Protokoll der Sitzung vom 09.05.2003

Das ist genau das, was hier immer gesagt wird von diesen beiden Seiten, "das Land möge", zunächst muss der Bund und dann kann das Land mitfinanzieren. Wir kennen alle die Reduzierung bei ABM, wir kennen vor allem die Reduzierung bei Weiterbildungsmaßnahmen, die uns besonders schmerzlich treffen, auch das wird genannt. Was auch schlimm ist vor allen für die neuen Bundesländer - und wir haben das hier auch wiederholt gesagt -, dass bei der beruflichen Weiterbildung eine Verbleibquote von 70 Prozent zukünftig maßgebend sein soll. Wir wissen alle, dass das in den neuen Ländern überhaupt nicht sein kann, also wird da wieder auf Kosten der neuen Länder gespart. Ich denke, die Kofinanzierung kann doch nicht darin bestehen, dass nur noch Menschen gefördert werden, die Arbeitslosengeld bekommen. Einige Kollegen haben mich heute gerade daraufhin angesprochen, dass die Arbeitsämter bereits jetzt so verfahren und die Länderminister haben auch das bemängelt und sagen gemeinsam über Parteigrenzen hinweg, dass die Länder nur kofinanzieren, wenn auch weiterhin Langzeitarbeitslose gefördert werden.

Was nun diese Pauschale angeht - nun haben wir ja das Wort heute des Öfteren oder fast bei jedem Antrag im Mund gehabt -, da komme ich zum Entschließungsantrag der SPD. Da muss ich zunächst einmal den Kollegen eine Frage stellen: Ist Ihr Gewicht in Berlin wirklich so gering ich meine das Gewicht der SPD aller neuen Länder gemeinsam -, dass Sie einen Entschließungsantrag zum SPDAntrag machen müssen, dass Sie eine CDU-Landesregierung beauftragen müssen, um Ihrem Anliegen Gehör zu verschaffen? Vor drei Monaten habe ich gelesen, dass Sie diese Forderung an die Bundesregierung gestellt haben, was ich bisher noch nicht gehört habe, ist eine Antwort der Bundesregierung, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Wenn ich da auf diesen Entschließungsantrag eingehen will, dann muss ich das auch noch mal sagen: Sie wissen es doch alle, Sie wollen einfach von den Aufgaben, die der Bund hat, ablenken, Sie wollen von dem Dilemma ablenken, was im Moment in Berlin vorherrscht und Sie wissen auch ganz genau, dass Arbeitsmarktpolitik in erster Linie Bundespolitik ist. Das Land wird sich natürlich seinen Verpflichtungen nicht entziehen und wird mitfinanzieren. Das haben wir immer getan und das werden wir auch zukünftig tun, sofern uns überhaupt noch 1  Verfügung steht.

Meine Damen und Herren, und dann ein Punkt in der Begründung, der ist mir aufgefallen. Den Antrag hat Herr Gentzel unterschrieben. Nun ist Herr Gentzel - wie er sich selbst bezeichnet - "Halbtagspolitiker", vielleicht ist ihm dadurch manches entgangen. Aber in diesem Antrag ist das Wort - ich darf mal vorlesen: Es soll aufgehört werden mit der Verunglimpfung in Thüringen, was den zweiten Arbeitsmarkt anbelangt. Es ist noch niemals hier irgendwas verunglimpft worden, aber es hat vor wenigen Tagen, kann man sagen, eine Veranstaltung stattgefunden, da war

der Herr Schmachtenberg, seines Zeichens Referatsleiter im Bundesministerium für Arbeit - ich weiß nicht, Herr Müller, Sie waren sicherlich auch da, ich weiß, dass Frau Pelke da war -, und der Herr Schmachtenberg ist es gewesen, der gesagt hat, sowohl ABM als auch SAM führen in die politische Sackgasse. Das hat die Thüringer Landesregierung noch nie von sich gegeben und auch wir als CDU-Fraktion haben das noch nicht gesagt.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben immer gesagt, es ist noch nötig, dass Mittel für den zweiten Arbeitsmarkt zur Verfügung gestellt werden müssen. Aber was passiert in Berlin? Herr Clement lässt im Moment prüfen - das muss man sich mal vorstellen bei den Arbeitslosenzahlen, die gestern veröffentlicht worden sind -, ob es eventuell ein Programm für Langzeitarbeitslose geben müsste. Er lässt prüfen! Herr Gerster hofft auf das II. Halbjahr, er hofft auf eine Wirtschaftsbelebung, dass die Entspannung am Arbeitsmarkt sichtbar wird. Ich kann nur sagen: Wir erwarten, dass die Bundesregierung ihre Hausaufgaben macht und dass die Bundesregierung endlich handelt und nicht nur schöne Worte macht.

(Beifall bei der CDU)

Ich erwarte von der SPD in Thüringen, die immerhin einen Landesvorsitzenden hat, der dieser Bundesregierung angehört, dass der endlich mal in Berlin auf den Tisch klopft. Ob er das laut oder leise macht, wie das in manchen Zeitungen zu vernehmen ist, das ist mir schlicht und einfach Wurst. Er soll auf den Tisch klopfen und soll mal daran erinnern, dass die Situation in den neuen Bundesländern eben anders ist als in Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen.

(Beifall bei der CDU)

Ich kann für meine Fraktion nur sagen: Wir lehnen beide Anträge ab. Die Landesregierung handelt. Wir werden auch weiterhin alles tun, was in unserer Macht steht, aber am Zuge ist im Moment Berlin und niemand sonst.

(Beifall bei der CDU)

Herr Abgeordneter Gerstenberger, bitte schön.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir wollten eine solche Arbeitsmarktdebatte auch zum jetzigen Zeitpunkt, weil wir sie für notwendig halten. Ich bin auch der Auffassung, dass es hier nicht um parteipolitisches Kalkül geht und vor allen Dingen, Frau Vopel, hier geht es nicht nach dem Motto: "Wer sich bewegt, verliert." Hier sollte es darum gehen Aktivität dann zu zeigen, wenn es nötig ist.

(Zwischenruf Abg. Vopel, CDU: Die ist ge- zeigt. Ja.)

Wenn es eine Initiative gibt und wenn die von einer anderen Partei kommt und sie Gedankengänge aufgreift, die ganz sinnvoll sind, dann sollten wir aufhören hier parteipolitisches Kleinklein, wie Sie es betrieben haben, zu betreiben, denn das hilft den Leuten auf der Straße nicht, sondern sollten uns dem Problemen zuwenden und sollten gemeinschaftlich nach Lösungen suchen, und das wollen beide Anträge. Insofern sage ich gleich von vornherein, wir stimmen beiden Anträgen - unserem selbstverständlich, aber auch dem der SPD - zu.

(Beifall bei der PDS)

Frau Vopel, was wir auch nicht gebrauchen können ist Häme, denn auch die hilft keinem, der draußen steht und in diesem Prozess benachteiligt und mittlerweile auch zunehmend diffamiert wird. Die registrierte Arbeitslosigkeit in Thüringen hat wieder einen traurigen Höhepunkt erreicht, mit über 217.000 registrierten Betroffenen waren im April 14.000 Menschen mehr arbeitslos als noch vor einem Jahr. Schon im Januar hat die Arbeitslosigkeit auch nach Ansicht der Partei, die die Landesregierung trägt, ein erschreckendes Ausmaß erreicht, so jedenfalls der CDUFraktions- und Landesvorsitzende Dieter Althaus in einem Zeitungsinterview, und Ähnliches war heute vom Sozialminister zu hören. Doch die Landes- wie die Bundesregierung haben keine brauchbaren Konzepte, diesen Zustand zu verändern und die Arbeitslosigkeit abzubauen. Beide verantwortlichen Regierungen haben aus meiner Sicht bei dieser Aufgabe bisher komplett versagt.

(Beifall bei der PDS)

Obwohl seit langem Ansätze der PDS zur Schaffung neuer Arbeitsplätze in kleinen und mittleren Unternehmen sowie im Non-Profit-Bereich vorliegen - ich nenne da nur als ein Beispiel, Frau Vopel, für Sie zur Erinnerung, die Sozialpauschale -, werden sie aus ideologischen Gründen, wie heute und von Ihnen zu hören war, blockiert. Das haben wir nicht das erste Mal, sondern schon mehrfach erlebt. Damit möchte ich natürlich nicht sagen, dass es überhaupt keine Konzepte bei den anderen Parteien gibt; natürlich gab und gibt es die. Ich nenne das Job-AqtivGesetz, die Hartz-Gesetze und die Agenda 2010 für die SPD; den Sozialstaat 21, die Offensive 2002 und den "Aufruf für Wachstum" der CDU. Nahezu jeden Tag wird - ich sage es einmal etwas drastischer - eine neue Sau durchs Dorf getrieben, allerdings die Lösung für die Arbeitsmarktprobleme ist davon nicht gekommen und Lösungen sind dort auch nicht brauchbar entstanden.

In der Bundesregierung herrscht in diesem Politikfeld - und das ist für mich eine traurige Erkenntnis - ein nur noch als konfus zu bezeichnender Zustand. Lassen Sie mich das an einem Beispiel zeigen: Zuerst sagt man, ABM müsse reduziert werden und kürzt die Mittel, und das über Jahre, so

dass es zu einem Kahlschlag kommt und in Ostdeutschland völlig kontraproduktiv, wie die PDS von Anfang an kritisiert hat. Noch am 8. April dieses Jahres hat Wirtschaftsminister Clement vor SPD-Bundestagsabgeordneten gegen geförderte Arbeit polemisiert und nun will man plötzlich in einem Sonderprogramm 100.000 neue ABMStellen. Um nicht missverstanden zu werden, die PDS hält geförderte Arbeit für sehr wichtig, aber ein Arbeitsloser kann doch überhaupt nicht mehr sagen, woran er bei dieser sprunghaften Meinungsbildung der Regierung eigentlich tatsächlich ist. Mit verantwortungsvoller Politik hat das nichts, aber auch gar nichts zu tun. Stattdessen wird in Berlin und in Erfurt das Märchen verbreitet, eine gestaltende Arbeitsmarktpolitik sei mit immer weniger Geld zu machen. Das Ergebnis sehen wir. Durch die drastischen Mittelkürzungen auf Bundes- und auf Landesebene bricht die aktive Arbeitsmarktpolitik zusammen. Gerade die jüngsten Vorschläge der Bundes-SPD auf der einen sowie Bundes-CDU/CSU auf der anderen Seite ähneln sich in ihrer Strategie. Die einen im Bund wollen gegenüber den vergangenen Jahren Milliardenbeträge im Bereich der Arbeitsmarktpolitik streichen, obwohl fast eine halbe Million registrierter Arbeitsloser mehr existiert als 2002, und die anderen in Thüringen sind schon einen Schritt weiter und haben zwischen 1999 und dem laufenden Haushaltsjahr 110 Mio. (  (( ' $   0  mittel der Arbeitsmarktpolitik entspricht, gegenüber 1999 im Haushalt gestrichen.

Die PDS hält aber an ihrer Forderung nach Vollbeschäftigung fest und darin unterscheiden wir uns deutlich von dieser CDU-Landesregierung, denn, meine Damen und Herren, man glaubt es nicht: Minister Gnauck stellte im Zusammenhang mit der Diskussion des Verfassungsentwurfs für Europa am Mittwoch dieser Woche im Ausschuss für Bundes- und Europangelegenheiten fest, dass er sich dafür einsetzen werde, das dort formulierte Ziel der Vollbeschäftigung wieder zu entfernen. Seine Zuhörer, meine Damen und Herren, waren auch Schüler. Im Interesse der Perspektive für diese jungen Menschen ist es unbedingt notwendig und zwingend erforderlich nach Meinung der PDS, dass die Beibehaltung dieses Ziels in einer zukünftigen europäischen Verfassung erhalten bleibt. Dafür werden wir uns ganz massiv einsetzen.

(Beifall bei der PDS)

Es ist bedauerlich, dass die Landesregierung diese Zielstellung schon längst aus den Augen verliert, aber damit wird die Scheinheiligkeit der Argumentation im Bereich der Arbeitsmarktpolitik neuerlich sichtbar.

In dieser Verantwortung, in der wir uns sehen, hat die PDS im vergangenen Jahr ein beschäftigungspolitisches Programm vorgelegt und zu den Vorschlägen, mehr Beschäftigung zu erreichen, gehört ein ganzes Bündel von Strategien, über die wir auch im Parlament bereits debattiert haben. Allerdings sind aus der Mitte des Hauses diese Vorschläge abgelehnt worden. Ich nenne trotzdem noch einmal

einige Elemente: Arbeitszeitverkürzung und Arbeitszeitumverteilung, Gleichstellung der Frauen, Alternativen in der aktiven Arbeitsmarktpolitik mit der Förderung gemeinwohlorientierter Arbeit und einem ökologischen Strukturwandel. Als Gegenfinanzierung empfehlen wir unter anderem die Wiedereinführung der Vermögenssteuer, eine an der Wirtschaftskraft orientierte Wertschöpfungsabgabe der Unternehmen und eine Spekulationssteuer, auch bekannt als Tobinsteuer.

Angesichts der dramatischen Situation muss es um kurzfristig umsetzbare Vorschläge gehen. Die PDS fordert deshalb, dass die Landesregierung im Bundesrat mit einer Initiative zur Einführung einer Arbeitsmarktpauschale als Sofortprogramm für die ostdeutschen Bundesländer aktiv wird. Die PDS hat sich schon lange für eine Verstetigung aktiver Arbeitsmarktpolitik durch Pauschalen ausgesprochen. In den Haushaltsberatungen der letzten Jahre und in anderen parlamentarischen Initiativen wurden sie entsprechend beantragt. Nun hat auch die SPD-Fraktion des Landtags im Februar das Konzept einer Arbeitsmarktpauschale vorgelegt, die vor allem aus Bundesmitteln, aber auch verstärkt durch Landesmittel finanziert werden soll. Die SPD will damit unter anderem die weggefallenen Bundesmittel der aktiven Arbeitsmarktpolitik kompensieren. Im März hat dieses Konzept die Zustimmung der Fachsprecher der ostdeutschen SPD-Landtagsfraktionen gefunden. Seit Februar, meine Damen und Herren, ist schon viel Zeit vergangen, ohne dass sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt verbessert hat, im Gegenteil. Parlamentarische Aktivitäten der Thüringer SPD waren bis zu unserem Antrag auch nicht zu verzeichnen, umso erfreulicher ist es, dass das jetzt geschieht. Wir kommen ja dann dazu, auch in der CDU gab es ja offensichtlich Handlungs- und Diskussionsbedarf.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Vopel?

Am Ende, Frau Vopel.

Meine Damen und Herren, was ist denn an den Vorschlägen so verkehrt? Die Landesregierung hat behauptet, ohne Geld geht es nicht. Die SPD-Fraktion hat das behauptet und die PDS-Fraktion sagt das schon seit langer Zeit, dass entsprechende zusätzliche finanzielle Mittel nötig sind. Wenn es jetzt eine Initiative und einen Vorschlag gibt, die genau auf diesen Punkt zielt und eine möglichst breite, freie Ausgestaltung der Mittelverwendung für das Land einfordert, was für einen Grund gibt es, aus der Mitte des Hauses einer solchen Initiative nicht zustimmen zu wollen? Ich verstehe Sie nicht, meine Damen und Herren, die Sie hier in der Mitte sitzen, auf der einen Seite von der Massenarbeitslosigkeit predigen und von der Beseitigung des Problems und auf der anderen Seite ohne jede eigene

Initiative in die Totalverweigerungshaltung gehen und in die Abwartehaltung und so weit gehen, wie Frau Vopel das gesagt hat: "Kümmern Sie sich doch mal in anderen Ländern drum, dass etwas vorwärts geht.". Das kann doch nicht das Ziel von Politik sein. Das Geld sind Sie nicht wert, was Sie für solche Aussagen bekommen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der PDS)

Wer hier behauptet wie unser Ministerpräsident, wir haben unsere Möglichkeiten ausgeschöpft, der hätte mit der Umsetzung dieses Antrags wieder einen Spielraum und würde Möglichkeiten gewinnen, um der ihm übertragenen Verantwortung nachzukommen, es sei denn, man will es nicht. Denn durch Wirtschaftswachstum, meine Damen und Herren, kann die strukturelle Massenarbeitslosigkeit nicht gelöst werden. Ich möchte das anhand einer Beispielrechnung noch mal deutlich machen: In Thüringen arbeiten etwa 1 Mio. Erwerbstätige. Zieht man die 130.000 Beschäftigten in der öffentlichen Verwaltung ab, bleiben etwa 870.000 in der gesamten Wirtschaft. Dort sollen 217.000 offiziell registrierte Arbeitslose bzw. weit mehr als 400.000 real existierende nicht Beschäftigte integriert werden. Mit welchem Wirtschaftswachstum, meine Damen und Herren, soll das gehen? Mit 20, 30, 40 Prozent - oder welche utopischen Zahlen wollen Sie dort nach draußen verkaufen? Sie alle wissen, dass diese Annahmen völlig unrealistisch sind. Aber damit das klar ist, dass die neoliberale Forderung nach mehr Wachstum allein zur Lösung dieses Problems absolut untauglich ist, dafür fehlt Ihnen nach wie vor offensichtlich die Einsicht. Ostdeutschland ist durch die Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung allerdings erheblich benachteiligt. Bundeswirtschaftsminister Clement hat am 8. April vor der SPDBundestagsfraktion eine lange Rede zur Agenda 2010 gehalten. Speziell Ostdeutschland widmete er ausweislich des Redemanuskripts ganze 5 Sätze mit einer völlig falschen Problemsicht. Wenn er feststellt, dass Arbeitsmarktreformen mit dem Ziel einer schnelleren Eingliederung Arbeitsloser in den so genannten ersten Arbeitsmarkt auf der Tagesordnung sind, dann liegt er schief und outet sich erschreckend ahnungslos bezüglich ostdeutscher Probleme. Wenn in Thüringen, meine Damen und Herren, bei mehr als 217.000 registrierten Arbeitslosen weniger als 12.000 freie Stellen vorhanden sind, ist selbst mit einem Trick und selbst mit Rechentricks und Statistiktricks nur die Vermittlung von 5 Prozent der Betroffenen möglich. Wohin mit den verbleibenden 95 Prozent? Das Ziel dieser Bundesregierung ist falsch gesetzt und um es zu erreichen, geht man Irrwege. Den Menschen in Thüringen und ganz Ostdeutschland nutzt dieses blinde Herumtapsen in der Landschaft allerdings nichts. Auch den Hartz-Gesetzen, meine Damen und Herren, fehlt die wirkliche Ostkomponente. Deshalb, weil für den Osten kein Angebot zur Schaffung von zusätzlicher Beschäftigung existiert, soll diese Landesregierung mit den Arbeitsministern der anderen ostdeutschen Bundesländer ein gemeinsames Vorgehen in der Arbeitsmarktpolitik gegenüber dem Bund abstimmen.

(Beifall bei der PDS)

Dazu soll Thüringen einen Anstoß leisten und den anderen Ländern unabhängig von der Parteizugehörigkeit ihrer Landesregierung ein geeignetes Verfahren vorschlagen. So etwas, Frau Vopel, nennt man Eigeninitiative. Vorstellbar wäre eine Konferenz der Arbeitsminister, die Thüringen ausrichtet. Dadurch wird es möglich, gegenüber der Bundesregierung mit mehr Durchsetzungskraft aufzutreten. Die Landesregierung soll über die gewählten Verfahren und das Ergebnis dem Landtag im Juni berichten. Ich denke, das halte ich für legitim und richtig.

(Beifall bei der PDS)

Jetzt noch kurz zum SPD-Antrag: Ich hatte eingangs bereits gesagt, wir teilen die dort vorgeschlagenen Punkte und würden dem zustimmen. Er untersetzt zum einen unseren Punkt 1 nach Einleitung eigener Initiativen. Er fordert weiter zusätzliche Initiativen und Aktivitäten auf Landesebene, das ist richtig und sinnvoll, und er gibt einen neuen Aspekt, der von Seiten der PDS schon lange gefordert wird, mit als Auftrag in die weitere Bearbeitung darüber nachzudenken, dass Aspekte der Arbeitsmarktpolitik in Zukunft steuerfinanziert realisiert werden müssen, weil die dafür notwendigen Aufwendungen aus der Versicherungsleistung der Arbeitslosenversicherung allein nicht gebracht werden können. Dem gilt unsere ausdrückliche Zustimmung, weil es identische Forderungen sind von PDS-Seite, die schon seit längerer Zeit formuliert wurden. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS)

Aber Sie beantworten jetzt noch die Frage der Frau Abgeordneten Vopel?

Deshalb stehe ich noch hier.

Herr Gerstenberger, ist Ihnen diese Intervention aller sechs Arbeitsminister - ich glaube zwei sind von der PDS, einer von der SPD, zwei von der CDU und einer von der FDP bekannt, dass dieses Papier abgestimmt und von allen sechs unterschrieben ist?

Das ist mir bekannt, Frau Vopel. Nichtsdestotrotz wäre diese Initiative ein zusätzlicher Aspekt, der Sinn machen würde.

(Beifall bei der PDS)

Ich habe noch eine Frage. Haben Sie den Antrag, den Sie hier eingebracht haben, auch in Mecklenburg-Vorpommern und in Berlin eingebracht?

Wir sind in der gemeinsamen Diskussion aller Sprecher so, wie Sie das sicher auch mit den Sprechern der anderen Landesregierungen sind. Und das halte ich für einen sinnvollen Prozess. Ich hatte ja gesagt, es kommt nicht darauf an, hier parteipolitisches Kalkül und parteipolitischen Vorteil daraus zu ziehen. Nichtsdestotrotz wäre es sinnvoll und wünschenswert, wenn wir uns in allen Ländern aktiv einbringen würden. Bloß, Sie haben sich ja dieser Position mit Ihrer Rede verweigert.

(Beifall bei der PDS)

Herr Abgeordneter Müller bitte schön, jetzt haben Sie das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Sie haben schon erkannt, in welcher Zwickmühle wir uns immer befinden. Um gleich auf das zu antworten, was Frau Vopel vorhin angesprochen hat, hätte ich diesen Antrag eingebracht und die Initiative ergriffen, wären genau diese Argumente gekommen, Sie schaffen es wohl nicht, auf der Bundesebene etwas zu bewegen und brauchen jetzt unsere Hilfe im Bundesrat. Sie wissen, Herr Gerstenberger hat die Termine genannt, dass wir hier seit mehreren Wochen Aktivitäten entwickeln, und Sie wissen in der Landesregierung auf der Seite der CDU, wie die Finanzsituation ist. Sie ist natürlich im Bund nicht viel anders, so dass solche Verhandlungen, die zusätzlicher Gelder bedürfen, natürlich sehr langwierig und sehr kompliziert sind. Ich darf hier zitieren aus einer Meldung von gestern Abend, dpa: "SPD und Grüne sind sich über neue Hilfen für mehrere Zehntausende Langzeitarbeitslose im Osten und in wirtschaftlichen Problemregionen im Westen im Grundsatz einig. Bundesbauminister Stolpe nannte im Westdeutschen Rundfunk erstmals Details des von ihm zusammen mit Wirtschaftsminister Clement geplanten Programms. Stolpe sprach von einem Volumen von etwa 200 bis 400 Mio.  Dies sei zwar viel Geld, aber die Arbeitslosigkeit dieser Menschen, die seit langem ohne Beschäftigung seien, koste auch ganz erheblich Geld. Deshalb rechne sich auf Dauer ein solches Hilfeprogramm." Es heißt weiter unten: "Die Planung der Bundesregierung für ein Beschäftigungsprogramm für Langzeitarbeitslose ab 25 Jahren hatte am Vortag auch eine Sprecherin des Arbeitsministers Wolfgang Clement bestätigt. Medienberichten zufolge sollen in den strukturschwachen Regionen Beschäftigungsgesellschaften eingerichtet werden, die Langzeitarbeitslosen Hilfen bei

der Integration in den normalen Arbeitsmarkt geben sollen. Das Programm gilt auch als Teil der Neuorganisation der Bundesanstalt für Arbeit. Für jugendliche Langzeitarbeitslose hatte die Bundesregierung bereits ein Programm mit 100.000 Stellen gestattet." Das sind die zweiten 400 Mio.  Sie wissen, es gibt die Forderungen der Bundestagsabgeordneten Ost, die Arbeitsmarktmittel wieder auf das Niveau des Vorjahres zu bringen. Es handelt sich um eine solche Größenordnung von 800 bis 900 Mio.  / haben das am 03.03.2003 in Leipzig in einigen Punkten formuliert. Die Dinge, die ich natürlich innerhalb der Partei zu bewegen habe, kann ich nicht in einem Antrag hier in den Landtag einbringen. Herr Gentzel ist heute im Übrigen in Berlin bei Manfred Stolpe. Es geht genau um dieses Thema heute in der Sprecherrunde.