Klaus Zeh
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Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, im Namen der Landesregierung möchte ich den Sofortbericht zum Antrag der CDU-Fraktion abgeben. In diesem Antrag wird die Landesregierung um Darstellung gebeten, ob und inwieweit sie eine Verharmlosung des Konsums von Cannabis im Freistaat beobachtet und wie dem gegebenenfalls entgegengewirkt werden kann. Ja, meine Damen und Herren, die Thüringer Landesregierung beobachtet seit geraumer Zeit mit großer Sorge eine Verharmlosung von gefährlichen Drogen. Die Verharmlosung wird von verantwortlichen Politikern sowohl auf Bundesebene als auch auf Landesebene betrieben. Jüngste Beispiele im Freistaat Thüringen sind das Wahlprogramm der SPD, sind Äußerungen von Politkern
der Grünen, z.B. Frau Nickels auf Bundesebene
und Frau Rothe auf Landesebene, und ist auch ein mehrere Tage altes Inserat der PDS-Jugend aus Thüringen in einer Jugendzeitschrift, in dem Legalisierung weicher Drogen gefordert wird.
Meine Damen und Herren, diese Ansätze von SPD, PDS und Grünen für eine Liberalisierung von Drogen verlassen das Ziel, unsere Gesellschaft nach Möglichkeit drogenfrei zu halten.
Meine Damen und Herren, die Forderungen nach Drogenfreigabe sind meines Erachtens unverantwortlich.
Sie sind keine Alternative zur Suchthilfe. Die Forderungen von SPD, PDS und Grünen nach Drogenfreigabe sind verantwortungslos, insbesondere und gerade gegenüber unseren Kindern und jungen Menschen.
Meine Damen und Herren, jede Lockerung wird den Trend zu unbekümmertem Cannabisgebrauch im Freundeskreis verstärken. Mit diesen fragwürdigen Positionen wird den jungen Menschen fälschlicherweise signalisiert, ein bisschen Cannabis macht ja nichts. Das ist eine gefährliche
Verharmlosung. Mit dem Irrweg der Bagatellisierung von Rauschmittelmissbrauch wird das vielfache Leid betroffener Jugendlicher und ihrer Familien ignoriert. Die Realität auch bei uns in Thüringen zeigt doch, dass junge Konsumenten bei regelmäßigem Gebrauch Langzeitschäden davontragen. Die normale soziale Entwicklung dieser jungen Menschen wird gestört, sie können ihr eigentliches Leistungsniveau nicht halten und rutschen ab. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss von 1994 die Länder zugleich aufgefordert, für eine einheitliche Praxis der Staatsanwaltschaften bei der Anwendung des § 31 a Betäubungsmittelgesetz zu sorgen. Hier handelt es sich darum, dass man von der Verfolgung bei geringen Mengen absehen sollte. Darum geht es ja: Was sind eigentlich geringe Mengen? Noch immer weisen die Richtlinien der Landesjustizverwaltungen eine erhebliche Bandbreite in Deutschland bezüglich einer noch zu tolerierenden so genannten geringen Menge des Besitzes von Cannabis-Produkten auf. Das, meine Damen und Herren, untergräbt meines Erachtens jede Glaubwürdigkeit von richtiger und guter Drogenpolitik. Im Übrigen vertrete ich da gar keine parteipolitischen einseitigen Positionen. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Frau Marion Caspers-Merk, die ja bekanntlich nicht der CDU angehört, hat eindringlich vor dem Gebrauch von Cannabis-Produkten gewarnt.
Deswegen kann ich doch das andere nicht verharmlosen, Herr Gentzel.
Nein, das steht in Ihrem Parteiprogramm so drin. Ich darf erst mal meine Rede noch zu Ende führen, Herr Gentzel, Sie können sich hier ja auch äußern.
In einer Fachtagung des Bundesgesundheitsministeriums im März 2002 hat Frau Caspers-Merk dazu ausführlich Stellung genommen. Der Bericht über diese Veranstaltung und das Referat von Frau Caspers-Merk liegen ja als Broschüre vor. Herr Gentzel, wenn Sie es nicht haben, können Sie es sich bei mir abholen, ich kann Ihnen das zur Verfügung stellen. Dort heißt es wörtlich, ich darf zitieren, Frau Präsidentin: "Gerade Jugendliche konsumieren häufig Cannabis mit dem Bewusstsein, gesundheitlich kein großes Risiko einzugehen. Gerade deshalb ist die Freigabe von Cannabis-Produkten das falsche Zeichen."
Meine Damen und Herren, wir haben ja gestern gerade die Diskussion auch im Bundestag über die Suchthilfeproblematik der alkoholischen Mixgetränke, der so ge
nannten Alkopops gehabt. Ich denke auch, es ist in unserem Sinne, diese sollten teurer und die Gefahren besser gekennzeichnet werden. Auch ich habe die Bundesgesundheitsministerin in einem Schreiben auf die Gefahren hingewiesen, die gerade durch den Gebrauch dieser Droge bestehen. Während die SPD-geführte Bundesregierung versucht, den Gebrauch so genannter legaler Drogen zu erschweren - und dazu zählt auch Alkohol - wollen die Thüringer SPD und PDS Cannabis erlauben.
Meine Damen und Herren, dieses Wirrwarr, das setzt sich ja offenbar in der SPD heute fort. Der Presse war zu entnehmen, dass der Landesvorsitzende der SPD, der ja als Staatssekretär der Bundesregierung angehört, gegen die Aufnahme dieses Punkts in ihrem Wahlprogramm gestimmt hat. Er wurde von eigenen Parteifreunden überstimmt.
Meine Damen und Herren, diese ständigen Widersprüche tragen natürlich nicht zur Glaubwürdigkeit der SPD bei. Die Thüringer Bürger wollen genau wissen, woran sie sind.
Meine Damen und Herren, es ist völlig eindeutig, der Gebrauch von Cannabis ist nach geltendem Recht strafbar.
In Thüringen kann bei einem Besitz von bis zu 6 Gramm für den gelegentlichen Eigenverbrauch auf die Strafverfolgung verzichtet werden. Dennoch ist es nach geltendem Recht allerdings strafbar. Andere Länder wie Schleswig-Holstein setzen die Straffreiheitsgrenze erst bei 30 Gramm fest. Das halte ich natürlich eindeutig für zu hoch.
Wie schwer bereits der Missbrauch legaler Suchtmittel wie z.B. Alkohol und Nikotin zu verhindern ist, macht die Besorgnis erregende Zunahme von Alkohol- und Nikotinmissbrauch besonders bei Jugendlichen deutlich. Hier dürfen wir die Tür nicht leichtsinnig wieder aufstoßen.
Meine Damen und Herren, ich komme noch einmal auf die gesundheitlichen Langzeitschäden zurück. Forschungsergebnisse zeigen, dass regelmäßiger Konsum von Cannabis-Produkten wie Haschisch und Marihuana zu dauerhaften Störungen bei der Wortfindung, z.B. auch bei der Koordination von Bewegungen und zu einem eingeschränkten Lernvermögen führen kann. Die Gefahr steigt, wenn Jugendliche eher, das heißt schon mit 12 bis 15 Jahren beginnen. Selbst scheinbar geringe Folgen wie Teilnahmslosigkeit oder Aktivitätsverlust haben enorme Auswirkungen auf das Leben der Jugendlichen.
Sie können den Leistungsanforderungen in Schule und Berufsausbildung nicht mehr gerecht werden.
Meine Damen und Herren, eine Legalisierung so genannter weicher Drogen ist ein verharmlosendes Signal.
Deshalb bleibt die Thüringer Landesregierung bei ihrer Politik, null Toleranz gegenüber Rauschmittelmissbrauch.
Der Thüringer Landtag hat in seiner Sitzung am 13. November 2003 diese ablehnende Haltung zur Legalisierung so genannter weicher Drogen bekräftigt. Auch ich halte eine Liberalisierung von Cannabis geradezu für eine Einladung, diese Drogen zu probieren.
Meine Damen und Herren, wir haben ja auch heute in Thüringen zu beklagen, dass etwa jeder vierte 12- bis 25-Jährige mit Cannabis bereits Erfahrung gemacht hat. Untersuchungsergebnisse aus 2003 berichten für die Gruppe der 18- bis 24-Jährigen, dass nahezu die Hälfte, nämlich 42 Prozent, mindestens einmal im Leben Cannabis konsumiert hat. Im Jahr 2000 waren es nur 36 Prozent. Cannabis ist auch in Thüringen die am häufigsten konsumierte illegale Droge. Die gegenwärtige Rechtslage ist vom Bundesverfassungsgericht geprüft und bestätigt worden. Sie ermöglicht der Justiz ein flexibles Reagieren und die Berücksichtigung der besonderen Fallgestaltungen von Probierern und Gelegenheitskonsumenten einerseits und Wiederholungstätern und Dealern andererseits. Ich habe in diesem Zusammenhang ein Modellprojekt aufgelegt, um polizeilich erstauffällige Konsumenten so genannter weicher Drogen vor einem Abgleiten in die Kriminalität oder vor der Entwicklung einer Drogenabhängigkeit zu bewahren.
Dieses Programm - unter dem Namen "FreD" (Frühin- tervention bei erstauffälligen Drogenkonsumenten) bekannt geworden - wird den jungen Menschen in Thüringen ein kurzes, gezieltes und auch freiwilliges erstes Beratungsangebot unterbreiten. Die Initiativen von SPD, PDS und Grüne zielen auf eine Heraufsetzung der bisherigen Grenze von 6 Gramm Cannabis ab. Die ehemalige Drogenbeauftragte des Bundes, Frau Christa Nickels von den Grünen, oder die Thüringer Landesvorsitzende, Frau Rothe, haben das ebenfalls gefordert. Die Thüringer Landesregierung hält an einer Politik der Bekämpfung des illegalen Drogenhandels einerseits und abstinenzorientierten Präventions- und Hilfsangeboten für suchtkranke Menschen andererseits fest.
In diesem Zusammenhang verweise ich auf den entsprechenden Bericht der Landesregierung, der im November des letzten Jahres hier im Landtag erörtert worden ist. Thüringen verfügt über ein gut ausgebautes Netz suchtpräventiver Angebote. Es geht dabei um Aufklärung, besonders auch um die Risiken des Konsums. Die Prävention des Konsums illegaler Drogen war und ist eine der wichtigsten Aufgaben gewesen. Der Schwerpunkt in der Präventionsarbeit liegt dabei bei Schülerinnen und Schülern. In der Thüringer Suchtprävention wird daher die kontinuierliche, in allen Landkreisen und kreisfreien Städten verfügbare Arbeit der Fachkräfte für Suchtprävention fortgesetzt. Die Thüringer Landesregierung wendet in Suchtprävention und Suchthilfe jährlich etwa 15 Mio. freiwillige und gesetzliche Leistungen auf.
Meine Damen und Herren, die Thüringer Landesregierung leistet ihren Beitrag dazu, den Gebrauch von Drogen entschieden zu bekämpfen. Weltweit sind sich alle Experten darin einig, dass zu den möglichen staatlichen Maßnahmen insbesondere eine Bewusstseinsbildung und - das ist noch sehr, sehr viel wichtiger - das entsprechende Vorbildverhalten der Erwachsenen hinzukommen muss.
Meine Damen und Herren, man wird von Kindern und Jugendlichen nicht erwarten können, dass sie nicht rauchen, nicht trinken oder keine anderen Drogen zu sich nehmen, wenn die Eltern oder andere Erwachsene diese Drogen selbst konsumieren oder diese auch verharmlosen.
Meine Damen und Herren, nicht gerade das ist eben in Thüringen zu beobachten, dass Verantwortliche Politiker dieser Verharmlosung auch Raum geben. Wer jedoch die Freigabe "weicher Drogen" in sein Wahlprogramm aufnimmt oder in Jugendzeitschriften entsprechende Inserate schaltet, erweckt den falschen Eindruck, diese Substanz sei ungefährlich. Ich halte das für äußerst fatal. Überdies führt eine Freigabe nicht selten zu einer Zunahme beim Konsum harter Drogen und damit auch zu einem Anstieg der Beschaffungskriminalität. Im Übrigen, auch freigegebene Drogen kosten natürlich Geld und damit ist das Problem der Beschaffungskriminalität nicht unterbunden. Daher ist die Thüringer Landesregierung entschieden gegen jegliche Freigabe, ob nun weiche Drogen oder nur auch in kleinen Mengen. Meine Damen und Herren, deshalb sage ich noch einmal eindeutig, die Art und Weise, wie einige Thüringer Politiker von SPD, PDS und Grünen mit diesem Thema umgehen, ist verantwortungslos. Wir können ja mal über die Landesgrenzen hinweg schauen, zum Beispiel nach den Niederlanden. Die liberale Drogenpolitik in den Niederlanden wird allgemein als gescheitert angesehen. Die Niederlande sind zu einer Drehscheibe
des Drogenhandels geworden. Ein Drogentourismus in großem Ausmaß ist entstanden. Zustände wie in Amsterdam, meine ich, sollten wir hier in Thüringen nicht haben wollen.
Meine Damen und Herren, auch das darf ich noch sagen, wie in den Medien zu lesen war, hat dies auch die holländische Regierung eingesehen und setzt nun alles daran, die entstandenen Probleme des Drogenmissbrauchs zu ändern. Daher sehe ich keinen Grund, die jetzige Rechtslage zu ändern. Es muss bei der jetzigen Rechtslage bleiben. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, als Erstes, Frau Pelke, Thüringen hat eines der besten Beratungsnetze im suchtpräventiven Bereich. Das wird uns von allen bestätigt und das gilt auch noch heute so. Es ist auch noch heute so. Wir haben im Jahre 2002 bis 2003 in der Tat den Ansatz um 4 Prozent gemindert. Aber das ist bei einer dramatischen Finanzsituation, die Thüringen nicht zu verantworten hat, die Finanzsituation ist einer Wirtschaftsentwicklung geschuldet, die die Bundesregierung zu verantworten hat, meine Damen und Herren.
Dennoch, bei dieser Finanzsituation, die 2004 mindestens noch einmal so dramatisch nach unten gegangen ist, hat die Landesregierung den Ansatz eben nicht geändert, um genau diesen Bereich weiter noch in einem hohen Maße zu finanzieren. Frau Pelke, ich bin Ihrer Meinung, dass die Entkriminalisierung Drogenabhängiger wichtig ist. Drogenabhängige sind krank und sie bedürfen der Hilfe der Gesellschaft. Aber wenn Sie im gleichen Programm schreiben, dass Sie den Eigenbedarf nicht länger kriminalisieren, dann heißt das zu gut Deutsch, Sie legalisieren diesen Eigenbedarf und dagegen wenden wir uns mit aller Entschiedenheit.
Und Herr Dittes, ich habe nachweislich gesagt, nicht Alkohol als weiche Droge bezeichnen. Ich habe gesagt, Alkohol gehört zu den legalen Suchtmitteln. Ich kann es einfach nicht nachvollziehen. Alkoholmissbrauch ist schon schlimm genug, aber dass ich den Alkoholmissbrauch als Argument dafür aufrufe, dass ich Cannabis nun noch legalisieren müsse, das verstehe ich überhaupt nicht.
Wissen Sie, Herr Dittes, Ihre Logik, die kommt mir manchmal so vor: Wenn ein Boot undicht wird und Wasser hineinläuft, dann ist Ihre Logik die, ich bohre ein großes Loch hinein, damit der Wasserzufluss kontrolliert erfolgen kann.
Herr Dittes, das ist nun völliger Nonsens. Wenn ein Boot Löcher hat, dann versuche ich, die Löcher zu schließen und nicht alle Schleusen zu öffnen, denn dann geht das Boot unter und das kann nicht unser Ziel sein.
Wenn Sie mich, meine Damen und Herren, in einem Satz fragen, wie kann man der Verharmlosung des Konsums von Cannabis entgegenwirken? Ich kann nur sagen, ich hoffe für die Thüringer, dass wir von einer rot/rotgrünen Drogenpolitik verschont bleiben. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, im Namen der Thüringer Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Pidde wie folgt:
Zunächst einmal ist festzustellen, dass es sich beim Verein "Für Thüringen mit Dieter Althaus" nicht um einen CDU-Wahlkampfverein handelt. Gemäß der Satzung dieses Vereins handelt es sich um einen überparteilichen Zusammenschluss von interessierten Bürgern.
Dieser führt Informationsveranstaltungen zu vielen Themen durch und die Unterstützer engagieren sich
auch für unseren Ministerpräsidenten Dieter Althaus. Ich glaube, es obliegt nicht dem Thüringer Landtag, darüber zu befinden,
wer sich in seiner Freizeit für welche Ziele ehrenamtlich engagiert. Wir leben in einer freiheitlichen Demokratie, in der jeder Bürger das Recht hat, sich für seine Ideen ehrenamtlich zu betätigen.
Ich verweise im Übrigen darauf, Herr Pidde, dass ich Ihre Fragen bereits innerhalb der
Kleinen Anfrage 1171 in der Drucksache 3/4134 beantwortet habe. Ich bin aber gern bereit, dies noch einmal näher zu erläutern. Zwischen den Zeilen Ihrer Frage steht allerdings die Unterstellung, dass Herr Hartwig Gauder im Rahmen seiner Dienstzeit Wahlkampf für die CDU betreibe.
Ich kann verstehen, wenn Sie mit meiner Antwort nicht zufrieden sind, da Ihre Spekulationen so nicht aufgegangen sind.
Zu Frage 1: Herr Gauder besetzt eine halbe Stelle, 20 Stunden wöchentlich im Staatsbauamt Erfurt, und zwar im Wege der Abordnung. Dabei handelt es sich um keine Planstelle im Organisationsbereich des Ministeriums.
Zu Frage 2: Ich habe ausdrücklich auf die Einrichtung eines Grundsatzreferats verzichtet, wie es dies in der 2. Legislaturperiode gegeben hat. Herr Gauder unterstützt den Leiter des Ministerbüros bei Grundsatzfragen und konzeptionellen Arbeiten. Derzeit bereitet er zum Beispiel ein Olympiakonzept für die Thüringer Landesregierung mit vor. Eine Erweiterung der Aufgabenstellung ist damit nicht verbunden.
Zum Abschluss lassen Sie mich noch anfügen, dass Herr Gauder eine Fülle von ehrenamtlichen Tätigkeiten hat, zum Beispiel als Mitglied des Nationalen Olympischen Komitees oder als Geschäftsführer des Vereins "Sportler für Organspende". Grundsätzlich begrüßt die Thüringer Landesregierung, wenn sich Mitarbeiter ehrenamtlich in Parteien, Gewerkschaften, Kirchen und Vereinen engagieren.
Es wird als positiv angesehen, wenn sich Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes neben ihrer Haupterwerbsarbeit zu
sätzlich noch dem Gemeinwohl verpflichtet fühlen. Ob und wie und wo sich jemand persönlich engagiert, ist jedoch allein dessen private Angelegenheit. Deshalb mischt sich die Landesregierung nicht in das Freizeitverhalten der Mitarbeiter ein. Dies ist auch nicht meldepflichtig. Diese Zeiten sind meines Erachtens endgültig vorbei.
Ich kann Sie nur bitten, die Persönlichkeit von Hartwig Gauder in der Öffentlichkeit nicht weiter zu diskreditieren. Er ist ein Musterbeispiel von persönlichem Engagement, Kompetenz und Solidität.
Ich bin sehr dankbar, einen solchen Mitarbeiter in meinem Haus zu wissen. Ich gehe davon aus, dass ein so kluger und engagierter Mensch wie Herr Gauder gute Gründe haben wird, sich in seiner Freizeit für unseren Ministerpräsidenten Althaus einzusetzen.
Wissen Sie, Herr Pidde, wenn ich in der Öffentlichkeit einen Menschen so zu Unrecht diskreditiert hätte, wäre eine persönliche Entschuldigung das Mindeste, was ich tun würde. Aber dies muss jeder für sich selbst entscheiden. Vielen Dank.
Die erste Anfrage habe ich, glaube ich, in meiner Antwort ausführlich beantwortet und die zweite Frage ist zugegeben subjektiv. Aber das muss wohl jeder für sich selbst entscheiden.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, sehr geehrte Frau Abgeordnete, ja Pelke müsste ich jetzt sagen, Frau Bechthum, im Namen der Landesregierung beantworte ich diese Mündliche Anfrage wie folgt:
Gestatten Sie mir zunächst eine allgemeine Vorbemerkung. In einer Welt, in der der Tod vielfach keinen Platz mehr hat, wird in Bad Berka erstmals in Thüringen ein stationärer Ort geschaffen, an dem Menschen mit schweren Erkrankungen würdevoll mit ihrer Krankheit leben und würdevoll von ihrem Leben Abschied nehmen können. Im Mittelpunkt der Hospizarbeit steht die Begleitung und Unterstützung des sterbenden Menschen und der ihm nahe Stehenden. Sie ist vor allem auf die Begleitung und lindernde Hilfe gerichtet, nicht auf lebensverlängernde Maßnahmen. Die lebensbejahende Grundidee schließt aktive Sterbehilfe ausdrücklich aus. Derzeit wird in der Bundesrepublik Deutschland von einigen Bundestagsabgeordneten über ein Gesetz diskutiert, das die aktive Sterbehilfe legalisiert. Im Namen der Thüringer Landesregierung möchte ich betonen, ein solches Gesetz wäre ein Dammbruch mit unabsehbaren Folgen. Wenn es um den Schutz des menschlichen Lebens geht, darf es keine Kompromisse geben, weder am Anfang noch am Ende des Lebens.
Sehr verehrte Damen und Herren, in diesem Zusammenhang spielt die Hospizarbeit eine wichtige Rolle. Das Haus in Bad Berka wird die Angebote der 20 in Thüringen tätigen ambulanten Hospizdienste ergänzen. Es entstehen 12 stationäre Plätze sowie 6 Tagespflegeplätze für ein Investitionsvolumen von insgesamt 2,25 Mio. ders hervorheben möchte ich, dass sich nicht nur der Bund und die Thüringer Landesregierung an der Finanzierung beteiligen, sondern ich möchte auch den hohen Eigenanteil des Trägerwerkes soziale Dienste hervorheben.
Nun zu Ihrer Frage 1: Die Baumaßnahmen verlaufen entsprechend dem Bauablaufplan. Das Richtfest findet am Freitag, dem 14. Mai 2004 statt. Die Eröffnung wird voraussichtlich im Februar 2005 sein.
Zu Frage 2: Es bedarf keiner formellen Betriebserlaubnis. Die Einrichtung kann unmittelbar nach der Fertigstellung anfangen und arbeiten. Der Träger der Einrichtung hat lediglich die Anforderungen an den Betrieb eines Heimes nach § 11 des Heimgesetzes zu erfüllen und nach § 12 dieses Gesetzes 3 Monate vor der vorgesehenen Inbetriebnahme die beabsichtigte Betriebsaufnahme anzuzeigen.
Zu Frage 3: Nein, konkrete Vereinbarungen oder Verträge zum Pflegesatz und zur Vergütung liegen noch nicht vor. Die notwendigen Abstimmungen der Krankenkassen und Pflegekassen werden zurzeit geführt. Weiter gehende Anträge, z.B. ein Antrag auf Versorgungsvertrag im Sinne des § 39 a des SGB V wurden bisher vom Träger nicht gestellt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Abgeordnete Dr. Klaus, im Namen der Landesregierung beantworte ich die Fragen wie folgt:
Die Behauptung in der Begründung dieser Mündlichen Anfrage, ich zitiere: "Aufgrund der Haushaltslage des Landes war eine Förderung im Jahre 2003 nicht mehr möglich, aber für 2004 in Aussicht gestellt worden." ist falsch. Es hat weder eine schriftliche noch mündliche Inaussichtstellung meines Hauses gegeben.
Zu Frage 1: Vom Votum der Stadt Jena bei der Fördermittelvergabe wurde nicht abgewichen. Die Stadtverwaltung Jena bat im Schreiben vom 27.09.2002 bezüglich der Förderung der Investitionsmaßnahme Kindergarten Sankt Johann Baptist, ich darf zitieren: "Ich bitte, den Antrag unbedingt zu unterstützen." Originalton aus Jena. In einem weiteren Schreiben der Stadtverwaltung Jena vom 16.10.2003, also ein Jahr später, heißt es wörtlich: "Wir haben bereits im September 2002 in unserer Stellungnahme die Dringlichkeit der Sanierung aus der Sicht des Jugendamtes begründet." Gemeint ist hier wiederum die Kindertagesstätte Sankt Johann Baptist. Im Dezember 2003 erfolgte die Entscheidung zur Förderung von Kindertagesstätten für das Jahr 2004. Die Antragsfrist für die Kommunen beim Ministerium lief am 30.11.2003 ab. Nachdem die Förderentscheidung gefallen war, ist ein Schreiben mit Datum vom 23.01.2004 des zuständigen Dezernenten Dr. Schröter der Stadtverwaltung Jena im Ministerium am 5. Februar 2004 eingegangen. Darin wird erstmalig darauf verwiesen, dass das Projekt der Diakonie für 2004 die höchste Priorität aus Sicht der Stadt Jena hat. Die Landesregierung nimmt die schriftliche Stellungnahme der Kommunen bei der Fördermittelvergabe sehr ernst. Warum die Stadt Jena die Priorität aus den Jahren 2002 und 2003 im Jahre 2004 geändert hat, kann ich Ihnen nicht beantworten. In der Presse ist aufgrund unterschiedlicher Äußerungen von einzelnen Kommunalpolitikern aus Jena ein falscher Eindruck entstanden.
Zu Frage 2: Wie bereits festgestellt, gab es keine Inaussichtstellung eines Förderbescheids an die Diakonie Jena. Es gab in der Vergangenheit lediglich Zusagen, dass die Möglichkeit einer Förderung geprüft wird. Dessen ungeachtet werde ich mich persönlich dafür einsetzen, dass eine Förderung des Kindergartenneubaus "In den Fuchslöchern" zum nächstmöglichen Zeitpunkt, und ich füge hinzu, auch im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten, umgesetzt werden kann. Der finanzielle Rahmen ist jedoch nicht allein von der Thüringer Landesregierung abhängig, das sollten Sie wissen. Die Mai-Steuerschätzung
lässt für den Haushalt Böses ahnen. Am gestrigen Tage ist im Ministerium ein Schreiben des Trägers eingegangen, in dem der Antrag des förderunschädlichen vorzeitigen Maßnahmebeginns für den Bau der Kindertagesstätte "In den Fuchslöchern" gestellt wird. Diesem Antrag wird entsprochen. Bereits in der Vergangenheit war dies mehrfach zugesagt worden. Warum der Träger diesen Antrag jetzt erst stellt, entzieht sich meiner Kenntnis. Somit könnte bereits in diesem Jahr mit dem Rohbau begonnen werden. Die Stadt hat die notwendigen finanziellen Mittel im Haushalt 2004 eingestellt und kann damit selbst den Startschuss für die Maßnahme geben. Eine Zusage bezüglich der Finanzierung im Jahre 2005 kann ich aber nicht machen. Hierzu müssen die notwendigen finanziellen Mittel im nächsten Landeshaushalt erst eingestellt werden. Das macht der Haushaltsgesetzgeber, wie Ihnen nicht unbekannt sein dürfte. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich beantworte die Anfrage von Frau Arenhövel namens der Landesregierung wie folgt.
Ich mache eine Vorbemerkung. Die Landesregierung hat in der Familienpolitik neue Wege beschritten. Als erstes Land der Bundesrepublik Deutschland hat sie zu Beginn des Jahres 2004 eine Familien-Card mit einem Finanzvolumen von einer halben Million Euro eingeführt. Dabei gehörten zu den Zielgruppen die Familien mit drei und mehr Kindern sowie Familien mit mindestens einem Kind, sofern sie Sozialhilfebezieher sind. Die Selbstbeteiligung der Familien beträgt insgesamt 5 : , unabhängig von der Personenzahl. Die Card gilt an drei beliebigen Tagen im Laufe des Jahres, wobei die einzelnen Familienmitglieder dieses Angebot auch einzeln nutzen können. Die Familien-Card berechtigt zu kostenfreiem Eintritt zu 150 Sehenswürdigkeiten im Freistaat Thüringen, zu Schwimmbädern und auch zur Landesgartenschau, die jetzt ihre Pforten geöffnet hat. Wie auch in der Anfrage dargestellt, steht durch die Landesregierung für das Jahr 2004 für 8.000 Familien diese Familien-Card zur Verfügung. Geht man von einer durchschnittlichen Nutzerzahl pro Familie von etwa 3 Personen aus, so können von diesem Angebot rund 24.000 Personen profitieren. Gewinner dieses Angebots sind jedoch auch die kulturellen Einrichtungen und Veranstalter in Thüringen, die eine höhere Besucherfrequenz zu verzeichnen haben. Nun zu Ihren Einzelfragen:
Zu Frage 1: Der Landesregierung liegen die Daten für das I. Quartal 2004 vor. Danach wurden zunächst durch das Landesamt für Soziales und Familie die Cards an 1.026 Familien ausgereicht. Die seit 1. Februar 2004 zuständigen kreisfreien Städte und Landkreise haben die Cards noch einmal an 963 Familien ausgegeben. Insgesamt haben also im I. Quartal 1.989 Familien die Familien-Card erhalten.
Zu Frage 2: Wie Sie aus den genannten Zahlen ableiten können, wird dieser Weg der Familienpolitik gern gegangen und sehr gut angenommen. Die Erwartungen meines Hauses und auch der Landesregierung werden mit der Nachfrage von ca. 2.000 Familien-Cards im I. Quartal 2004 vollständig erfüllt. Insofern ist die in der Vergangenheit immer wieder geäußerte Kritik der Oppositionsfraktionen, die Landesregierung solle das Geld für den Familientag
besser zugunsten der Thüringen-Card nutzen, nicht nachvollziehbar. Wenn wir dem Vorschlag der Opposition gefolgt wären, dann säßen wir jetzt auf ungenutzten Familien-Cards, die verfallen wären, und die Chance eines Familientages hätte es nicht gegeben. So ist jedoch der tatsächliche Bedarf sehr genau und zutreffend eingeschätzt worden. Ich gehe davon aus, dass insbesondere in den wärmeren Monaten und vor den Sommerferien die Nachfrage leicht ansteigt und dass die Familien-Cards bis zum Ende dieses Jahres ausreichen.
Zu Frage 3: Die Ausgabe der Familien-Card durch die kommunalen Behörden hat sich nach den mir vorliegenden Informationen als eine richtige Entscheidung herausgestellt. Die Familien sollen möglichst kurze Wege haben. Das Landratsamt des Eichsfeldkreises, des Unstrut-Hainich-Kreises, des Saale-Holzland-Kreises sowie die kreisfreien Städte Erfurt, Eisenach und Jena haben bereits eine Zweitlieferung von Karten bekommen.
Zu Frage 4: Die Vergabekriterien haben sich bewährt. Die Nutzung des Angebots erfolgte so, wie sie von der Landesregierung ursprünglich auch gedacht waren. Es sollen diejenigen Menschen in unserer Gesellschaft erreicht werden, die den Mut zur Familie haben, auch wenn sie nicht im überdurchschnittlichen Wohlstand leben.
Zusammenfassend kann man bereits heute feststellen, dass dieses Experiment einer landesweiten Familien-Card gelungen ist. Es obliegt den Abgeordneten des Thüringer Landtags der kommenden 4. Wahlperiode die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, damit dieses Projekt fortgesetzt werden kann. Persönlich werde ich mich für eine Fortsetzung einsetzen. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, vorgelegt wurde aus den Reihen des Hauses, nämlich der SPD-Fraktion, ein Familienfördergesetz. Das begrüße ich als Familienminister natürlich ausdrücklich.
Ich darf an der Stelle nur ergänzen, ein Familienfördergesetz wird in der CDU Thüringen seit der Konstituierung des CDU-Familienforums bereits seit Ende 2001 diskutiert. Dabei wurden von Anfang an die Familienverbände, die Frauenverbände, die Wohlfahrtsverbände und andere in die Diskussion mit einbezogen. Im Herbst 2002, wie Frau Kollegin Bechthum das hier dargestellt hat, hat die SPD diese Diskussion offenbar aufgegriffen und in diesem hohen Haus einen Antrag eingebracht in der Drucksache 3/2728, in dem die Landesregierung aufgefordert wurde, in bestimmter Weise - es wurden auch Eckpunkte darin fixiert - einen entsprechenden Gesetzentwurf einzubringen. Frau Abgeordnete Bechthum, Frau Pelke, ja, wir haben diesen Antrag damals abgelehnt. Mein Vorgänger im Amt, der heutige Fraktionsvorsitzende der CDU
Fraktion, Herr Dr. Pietzsch, hat auch gesagt warum. Ein Gesetz muss natürlich den Zweck haben, auch etwas von der Sache her Neues zu regeln. Das war damals in den Vorlagen nicht zu erkennen und diese Aussage teile ich natürlich ausdrücklich. Jetzt, kurz vor Ende der Legislaturperiode und damit in denkbar schlechter Zeit für eine sorgfältige parlamentarische Behandlung, kommt die SPD mit einem eigenen Gesetzentwurf heraus. Sie greift darin Forderungen auf, die sowohl vom Ministerpräsidenten Dieter Althaus als auch dem Beirat für Familienfragen beim Ministerpräsidenten als auch in der Enquetekommission "Wahrung der Würde des menschlichen Lebens in Grenzsituationen" thematisiert worden sind. Ich sagte bereits, natürlich freue ich mich, dass neben der Landesregierung auch der Gesetzgeber, sprich Parlament, familienpolitische Akzente setzt. Ich muss nur sagen, es wäre glaubwürdiger gewesen, wenn Sie Ihre Stimme mindestens ebenso laut erhoben hätten, als der Bundesgesetzgeber, nämlich die SPD und Bündnis 90/Grüne, das Bundeserziehungsgeld in der Weise eingeschränkt hat, wie es ab 01.01.2004 eingeschränkt worden ist.
Es ist schade, dass Sie hier ruhig geblieben sind. Es wird eine Vielzahl unserer Frauen hier
im Osten betreffen, nämlich die Einkommensgrenzen sind beim Bundeserziehungsgeld gesenkt worden und das trifft leider auch viele Frauen hier. Das sind falsche familienpolitische Akzente. Deshalb teile ich auch die Ansicht meines Kollegen Panse. Ich befürchte, dass dieser Antrag auch mit Blick auf den Wahlkampf gestellt worden ist. Ich sage auch, wenn man sich diesen Antrag anschaut, spricht vieles dafür. Denn dieser Antrag ist mit sehr heißer Nadel gestrickt, also schnell noch, nachdem der Ministerpräsident angekündigt hat, ein solches Familienfördergesetz in der nächsten Legislaturperiode auf den Weg bringen zu wollen, ziehen Sie ein solches Gesetz aus Ihrer Tasche. Ich hatte ja bereits gesagt, ich begrüße das ausdrücklich und deswegen betrachte ich das auch als ein Diskussionspapier, aber keinesfalls als einen ausgereiften Gesetzentwurf. Ein Familienfördergesetz muss meines Erachtens mehr sein als ein Kommentar zu § 80 und einigen anderen Paragraphen des Sozialgesetzbuchs VIII bezüglich Kinder- und Jugendhilfe. Bei der Familienbildung beispielsweise will ich mehr als nur in Anlehnung an das KJHG die freien Träger der Jugendhilfe in den Blick nehmen, denn Familienbildung ist seit langem durchaus auch Sache beispielsweise der Erwachsenenbildung. Die Initiative des Ministerpräsidenten, eine Elternakademie als Vernetzungsagentur zu errichten, ist es meines Erachtens auch wert, gesetzlich verankert zu werden.
Ich sage auch das ausdrücklich, ich begrüße es, dass Sie das von Ministerpräsident Althaus initiierte Landesbündnis für Familie und die lokalen Bündnisse für Familien gesetzlich verankern wollen. Es bedarf dazu aber einer genaueren gesetzlichen Bestimmung, die diese Einrichtungen auch beschreiben und gesetzlich fixieren. Immerhin - und das muss man Ihnen zu Gute halten -, die SPD erkennt an, dass die Initiativen des Ministerpräsidenten eine gute Politik sind und es wert sind, fortgeführt zu werden. Das kann ich natürlich nur gutheißen, Frau Kollegin Pelke.
Ich möchte mich weiterhin für eine gesetzliche Verankerung der Landesleistung für Schwangere und Familien in Not aussprechen, Kollege Panse hat es hier ausführlich dargestellt. Deshalb vermisse ich auch die wohl erwogene Empfehlung der Enquetekommission "Wahrung der Würde des Menschen in Grenzsituationen", ein Ausführungsgesetz zum Schwangerschaftskonfliktberatungsgesetz im Rahmen eines Familienfördergesetzes zu erarbeiten.
Meine Damen und Herren, schließlich ist nicht klar, ob das in dem Gesetzentwurf geforderte Instrument eines Familienförderplans bzw. Landesfamilienförderplans schon wegen der damit ausgelösten Bürokratie nicht vermeidbare zusätzliche Kosten bedeutet.
Meine Damen und Herren, der vorgelegte Gesetzentwurf hat noch einen zweiten Schwerpunkt, nämlich den Kinderschutz. Es ist richtig, Kinder sind leider in unserer modernen aufgeklärten Gesellschaft immer noch Opfer von Gewalt, und zwar körperlicher wie seelischer, und sie sind Opfer von Vernachlässigungen. Das ist nicht nur unerträglich, es ist je nach Tatvorwurf auch ein Verbrechen an unseren Kindern.
Meine Damen und Herren, es ist leider noch nicht alles. Neueste Studien ergeben, dass die heutigen Opfer später vielfach selbst zu Tätern werden. Derjenige, der Gewalt in frühester Jugend erlebt hat, neigt erwiesenermaßen eher dazu, selbst wiederum Gewalt auszuüben. Deshalb stehen wir alle in der Verantwortung, dem Einhalt zu gebieten. Wir haben unsere Kinder zu schützen, ihre Entwicklung zu fördern und sie zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Personen zu erziehen. Deshalb habe ich auch viel Sympathie für diese Einlassung im Gesetzentwurf. Ich möchte dennoch aber auf einen Punkt zu sprechen kommen, der meines Erachtens bedacht werden muss und der gegebenenfalls in dem zuständigen Ausschuss noch einmal beleuchtet werden sollte. Ich möchte nämlich darauf hinweisen, dass es zum Kinderschutz bereits eine Vielzahl von verfassungsrechtlichen bundes- und landesrechtlichen Regelungen gibt. Ich verweise hier auf die Artikel 2 und 6 des Grundgesetzes, Artikel 19 unserer Thürin
ger Verfassung sowie auf die §§ 1, 14, 27 und 85 des Achten Buches Sozialgesetzbuch und auf die §§ 14, 15 und 20 unseres Thüringer Kinder- und Jugendhilfe-Ausführungsgesetzes. Es fragt sich also somit, ob es tatsächlich auch noch einen rechtlichen Handlungsbedarf gibt. Ich denke, wir haben rechtlich sehr gute Grundlagen, um dem zu begegnen. Wir müssen dies nur umsetzen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wollen neben den reinen Maßnahmen in den Bereichen Familienbildung, Familienerholung und auch Familienberatung nach § 16 Ausführungsregelungen zur Schwangerenkonfliktberatung und gesetzliche Regelungen für die Arbeit der Thüringer Stiftung "Hilfe für schwangere Frauen und Familien in Not" schaffen. In diesem Zusammenhang, meine ich, können vielleicht auch Regelungen zu Kinderschutzdiensten erwägenswert sein. Nur, meine Damen und Herren, das bedarf natürlich einer ausführlichen Diskussion und ist in einer so kurzen Zeit, die uns noch verbleibt, kaum möglich. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage wie folgt:
Zu Frage 1: Um diese Übersichten erstellen zu können, ist das Landesjugendamt auf die notwendigen Zuarbeiten der Einrichtungsträger angewiesen. Diese liegen bisher noch nicht vollständig vor. Haupthindernis für die Anfertigung der Übersichten ist die Tatsache, dass die Landeskommission nach § 3 Rahmenvertrag zu § 78 des SGB VIII sich bisher nicht auf die Gestaltung der anzufertigenden Übersichten verständigen konnte.
Zu Frage 2: Das Landesjugendamt hat in der Sitzung am 3. September 2003 einen Vorschlag zur weiteren Verfahrensweise und Gestaltung der Übersichten unterbreitet. In der nachfolgenden Sitzung am 3. Dezember 2003 sollte der Vorschlag eingehend erörtert werden. Dieser Termin wurde jedoch kurzfristig durch die kommunalen Gebietskörperschaften abgesagt. Da die Landeskommission bisher keine neue Sitzung anberaumt hat, in der sie sich mit der Problematik auseinander setzen will, habe ich das Landesjugendamt beauftragt, nochmals auf eine Einigung zwischen den Beteiligten hinzuwirken. Ein konkretes Datum für die Fertigstellung der Übersichten kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht genannt werden.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage wie folgt:
Zu Frage 1: Die getroffenen Vorgaben werden von der thüringischen Landesregierung grundsätzlich begrüßt. Es ging darum zu vermeiden, dass besonders betroffene Personengruppen, wie z.B. chronisch Kranke und Behinderte, übermäßig belastet werden. Deren medizinische Versorgung war sicherzustellen. Dies hätte allerdings bis Ende des vergangenen Jahres geklärt sein können. Die Bundesregierung hat es aber nicht geschafft, diese Baustelle bis zum In-Kraft-Treten der so genannten Gesundheitsreform, nämlich bis zum 31.12.2003, zügig und praktikabel abzuschließen.
Zu Frage 2: Es bestehen keine Einflussmöglichkeiten der Landesregierung. Die Regelungskompetenz obliegt allein dem Gemeinsamen Bundesausschuss. Dieser setzt sich aus Vertretern der Ärzteschaft und der Krankenkassen zusammen.
Zu Frage 3: Die Langzeittherapie von chronisch Kranken muss auch weiterhin sichergestellt sein. Das liegt in der Natur der Sache und sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Durch Versäumnisse der Bundesregierung bei der Umsetzung der Gesundheitsreform, durch handwerkliche Fehler und fehlende Modernisierung sind unnötige Unsicherheiten entstanden. Es gab berechtigte Kritik der Betroffenen, die durch professionelleres Handeln der Bundesregierung vermeidbar gewesen wäre. Ich erwarte, dass die nun überarbeiteten Richtlinien diesem Anliegen gerecht werden.
Zu Frage 4: Ein aktiver Handlungsspielraum der Landesregierung ist in dieser Angelegenheit nicht vorhanden, dennoch hat mein Haus am 3. Februar 2004 ein Gespräch mit dem Vorsitzenden des Zentralverbandes der Physiotherapeuten und Krankengymnasten Thüringen, Herrn Richter, geführt und wird diese Gespräche auch zukünftig führen. Vielen Dank.
Leider ist bis heute keine offizielle Genehmigung erteilt. Es gab am 16. März eine Sitzung des Gemeinsamen Bundesausschusses, daran hat auch die Bundesregierung teilgenommen. Sie hat auch schon per Pressemitteilung über das In-Kraft-Treten der Heilmittelrichtlinie informiert, aber eine Genehmigung liegt mir bis heute offiziell nicht vor.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage wie folgt:
Zuerst möchte ich eine Klarstellung vornehmen. Gemäß § 2 in Verbindung mit § 35 des Thüringer Brand- und Katastrophenschutzgesetzes sind die Städte und Gemeinden als Aufgabenträger für den Brandschutz und allgemeine Hilfeleistungen verantwortlich. Daher sind sie für die entstehenden Kosten von persönlichen Schutzausrüstungen bis hin zu den Kosten für notwendige Impfleistungen zuständig.
Zu Frage 1: Feuerwehrleute sind - und das ist wohl unschwer nachvollziehbar - im Rahmen ihrer vielfältigen Einsätze höheren Risiken ausgesetzt als die meisten anderen Berufsgruppen. Dies gilt nicht nur für die klassische Brandbekämpfung, sondern auch z.B. für den Umgang mit Gefahrstoffen aller Art. Bei fast allen Berufsgruppen gelten in dieser Hinsicht das Arbeitsschutzgesetz, die Biostoffverordnung oder berufsgenossenschaftliche Regelungen. Diese verpflichten den jeweiligen Arbeitgeber, die Gefährdung am Arbeitsplatz bzw. Einsatzort der Beschäftigten zu bewerten und erforderliche Maßnahmen zum Schutz von Sicherheit und Gesundheit zu veranlassen. Bei einer möglichen Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe sind unter anderem Vorsorgeuntersuchungen und Impfangebote - und hier insbesondere gegen Hepatitis B - vorzusehen.
Meine Damen und Herren, ich meine, unsere Thüringer Feuerwehrleute dürfen nicht schlechter versorgt werden als andere Gruppen, schließlich setzen sie ihr Leben und ihre Gesundheit für das Allgemeinwohl ein. Dabei sollte es keine Rolle spielen, ob es sich um hauptamtliche oder freiwillige Kräfte handelt.
Zu Frage 2: Eine Kostenübernahme, also eine Unterstützung der Gemeinden bei der Finanzierung der Kosten für die Hepatitis-B-Schutzimpfungen ehrenamtlich Tätiger bei den Freiwilligen Feuerwehren durch Mittel zur Förderung des Ehrenamts widerspricht nicht den Vergabegrundsätzen der Ehrenamtsstiftung.
Zu Frage 3: In Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden und der Feuerwehrunfallkasse Thüringen wurde eine Impfempfehlung erstellt. Es gilt unter anderem auch das Angebot der gesetzlichen Krankenkassen für kostenlose Schutzimpfungen gegen Hepatitis B an jugendliche Mitglieder unter 18 Jahren. Die Feuerwehrunfallkasse Thüringen beteiligt sich anteilig an den Kosten der Impfprophylaxe. Dies ist bundesweit einmalig. Im Rahmen eines
Erfahrungsaustausches mit den Kreisbrandinspektoren und Vertretern der kommunalen Gesundheitsämter erfolgten Informationen über mögliche Einsparpotenziale. Das sind solche Sachen wie gemeinsamer Einkauf von Impfstoffen und Ähnliches. Dies sind entscheidende Schritte zum Schutz von Sicherheit und Gesundheit der ehrenamtlich Tätigen. Damit hat diese Landesregierung nicht nur einen Beitrag zum besseren Schutz der vielen Feuerwehrleute in Thüringen geleistet, sondern zusätzlich auch noch zur Kostensenkung beigetragen. Vielen Dank.
Für die persönlichen Schutzausrüstungen, das sagte ich ja bereits eingangs, bevor ich die Fragen beantwortet habe, und für die notwendigen Impfleistungen haben die Kommunen die Kosten auch zu übernehmen.
Zumindest sind die Städte und Gemeinden als Aufgabenträger für den Brandschutz und für die allgemeine Hilfeleistung verantwortlich. Was die Kreise dann ihrerseits machen, bin ich jetzt überfragt - für den Katastrophenschutz,
er bestätigt das, offenbar ja.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, namens der Thüringer Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Panse wie folgt:
Zu Frage 1: Neben der ambulanten psychiatrischen Nachsorge werden psychiatrische Tageskliniken zunehmend auch ohne vorherigen stationären Aufenthalt in Anspruch genommen, wenn bei starker psychischer Störung eine rein ambulante Behandlung nicht mehr ausreicht. Die vollstationäre Aufnahme kann damit vermieden werden. Gegenüber der vollstationären Behandlung haben sie den Vorteil, dass die Patienten ihrem häuslichen Umfeld verbunden bleiben, da sie sich nur tagsüber in der Klinik zur Behand
lung aufhalten. Somit handelt es sich bei der Tagesklinik um ein niederschwelliges Angebot. Diese Form wird von Patienten leichter und früher akzeptiert, wenn eine ambulante Behandlung nicht mehr ausreicht. Dadurch können psychische Krankheiten in einem früheren Stadium adäquat behandelt werden. Dadurch verkürzt sich in der Regel die Krankheitsdauer. Ihre Einbindung in die poststationäre Behandlung ermöglicht es, dass Patienten früher aus der Klinik entlassen werden können und sich während der therapeutischen Behandlung auf die Anforderungen des Lebens einstellen bzw. diese schrittweise erproben. Dazu gehört auch die Berufstätigkeit. Die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit ist für die psychische Gesundung von großer Bedeutung. Ergotherapie und Arbeitserprobungen gehören daher zum therapeutischen Spektrum psychiatrischer Tageskliniken. Die Tagesklinik unterstützt Patienten aktiv dabei, sich wieder in den Arbeitsprozess einzugliedern. Sie leisten in der Regel damit auch einen Beitrag, die Dauer der Arbeitsunfähigkeit zu verkürzen. Vor diesem Hintergrund bedeuten Tageskliniken eine große Chance, die von allen Betroffenen und Verantwortlichen genutzt werden sollte.
Zu Frage 2: Alle drei Krankenhausträger haben eine Mitteilung über die Aufnahme der Tageskliniken in den Krankenhausplan erhalten und bereiten die Indienststellung derzeit vor. Das Fachkrankenhaus für Psychiatrie und Neurologie Hildburghausen hat den Feststellungsbescheid über die Aufnahme der Tagesklinik in Suhl in den 4. Thüringer Krankenhausplan im März dieses Jahres erhalten. Die Tagesklinik soll zum 1. September 2004 in Dienst gestellt werden. Das Helios-Klinikum Gotha bessert derzeit das Konzept der Tagesklinik nach. Danach kann der Bescheid über die Aufnahme in den Krankenhausplan erteilt werden. Die Indienststellung ist für die zweite Hälfte dieses Jahres vorgesehen. Das Ökumenische Hainich-Klinikum Mühlhausen verhandelt derzeit um den Erwerb einer geeigneten Immobilie für die Tagesklinik in Heiligenstadt und geht davon aus, dass diese zum 1. Januar 2005 ihren Betrieb aufnehmen kann. Ich bin zuversichtlich, dass die Umsetzung Schritt für Schritt vorankommt.
Zu Frage 3: Die Landesregierung wird diese Maßnahmen im Rahmen ihrer Möglichkeiten weiterhin unterstützen. Tageskliniken sind teilstationäre Einrichtungen im Sinne der Krankenhausgesetzgebung. Sie sind damit nach dem Thüringer Krankenhausgesetz auch förderfähig. Bislang liegt dem Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit vom Ökumenischen Hainich-Klinikum Mühlhausen ein Förderantrag vor, der aber nicht mehr in das Bau- und Investitionsprogramm des Jahres 2004 eingeordnet werden kann. Nach Mitteilung des Krankenhausträgers kann das Projekt aber dennoch durch Umschichtung von Finanzmitteln realisiert werden.
Mir ist ein Fall in Sondershausen bekannt. Von der Diakonie ist ein Antrag gestellt worden. Dieser ist aber von der Krankenhausplanung abgelehnt worden. Weitere Anträge kenne ich zurzeit nicht. Aus der Sicht der Krankenhausplanung ist es erst einmal richtig und wichtig, die Einrichtungen, die sich bis jetzt dafür entschieden haben, Tageskliniken einzurichten, zu erproben. Das ist ja neu und es gibt da noch nicht so viele Erfahrungen. Wir gehen aber davon aus, dass es erfolgreich ist. Wenn dieses Modell abgeschlossen ist, dann kann ich mir gut vorstellen, dass sich auch Weitere diesem Modell noch anschließen werden.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, wir haben aus verschiedenen Gründen über die Pflege unserer älteren Mitbürger zu diskutieren. Erstens, vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung in unserem Land: Erfreulicherweise werden auch in Thüringen die Menschen immer älter. Die meisten von ihnen können ihr Alter unbeschwert genießen. Es wird aber auch eine zunehmende Anzahl hoch
betagter und pflegebedürftiger Menschen geben. Zweiter Grund: Die Bundesregierung hat die notwendigen Reformen zur Pflegeversicherung gerade erst wieder auf Eis gelegt. Ebenso wie bei der Rentenversicherung und der Krankenversicherung sind auch bei der Pflegeversicherung dringend Reformen notwendig.
Dabei hat sich die Thüringer Landesregierung seit langem für die bessere Einbeziehung von demenzkranken Menschen ausgesprochen. Das Sonderinvestitionsprogramm für den Bau und die Sanierung von Altenpflegeheimen durch den Bund und das Land läuft ja bekanntlich im Jahr 2005 aus. Hier muss die Thüringer Landesregierung die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen, um pflegebedürftige Menschen auch zukünftig würdevoll betreuen zu können. Dies muss nicht unbedingt immer in einem Heim sein. Es gilt vielmehr und vorrangig, die ambulanten Angebote, auch neue Wohnformen usw. zu entwickeln.
Meine Damen und Herren, Anlass für die heutige Diskussion sind die festgestellten Mängel in zwei Thüringer Pflegeheimen. Als Erstes stelle ich fest: Ich möchte diese Vorgänge auf keinen Fall beschönigen, eher im Gegenteil. Es kann keinen ruhig lassen, wenn diejenigen, die sich nicht mehr selbst helfen können, die auf Hilfe anderer Menschen angewiesen sind, die auch anderen Menschen vollständig ausgesetzt sind, in der geschilderten Art und Weise vernachlässigt werden. Wenn es um die Pflege unserer älteren Mitbürger geht, haben wir alle eine sehr hohe Verantwortung. Wir haben unseren älteren Mitbürgern viel zu verdanken, daher haben sie ein Recht darauf, einen würdevollen Lebensabend zu verbringen. Aber die festgestellten Mängel allein sollten nicht der einzige Anlass sein, uns über die Pflege zu unterhalten.
Meine Damen und Herren, bei meinen Diskussionen mit Experten und mit Heimbewohnern in den letzten drei Wochen habe ich immer wieder feststellen können, dass das Niveau der Altenpflege in Thüringen insgesamt sehr gut ist. Die meisten Heimbewohner leben in neu gebauten oder sanierten Heimen, die sich auf modernstem Standard befinden. Im Vergleich zur ehemaligen DDR hat sich hier ganz Erhebliches verbessert. Auch die festgestellten Mängel in der letzten Zeit sind kein Grund, die tatsächliche Situation schlechtzureden und damit Tausende ältere Mitbürger in Thüringen zu verunsichern.
Die bloße Statistik, soweit überhaupt Zahlen vorliegen, bildet die Lebenswirklichkeit nur sehr ungenau ab. Wer die Situation kritisch beurteilen will, der muss sorgfältig differenzieren. Pflegemangel ist eben nicht gleich Pflegemangel. Wir müssen unterscheiden zwischen pflegerischen und organisatorischen Mängeln. Des Weiteren muss beurteilt werden, wie schwer wiegend diese Mängel sind.
Es ist ein Unterschied, ob bei Kontrollen beanstandet wird, dass z.B. in einer Einrichtung zu wenig Fachliteratur vorhanden ist oder ob ein hilfloser Bewohner einen schmerzhaften Dekubitus hat. Beides sind Verstöße gegen bestehende Regelungen. Beide werden in der Statistik als Mängel gezählt. Die pauschale Aussage, dass die Pflegemängel in Thüringer Heimen immens und gravierend sind, kann so nicht gehalten werden. Die festgestellten Mängel sind eher ein Zeichen dafür, dass die Kontrollen sehr, sehr sorgfältig und genau durchgeführt werden und selbst kleinste Verstöße beanstandet werden. Ich sage ausdrücklich, das ist gut und auch richtig so. Der MDK, das sind die medizinischen Dienste der Kassen, und die Heimaufsicht haben in den letzten Jahren die Heimbesuche erheblich gesteigert. Immerhin hat die Landesregierung die Anzahl der Mitarbeiter bei der Heimaufsicht von 21 auf 30 erhöht.
Meine Damen und Herren, es ist vielleicht so wie beim Arzt: Auch wenn Sie sich gesund fühlen, ein Arzt findet immer etwas, was behandelt werden muss. Verstehen Sie bitte das nicht falsch, ich will mit diesem Vergleich auf keinen Fall verharmlosen. Ich sage das ausdrücklich. Wenn alte Menschen in Pflegeheimen einen Schaden erleiden, dann ist das kein Kavaliersdelikt und muss mit aller Konsequenz verfolgt werden.
Meine Damen und Herren, dies haben auch die Verantwortlichen in den genannten Einzelfällen getan. Wir haben entschlossen gehandelt und alle notwendigen Schritte eingeleitet. In den allermeisten Heimen gibt es eine ausreichende Anzahl von qualifizierten und sehr engagierten Altenpflegerinnen und Altenpflegern. Die leisten eine hervorragende Arbeit, die mit sehr viel Mühe verbunden ist. Und gestatten Sie mir, an dieser Stelle einen besonders herzlichen Dank all denjenigen Menschen auszusprechen, die im Bereich der Altenpflege in Thüringen tätig sind.
In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle erledigen die betroffenen Mitarbeiter ihre Aufgabe sehr gut.
Meine Damen und Herren, wer es kennt, Altenpflege ist ein knochenharter Job und reich kann man dabei nun gerade auch nicht werden. Es gibt jedoch immer wieder, nicht nur bei uns in Thüringen, Einzelfälle, bei denen ein Verstoß gegen das bestehende Heimgesetz vorliegt, und auch Fälle von so genannter gefährlicher Pflege. Wenn das bei Kontrollen festgestellt wird, greifen rechtlich vorgeschriebene Maßnahmen, die auch in unseren beiden Fällen hier in Thüringen vollständig erfüllt worden sind. Es müssen die Mängel umgehend abgestellt werden und alle Maßnahmen müssen getroffen werden, damit ähnliche Fälle für die Zukunft weitestgehend ausgeschlossen
werden können.
Meine Damen und Herren, eine absolute Sicherheit gibt es trotz all dieser Maßnahmen nicht. Aber - und das darf ich auch feststellen, das ist mir besonders wichtig - nirgendwo wird so kontrolliert wie in Thüringen. Mit dieser Aussage war sich der zuletzt stattgefundene Pflegegipfel insgesamt einig. Darauf will ich aber später noch einmal eingehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bitte Sie um Verständnis dafür, dass die Landesregierung Ihnen heute keinen Sofortbericht mit vielen Zahlen in dieser Angelegenheit vorlegen wird. Der Antrag der SPD-Fraktion ist erst wenige Tage alt und die hier gewünschten Zahlen liegen mehrheitlich noch nicht vor. Sie müssen teilweise durch umfangreiche Erhebungen recherchiert werden und deshalb ist eine Sofortberichterstattung zu diesem Punkt an dieser Stelle nicht möglich. Die AOK hat vorgestern in einer Pressekonferenz Zahlen vorgetragen, die derzeit von meinem Haus ausgewertet werden. Diese Daten beziehen sich jedoch nicht nur auf die Altenpflegeheime, sondern auch auf die ambulante Pflege, Krankenpflege und vieles andere mehr. Außerdem ist die AOK die zuständige Pflegekasse für etwa 70 Prozent der Betroffenen, so dass auch bei den anderen Kassen recherchiert werden muss. Aber wir sollten uns nicht nur über Zahlen unterhalten, sondern wir sollten natürlich viel mehr von den Menschen reden, um die es geht. Die Thüringer Landesregierung wird die gewünschten Daten, soweit dies möglich ist, erheben und den Abgeordneten des Landtags die Ergebnisse schriftlich mitteilen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte kurz auf den ersten Teil der Begründung des SPD-Antrags eingehen. Die über 200 Altenheime in Thüringen mit etwa 17.100 Plätzen werden regelmäßig vom MDK und der Staatlichen Heimaufsicht kontrolliert. Es muss quasi jedes Heim täglich mit einer unangemeldeten Kontrolle rechnen. Angemeldete Kontrollen sind nur im Falle der Abnahme eines Heimes notwendig. Bei diesen Kontrollen sind in der letzen Zeit zwei Heime, nämlich in Bad Klosterlausnitz und in Bad Salzungen, beanstandet worden. Dies ist nicht hinnehmbar, wie ich bereits sagte, aber auch ein Zeichen dafür, dass die sehr sorgfältig und genau durchgeführten Kontrollen funktionieren. Übrigens sind die beiden Fälle in Bad Klosterlausnitz und in Bad Salzungen nicht ohne weiteres miteinander vergleichbar; leider werden sie in der Öffentlichkeit immer in einem Atemzug genannt. Die Mängel in Bad Klosterlausnitz sind sehr viel erheblicher als in Bad Salzungen. Bei den allermeisten Mängeln in Thüringens Altenheimen sind nicht die Bewohner direkt betroffen, sondern es handelt sich in 90 Prozent der Beanstandungen um Mängel in der Pflegedokumentation, oder es handelt sich um Verstöße gegen die Heimmindestbauverordnung oder um Mängel in der Organisation. Fälle von
so genannter gefährlicher Pflege gibt es nach unserer Erkenntnis relativ selten. Nach Feststellungen der Mängel in den vergangenen Wochen wurde von den zuständigen Behörden umgehend alles Notwendige veranlasst, um diese Mängel zu beseitigen und zukünftig bestmöglich auszuschließen. In einem Fall in Bad Klosterlausnitz wurde ein sofortiger Aufnahmestopp verhängt und es wurden strenge Auflagen erteilt. Bei diesem Maßnahmekatalog gibt es genaue Rechtsvorschriften, wie verfahren werden muss. So kann z.B. ein Heim nicht ohne weiteres geschlossen werden, bevor nicht andere Möglichkeiten ausgeschöpft worden sind. Über die entdeckten Mängel hat das Ministerium die Öffentlichkeit informiert. Die Träger beider Heime haben inzwischen in der Öffentlichkeit ihre Fehler eingeräumt und eine Abhilfe in Aussicht gestellt bzw. bereits vollzogen. Die Beseitigung der Mängel wird von den Kontrollinstitutionen überwacht und es finden regelmäßig Nachschauen statt. Darüber hinaus hat sich mein Staatssekretär, Heinz-Friedrich Benner, in beiden betroffenen Heimen persönlich umgesehen und sowohl mit den Verantwortlichen als auch mit den Bewohnern gesprochen. Herr Staatssekretär konnte sich davon überzeugen, dass die Anordnungen der Heimaufsicht befolgt wurden. Durch die eingeleiteten Maßnahmen hat sich der Zustand der einzelnen Bewohner bereits gebessert. Teilweise ist der Dekubitus nicht mehr feststellbar, Dehydrierungen, also Austrocknungen, waren beseitigt, Gewichtszunahmen bei vorherigen Mangelernährungen waren zu verzeichnen. Ich wiederhole es noch einmal, dass mir mitgeteilt werden konnte, dass bei allen aufgesuchten Bewohnerinnen und Bewohnern eine Gewichtsstabilität oder Gewichtszunahme festgestellt werden konnte. Bei zwei Heimbewohnerinnen war ein Dekubitus nicht mehr feststellbar. Der Prozess der Pflegedokumentation, der Wunddokumentation und der Pflegeplanung, also um die Pflegeplanung aussagefähiger zu gestalten, wurde eingeleitet. Darüber hinaus besuchen Herr Staatssekretär Benner und ich regelmäßig die Pflegeeinrichtungen in Thüringen, so z.B. den ambulanten Pflegedienst in Nordhausen Anfang dieses Jahres oder das Richard-Zimmer-Haus in Weimar. Die langfristige Sicherung der Altenpflege ist, wie ich bereits sagte, kein aktuelles Modethema, sondern eine ständige Herausforderung, der sich alle Verantwortlichen stellen müssen.
Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund hat die Thüringer Landesregierung zu einem Pflegegipfel eingeladen. Lassen Sie mich über die wesentlichen Ergebnisse berichten, wie dies auch im CDU-Antrag gewünscht worden ist. Teilnehmer an diesem Pflegegipfel waren die Liga der Freien Wohlfahrtspflege, die Pflegekassen, die kommunalen Spitzenverbände, die Kassenärztlichen Vereinigungen, um damit auch die Ärzte einzubeziehen, die Landesseniorenvertretung, die Heimaufsicht, der MDK und weitere Verantwortliche. Es wurde eine gemeinsame Allianz der Verantwortung besprochen. Ich sage ausdrücklich, nicht eine Allianz der Verantwortlichen, denn
das würde nur diejenigen betreffen, die beruflich mit der Altenpflege zu tun haben, wir wollen diesen Bogen weiter spannen, es soll eine gemeinsame Allianz der Verantwortung geben. Denn nur durch das Zusammenwirken aller Beteiligten kann die Sicherung der Pflegequalität auch wirklich dauerhaft gelingen. Das ist, wie ich bereits sagte, nicht nur eine Angelegenheit von Organisationen und Institutionen, sondern, meine Damen und Herren, das ist eine Angelegenheit eines jeden Bürgers. Besonders hervorheben möchte ich natürlich in erster Linie das Pflegepersonal, die Betreuer, die Heimbeiräte oder z.B. - und das ist mir ganz wichtig - die Familienangehörigen, auch die behandelnden Ärzte oder auch die Seelsorger, die ja gelegentlich in den Heimen ein- und ausgehen. Allianz der Verantwortung bedeutet, dass jeder Beteiligte sensibilisiert ist und Hinweisen nachgeht, die auf Pflegemängel schließen lassen. Die Angehörigen sind meines Erachtens eigentlich die besten Kontrolleure, denn die Angehörigen sind die regelmäßigsten Besucher ihrer Angehörigen. Die Allianz der Verantwortung stellt sozusagen ein Frühwarnsystem dar, das die notwendigen Kontrollen, die wir auch weiterhin durchführen werden, ergänzen sollen. Außerdem sprachen sich alle Beteiligten des Pflegegipfels dafür aus, die schon bestehenden Meldesysteme durch eine landesweite Vereinheitlichung der Telefonangebote benutzerfreundlicher zu gestalten. Fachleute aus dem Bereich der Pflege müssen oder sollten möglichst unkompliziert erreichbar sein, um eingehende Mängel zu bewerten, eingehende Meldungen zu bewerten und ggf. an die zuständigen Stellen weiterzuleiten. Darüber hinaus möchte ich mich an dieser Stelle auch für mehr Transparenz im Pflegebereich aussprechen.
In Thüringen gibt es eine Fülle von verschiedenen Qualitätssiegeln und Zertifizierungen, z.B. von der AOK, vom TÜV und von anderen externen Institutionen. Diese Qualitätssiegel sind zurzeit nicht ohne weiteres vergleichbar; mit manchen sind auch hohe Gebühren verbunden. Und die verschiedenen Qualitätssiegel müssen durch eine Zertifizierung ergänzt werden, die einen gemeinsamen Mindeststandard garantiert.
Ich biete den Trägern der Thüringer Pflegeheime und den Pflegekassen an, die Diskussion darüber zu moderieren.
Meine Damen und Herren, ein weiteres Thema des Pflegegipfels war der langfristig steigende Bedarf an Pflegekräften. Ich betone, dass die Regelungen zur Ausbildung in der Altenpflegehilfe in der nächsten Wahlperiode des Thüringer Landtags novelliert werden müssen. Das neue Altenpflegegesetz des Bundes, das am 1. August des letzten Jahres in Kraft getreten ist, regelt nur die Ausbildung der Pflegefachkräfte. Die Ausbildung der Pflegehilfsfachkräfte muss durch Landesrecht neu geregelt wer
den. Dabei ist der Dialog aller Beteiligten wichtig. Um keine Zeit in dieser Diskussion zu verlieren, soll in der nächsten Zeit eine gemeinsame Fachtagung stattfinden, um bereits erste Impulse für ein neues Landesgesetz zu sammeln. Meine Damen und Herren, weitere Themen auf einer solchen Fachtagung werden die Weiterbildung von Altenpflegekräften sowie Eckpunkte für eine Ausbildungsinitiative sein. Und wer wie die PDS einen zusätzlichen Bericht zur pflegerischen Versorgung fordert, verkennt, dass bereits eine Fülle von statistischen Erhebungen und Veröffentlichungen auf diesem Gebiet gesetzlich vorgeschrieben sind. Beispielhaft nenne ich die vorgeschriebenen Berichte auf Grundlage des SGB XI und des Heimgesetzes. Sie sehen also, dass sowohl für den Aufgabenbereich der Pflegekassen als auch der Heimaufsicht jeweils umfassende Auskunfts- und Berichtspflichten verbindlich durch Gesetze vorgegeben sind. Für eine zusätzliche weitere Berichterstattung, wie in dem Antrag formuliert, sehe ich keine Notwendigkeit.
Sehr geehrte Abgeordnete von der PDS, die Landesregierung wird den 5. Thüringer Landespflegeplan erstellen. Zurzeit werden hierfür Vorarbeiten geleistet. In der übernächsten Woche wird eine Sitzung des Landespflegeausschusses stattfinden, der sich mit dieser Problematik befassen wird. Wichtige Anregungen dieses Gremiums werden nach Möglichkeit Berücksichtigung finden. Die Landesregierung lässt sich hierbei nicht unter Zeitdruck setzen, denn es gilt, ein rechtlich nicht zu beanstandendes und qualitativ hochwertiges Ergebnis zu erzielen.
Meine Damen und Herren, über die Reformen der Pflegeversicherung wird innerhalb der rotgrünen Bundesregierung zurzeit heftig gestritten. Die Bundesregierung ist aufgerufen, für Klarheit zu sorgen. Die unterschiedlichen Aussagen in den letzten Monaten, ob überhaupt noch eine Pflegereform erfolgen soll, sind schädlich und verunsichern die betroffenen Menschen.
Sowohl die Rürup-Kommission als auch die HerzogKommission haben Vorschläge zur Reform der Pflegeversicherung unterbreitet. Beide sehen unter anderem vor, die Leistungen der Pflegeversicherung im ambulanten und stationären Bereich anzupassen, mit dem Ziel, dem Grundsatz des Vorrangs der ambulanten vor der stationären Pflege verstärkt Rechnung zu tragen.
Den jetzigen Zeitpunkt halte ich für eine Novellierung des Ausführungsgesetzes zum Pflegeversicherungsgesetz für denkbar ungünstig. Vielen Dank.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr verehrte Abgeordnete, Frau Bechthum, ich gebe Ihnen unumwunden Recht und ich finde es auch gut, dass Sie das hier noch einmal so bestätigt haben und auch formuliert haben. Es geht um Qualität vor Schnelligkeit. Schnellschüsse helfen uns in dieser Frage nicht weiter und Schnellschüsse verunsichern nur die Betroffenen. Das sollten wir bei allen Problemen, die wir haben, unbedingt vermeiden.
Meine Damen und Herren, Frau Bechthum, die Allianz der Verantwortung ist eben keine Worthülse. Natürlich, es ist nur ein Appell in erster Linie erst einmal an alle Verantwortlichen, aber wir haben uns im Pflegegipfel alle zu diesem Appell verständigt. Gerade die Kassenärztlichen Vereinigungen haben bei diesem Pflegegipfel noch einmal ausdrücklich betont, dass ihnen diese Veranstaltung wichtig war, diese gesamten Problemzusammenstellungen, die Problemschau noch einmal mitzunehmen und gerade auch bei der Weiterbildung und Qualifizierung ihrer niedergelassenen Ärzte die aufgetretenen Probleme mit einzubeziehen - in der Qualifizierung eben auch gerade bei der Behandlung von pflegebedürftigen Menschen.
Ein Zweites möchte ich noch sagen. Frau Bechthum, Sie formulieren meines Erachtens sonst etwas sorgfältiger. Sie sollten nicht gleich mit solchen Begriffen wie "Pflegeskandal" arbeiten. Wir haben also immer Pflegeskandale? Immer ist alles gleich ein Skandal. Darf ich mal
zitieren aus solchen Pflegemängeln, was das zum Beispiel sein kann, ein angeblicher Skandal. Das sind Auszüge aus den Berichten des MDK, zum Beispiel: "Fußboden war stark glänzend und könnte sturzgefährdete Bewohner verunsichern. Die starke Spiegelung des Fußbodens sollte reduziert werden." Das ist ein Mangel, das kommt sofort in die "Kiste" Mangel und damit ist es ganz von Übel? Aber kein Skandal! Frau Bechthum.
Ein weiterer Punkt: "Der Umgang mit der Fachliteratur sei den Mitarbeiterinnen über eine Hauspost bekannt gegeben worden. Um die Verbindlichkeit dieser Festlegung deutlich zu machen, sollte eine Verfahrensweise erstellt und in der Einrichtung implementiert werden." Das ist ein Mangel, also auch in die "Kiste" Skandal. Ich appelliere nur, Frau Bechthum, etwas sorgfältiger zu formulieren und nicht jedes gleich als Skandal zu bezeichnen. Gerade auch im Zusammenhang von Bad Klosterlausnitz und Bad Salzungen, hier in einem Atemzug zu sagen: Wiederum zwei Skandale. Das haben die Bewohner - die Betroffenen übrigens, also nicht etwa die Außenstehenden, die das bewerten mussten, sondern Betroffene - von Bad Salzungen entschieden abgelehnt und haben die allgemeine Pflege und Versorgung in Bad Salzungen gelobt und ausdrücklich noch einmal bestätigt. Das soll nicht die aufgetretenen Mängel etwa verharmlosen. Da bin ich mit Ihnen und mit allen, die hier gesprochen haben, einer Meinung. Nur, wir sollten Acht geben, das hat Frau Arenhövel noch einmal auf den Punkt gebracht, ein Rufmord in dieser Frage hilft uns nichts. Die Pfleger tun dort in aller Regel einen sehr verantwortungsvollen Dienst und sollten auch für diesen verantwortungsvollen Dienst gewürdigt werden.
Frau Thierbach - wie viele Anfragen waren es, 72 einzelne Fragen? Die Fragen, die von Ihnen gestellt worden sind, können eben mit den vorliegenden Daten, die wir haben, nicht beantwortet werden. Selbst wenn wir eine Erhebung dieser Daten veranlassen würden, die Heime, die Träger sind nicht verpflichtet, uns diese Informationen zu geben. Deswegen haben wir diesen Satz auch mit aufgenommen in die Beantwortung der Frage, dass wir nicht alle Fragen beantworten können.
Meine Damen und Herren, wir haben, und das sage ich noch einmal ausdrücklich, Frau Arenhövel hat darauf hingewiesen, alle Informationen, die notwendig sind, einen qualitativ hohen Pflegestandard zu sichern. Darum geht es doch. Wir müssen den Pflegestandard sichern. Es sollte nicht noch einmal notwendig werden, dass wir Daten erheben, notwendige Zeit investieren, Verantwortliche mit administrativen Tätigkeiten belasten und so, wie Sie es, Frau Thierbach, sagten, Striche machen und Minuten zählen. Es geht darum, die Qualität zu sichern. Dafür haben
wir die notwendigen Informationen, die auch gesetzlich vorgeschrieben sind.
Der andere Fall, den Sie hier schilderten, dass Heimbewohner etwa auch aus einem Heim in ein anderes umziehen müssen. Ich darf allgemein feststellen, dass jeder zukünftige Bewohner erst einmal von einem freien Träger gefragt wird, ob er natürlich die Heimkosten zahlen kann. Denn es gibt einen Unterschied zwischen den subventionierten Heimen und den frei finanzierten Heimen. Die Pflegesätze sind in den frei finanzierten Heimen natürlich höher. Es sollte nicht passieren, dass dort Bewohner aufgenommen werden, die im Laufe der Zeit in dem Heim die Heimkosten nicht aufbringen können. Deswegen ist es richtig und gut, dass nach dem Landespflegeplan auch festgelegt ist, dass die Bewohner, die nach § 93 Abs. 3 BSHG, nämlich mit dem Sozialamt abgeschlossene Verträge, auch nur in die Heime hineinkommen, die nach Artikel 52 des Pflegeversicherungsgesetzes als geförderte Heime gelten. Denn eine Doppelförderung können wir uns nicht leisten. Insoweit, denke ich, sind diese Probleme gesetzlich geregelt. Im Einzelfall, Frau Thierbach, wenn also nach zwei, drei Jahren ein solcher Fall eintreten sollte, dass ein Bewohner sich verschätzt hat und das nicht bezahlen kann, dann werden wir in Einzelverhandlungen auch diese Fälle berücksichtigen und sie können auch in solchen Heimen bleiben.
Ja, bitte.
Frau Bechthum, ich habe mich vorhin in meiner Einbringung ausdrücklich dafür ausgesprochen, das nicht zu verharmlosen, die Probleme auch mit Namen zu benennen. Ob es mit "Skandal" bezeichnet werden kann? Beide Heime, das war ja der Anlass meiner Ansprache, Sie haben beide Heime in einem Atemzug genannt als zwei neue Pflegeskandale in Thüringen. Das wollte ich eigentlich nur etwas differenziert wissen, denn in Bad Salzungen haben die Betroffenen ausdrücklich die hohe Pfle
geleistung dieses Heims bescheinigt. Im Einzelfall gibt es da natürlich auch Pflegemängel und die müssen umgehend beseitigt werden. Da gibt es überhaupt keine Abstriche von dieser Aussage.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich möchte anknüpfen an die Ausführungen meines Kollegen Panse. Wir sind kein zentralistischer Staat und das drückt sich auch darin aus, dass wir Landesbehörden außerhalb der Landes
hauptstadt in anderen Regionen des Freistaats platzieren und ansiedeln. Dort, wo es bereits geschehen ist, funktionieren diese Landesbehörden ausgezeichnet, z.B. auch das LASF, das Landesamt für Soziales und Familie in Suhl, zu dem das Landesjugendamt gehört.
Meine Damen und Herren, im SPD-Antrag geht es vermeintlich um die Qualitätssicherung in der oberen Landesjugendbehörde, also im Landesjugendamt in Meiningen. Es folgen sechs Forderungen und eine Begründung. Hauptbegründung für den SPD-Antrag ist die Tatsache, dass der seit 1994 geplante Umzug des Landesjugendamts in ein neues, modernes Verwaltungsgebäude nach Suhl nunmehr Schritt für Schritt erfolgen kann. Für die Abgeordneten des Thüringer Landtags und auch für die Gäste sind vielleicht erst einmal folgende Informationen dazu wichtig. Das Thüringer Landesjugendamt als Träger der überörtlichen Jugendhilfe ist seit seiner Gründung keine eigenständige Behörde, sondern eine Abteilung des Landesamts für Soziales und Familie in Suhl. Es hat derzeit 49 Mitarbeiter, von denen 33 in Meiningen arbeiten und 16 in einer Außenstelle in Erfurt. Also, es ist eine geteilte Behörde zurzeit. 1994 wurden im Rahmen eines Kabinettsbeschlusses Ausgleichsmaßnahmen zur Kreis- und Gebietsreform beschlossen, alle Abteilungen des Landesamts für Soziales und Familie, zu denen auch das Landessozialamt und das Landesjugendamt gehören, in Suhl an einem einzigen Standort zu konzentrieren. Inzwischen ist der Baufortschritt so weit vorangekommen, dass mit dem Umzug schrittweise begonnen werden kann, wobei die endgültige bauliche Fertigstellung des neuen Verwaltungsgebäudes voraussichtlich erst im Jahre 2006 erfolgt sein wird. Der Umzug wird schrittweise erfolgen, etwa so wie der Umzug der Bundesregierung von Bonn nach Berlin. Zunächst werden schrittweise sieben Mitarbeiter von Erfurt nach Suhl sowie sechs Mitarbeiter von Meiningen nach Suhl umgesetzt. Sobald es neue Räumlichkeiten in Suhl gibt, werden auch die Übrigen folgen. Ich darf erst mal feststellen, grundsätzlich hängt die Arbeit in einer Behörde in erster Linie nicht vom Standort ab, sondern von der Qualifikation und vom Engagement der Mitarbeiter.
Durch die Zusammenlegung des Amts in Suhl ergeben sich auch neue Chancen und Möglichkeiten für die Mitarbeiter. Die Arbeit kann effizienter gestaltet werden. Es entfallen beispielsweise Dienstfahrten zwischen Meiningen, Suhl und Erfurt. Dies ist nicht nur viel wirtschaftlicher, sondern es spart auch viel Zeit, die man für die eigentlichen Aufgaben dann natürlich verwenden kann. Die betroffenen Mitarbeiter in Erfurt konnten sich seit bereits zehn Jahren auf den geplanten Umzug einstellen. Dies gilt insbesondere auch für diejenigen Mitarbeiter, die ihre berufliche Laufbahn erst nach dem Kabinettsbeschluss beim Landesjugendamt begonnen haben. Sie wussten und wissen genau, was auf sie zukommt. Ich weise darauf hin, dass die Mitarbeiter des Landesjugendamts in Thüringen
sichere Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst haben. Dies ist in unserer heutigen Zeit keine Selbstverständlichkeit mehr, so dass ich einen Umzug von Erfurt nach Suhl oder von Meiningen nach Suhl für durchaus vertretbar halte. Dank der neuen und guten Verkehrsverbindung fährt man von Erfurt nach Suhl etwa 45 Minuten. Nachteile für die Qualität der Arbeit sind mit dem Umzug nicht verbunden. Herr Panse hat ja ausführlich darauf hingewiesen, Suhl ist keine weit entfernte Stadt, sondern es ist eine der fünf größten Städte in unserem Freistaat, die mit allen Verkehrsmitteln sehr gut zu erreichen ist. Es entstehen moderne Verwaltungsgebäude, die den heutigen Anforderungen besser gerecht werden können. Derzeit arbeiten sowohl die Mitarbeiter des Landesjugendamts in Meiningen als auch die Mitarbeiter des Landessozialamts unter sehr schwierigen räumlichen Bedingungen. Auch die technische Ausstattung des neuen Hauses wird auf modernstem Niveau sein. Hier komme ich auf Ihre Anfrage, Frau Pelke: In unserer heutigen Zeit verläuft die Kommunikation nicht nur in persönlichen Gesprächen, sondern auch per Telefon, per Telefax und per E-Mail im Internet und das war mit der Äußerung des Pressesprechers auch gemeint. Gerade die Thüringer Jugendorganisationen und -verbände, die kommunalen Spitzenverbände und die Träger der Jugendhilfe sind ebenfalls mit den neuen Technologien so ausgestattet, dass ich dort keine Abstimmungsprozesse oder keine Verluste bei der Abstimmung, keine Probleme mehr erkennen kann. Übrigens, Frau Pelke, der Umzug einiger weniger Mitarbeiter des Landesjugendamts von Erfurt nach Suhl ist meines Erachtens nicht vergleichbar mit dem Umzug des Bundeskriminalamts von Meckenheim nach Berlin. Hier wie Sie wissen, Sie kennen ja die Diskussion - wurde das auch erwogen. Wir reden in Thüringen über eine Entfernung von 60 Kilometern, nur mal zum Vergleich. Vielleicht interessiert es Sie, sehr geehrte Damen und Herren von der SPD-Fraktion, dass es in der 2. Wahlperiode eine Überprüfung dieses Kabinettsbeschlusses durch das Thüringer Sozialministerium gegeben hat. Ministerin war damals Frau Irene Ellenberger, Staatssekretär war damals Dr. Klaus-Theo Schröder und es wurde damals in der damaligen Hausleitung votiert, das war im Juni 1998, ausdrücklich für die konzentrierte Unterbringung des Landesjugendamts an einem Standort. Dies geht aus den vorhandenen schriftlichen Unterlagen hervor, die von der damaligen Ministerin und dem damaligen Staatssekretär persönlich abgezeichnet worden sind.
Vor diesem Hintergrund ist der heutige SPD-Antrag nicht nachvollziehbar. Er enthält
eine Fülle von Spekulationen, die nicht zutreffen. Deshalb ist dieser Antrag abzulehnen. Neben der damaligen richtigen Entscheidung von Ministerin Ellenberger, das
betone ich ausdrücklich, wurde außerdem eine Organisationsuntersuchung im LASF durch die Wirtschaftsberatungs AG WIBERA Düsseldorf durchgeführt, an der auch der örtliche Personalrat beteiligt wurde. Auch diese Untersuchung hat darauf hingewiesen, dass eine räumliche Aufteilung des Landesjugendamts auf mehrere Standorte zwangsläufig für die innere Kommunikation und den fachlichen Austausch zu Reibungsverlusten führen wird. Dies kennen Sie ja übrigens auch von anderen Instituten und sozialen Einrichtungen, wie z.B. in Krankenhäusern, dort ist ja auch eine Konzentrationstendenz zu verzeichnen. Durch die Zusammenlegung von Standorten in den letzten Jahren konnte die Arbeit in Thüringen erheblich verbessert werden. Und ich sage noch einmal ausdrücklich, wir brauchen eine schlanke und effizient arbeitende Verwaltung, wir brauchen einen schrittweisen Abbau von Bürokratie und unnötigen Verwaltungswegen. Dies erwarten auch die Thüringer Bürger von uns und deshalb fordere ich Sie alle auf, den SPD-Antrag abzulehnen. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, der Landtag beschäftigt sich heute in zweiter Lesung mit einem Gesetzentwurf der PDS, über den schon in der letzten Plenarsitzung alles Nötige gesagt worden ist. Ich kann mich deshalb kurz fassen. Deshalb verstehe ich auch nicht Ihr Lamento, Frau Künast, Sie begründen sehr ausführlich, warum Sie diesen Gesetzentwurf ablehnen, aber der CDU gerade das vorwerfen, das verstehe, wer will, ich verstehe es jedenfalls nicht. Frau Künast, wir haben doch Gelegenheit gehabt, darüber zu reden.
Meine Damen und Herren von der Opposition, die Landesregierung bleibt bei ihrer ablehnenden Haltung bezüglich des vorgelegten Gesetzentwurfs, denn es gibt zurzeit keinen Neuregelungsbedarf. Im Falle einer Neuregelung ist dieser Entwurf untauglich. Erstens stellt die bestehende Verordnung über den Öffentlichen Gesundheitsdienst gemeinsam mit den anderen einschlägigen Regelungen der EU, des Bundes und des Landes eine gute und ausreichende Basis für das Handeln des Öffentlichen Gesundheitsdienstes dar. Die Gesundheit der Thüringer Bevölkerung ist auf der Grundlage der derzeit geltenden Verordnung auf qualitativ hohem Niveau. Bereits jetzt ist der Öffentliche Gesundheitsdienst jedem Bürger ohne Ansehen der Person zugänglich. Konkrete Verbesserungen in der praktischen Arbeit des Öffentlichen Gesundheitsdienstes sind in dem Entwurf nicht zu entnehmen. Ihre Hinweise, Frau Nitzpon, auf Gesundheitsplan und Gesundheitskonferenzen helfen praktisch kaum weiter. In Zeiten, wo wir weniger Bürokratie brauchen und fordern, dürfen und wollen wir uns nicht einer überbordenden Regulierungswut aussetzen.
Meine Damen und Herren, weiterhin sind die Kosten völlig ungeklärt. Leider - und das ist der zweite Ablehnungsgrund - findet sich in dem vorliegenden Entwurf keine konkrete Aussage zu den zu erwartenden Kosten - meine Kollegin Arenhövel hat hierauf schon ausführlich geantwortet.
Meine Damen und Herren von der PDS, den Mindestanforderungen an die Einbringung eines Gesetzentwurfs, der die erwartungsgemäßen Kosten beinhalten muss, meine ich schon, sollte man in einem vorgelegten Entwurf Genüge tun. Frau Nitzpon, die ganze Republik redet zurzeit von nicht gedeckten Kosten, die Kassen haben ein Defizit von 10 Mrd. weiteren Kostenblock durch mehr Bürokratie aufsetzen, ohne dafür einen Gesundheitseffekt zu haben. Das verstehe ich nicht, deswegen ist aus unserer Sicht dieser Antrag abzulehnen.
Außerdem gibt es auch für die zahnärztliche Vorsorge genug Regularien. Bereits die Vorsorgeuntersuchungen beim Besuch eines Zahnarztes sind nicht von der Praxisgebühr betroffen, insofern kann hier ausreichend der Vorsorge
Genüge getan werden.
Ein dritter Ablehnungsgrund ist außerdem, meine Damen und Herren, die Ausweitung der Aufgaben des Öffentlichen Gesundheitsdienstes auf eine nachgeordnete Sicherstellung der medizinischen Versorgung, und darum geht es ja, das bedeutet eine Aufweichung der klaren Abgrenzung zwischen den Kompetenzen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes und der vertragsärztlichen Versorgung. Das ist nun wirklich eine Verschlimmbesserung, die von uns nicht gewollt sein kann. Der Versorgungsauftrag der niedergelassenen Ärzte und der Krankenhäuser und die damit verbundenen Finanzierungswege müssen erhalten bleiben, zumal selbst nach Aussage der PDS die zu erwartenden Kosten nicht abgeschätzt werden können.
Als vierten Kritikpunkt will ich kurz auf innere Widersprüche des Entwurfs eingehen. Es ist nämlich nicht zweckdienlich, verschiedene Sachverhalte in einen Topf zu werfen. So geschieht das aber, wenn man einerseits die inhaltlichen Vorschläge zur Gesundheitsplanung und andererseits die bundesweite Problematik des Ärztemangels miteinander in Verbindung bringt. Die damit im Zusammenhang stehenden Engpässe lassen sich mit Sicherheit nicht durch ein Thüringer ÖGD-Gesetz beseitigen. Andere Sachverhalte, wie die Voraussetzung für die Einstellung als Amtsarzt im Öffentlichen Gesundheitsdienst, sind bereits in der bestehenden Ordnung vorgeschrieben. Die Finanzierung der eigenen Aufgaben des Öffentlichen Gesundheitsdienstes und die Ausstattung mit entsprechendem qualifizierten Personal unterliegt nach Thüringer Kommunalordnung der Hoheit der Kommunen und Gemeinden bzw. Landkreise und kreisfreien Städte. Eingriffe in diese Verantwortung seitens der Landesregierung sind überhaupt nicht möglich.
Meine Damen und Herren, es ließen sich noch mehr als die genannten Gründe aufführen, um den Gesetzentwurf der PDS abzulehnen. Ich verzichte darauf, denn wir haben lange darüber debattiert. Außerdem, meine Damen und Herren, gerade erst hat der Freistaat im Rahmen einer Initiative zum Bürokratieabbau zahlreiche nicht mehr benötigte Vorschriften außer Kraft gesetzt. Warum, frage ich Sie, sollen wir uns einerseits um Bürokratieabbau bemühen, und andererseits den Öffentlichen Gesundheitsdienst ohne Not aufblähen. Ich empfehle auch in der zweiten Beratung, diesen Gesetzentwurf der PDS abzulehnen. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, namens der Landesregierung be
antworte ich die Fragen wie folgt:
Zu Frage 1: Die ambulante medizinische Versorgung ist im Freistaat Thüringen gemessen an den bundesgesetzlichen Rahmenvorgaben derzeit sichergestellt, auch wenn besonders in ländlichen Gebieten und dort vor allem im hausärztlichen Bereich immer mehr frei werdende Praxen infolge fehlender Bewerber nicht wieder besetzt werden können. Die Problematik einer Über- oder Unterversorgung mit ambulant tätigen Ärzten ist im Fünften Buch Sozialgesetzbuch in Verbindung mit den Bedarfsplanungsrichtlinien Ärzte genau geregelt. Eine Unterversorgung bei den Hausärzten ist erst zu vermuten, wenn der Bedarf um 25 Prozent unterschritten wird. Bei den Fachärzten sind es 50 Prozent. Dies ist in Thüringen nirgendwo der Fall. Nach dem aktuellen Bedarfsplan der Kassenärztlichen Vereinigung in Thüringen gibt es in Thüringen in keinem Fachgebiet eine Unterversorgung. Die Versorgungsgrade gerade im fachärztlichen Bereich liegen zu einem großen Teil deutlich über 110 Prozent, dem Maßstab für Überversorgung. Auch die hausärztliche Versorgung ist zurzeit abgesichert, legt man den Maßstab der bundesgesetzlich definierten Unterversorgung zu Grunde. Nur 6 der 20 Thüringer Planungsbereiche liegen mit Versorgungsgraden zwischen 87,3 und 99,9 Prozent unter 100 Prozent. Dies sind die Bereiche Nordhausen, Altenburger Land, Eichsfeld, Hildburghausen, Sömmerda und Unstrut-HainichKreis. Sieben weisen einen Versorgungsgrad über 110 Prozent auf. Dies betrifft die Planungsbereiche Gera, Jena, Saale-Holzland-Kreis, Weimar, Weimarer Land, SaalfeldRudolstadt, Sonneberg, Suhl, Schmalkalden, Meiningen.
Zu Frage 2: Auch wenn, gemessen am Bedarfsplan, die ambulante medizinische Versorgung in Thüringen gegenwärtig sichergestellt ist und keine Unterversorgung vorliegt, gibt es zunehmend Gebiete, in denen derzeit bereits Ärzte gesucht werden. Bei den Hausärzten betrifft das insbesondere die Bereiche Nordhausen, Eichsfeld, Altenburger Land und auch Erfurt. Ein Drittel aller Hausärzte in Thüringen ist über 59 Jahre alt. Das heißt also, eine große Zahl der gegenwärtig niedergelassenen Ärzte wird in den nächsten Jahren nicht mehr ambulant tätig sein. Betreut ein Hausarzt heute in Thüringen durchschnittlich 1.555 Einwohner, so wird er nach der Prognose der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen schon im Jahr 2007 1.814 Thüringer Einwohner zu versorgen haben. Wenn nicht die entsprechende Zahl junger Ärzte nachfolgen wird, besteht die Gefahr einer Unterversorgung im ambulanten medizinischen Bereich. Dies gilt aber für alle jungen Länder.
Zu Frage 3: Immer wieder hat auch mein Vorgänger, Herr Dr. Pietzsch, und habe auch ich die Bundesregierung darauf hingewiesen. Die Landesregierung hat mehrfach gefordert, die Vergütungsschere zwischen den Arzthonoraren in Ost und West zu schließen, um wenigstens den Abwanderungsprozess zu stoppen.
Thüringen hat entsprechende Bundesratsinitiativen eingebracht. Ein kleiner Teilerfolg wurde mit der Gesundheitsreform erreicht. Weitere Schritte sind dringend notwendig.
Die Landesregierung leistet ihren Beitrag dazu, gemeinsam mit der Selbstverwaltung und den kommunalen Spitzenverbänden die Niederlassungsbedingungen für Ärzte attraktiver zu gestalten. Dazu gehört auch der Einsatz
um eine bessere Leistungsvergütung sowie die Nachwuchsförderung. Schon vor zwei Jahren wurde auf Initiative der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringens eine Arbeitsgruppe zur Nachwuchsgewinnung in Thüringen eingerichtet. Beteiligt daran sind die Krankenkassen, die Landesärztekammer Thüringen, Berufsverbände, aber auch mein Haus. Im Ergebnis dieser Arbeit wurde ein Sicherstellungsstatut auf den Weg gebracht, das unter anderem die Sicherstellung des Notfalldienstes in ärztlich unterbesetzten Notfalldienstbereichen fördert. Die Kassenärztliche Vereinigung Thüringen hat bereits finanzielle Mittel für Notfalldienstbereiche, bei denen nur noch wenige Ärzte tätig sind, zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus führt die Kassenärztliche Vereinigung Thüringen zusammen mit der Deutschen Apotheker- und Ärztebank regelmäßig Existenzgründertage durch. Allein diese Maßnahmen werden aber nicht ausreichen, den altersbedingten Rückgang der Arztzahlen aufzuhalten. Im Wesentlichen müssen sich die Rahmenbedingungen der ambulanten ärztlichen Tätigkeit in Thüringen, aber insbesondere in den gesamten jungen Ländern ändern. Hierzu zählt, wie bereits schon genannt, die Honorarangleichung Ost/West, aber auch der Abbau von Bürokratie. Verantwortlich dafür ist insbesondere die Bundesregierung.
Zu Frage 4: Hierbei handelt es sich um eine langjährige Forderung der Thüringer Landesregierung. Aufgrund der von uns nicht zu verantwortenden Steuerausfälle konnte das zuständige Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst bisher diese Stelle noch nicht einrichten. Sobald die Finanzierung, z.B. auch durch eine Stiftung, sichergestellt werden kann, steht der Einrichtung eines solchen Lehrstuhls nichts mehr im Wege.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, namens der Landesregierung beantworte ich die Anfrage wie folgt:
Zu Frage 1: Es existieren 156 vorläufig anerkannte Ausbildungsstätten gemäß § 6 des Thüringer Altenpflegegesetzes, die im 4. Thüringer Landespflegeplan verankert sind.
Zu Frage 2: Es wurden die nachfolgend genannten 12 frei finanzierten Pflegeeinrichtungen als Ausbildungsstätten gemäß § 6 des Thüringer Altenpflegegesetzes vorläufig anerkannt. Das ist KURA-Senioreneinrichtung, KURA Sonneberg gGmbH, das Seniorenheim "St. Annen", "Haus Felseneck" Eisenach, das Diakonische Zentrum "Sophienhaus" Weimar, Seniorenheim "Blankenhain", Pflegeservice "Drillhase" Oberdorla, "VISITAMED" Seniorenpflegeheim Jena, Altenpflegeheim "Dünnwald" Hüpstedt, AWO-Senioren- und Pflegeheim am Schlossberg Gräfenthal, Pro Seniore Residenz "Ambiente" Erfurt, Alexa Seniorenresidenz Gotha, Seniorenpark Schloss Beiroda Philippsthal und Seniorenzentrum "Grünes Herz" GmbH & Co.KG Friedrichroda, Pflegezentrum "Sonnenschein" Gerstungen.
Zu Frage 3: Der Landesregierung sind zwei Fälle bekannt. Es handelt sich um die Einrichtung Feierabendheim Thüringen gGmbH in Waltershausen "Am Geizenberg" und die Seniorenzentren im Brühl gGmbH "Phönix" in Erfurt.
Zu Frage 4: Die Landesregierung sieht keinen Handlungsbedarf, weil die das Verfahren der Umlageerhebung regelnden landesrechtlichen Bestimmungen am 1. September 2002 außer Kraft getreten sind.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich beantworte die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt.
Als Erstes gestatten Sie mir aber eine kurze Vorbemerkung. Anders als in der Frage des Abgeordneten Kummer unterstellt gibt es keinen direkten Zusammenhang zwischen dem
Trägerwechsel im Bereich der psychiatrischen Krankenhäuser und der Finanzierung von Neubauten im Maßregelvollzug. Dies wurde von der Landesregierung nie als Argument für den Trägerwechsel vorgebracht.
Dies vorangestellt beantworte ich die Anfrage wie folgt:
Zu Frage 1: Beim Erwerb des Fachkrankenhauses für Psychiatrie und Neurologie Hildburghausen GmbH verpflichtete sich der neue Träger zur Errichtung eines Neubaus mit 80 Betten.
Zu Frage 2: Die Planungsfreigabe für dieses Projekt durch das Thüringer Sozialministerium erfolgte im Dezember 2003. Die Neubaumaßnahme muss innerhalb von 28 Monaten ab Freigabe durch den Freistaat Thüringen realisiert werden. Nach den Vorgaben der Landesregierung muss der Neubau bis zum Sommer 2006 fertig gestellt werden. Dies ist im Zusammenhang mit dem Trägerwechsel vertraglich fixiert worden.
Zu Frage 3: Verzögerungen bei der Neubauplanung sind der Landesregierung bisher nicht bekannt. Am 07.02.2004 stellte der Bauherr den entsprechenden Bauantrag. Nach Beendigung des Baugenehmigungsverfahrens wird mit dem Bau der neuen Gebäude wie geplant begonnen.
Zu Frage 4: In den letzten Jahren werden immer mehr Menschen von den Gerichten zu einer psychiatrischen Behandlung eingewiesen. Vor diesem Hintergrund besteht dringender und kurzfristiger Handlungsbedarf. Bis zur Fertigstellung des Neubaus in Hildburghausen ist eine Interimslösung vorgesehen. Eine Containerstation wird unter den gleichen Sicherheitsanforderungen errichtet, die auch an die jetzigen forensischen Einrichtungen und den späteren Neubau gestellt werden. Die aufgrund dieser Interimsmaßnahme entstehenden Kosten werden vom Land getragen. Beim Maßregelvollzug handelt es sich um eine gesetzliche Pflichtaufgabe. Eine genaue Kostenbezifferung kann erst nach Vorliegen eines Konzepts und der damit verbundenen Angebote erfolgen. Eine qualitativ gute Patientenversorgung ist sichergestellt. Die heutigen modernen Container unterscheiden sich hinsichtlich der Raumqualität nicht mehr wesentlich von festen Gebäuden.
Eisfeld ist meines Wissens jetzt nicht mehr im Bereich der Containerlösung. Deswegen ist das Problem für Eisfeld kein Problem mehr.
Das würde voraussetzen, dass wir in Eisfeld eine solche Station errichten. Das ist aber derzeit nicht geplant. Deswegen wird es auch keine solchen Transporte, wie von Ihnen unterstellt, geben. Deswegen ist diese Frage obsolet.
Das ist notwendig, weil wir den Bedarf haben für diese Containerplätze. Ich hatte in meiner Antwort gesagt, dass die Containerstationen mit den gleichen Sicherheitsanforderungen errichtet werden wie die jetzigen forensischen Einrichtungen, die auch an die späteren Neubauten gestellt werden. Das sind die gleichen Sicherheitsanforderungen.
Herr Ramelow, Ausgangslage der Frage war die Containerlösung und die Frage, sind Container noch sicher. Jetzt gebe ich Ihnen Recht, dass nachgefragt worden ist, ob bei eventuellen Transporten von Eisfeld in andere Einrichtungen ein Sicherheitsproblem entsteht. Darauf habe ich geantwortet, es wird in Eisfeld keine solche Containerlösung ins Auge gefasst. Ich weiß zurzeit nicht, an welchen anderen Stellen Transporte notwendig werden, weil wir in Hildburghausen und in anderen Standorten, die vorgesehen sind, wie Stadtroda, solche Containerlösungen in den Bereichen in diese Krankenhäuser hineinnehmen. Insofern gibt es, zumindest während der Behandlungszeit, keine Transportnotwendigkeiten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Enquetekommission 3/1 "Wahrung der Würde des menschlichen Lebens in Grenzsituationen" hat ihre Arbeit beendet. Aber es ist natürlich völlig klar, die Arbeit mit dieser Thematik ist noch lange nicht beendet. 82 Handlungsempfehlungen hat die Kommission uns auf den Weg gegeben. Die Landesregierung wird diese Empfehlungen in ihre Arbeit einbeziehen und in die Gesetzgebung einfließen lassen. Es geht bei den Themen der Enquetekommission weniger um tagespolitische Fragen, es geht um eine Grundsatzdebatte. Es geht darum, wie wir den Auftrag des Grundgesetzes zur Wahrung der Würde des Menschen umsetzen. Schon seit Emanuel Kant gelten diese Grundsätze der Menschenwürde - ich zitiere Emanuel Kant: "Handle so, dass du die Menscheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden anderen jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst." Die strikte Achtung der Menschenwürde ist zweifellos die Basis, die unseren ethischen Normen zugrunde liegt. Nichts geringeres als die allge
meinen Erklärungen der Menschenrechte der UNO spiegeln das wider. In der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der UNO wird in Artikel 1, der die Grundlage allen gesellschaftlichen Lebens in Freiheit und Demokratie ausdrückt, Folgendes festgestellt - ich zitiere: "Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen." Diese Erklärung der UNO entstand nach dem Zweiten Weltkrieg, sie entstand, nachdem die Würde der Menschen gerade die tiefsten Demütigungen ertragen musste, die sie jemals erlebt hatte. In gleicher Weise verpflichtet uns auch das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Der Arikel 1 gründet die gesamte Verfassung auf den Schutz dieser Würde. Ich möchte ebenfalls wie Frau Dr. Fischer zitieren: "Die Würde des Menschen ist unantastbar, sie zu achten und zu schützen ist Aufgabe aller staatlichen Gewalt.". Auch dies entstand aus den schmerzlichen Erfahrungen des Dritten Reiches. In unserem Land stellt heute, und das muss man deutlich feststellen, niemand diese Würde so infrage, dass sie aus ideologischen Gründen bedroht wäre. Wir leben in einer freiheitlichen Ordnung, die den Menschen ein Leben in Stabilität und kultureller Vielfalt ermöglicht. Der heutige Tag, an dem der Landtag das Ergebnis seiner Kommission "Wahrung der Würde des menschlichen Lebens in Grenzsituationen" würdigt, ist deshalb zunächst einmal ein Tag der Dankbarkeit, der Dankbarkeit für diese Situation. Dennoch ist die Einsetzung einer Enquetekommission, die sich mit den Fragen der Wahrung der Würde des Menschen beschäftigt, notwendig gewesen. Thüringen leistet mit dieser Initiative einen wichtigen Beitrag zur gegenwärtigen gesellschaftlichen Besinnung auf komplizierte Konflikte. In den notwendigen gesellschaftlichen und technischen Veränderungen des Alltags, im Geschäft des politischen Ringens und des wirtschaftlichen Strebens gibt es auch heute Risiken, die Menschen mit ihrer Würde in unserer Gesellschaft unter Druck bringen können. Wahrung der Würde ist keine Aufgabe bloßer Verfassungstexte, sondern immer wieder Herausforderung für den konkreten politischen Alltag. Der Blick auf Menschen in Grenzsituationen, wie ihn die Enquetekommission getan hat, kann das Auge schärfen. Auch in stabilen und freiheitlichen Verhältnissen dürfen wir dieses sensible Thema der Menschenwürde nicht aus den Augen verlieren. Gerade in den Situationen, wo Leben am verletzlichsten ist, wo es sich nicht selbst schützen kann, hat die Gesellschaft eine große Verantwortung. Das alles ist nicht nur ein Thema für das politische Tagesgeschäft, es ist ein Thema, das tiefer führt und deshalb auch als Grundstimmung jede menschliche Politik begleiten muss. In diesem Sinne sagte Bischof Wanke zur Arbeit der Enquetekommission: "Ich hoffe, dass die Ergebnisse der Arbeit nicht folgenlos bleiben und Spuren in unserem Land hinterlassen." Bischof Prof. Kähler sagte zum Geleit zur Enquetekommission: "Wir haben die Aufgabe, die Werte, auf die sich unsere Gesellschaft verständigt hat, wieder nachdrücklicher zu formulieren. Es sind die Fundamente, auf denen unser Gemeinwesen ruht." Es ist den Kirchen ausdrücklich zu danken, dass sie sich
immer wieder mit Nachdruck dafür einsetzen, dass diese Fundamente nicht ausgehöhlt werden.
Die Enquetekommission hat vier Bereiche ausgewählt: "Schutz des ungeborenen Lebens", die "Unterstützung bei Behinderung", die "Unterstützung bei schwerer Krankheit" und die "Begleitung Sterbender". Worum geht es bei diesen Fragen? Es geht um die Balance zwischen weiterführender Fortschrittsentwicklung auf der einen Seite und ihrer menschlichen Einbindung, die für diese Themen gerade und besonders für die Zukunft noch wichtiger werden auf der anderen Seite. Technik, Wirtschaft, Fortschritt und gesellschaftliches Leben insgesamt werden immer vielfältiger und komplizierter. Sie unterstützen menschliches Leben, können aber auch Angst und unsicher machen. Entwicklung braucht menschliche Einbindung. Deutlich wird das nicht nur an der Spannung zwischen freier und wissenschaftlicher Forschung in der Medizin und Lebensschutz, die gegenwärtig unter dem Stichwort der Gentechnik diskutiert wird. Auch an den anderen Bereichen, denen sich die Enquetekommission gewidmet hat, kann man dies deutlich machen. Je perfekter die medizinische Versorgung geworden ist, umso schwieriger erscheint vielen Menschen heute ein Sterben in Würde und Frieden. Trotz vielfältiger technischer Unterstützung haben sie Angst vor Anonymität und Belastung. Oder gerade weil Menschen immer älter werden, stellen sich vielfältige Probleme und Situationen ein, die mit den bisherigen Mitteln der Versorgung und Lebensgestaltung nur schwer zu bewältigen sind. Der Segen des Alters wird für manchen zur drückenden Last. Gesellschaftliche Entwicklung ermöglicht viele neue Formen menschlichen Lebens. Sie belastet aber Menschen auch und macht sie hilflos, wo sie mit bisher nicht gekannten Konflikten konfrontiert werden. Hier bedarf es der Orientierung auf die Würde der menschlichen Person. Wer sie im Auge behält, hat so etwas wie einen Kompass, um zu unterscheiden, was hilfreich ist und wo Vorsicht geboten ist. Im Ergebnis der Enquetekommission geht es um diesen Kompass, der helfen soll, zwischen menschlichen und riskanten Seiten unserer Entwicklung sachgerecht zu unterscheiden. Es geht um einen Blickwinkel, den die Politik braucht, damit in den pragmatischen Entscheidungen des Alltags die grundlegenden Werte freiheitlicher Gesellschaft nicht unbemerkt unter die Räder kommen.
Zum ersten Bereich des Lebensschutzes: In diesem Sinne betone ich noch einmal ausdrücklich, dass gerade in Bezug auf die großartigen modernen Entwicklungen im Bereich der Medizin und Biotechnologien niemand - soweit ich es überblicken kann - einen Anschlag auf die Würde des Menschen im Sinne ideologischer Ziele betreibt. Es geht hier in unserer freien Gesellschaft eindeutig um die Suche nach vielfältigen Hilfen für konkrete Leiden und schwere Lasten menschlicher Gesundheit. Aber der Kompass der Wahrung der Würde menschlicher Personen muss auch hier helfen, in rechter Weise zu unterschei
den, das Spannungsfeld zwischen Forschungsanliegen und Lebensschutz zu balancieren. Der moderne Fortschritt muss der Hilfe gegen Risiken für die Gesundheit in der Lebensführung des Einzelnen, der Gestaltung von Partnerschaft und Familien dienen. Vermieden werden muss die bewusste oder unbewusste Verwendung des neuen technischen Könnens zur Ausgrenzung von Gruppen von Menschen, zur Durchsetzung einseitiger Interessen der Stärkeren oder zum bloßen Schutz vor Solidaritätspflichten gegenüber Schwächeren und Belastungen. Ein Beispiel für diese Situation ist die pränatale Diagnostik. Was zunächst als seltene Ausnahme gedacht war, wird im gegenwärtigen medizinischen Alltag zu einem Automatismus. Der geringste Verdacht führt mitunter zu weit reichenden Untersuchungen und die Gesetzeslage verfolgt zwar keine kollektiven oder genetischen Ziele mehr, wie zur Zeit des Nationalsozialismus, aber sie bürdet den Müttern die Last auf, sich gegen ihre ungeborenen Kinder zu entscheiden. Über 90 Prozent der mit Down-Syndrom diagnostizierten Kinder werden abgetrieben. Ich kenne im Übrigen persönlich zwei Fälle, bei denen diese Diagnose nicht eingetreten ist, die ihr Kind ausgetragen haben. Ärzte werden mit zunehmendem Anspruch auf ein gesundes Kind konfrontiert; sie fühlen sich dabei in ihrer Aufgabe, doch gerade den Kranken zu helfen, infrage gestellt. Verunsicherte Eltern fordern die Tötung auch nur gering belasteter Föten. Frau Dr. Fischer, ich freue mich ausdrücklich über Ihre Art der Behandlung dieses Themas. Es hat mir sehr wohl getan. Wir dürfen und können hier nicht hinter die Standards zurückfallen, die in der Demokratie Menschenwürde und Freiheit garantieren. Auch indirekt darf Biotechnologie nicht zu ihrer Belastung oder sogar Rücknahme werden, denn wir stehen erst am Anfang einer sehr komplexen Entwicklung.
Diese Anliegen reichen, ohne das hier vertiefen zu können, bis in die Fragen nach dem Umgang mit pränataler Diagnostik, wie bereits geschildert, der Präimplantationsdiagnostik und der Stammzellenforschung hinein.
Zum zweiten Bereich - "Leben mit Behinderung": Auch in Bezug auf den zweiten großen Teil des Abschlussberichts zeigt sich diese Herausforderung. Es bleibt auch Aufgabe der Zukunft, in der Arbeit für Menschen mit Behinderungen in unserer Gesellschaft nicht nachzulassen. Die Wissenschaft nährt mitunter die Hoffnung auf den perfekten Menschen. Diese Entwicklung drängt behinderte Menschen und ihre Eltern nicht selten in eine Rechtfertigungssituation. Gegenüber einer solchen Atmosphäre bedeutet die Wahrung der Würde menschlicher Personen die folgende eindeutige Klarstellung: Behinderungen relativieren die gewohnten Maßstäbe des Normalen. Bilder von dem, was geglückt ist, wahrhaft gelingendes Leben ist, werden verändert. So entdecken Menschen mit Behinderungen neue Möglichkeiten, mit den Begrenztheiten des Lebens sinnvoll umzugehen. Von ihnen kann man oft in einzigartiger Weise einen respektvollen Umgang mit Ver