Protokoll der Sitzung vom 12.09.2003

Modell ab. Aber Sie müssen sich entscheiden, Herr Althaus. Ich denke, viele halten hier einen Kompromiss für diese Gewerbesteuerreform nicht mehr für möglich. Aber hat das nicht auch seine Ursache? Ein Kompromiss ist von zwei Seiten getragen, wenn die eine Seite nichts Brauchbares vorschlagen kann, außer, das sage ich an dieser Stelle ganz deutlich, den Vorschlag zur Senkung der Gewerbesteuerumlage, den unterstütze ich sogar. Aber der wäre kurzfristig und ist keine Grundsatzlösung an dieser Stelle. Das muss man auch ganz deutlich sagen.

Das nächste Beispiel, Frau Ministerin hat es in ihrer Rede hier uns auch noch einmal vorgehalten, Steuerreform vorziehen. Was Sie da in den letzten Wochen für widersprüchliche Meldungen abgelassen haben, ich weiß nicht, inwieweit Sie sich selbst noch glauben können an dieser Stelle. Sie fordern, als es noch niemand getan hat und als Sie noch nicht damit rechnen konnten, dass die Bundesregierung dieses tut, ein Vorziehen der Steuerreform als den Konjunkturmotor für Deutschland. Nun soll die Steuerreform vorgezogen werden und nun bauen Sie einen parteipolitischen Popanz in Form der Gegenfinanzierung dieser Steuerreform auf. Haben Sie sich eigentlich mal gefragt, ob 1998 - Sie haben das Beispiel gebracht, Frau Diezel - die Steuerreform, die Petersberger Beschlüsse, gegenfinanziert gewesen wären. Ob die Steuerreform, die Ihre Unionsländer im Bundesrat mit beschlossen haben, wenn sie ohnehin regulär 2005 in Kraft getreten wäre, gegenfinanziert gewesen wäre. Nein, ich habe das an dieser Stelle schon einmal gesagt, ich tue es noch einmal und Sie wissen das. Eine Steuerreform macht konjunkturpolitisch nur Sinn, wenn man sie wirken lässt und dazu stehe ich auch nach wie vor und dazu sollten auch Sie stehen und sollten hier Ihre wachsweiche Position nun endlich aufgeben.

Ich habe diese beiden Beispiele exemplarisch - ich könnte noch mehr aufführen - herausgegriffen, weil es wirklich bezeichnend ist für Ihre derzeitige Position im Bund und auch im Land, keine eigenen Vorschläge und Ideen. Das, was von der Regierungsseite kommt, wird zerredet, wird aus parteipolitischen Gründen kaputtgemacht und Sie machen da mit, Herr Althaus. Das ist bedauerlich.

Wir, meine Damen und Herren, die Thüringer SPD, haben da einen anderen Anspruch. Wir nehmen auch im Hinblick auf diese unzweifelhaft sehr schwierige Haushaltssituation und gerade auf diesen Nachtragshaushalt die Herausforderung an. Wir wollen uns konstruktiv und ernsthaft an den Beratungen dazu beteiligen. Wenn ich allerdings zur Kenntnis nehmen muss, dass hier ein Entwurf präsentiert wird, in dem schon wieder 10 Mio. fehlen, bevor er überhaupt in diesen Landtag eingebracht worden ist, dann frage ich mich, wie ernsthaft Sie Ihr Geschäft betreiben, meine Damen und Herren. Ich meine die Zurückziehung des Pflegeversicherungsgesetzes. Nicht, dass ich das vom sozialen Standpunkt her gutheiße, nein, aber die Art und Weise, das ist eine Brüskierung dieses hohen Hauses. Die Sache hat ja noch ein ganz anderes G'schmäckle, Sie schicken einen Staatssekretär 4 Jahre

früher in Rente, bloß weil der sich nicht mit Ihrer Fraktion einigen kann. Und selbst wenn Sie das Beamtenrecht noch auf Ihrer Seite haben sollten, Herr Althaus, was ist denn das für ein Umgang mit Steuergeldern angesichts der Debatte, die wir hier heute führen müssen.

(Beifall bei der SPD)

Genauso der Innenminister, der bedauert den Rücktritt eines ranghohen Polizisten, obwohl der 13 Jahre lang alle an der Nase herumgeführt und sich sozusagen das Amt erschlichen hat und ihm noch die Versorgungsansprüche durch seinen selbständigen Rücktritt gesichert werden. Der gehört gefeuert, meine Damen und Herren,

(Beifall bei der SPD)

eine andere Lösung gibt es nicht. Dazu ist es im Übrigen noch nicht zu spät. Ich möchte das an der Stelle nur noch mal betonen.

Meine Damen und Herren, Einnahmeausfälle und Mehrausgaben bei den gesetzlichen Leistungen haben einen Umfang erreicht, der nicht mehr im normalen Haushaltsvollzug zu bewerkstelligen war. Deshalb sind die Maßnahmen, die im Frühjahr und im Frühsommer dieses Jahres seitens der Ministerin vollzogen worden sind, haushaltstechnisch, finanzpolitisch richtig gewesen, die haben wir auch nicht kritisiert. Die Vorlage des Nachtrags ist deshalb auch folgerichtig, auch wenn viele hier vorgeschlagene Einschnitte wehtun und eine ganze Reihe von Einschnitten so nach unserer Auffassung nicht tragbar sind.

An dieser Stelle ein Wort zur Nettoneuverschuldung: Sie wissen, ich habe hier an dieser Stelle schon sehr oft dafür plädiert oder den Weg der Konsolidierung in Bezug auf die Nettoneuverschuldung verteidigt und mitgetragen. Ich bin leider zu der Erkenntnis gekommen, dass wir bei diesem Nachtragshaushalt an dem jetzt vorgeschlagenen Weg leider nicht vorbeikommen. Ich bedaure dies. Ich möchte aber auch ein Wort in Richtung meines Kollegen Herrn Huster von der PDS sagen, weil er sich sozusagen als Prophet hier dargestellt hat, dass er das alles schon gewusst hätte. Wäre der Landtag - ich nehme nur diese Legislatur - seit Beginn dieser Legislatur Ihrer Politik, was die Verschuldung betrifft, gefolgt, wäre die jetzt notwendige Aufstockung der Neuverschuldung von einem wesentlich höheren Level ausgegangen. Und das ist der Punkt, den ich zu kritisieren habe.

(Beifall bei der SPD)

Man kann zwar der Landesregierung aus den Steuereinbrüchen keinen Vorwurf machen, man kann ihr aber vorwerfen, und ich tue das, dass Sie dazu beigetragen hat, die Situtation zu verschärfen.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben es versäumt, Sie haben es wirklich versäumt, und zwar schon 4 Jahre lang, wichtige, notwendige Strukturreformen in der Landesverwaltung in Thüringen durchzuziehen, trotz - oder sollte ich vielleicht sagen, wegen der absoluten Mehrheit, das müssen Sie beantworten. Dadurch, meine Damen und Herren, wird viel mehr Geld für Verwaltungskosten gebunden als bei einem rechtzeitigen Gegensteuern heute nötig gewesen wäre. Das schlechte Abschneiden Thüringens in den entsprechenden Vergleichsquoten, Personalausgabenquoten, spricht da beispielsweise eine deutliche Sprache. Herr Althaus, Sie müssen da etwas tun, Sie können dieses Problem nicht länger aussitzen. Sie selbst haben dem MDR in Ihrem Sommerinterview das Stichwort gegeben. Wir brauchen eine umfassende Strukturreform in der Landesverwaltung. Das muss aber tiefer gehen als das Placebo, das Sie bisher verteilt haben. Wir müssen unsere Staatsaufgaben neu definieren, meine Damen und Herren, wir müssen angesichts weniger Einnahmen, angesichts sinkender Bevölkerungszahlen - leider, sage ich dazu - wirklich neu definieren, was muss Staat leisten, was können eventuell Private besser. Aufgabenkritik und Effizienzbetrachtungen sind die Grundlagen dafür. Sträuben Sie sich doch nicht länger gegen externe Vergleiche. Ich weiß, es ist ein bescheidener Anfang gemacht. Aber, Herr Althaus, wir müssen wissen, wo wir stehen, wenn wir verändern wollen und das ehrlich und ungeschminkt.

(Beifall bei der SPD)

Und wenn Sie es allein nicht schaffen, wir, die SPD, sind bereit, uns einzubringen. Auf diesem Gebiet biete ich Ihnen sozusagen eine Allianz der Vernunft an.

Meine Damen und Herren, ich habe es eingangs schon erwähnt, ein Teil der Malaise dieses Nachtragshaushalts ist hausgemacht. Zum wiederholten Male - und die Haushälter in diesem Plenum wissen, wovon ich rede wurden gesetzliche Leistungen bei der Haushaltsaufstellung deutlich unterveranschlagt. In einigen Bereichen, und ich nenne hier nur das Beispiel Eingliederungshilfe für Behinderte, wären diese vermeidbar gewesen. Insgesamt betrifft das fast 90 Mio. #  bewusste Unterveranschlagungen gegenüber dem Plan - das ist einfach nur Handwerk, Frau Ministerin. Aber, wenn es Absicht war, dann ist es Pfusch, das muss ich auch so deutlich sagen. Auch wenn Sie es nicht mehr hören wollen oder hören können - Sie müssen das ertragen -, in diesem Zusammenhang stellt sich natürlich die Frage nach der Sinnhaftigkeit von Doppelhaushalten

(Zwischenruf Diezel, Finanzministerin: Schönen Gruß an...)

Wissen Sie, das Beispiel anderer Länder macht unser Problem hier nicht besser, Frau Ministerin. Hier wird immer so oft die berühmte Makulatur für den Haushalt als Synonym, als Sinnbild verwendet, Makulatur ist eigentlich ein Bindemittel. Ich kann keine Bindung mehr in diesem Doppel

haushalt erkennen. Die Zahlen, die im Plan, vor allem was 2004 betrifft, sind, sind in weiten Teilen hinfällig. Das zeigt sich allein daran, dass sie in der Ergänzungsvorlage zum regulären Haushalt des Jahres 2004 überhaupt nicht berücksichtigt waren. Ich kann an dieser Stelle wirklich nur die Worte meines Fraktionsvorsitzenden - ich glaube, es war vorgestern - wiederholen: Was Sie da betreiben, ist Kosmetik an einem Leichnam. Das klingt hart, das ist aber so.

(Zwischenruf Diezel, Finanzministerin: Ich sage Ihnen noch was dazu.)

Und es ist sogar noch schlechte Kosmetik, Frau Ministerin, da die Einsparungen in weiten Teilen über Globale Minderausgaben am Parlament vorbei vorgenommen werden. Es war doch genügend Zeit für einen Nachtragshaushalt ohne Globaltitel. Seit der Mai-Steuerschätzung, auf deren Ergebnissen ist ja dieser Nachtrag aufgebaut, sind fast 4 Monate vergangen. Die Zeit hätte also gereicht einen komplett neuen Haushalt aufzustellen. Also kommen Sie mir nicht mit dem Zeitargument und kommen Sie mir nicht mit dem Argument der Verlässlichkeit. Ich weiß nicht, was an einem Haushalt oder an Eckdaten, die sich so diametral unterscheiden wie bei diesem, da noch an Verlässlichkeit übrig bleibt. Das müssen Sie mir mal erklären. Das versteht auch draußen keiner mehr. Ich glaube eher, es steckt politisches Kalkül im Vorwahljahr dahinter, aber da mag sich die Öffentlichkeit selbst ein Bild davon machen. In dieses Bild passt auch die Schönung der Investitionsquote, die Sie vorhin hier so gepriesen haben. So dient - und ich nenne da nur ein Beispiel, die Veranschlagung einer Globalen Minderausgabe im Kapitel Wirtschaft, die letztlich zu großen Teilen bei der Gemeinschaftsaufgabe "Förderung regionaler Infrastruktur" realisiert werden soll - nur diesem einen Zweck. Investitionen werden ausgewiesen, obwohl schon längst klar ist, dass diese gar nicht kommen. Das können Sie zwar dementieren wie Sie wollen, Frau Diezel, am Jahresende kommt die Stunde der Wahrheit, da stehen die IstListen. Damit werden wir Sie dann noch einmal konfrontieren. Ebenfalls wegen des statistischen Effekts wurden Zahlungen, Herr Huster hat das vorhin auch noch mal aufgeführt, an den Nationalen Aufbaufonds, die Aufbauhilfen, umveranschlagt und statt bisher allein als Zuweisung nun als Großteil Investitionsausgabe ausgewiesen. Auch das hat Einfluss auf die Quote. Letztendlich die Einführung einer investiven Schlüsselzuweisung für die Kommunen dient dem gleichen Zweck, sicherzustellen, dass die CDU mit dem Aushängeschild einer hohen Investitionsquote im nächsten Jahr in den Wahlkampf ziehen kann. Dass dies potemkinsche Dörfer sind, mag ja der Wahlbürger nicht und es hilft auch nicht viel, dass die Kommunen sich letztendlich über ihre Gremien, über die Spitzenverbände damit einverstanden erklärt haben; Herr Mohring, Sie haben das kleinere Übel gewählt. Bevor eine Kürzung kommt in diesem Bereich, haben Sie diese Kröte geschluckt. Das muss man ganz eindeutig sagen.

Meine Damen und Herren, die konkreten Einsparpositionen, die müssen noch detailliert hinterfragt werden. Wir wollen die kommenden Beratungen des Haushalts- und Finanzauschusses, ich müsste eigentlich besser sagen, wir wollten die kommenden Beratungen des Haushalts- und Finanzausschusses intensiv dafür nutzen. Aber gestatten Sie mir an dieser Stelle noch einmal eine Kritik am Verfahren. Die Zeitschiene, die den Abgeordneten für die Beschlussfassung zugemutet wird, ist - gelinde gesagt - eine Frechheit. Ich plädiere hier nicht dafür, die Verabschiedung des Haushalts auf November zu verschieben, um das ganz deutlich zu sagen. Aber zwischen dem Abschluss der Anhörungen im Ausschuss und der Abstimmung der Anträge der Fraktionen im Ausschuss liegen gerade einmal drei Werktage. Das funktioniert nur, wenn man als Parlamentarier der Mehrheitsfraktion nichts einzubringen hat. Aber das ist nicht unser Verständnis von dieser wichtigen Problematik des Nachtragshaushalts.

Entschuldigen Sie, nehmen Sie bitte nie wieder das Wort "Königsausschuss" in den Mund, wenn es um den Haushalts- und Finanzausschuss geht. Das wird ja dann langsam lächerlich an dieser Stelle. Ich werde in der heute noch stattfindenden Ausschuss-Sitzung dafür plädieren, einen Vorschlag zu unterbreiten, dass die Zeitschiene so gestaltet werden kann, dass die Abgeordneten in angemessener Weise sich ihres parlamentarischen Rechts bei dem Nachtragshaushalt bedienen können.

(Beifall bei der SPD)

An dieser Stelle lassen Sie mich vorab nur einige wenige Wertungen zu einzelnen Titeln vornehmen. Generell kann man sagen, setzt sich in diesem Haushalt ein schon oft benutzter, immer wieder beliebter Trend fort, dass sich das Land zulasten von Bund und Europäischer Union aus Finanzierungsverantwortlichkeiten stiehlt.

(Zwischenruf Abg. Dr. Pietzsch, CDU: Das ist ein Witz.)

Das ist kein Witz, Herr Dr. Pietzsch, dann lesen Sie den Haushalt und dann hören Sie einmal genau zu, was Ihre Kollegin und Ihre ehemalige Kollegin, Frau Ministerin Schipanski, in Bezug auf den Denkmalschutz gesagt hat.

An dieser Stelle würde ich einmal - genau, das ist mein Stichwort - nicht so gegen den Bund ins Feld ziehen, wenn ich ihn dafür benutze, die eigenen Probleme zu kaschieren.

(Beifall bei der SPD)

Der Ausspruch unserer verehrten Frau Finanzministerin, es werde dort gespart, wo es 2004 gegenüber 2003 Ausgabenzuwächse gäbe, das kann man ja eigentlich nur als zynisch bewerten. Bezieht man nämlich das Jahr 2002 in die Betrachtung ein, da gibt es in der Regel so gut wie keine Ausgabenzuwächse 2004, das heißt, die Kürzungen aus 2003 werden nun 2004 fortgeschrieben. Das wird ver

harmlost, indem man sagt, man kappe ja nur die Ausgabenzuwächse. Ich möchte an dieser Stelle gar keine Betroffenheitsdebatte führen, meine Damen und Herren, Betroffenheiten gibt es leider bei einer solchen Situation, in der wir uns befinden, haufenweise und in jedem Bereich tun Kürzungen weh. Ich möchte aber auf einige Dinge hinweisen, in denen Reden und Handeln der Landesregierung besonders dramatisch auseinander driften.

Als erstes Beispiel in den letzten Tagen, auch mit der entsprechenden Öffentlichkeit versehen, die vom Innenminister verkündeten Streichungen der freien Stellen bei der Polizei. Das steht im krassen Widerspruch zu den Notwendigkeiten und den Tausenden Überstunden, die bei der Polizei geleistet werden. Ebenfalls im Haushaltsplan des Innenministers wurden die Zinshilfen für Beiträge gekürzt. Nachdem das damals von der SPD initiierte Zinshilfeprogramm bereits vor Jahren gekänzelt wurde, wurde immer wieder auf genau dieses Programm als Alternative hingewiesen und genau hier wird jetzt auch gekürzt.

Herr Althaus, Sie haben die Problematik Wasser/Abwasser als Chefsache verkündet. Sieht so Ihre Chefsache aus? In diesem Zusammenhang, das hat jetzt nicht unmittelbar was mit dem Haushalt zu tun, betrifft aber die Kommunen sehr stark; auch durch die Beantwortung meiner Kleinen Anfrage zu der Management GmbH - es ist nach wie vor ungeklärt, in welchem Verhältnis diese Management GmbH beispielsweise zu den Kommunalaufsichten steht und welche Wirkungen sie vor allen Dingen entfalten soll. Das ist eine dieser Placebo-Maßnahmen, die ich vorhin schon einmal erwähnte.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das stimmt ja nun wirklich nicht.)

Aber natürlich stimmt das, das wissen Sie ganz genau. Dann müsste man mir auf meine Kleine Anfrage eine falsche Antwort gegeben haben, Herr Fiedler.

Machen wir weiter mit der Kluft zwischen Reden und Handeln der Landesregierung, meine Damen und Herren.

Einzelplan 04 als Beispiel, also Kultusministerium: Bei den Schulen freier Trägerschaften wird gekürzt, die Lehrmittelfreiheit wird weiter ausgehöhlt. Hier sind noch nicht alle Fakten auf dem Tisch, das bleibt uns in der zwar kurzen, aber doch vorhandenen Ausschussanhörungszeit vorbehalten. Eine ganz gravierende Veränderung - und das wirkt sich nun wieder unmittelbar auf die Kommunen aus -, das ist im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs. Wie sich hier das Land aus seiner Verantwortung zieht für einen bezahlbaren ÖPNV durch Umschichtung von Bundesmitteln - alle wissen, wie gefährlich das ist im Hinblick darauf, dass der Bund dann seine Investitionsmittel zwangsläufig kürzen muss, wenn sie bei uns zweckentfremdet verwendet werden. Da werden die Kommunen zusätzlich letztendlich damit belastet. Für die Kommunen ist das insofern dramatisch, dass der Zustand ihrer kom

munalen Straßen in vielen Orten ja nun wirklich äußerst schlecht ist. Da muss ich ja nun keine weiteren Beispiele aufführen. Genau an dieser Stelle und auch letztendlich das Landesstraßenbauprogramm - ich weiß, natürlich muss man irgendwo kürzen, das ist doch ganz klar, aber man muss bei der Frage der Prioritäten schon etwas differenzierter herangehen.

Sie haben das genannt, Frau Ministerin, Landesarbeitsmarktprogramm. Selbst wenn Thüringen an dieser Stelle eine exponierte Position bezieht, aber das ist doch keine Begründung dafür, dass wir notwendige Maßnahmen in diesem Maße, und zwar um mehr als 50 Prozent kürzen. Das ist im Übrigen auch eine Ursache, warum sich die Langzeitarbeitslosenzahl innerhalb eines Jahres in Thüringen so dramatisch erhöht hat. Dann, nur um noch einmal auf das Beispiel von vorhin zurückzukommen, wollen Sie genau diesen Bereich noch kommunalisieren. Herr Althaus, überlegen Sie sich das gut.

Im Einzelplan 08 - Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit - trifft es die Jugend und die Familien, und das entgegen den Beteuerungen der CDU-Fraktion und der Regierung. Die Jugendpauschale wird gekürzt, mehr als um den Betrag, der neu für die Schuljugendarbeit, was ja immer so als Adäquat angeführt worden ist. Das sind alles Beispiele, wo ganz deutlich Reden und Handeln der Regierung drastisch auseinander driften.

(Beifall bei der SPD)

Im Bereich der Familienförderung müssen bestehende Angebote und Förderungen dafür herhalten, damit der neue Familienminister nun auch einmal etwas Neues zu verkünden hat. Die Mittel für die Beratungsstellen werden zurückgefahren und es sollen weniger Zuschüsse zum Bau und zur Verbesserung von Familieneinrichtungen und Einrichtungen der Familienhilfe zur Verfügung stehen. Und dann diese Initiative, ich weiß nicht, meine Damen und Herren, inwieweit Sie das in puncto Glaubwürdigkeit dann aufrechterhalten können.

Es ist sicherlich richtig, dass überall gespart werden muss unzweifelhaft. Unredlich ist aber, meine Damen und Herren, wenn öffentlich der Eindruck erweckt wird, als würde in einzelnen Bereichen nicht gespart und sogar noch draufgelegt, und dann macht man hier das Gegenteil. Das ist unredlich.

(Beifall bei der SPD)

Ein weiterer Bereich, wo es äußerst wehtut, das ist im Bereich des Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst die Förderung der wirtschaftsnahen- und der Grundlagenforschung. Sie sind von massiven Kürzungen betroffen. Während die Verbundforschung, das eigentliche Herzstück dieses Kapitels, im laufenden Haushaltsjahr also 2003 - glücklicherweise nicht von Streichungen betroffen ist, trägt sie im kommenden Jahr die Last der Ein

sparungen fast komplett allein. Laut Haushaltsplan sollen die Mittel für die Verbundforschung im Jahr 2004 von ohnehin indiskutablen 14,1 Mio.     duziert werden. Unter Beachtung bereits vorhandener Verpflichtungsermächtigungen bedeutet dies praktisch das Ende des Landesforschungsförderungsprogramms zur Verbundforschung, meine Damen und Herren. Wir sollten das zur Kenntnis nehmen.

An dieser Stelle könnte ich jetzt aus der Regierungserklärung vom 3. Juli 2003 unseren Ministerpräsidenten Althaus zitieren, wo er sich im besonderen Maße der Forschungs- und Technologielandschaft gewidmet hat. Ich verzichte jetzt darauf an dieser Stelle, das kann jeder nachlesen. Es ist aber ein weiteres Beispiel für die tiefe Kluft zwischen Reden und Handeln.

(Beifall bei der SPD)

Ich habe vorhin schon einen Abschnitt in einem anderen Zusammenhang erwähnt, und zwar bei der Denkmalpflege. Frau Schipanski, Ihr Auftritt im Vorfeld zum Tag des offenen Denkmals war deshalb sehr wenig glaubwürdig. Die bereits bei der Haushaltsaufstellung für den Doppelhaushalt um fast die Hälfte gekürzten Zuschüsse für Investitionen zur Erhaltung von Industrie-, Bau- und Kunstdenkmalen werden nochmals reduziert. Dann verweisen Sie mal so locker eben, ja, dann holen wir uns das Geld bei der EU. Wir werden zu hinterfragen haben, wie Sie das bewerkstelligen wollen.