Protokoll der Sitzung vom 13.11.2003

Aber jetzt sage ich Ihnen, und das ist nicht hoch politisch und das kann ich Ihnen auch nicht wissenschaftlich unterlegen, warum ich mit Nein stimme, weil ich mal deutlich frage: Wie ist denn das mit unserer Vorbildwirkung hier im Haus? Ein paar sprechen das ja nur ganz zögerlich an. Herr Zeh, warum sind Sie nicht in der Lage, nach Ihrer Rede damit zu schließen, und weil das so ist, werde ich ab nächster Woche ein Rauchverbot in meinem Ministerium durchsetzen?

(Beifall bei der SPD)

Und ich sage Ihnen ganz deutlich als Raucher: Ich werde einem solchen Antrag unter einer Voraussetzung zustimmen: Wir fangen hier im Landtag damit an und wir fangen in den Ministerien damit an. Wissen Sie, wie das nämlich aussieht, Herr Panse,

(Zwischenruf Abg. Thierbach, PDS: Alkohol auch!)

als könnten Sie sich mit solchen Dingen nicht durchsetzen und dann fangen wir mal in der Schule an. Das können wir ja erst mal hier abstimmen, uns betrifft es ja nicht und nach draußen sieht das doch gut aus. Also, wenn schon, denn schon. Über Vorbildwirkung ist hier viel gesprochen worden, dann reden wir doch mal nicht drüber und an dem Tag, wo klar ist, dass dieses so einheitlich passieren wird, werde ich auch dafür stimmen, dass an den Schulen den Lehrern das verboten wird. Alles andere, ich will es deutlich sagen, ist in meinen Augen Heuchelei. Danke.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Herr Abgeordneter Panse.

Sie haben es ja so gewollt, also, Herr Kollege Dittes, wenn Sie Fragen nicht beantworten, sage ich Ihnen das gern hier vorn vom Pult aus. Es kann sein, dass Sie nicht richtig zugehört haben. Ich habe in meinem Redebeitrag und in der Frage, die ich Ihnen gestellt habe, davon gesprochen, dass Cannabis psychisch, nicht physisch abhängig macht. Das ist ein kleiner, aber feiner Unterschied. Wenn man hinhören will und diesen Unterschied hören will, begreift man es auch. Wenn man nicht hinhören will wie Sie, verdreht man es. Das ist das, was mich an Ihrer gesamten Rede gestört hat.

Setzen Sie sich wieder hin, ich werde von Ihnen auch keine Frage beantworten. Insofern dürfen Sie sich gern dann noch mal zu Wort melden.

Zweite Geschichte: Natürlich erfolgt der Einstieg über das Rauchen, genau deswegen setzen wir uns mit dem Rauchen auseinander. Das sagt Ihnen jeder, der sich mit dem Thema auskennt und das sagt Ihnen jeder, der sich mit dem Thema beschäftigt, also tun Sie bitte nicht so, als ob ich an dieser Stelle hier etwas anderes gesagt hätte.

Nächster Punkt - 16-Jährige auf dem Schulgelände einsperren: Das geht nicht, finde ich auch in diesem Antrag nicht. In diesem Antrag finde ich etwas über rauchfreie Schulen und rauchfreie Schulen, das korrespondiert in der Tat auch mit Grundschulen. Auch an Grundschulen haben wir Lehrer, die rauchen. Auch an Grundschulen haben wir Lehrer, die mit ihrer Vorbildwirkung, wie es der Kollege Michel gerade beschrieben hat, ein Stück weit vorangehen können, wenn sie es nicht selber schaffen, diese Kraft zu haben, dann kann man ihnen auf diesem Weg ein Stück weit helfen.

Nun mag es sein, dass vieles von dem, was Sie uns hier vorgetragen haben, durchaus durch persönliche Erfahrung geprägt sein mag. Mag sein, dass Sie mit dem Begriff Punktnüchternheit nur begrenzt etwas anfangen können. Er ist allerdings in der Drogenarbeit durchaus ein Begriff, der bekannt ist, der als Punktnüchternheit meint, dass man in gewissen Situationen - beim Führen von Maschinen nüchtern sein sollte, am Arbeitsplatz nüchtern sein sollte, Herr Kollege Dittes. Das bedeutet Punktnüchternheit und nicht ein Herantrinken an eine wie auch immer PromilleGrenze im Verkehrsbereich. Ich kann Ihnen nur sagen, Herr Kollege, das, was Sie uns hier so relativ blauäugig vortragen, was Sie uns hier als Vorbildwirkung von Erwachsenen darstellen, wo Sie sagen, da fängt es an und es ist kein Problem von Kindern und den Jugendlichen, das kann ich bestätigen. Wenn wir nämlich als Erwachsene diese Theorien hier transportieren, diese Theorien auch an Kinder und Jugendliche weitergeben, Kindern und

Jugendlichen vermitteln, dass man Drogenarbeit mit akzeptierender Drogenarbeit beginnen kann, dann gehen wir mit falschen Vorbildern und mit einer falschen Meinung voran.

Und ein Letztes: Herr Kollege Gentzel, wenn er vielleicht noch mal kommt, vielleicht richtet es ihm auch jemand aus,

(Zwischenruf aus der CDU-Fraktion: Der raucht!)

der raucht wahrscheinlich, mag sein, also so ist es mit der Vorbildwirkung. Mit dem Nichtrauchergesetz, das ist ja so eine Sache, wünschen würde ich es mir ja vielleicht auch. Sie müssten mir dann aber schon zitieren, an welcher Stelle es in dem Antrag sich wiederfindet. Es findet sich nämlich in diesem Antrag nicht. Es geht um Maßnahmen, die wir hin zu rauchfreien Schulen haben wollen. Es geht natürlich darum, wie wir das durchsetzen können. Das werden wir miteinander besprechen. Das werden wir mit dem Kultusministerium besprechen, das werden wir auch mit den betroffenen Schulen besprechen und dann werden wir einen Weg finden. Wenn es aber um Durchsetzungsfähigkeit geht, dann können Sie gern dem Herrn Gentzel ausrichten, wenn er denn so engagiert vornweg ist, wenn er rauchfreie Landtage, rauchfreie Ministerien fordert,

(Zwischenruf Abg. Thierbach, PDS: Alkohol- freier Landtag!)

dann ist er durchaus dazu angehalten, sich mit der Durchsetzungsfähigkeit in seiner eigenen Fraktion zu beweisen, dann würde nämlich nicht diese windelweiche Formulierung, wie ich sie Ihnen vorhin schon mal beschrieben habe, im SPD-Antrag herauskommen. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Abgeordneter Dittes, Sie haben noch einmal das Wort.

Ich weiß nicht, warum Sie sich so aufregen mir gegenüber. Hätten Sie doch Herrn Panse mal zugeraunt, als er gesagt hat: Von Ihnen beantworte ich keine Frage, dann hätten wir das auch erübrigen können oder dabei belassen können.

Herr Panse, ich will Ihnen vielleicht etwas sehr Ernstes am Anfang sagen. Sie haben auch, glaube ich, ein oder zwei Kinder und ich habe auch zwei Kinder, die sind 8 und 10 Jahre alt und die gehen beide in die Grundschule. Und sie gehen beide früh an einem Ort vorbei, wo sich junge Leute aufhalten, Kinder aufhalten, die rauchen und eine Dose Red Bull trinken. Und so eine Situation hat mal der Künstler Hans Söllner beschrieben, ich weiß nicht, ob der Ihnen ein Begriff ist. Und er hat gesagt, er wünscht sich, dass wenn seinen Kindern einmal Alkohol oder etwas anderes auf dem Schulhof angeboten wird, dann sollen

seine Kinder antworten: Kommt einfach mit nach Hause, mein Vater hat was viel besseres angebaut. Und dem schließe ich mich an, auch wenn Sie jetzt sagen, der Dittes baut vielleicht zu Hause an - das tue ich nicht. Und auch Ihre Unterstellung nach Drogenerfahrungen, aber ich habe mich damit beschäftigt. Sie müssen mal überlegen, was Sie Kindern antun, wenn Sie die falsch informieren, falsch aufklären. Die reale Erfahrung machen Kinder in dieser Gesellschaft mit Drogen. Und wenn Sie Ihnen erzählen, alles über einen Kamm

(Beifall bei der PDS, SPD)

geschert ist gleich, aber gleichzeitig in Sportveranstaltungen noch deutlich machen, dass tatsächlich auch noch das Bier als Alkohol - und es ist Alkohol, Herr Panse - noch die sportliche Leistungsfähigkeit fördert, dann ist doch etwas falsch in dieser Aufklärung, dann orientiert sich doch die Drogenpolitik

(Beifall bei der PDS)

an anderen Kriterien als an der tatsächlichen Abhängigkeitsgefährdung oder Gesundheitsgefährdung. Und da ist es mir wichtig, tatsächlich auch meine Kinder aufzuklären. Und, ich glaube, Sie können mir abnehmen, wenn Sie mir schon unterstellen, verantwortungslos im Thüringer Landtag aufzutreten, dass ich verantwortungsvoll mit meinen Kindern umgehe.

(Beifall bei der PDS)

Ihre Äußerung zur Punktnüchternheit belegt ja ausgerechnet das, was ich Ihnen auch unterstellt habe, ich weiß sehr wohl, was Punktnüchternheit ist. Aber es kann doch nicht das Ziel sein zu sagen, junge Leute darauf zu bringen, wenn sie eine Maschine führen, ein Auto führen oder sonst was machen, nüchtern zu sein. Ziel der Drogenpolitik muss doch sein, generell von einem missbräuchlichen Alkoholkonsum abzulenken, ganz gleich, ob die Nutzung von Maschinen oder Fahrzeugen sich anschließt.

(Beifall bei der SPD)

Das ist doch die eigentliche Zielrichtung. Ansonsten geht es doch wirklich nur um die Nutzbarkeit des Menschen in bestimmten Situationen und die muss hergestellt werden, aber ich unterstelle Ihnen dieses Ansinnen in diesem Punkt nicht.

Und, Herr Panse, ich wollte Ihnen die Frage stellen: Geben Sie mir Recht, dass eine psychische Abhängigkeit nicht im Produkt selbst begründet ist, sondern erstens an der Wirkung, die sie hervorruft - und das ist durchaus eine Psychoaktive - und zweitens auch an der psychischen Verfasstheit des Menschen selbst, dass es unterschiedliche Anfälligkeiten sind. Denn die psychische Verfassheit eines Menschen, die wird nicht durch das Produkt bestimmt, sondern die wird durch das gesellschaftliche Umfeld, durch die

persönliche Lebenssituation und, wenn Sie so wollen, auch durch die Zukunftsperspektive, die Zukunftsprognose für den Einzelnen bestimmt. Das ruft psychische Abhängigkeit hervor

(Beifall bei der PDS)

und damit müssen wir uns beschäftigen, wie wir mit diesem Teil tatsächlich umgehen, weil da die Gesellschaft die Verantwortung hat, dass Gebrauch in Missbrauch umschlägt, nicht das Produkt selbst.

(Beifall bei der PDS)

Es gibt keine weiteren Redemeldungen mehr. So können wir die Beratung schließen. Zunächst gab es einen Antrag auf Weiterberatung des Berichts im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit. Dazu brauche ich die Zustimmung der CDU-Fraktion. Sie schütteln den Kopf, Herr Kollege Stauch, also keine Weiterberatung im Ausschuss.

Dann kommen wir zur Abstimmung der beiden Entschließungsanträge, zunächst zum Entschließungsantrag der CDU-Fraktion in Drucksache 3/3739, auch dazu ist Ausschussüberweisung beantragt worden, so dass wir darüber zuerst abstimmen. Wer der Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Der Antrag ist abgelehnt.

Wir stimmen jetzt über den Antrag in Drucksache 3/3739 direkt ab. Wer dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Dieser Antrag ist mit Mehrheit angenommen.

Wir stimmen über den Entschließungsantrag der SPDFraktion in Drucksache 3/3763 ab, auch da zunächst über die Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit. Wer der Überweisung zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Der Antrag auf Ausschussüberweisung ist abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag selbst. Wer dem Antrag der SPD-Fraktion zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Dieser Antrag ist mit Mehrheit abgelehnt.

Damit kann ich den Tagesordnungspunkt 10 schließen.

Ich erinnere an den parlamentarischen Abend der Ersatzkassen und ich wünsche Ihnen einen schönen Abend.

E n d e d e r S i t z u n g: 19.34 Uhr