Protokoll der Sitzung vom 16.10.2003

Ich sehe keine Nachfragen. Doch? Gibt es eine Nachfrage? Nicht. Dann kommen wir zur nächsten Frage in Drucksache 3/3619. Bitte, Herr Abgeordneter Koch.

Änderung der Kostenregelung im sozialgerichtlichen Verfahren und Einführung einer Mindestgebühr bei Anspruch auf Prozesskostenhilfe

Den Presseveröffentlichungen über das zweitägige Treffen der Justizministerinnen und Justizminister der Bundesländer in Hannover im September 2003 war zu entnehmen, dass die Justizministerinnen und Justizminister von CDU und FDP die bisher kostenfreien Gerichtsver

fahren (z.B. vor den Sozialgerichten in erster Instanz) gebührenpflichtig machen wollen und im Übrigen bei einem Anspruch auf Prozesskostenhilfe eine Mindestgebühr einzuführen beabsichtigen, um damit überflüssige Gerichtsprozesse einzudämmen.

Ich frage die Landesregierung:

Mit welcher Begründung hält die Landesregierung eine Aufhebung der Gerichtskostenfreiheit in der Sozialgerichtsbarkeit und eine Mindestgebühr bei einem Anspruch auf Prozesskostenhilfe für vereinbar mit dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit (Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz), dem Grundsatz der Rechtswegegarantie (Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz) sowie dem Rechtsstaats- und dem Sozialstaatsgrundsatz (Artikel 20 Abs. 1 und 3 Grundgesetz)?

Bitte, Herr Minister Gasser.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Koch beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Weder das Gebot der Rechtsschutzgleichheit, noch der Grundsatz der Rechtsweggarantie, noch das Rechtsstaatsoder das Sozialstaatsprinzip gebieten, dass Gerichtsverfahren kostenfrei zu sein haben, was sie in unserer Rechtsordnung im allgemeinen auch nicht sind. Dies gilt auch für das gerichtliche Verfahren vor den Sozialgerichten. Selbst die Abschaffung der für das Sozialgerichtsverfahren gegenwärtig bestehenden Gerichtskostenfreiheit, die im Übrigen auch nur für bestimmte Kläger und Beklagte gilt, wird deshalb nicht in Konflikt mit Verfassungsrecht geraten, sofern bei der konkreten Ausgestaltung der Gerichtskosten die bundesverfassungsgerichtlichen Vorgaben beachtet werden. Der weit gehend gleiche Zugang zu den Sozialgerichten für jedermann wird dadurch ausreichend gewährleistet, dass bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen, insbesondere bei entsprechender Bedürftigkeit, Prozesskostenhilfe erlangt werden kann. In dieselbe Richtung gehen die verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Einführung einer Mindestgebühr bei der Gewährung von Prozesskostenhilfe. Letztlich wird es für die Frage der Übereinstimmung konkreter Regelungen mit den bundesverfassungsgerichtlichen Vorgaben auf die tatsächliche Ausgestaltung ankommen. Im Übrigen gibt es hinsichtlich der Abschaffung der Gerichtskostenfreiheit in sozialgerichtlichen Verfahren keinen abschließenden Beschluss der von Ihnen erwähnten Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister der unionsgeführten Bundesländer Ende September dieses Jahres in Hannover. Vielmehr soll nach Auffassung der Konferenz zunächst eine Arbeitsgruppe mit der Ausarbeitung konkreter Vorschläge beauftragt werden. Dies gilt auch für die Über

legungen zur Einführung einer Mindestgebühr bei der Gewährung von Prozesskostenhilfe, wobei die Diskussion hierzu erstmals anlässlich der besagten Konferenz im September angestoßen wurde.

Es gibt keine weitere Nachfrage. Wir kommen zur nächsten Frage in Drucksache 3/3622. Bitte, Frau Abgeordnete Thierbach.

Bewilligung von Grundsicherungsleistungen an nicht Sesshafte und Obdachlose

In der Plenarsitzung im Juli 2003 wurde in Beantwortung der Mündlichen Anfrage "Bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung" - Drucksache 3/3396 - auf die Frage: "Erfolgt die Bewilligung von Grundsicherungsleistungen an Nichtsesshafte und Obdachlose und wenn ja, nach welchen Kriterien?" durch den Vertreter der Landesregierung geantwortet, dass derzeit von den kommunalen Spitzenverbänden und ihren Mitgliedern Richtlinien zur Anwendung des Gesetzes erarbeitet werden.

Ich frage die Landesregierung:

l. Wie weit ist die Erarbeitung von gemeinsamen Richtlinien zum einheitlichen Vollzug des Gesetzes zur bedarfsorientierten Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung durch die kommunalen Spitzenverbände vorangeschritten?

2. Wann ist mit der Veröffentlichung dieser Richtlinie zu rechnen?

3. Wird es eine rückwirkende Inkraftsetzung dieser Richtlinie zum 1. Januar 2003 geben?

4. Wie wird sichergestellt, dass wohnungslose Personen, die zurzeit noch keine Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz erhielten, aufgrund von nicht einheitlichem Verwaltungshandeln durch die Sozialämter, ihre Ansprüche noch geltend machen können?

Herr Minister Zeh, bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten, Frau Abgeordnete Thierbach:

Zu Frage 1: Die Richtlinien zur Anwendung des Gesetzes über die bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und

bei Erwerbsminderung sind nach Informationen durch die dafür zuständigen Spitzenverbände fertiggestellt.

Zu Frage 2: Die Richtlinie soll nach Aussage der kommunalen Spitzenverbände voraussichtlich im Dezember des Jahres in der vom Thüringischen Landkreistag und Gemeinde- und Städtebund Thüringen herausgegebenen Sammlung "Sozialhilferecht in Thüringen" veröffentlicht werden.

Zu Frage 3: Ein rückwirkendes Inkraftsetzen der Richtlinie ist nach Aussage der kommunalen Spitzenverbände nicht vorgesehen.

Zu Frage 4: Die zuständigen Landkreise und kreisfreien Städte in Thüringen stimmen sich wie im Bereich der Gewährung von Sozialhilfe auch beim Vollzug des neuen Leistungssystems der Grundsicherung untereinander ab. Die erarbeiteten Richtlinien stellen das schriftliche Ergebnis dieses erfolgten Abstimmungsprozesses dar. Wir gehen davon aus, dass ein einheitliches Verwaltungshandeln dadurch gewährleistet ist.

Ich sehe keine Nachfragen, oder doch? Bitte, Frau Abgeordnete.

Herr Minister, ich hätte eine Nachfrage zur vierten Frage. Wie gehen Sie davon aus, dass nicht Sesshaften, denen letztendlich bisher die Inanspruchnahme der Grundsicherung ja vorenthalten wurde, da es keine Regelung gab, wie sie einbezogen wurden, inwieweit können sie die Inanspruchnahme nachwirkend geltend machen?

Ich weiß, dass es eine sehr hohe Ablehnungsquote gibt. Ich denke, das liegt daran, dass die Erwartungshaltung für die Zahlung und Gewährung von Grundsicherung, die mit dem Gesetz geweckt worden ist, einfach nicht erfüllt werden kann. Ich gehe davon aus, dass man sich in der Verfahrensweise einfach so abgestimmt hat, dass man eine einheitliche Verfahrensweise über das Land realisieren konnte.

Eine zweite Nachfrage, bitte schön.

Herr Minister, sind Sie bereit zu prüfen und nach Prüfung des Sachverhalts im Ausschuss darüber zu berichten, inwieweit es geklärt ist, dass die Ablehnung für nicht Sesshafte zur Gewährung zur Grundsicherung be

seitigt ist, da denen der Rechtsanspruch auf die Grundsicherung aufgrund ihres Einkommens ja zusteht?

Wir können darüber im Ausschuss reden, das ist sicherlich sehr sinnvoll, dann kann man auch differenzierter darüber reden. Ich weise aber darauf hin, dass das eine Aufgabe im eigenen Wirkungskreis der kreisfreien Städte und der Landkreise ist und es dann natürlich schwierig ist, die Informationen so zeitgerecht beizubringen. Wir sind immer darauf angewiesen, dass die Kreise und kreisfreien Städte uns informieren.

Ich sehe keine weiteren Nachfragen, danke schön. Wir kommen zur Mündlichen Anfrage in Drucksache 3/3623, bitte Frau Abgeordnete Klaus.

Aufbau des Landesamtes für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz in Bad Langensalza

Das Thüringer Landesamt für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz hat bislang seine Sitze in Bad Langensalza, Erfurt und Jena. Bereits seit der letzten Legislaturperiode ist der Aufbau eines zentralen Landesamtes mit Sitz in Bad Langensalza geplant.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welchen Stand haben Planung und Bau des als Sitz für das Landesamt vorgesehenen Gebäudes in Bad Langensalza bereits erreicht?

2. Wann ist mit der technischen Inbetriebnahme des Amtes in Bad Langensalza zu rechnen?

3. Mittel in welcher Höhe sind für den Aufbau des Amtes bereits verausgabt worden?

4. Führen die gegenwärtigen Haushaltsprobleme zu einer Verschiebung von Planung und Realisierung des Amtes in Bad Langensalza?

Bitte, Herr Minister Zeh.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, sehr verehrte Frau Abgeordnete Dr. Klaus, im Namen der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Auf der Grundlage der vorliegenden HU Bau und der Baugenehmigung wurden die Ausführungsplanungen und ein Großteil der Leistungsverzeichnisse erarbeitet. Das EU-weite Ausschreibungsverfahren wurde bereits eingeleitet. Die Beauftragung von Bauleistungen wird noch in diesem Jahr erfolgen. Ich gehe davon aus, dass wir im I. Quartal 2004 mit den Bauarbeiten beginnen können.

Zu Frage 2: Der Neubau des Amtes in Bad Langensalza ist in zwei Bauabschnitten vorgesehen. Die Inbetriebnahme des ersten Bauabschnitts erfolgt nach bisherigen Planungen voraussichtlich im Dezember 2005, es handelt sich dabei um Laboratorien und Büroräume. Dort ziehen die Dezernate der Abteilungen Lebensmittel- und Veterinäruntersuchungen des jetzigen Standortes Bad Langensalza ein. Nach Inbetriebnahme des zweiten Bauabschnitts und damit des gesamten Neubaus, voraussichtlich im Oktober 2007, ziehen die Abteilungen der bisherigen Standorte Erfurt, Weimar und Jena um. Ich bin zuversichtlich, dass spätestens zum 01.01.2008 das gesamte Amt im Neubau in Bad Langensalza arbeitsfähig sein wird.

Zu Frage 3: Für das Bauvorhaben sind bis heute Mittel in Höhe von 2.735.773,22   " !   und vom TLLV verausgabt worden. Dabei handelt es sich um Planungskosten. Ich nehme an, die Kommastellen wurden sehr exakt ermittelt.

Zu Frage 4: Nein, das ist nicht der Fall.

Ich sehe keine Nachfragen, danke schön. Wir kommen zur Mündlichen Anfrage in Drucksache 3/3626. Bitte, Frau Abgeordnete Wolf.

Erziehungszeiten in der Landesverwaltung

Die Landesregierung hat aufgrund der angespannten Haushaltssituation eine Wiederbesetzungssperre für frei werdende Stellen ausgesprochen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nutzen derzeit Erziehungszeiten, getrennt nach Geschlecht?