich, verkennt die Landesregierung mindestens drei Schwerpunkte der Entwicklung:
Erstens, den spätestens mit der PISA-Studie gegebenen Hinweis, dass wir hier in der Bundesrepublik Spitzenreiter bei der dauerhaften Ausgrenzung von jungen Menschen aus so genannten bildungsfernen und sozial schwachen Milieus sind. Das muss man einfach so deutlich sagen.
Zweitens, dass Thüringen die Spitzenposition in der Bundesrepublik bei denjenigen Jugendlichen einnimmt, die am Ende ihrer Schulzeit keinen Abschluss haben und das ist
drittens die rapide steigende Jugendarbeitslosigkeit und der Anstieg derjenigen jungen Menschen ohne jede berufliche Ausbildung.
Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind nicht nur bildungs- und wirtschaftspolitische Probleme, sondern in erster Linie sozialpolitische.
Wissen Sie, Herr Pietzsch, ich kritisiere die Bundesregierung da, wo es nötig ist. Das haben Sie früher nicht gemacht, das hätten Sie damals öfter machen sollen.
Diese Probleme können wesentlich nur durch gute Kindertageseinrichtungen, durch umfassende Elternunterstützung, durch ein gutes Beratungsangebot, durch Angebote in der Jugendarbeit, in der Jugendberufshilfe, in der Schulsozialarbeit und vieles mehr gemindert werden. Genau dafür hat der Staat ergänzende und die Eltern unterstützende Verantwortung. Wer aber behauptet, hier wäre kein Handlungsbedarf und wer sich nur selber auf die Schulter klopft und damit herauszieht aus jugendpolitischer Verantwortung, der will schönreden und schönreden kann schlimme Konsequenzen haben.
Der Elfte Kinder- und Jugendbericht verweist in seinen Empfehlungen auf die Notwendigkeit, dass junge Menschen und ihre Familien eine soziale Infrastruktur finden, die den Bedürfnissen, den Interessen und dem Förderbedarf entspricht. Eine dieser möglichen Leistungen, eine sehr wichtige Leistung, ein präventives Angebot und ein ausdrücklich familienunterstützendes Angebot, ist die Förderung der Erziehung in der Familie, und zwar entsprechend § 16 des Kinder- und Jugendhilfegesetzes. Dort, liebe Kolleginnen und Kollegen, geht es um Angebote der Familienbildung, der Vorbereitung auf Ehe und Partnerschaft und des Zusammenlebens mit Kindern. Es geht um Familienfreizeiten und es geht um Familienerholung. In § 16 Abs. 3 heißt es dann ausdrücklich: "Das Nähere über Inhalt und Umfang der Aufgaben regelt das Landesrecht." Sie wissen ganz genau, dass wir einen entsprechenden Antrag zur Verankerung dieser Aufgabenstellung im Thüringer Kinder- und Jugendhilfe-Ausführungsgesetz gestellt haben. Sie hatten seinerzeit nichts Besseres zu tun, als diesen Antrag abzulehnen. Genau in diesem Antrag ging es nicht um Kosten, sondern es ging darum, etwas zu entwickeln, wo ein Handlungsdefizit deutlich ist. Es wäre kein Eingriff gewesen, sondern es wäre eine Unterstützung der Eltern, der Familien und der Kinder gewesen und es hätte zumindest dem "F" im Namen des Sozialministeriums, sprich für Familie, auch einen Sinn gegeben. Im Moment steht dieses "F" allerdings nur für das Wort "fehlt". Obwohl hier ein Ihnen bekanntes Handlungsdefizit bei der Umsetzung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes vorliegt, findet sich auch keine entsprechende Folgerung in dem heute zur Debatte stehenden Bericht. Es sei denn, dass Sie damit den Passus unter Ziffer 2 meinen, in dem zur Frage der Umsetzung des Kinder- und JugendhilfeAusführungsgesetzes von Ihnen berichtet wird, dass das noch vorhandene Handlungsdefizit abgebaut und die Weiterentwicklung gezielt gefördert werden. Und da wäre es schon interessant gewesen und vor allen Dingen auch erforderlich, wenn Sie uns dann mal beschrieben hätten, was die vorhandenen Umsetzungsdefizite aus Ihrer Sicht sind.