Protokoll der Sitzung vom 13.11.2003

(Beifall bei der SPD)

Es befinden sich, und das haben wir schon immer wieder gesagt, eben hier die beiden Redaktionen, das Rechtsanwaltsbüro, das Haus der Demokratie, ich glaube sogar noch eine Arztpraxis. Das alles muss doch, bevor eine Maßnahme gestartet wird, einfach beachtet werden. Von den Kosten - 125.000            reden. Ich denke auch, das sollte man auch hier sagen, eine

solche Maßnahme bindet auch Polizeibeamte. Wenn eine solche Polizeimaßnahme durchgeführt wird, auch das nur einmal zur Kenntnis, dann benötigt man mindestens sechs Polizeibeamte, auch wenn es dann vielleicht auch Polizeibeamte sind, die aus gesundheitlichen Gründen nicht auf Spezialfahrzeugen mitfahren können. Aber mir ist es in vielen Fällen wichtiger, das Grün kommt auf die Straße.

(Beifall bei der SPD)

Es ist richtig, mit dem Abbau der Kameras in Weimar ist die Affäre insgesamt noch nicht beseitigt. Herr Innenminister Trautvetter war sich, so sehe ich es, so sicher, dass er es zugelassen hat, die Thüringer Datenschutzbeauftragte nicht, so wie es im Gesetz vorgeschrieben ist, zu informieren. Das bestätigt auch meine Vermutung, dass ihm Instanzen, die ihn kontrollieren können, eher lästig sind und deshalb auch zu vernachlässigen sind.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, diese Unterlassung führte letztendlich dazu, dass die Thüringer Datenschutzbeauftragte ihrer Kontrollpflicht nicht rechtzeitig und nicht ausreichend nachkommen konnte.

(Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Das ist eine Schlussfolgerung....)

Herr Abgeordneter Böck, wenn Sie etwas sagen wollen, dann können Sie sich gern noch zu Wort melden.

(Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Sie werden sich... Das ist eine perfide Behauptung.)

Vielleicht lassen Sie den Abgeordneten erst einmal ausreden. Ihre Kritik an der Präsidentin werden wir klären. Herr Abgeordneter Böck, Sie müssen nicht unbedingt aus dem Auditorium dort hinten diskutieren. Sie können sich zu Wort melden.

(Zwischenruf Abg. Böck, CDU: So etwas kann aber nicht im Raum stehen bleiben.)

Herr Böck, wenn Sie das nicht im Raum stehen lassen wollen, dann gehen Sie nach vorn und da können Sie hier sprechen und dann haben Sie die Möglichkeit dazu.

(Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Deshalb habe ich das auch gesagt.)

Ich bitte darum, Frau Präsidentin, dass ich weiterreden darf.

Herr Abgeordneter Böck, wenn Sie jetzt bitte den Abgeordneten Pohl hier vorn weiterreden lassen würden, wäre ich Ihnen sehr verbunden.

Ich wiederhole, damit es der Abgeordnete Böck noch einmal ganz genau hört. Diese Unterlassung führte letztendlich dazu, dass die Thüringer Datenschutzbeauftragte ihrer Kontrollpflicht nicht rechtzeitig und ausreichend nachkommen konnte. Denn erst am Freitag, dem 17.10.2003, bekam sie die endgültigen notwendigen Unterlagen. Am 20.10.2003 wurde bereits dieses Projekt gestartet, obwohl sie oder trotzdem sie schon bereits Anfang Juli von diesem Pilotprojekt informiert wurde. So lange dauerte das, bis sie die genauen Unterlagen bekam. Die sinngemäße Aussage der Datenschutzbeauftragten, wenn ich das alles gewusst hätte, wäre der Pilotversuch in dieser Form nicht zustande gekommen, sprechen doch Bände, aber nicht positiv für den Innenminister. Denn von diesem Innenminister wurden doch Verstöße gegen das Datenschutzgesetz billigend in Kauf genommen. Damit wurde das Recht in dieser Situation mit Füßen getreten. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Abgeordneter Gentzel, Sie haben das Wort. Bitte.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Abgeordnete Höhn hat es schon zur Begründung dieses Tagesordnungspunkts gesagt, Thüringen macht mal wieder Schlagzeilen, von dem Süddeutschen bis zum Norddeutschen Rundfunk ist Thüringen in aller Munde - leider negativ. Was ist passiert, dass zum Beispiel Ralph Giordano nachfragt, ob hier jemand seinen demokratischen Verstand verloren habe oder der IHK-Vorsitzende von Erfurt, Herr Chrestensen, Folgendes feststellt: "Ob es der Landesregierung passt oder nicht, das ist ein Angriff auf die Pressefreiheit und damit auf die Grundrechte. Offenbar hat man sich nicht ernsthaft genug damit befasst und Schlamperei geduldet, die der Demokratie nicht dienlich ist. Eine peinliche Sache, die dem Standort Thüringen schadet."

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, erstens Ende des Zitats und zweitens die Nachfrage an den Abgeordneten Fiedler, ob denn Herr Chrestensen jetzt auch schon Wahlkampf macht. Meines Wissens liegt es ihm ziemlich fern, Mitglied unserer Partei zu sein.

Meine Damen und Herren, am 20.10. beginnt die Videoüberwachung des Weimarer Theaterplatzes. Der wild um sich her observierende stellvertretende Ministerpräsident und Innenminister beginnt dieses umstrittene Projekt. Die nüchternen Zahlen, fünf Kameras, sechs Beamte, Gesamtkosten 125.000        !  die Lokalredaktionen von TA und TLZ, das Haus der Parteien in Weimar und mindestens eine Rechtsanwaltspraxis gleich mit observiert werden, beginnt dieses Projekt. Selbstverständlich ist die Stadt nicht informiert, der Stadtrat erst recht nicht. Herr Fiedler, wenn Sie den Brief von 2002 erwähnen, dann bin ich bei Ihrer Rede, einer Rede wirklich der Weglassungen, natürlich gibt es diesen Brief, in dem gebeten worden ist, den Theaterplatz zu überwachen. Aber es gibt keinen Brief, der darum bittet, die TLZ und die TA da mit einzubinden.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das habe ich auch nicht behauptet.)

Darin liegt doch das Problem bei diesem Thema.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, was die Datenschutzbeauftragte des Freistaats Thüringen zu diesem Zeitpunkt wusste oder nicht, das war unklar. Heute wissen wir, der Innenminister hatte definitiv die Datenschutzbeauftragte zu spät und falsch informiert.

An Sie, Frau Liebaug, bleibt die Frage: Warum, verdammt noch mal, sind Sie nicht in der Lage, dieses so deutlich zu formulieren? Sie sind verantwortlich für die Art und Weise wie das Amt für Datenschutz sich auch nach außen darstellt und dieses Bild ist ein schlechtes, ein sehr schlechtes. Letzte Woche beschrieb ein guter Bekannter in meiner Gegenwart das Thüringer Amt für Datenschutz folgendermaßen: Es erinnert mich an so manchen DDR-Betrieb. Die Belegschaft kompetent und fleißig, aber die Spitze taugt nichts, weil ihre einzige Qualifikation das Parteibuch ist.

(Unruhe bei der CDU)

Herr Abgeordneter Gentzel, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Am Ende gern.

Meine Damen und Herren, Weimar hätte so nie passieren dürfen. Die Observation von Weimar ist eine Mischung aus Dilettantismus und Gesetzesbruch, aus Dummheit, aus Lügen und aus Widersprüchen ohne Ende.

(Beifall bei der SPD)

Weimar ist der erste große Big Brother Freilandversuch in Deutschland, nur mit dem gravierenden Nachteil, dass man sich nicht bewerben durfte. Auch das Thüringer Polizeiaufgabengesetz deckt die Handlungsweise des Innenministers nicht ab. Denn hätte es einen Abwägungsprozess gegeben - und den hätte es unbedingt geben müssen -, hätte die Entscheidung immer zu Gunsten der Pressefreiheit fallen müssen, also gegen die geplante Observierung in Weimar.

(Beifall bei der SPD)

Hier, Herr Innenminister, irren Sie fundamental. Aber dazu kommen wir noch an einer anderen Stelle.

Meine Damen und Herren, die Vorkommnisse von Weimar wurden durch den stellvertretenden Ministerpräsidenten und Innenminister, Herrn Trautvetter, ausgelöst. Der Eiertanz danach geht ganz allein auf die Rechnung des Ministerpräsidenten. Herr Fiedler, Sie haben dies ja bereits zur Sprache gebracht.

(Beifall bei der SPD)

In Talkshows immer smart und redegewandt, wenn es um Bundespolitik geht,

(Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Nur kein Neid, Herr Gentzel!)

in Thüringen zunächst auf Tauchstation, dann zögerlich, aber dann von Herrn Althaus endlich das letzte Wort, nur sein Stellvertreter hatte das allerletzte.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das ist Ihre Version!)

Als der Ministerpräsident feststellte, die Pressefreiheit wurde eingeengt, widersprach ihm sein Stellvertreter öffentlich.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Einge- schränkt, Herr Gentzel, so viel Zeit muss sein.)

Als der Pressesprecher des Ministerpräsidenten verlauten ließ, Zitat: "Seit gestern wissen wir definitiv, dass es zur Einschränkung der Pressefreiheit kam", sagte Herr Trautvetter dazu, Zitat: "Es hat zu keiner Zeit einen Eingriff in die Pressefreiheit gegeben." Als der Ministerpräsident dann am 24.10. in der Bildzeitung noch einmal versuchte klarzustellen, dass, wiederum Zitat: "schutzwürdige Rechte Dritter verletzt wurden", konterte sein Stellvertreter umgehend, man habe ja möglicherweise die Sensibilität unterschätzt, aber niemand habe rechtswidrig gehandelt. Im Übrigen, auch das ist ein Zitat des Stellvertreters, alles sei hier nur Auslegungssache.

Meine Damen und Herren, der Ministerpräsident hat eine große Chance verpasst, nämlich klarzustellen, wer

eigentlich Chef im eigenen Hause ist. Er hat nicht geklärt, wer in der Regierung auslegt oder wer eben das Sagen hat. Man konnte und man kann darauf warten, dass sein Stellvertreter ihm postwendend widerspricht oder dessen Aussagen relativiert. Der Ministerpräsident hat dieses aber nicht nur geduldet, er ist auch eingeknickt und hat mit fadenscheinigen und unsinnigen Bemerkungen versucht, den Konkurrenten auch noch zu decken, um so seine eigenen Probleme einzudämmen.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Was, meine Damen und Herren, soll z. B. folgende Bemerkung:

(Zwischenruf Abg. Wunderlich, CDU: Das ist ein Ding.)

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Da kommst du vor Lachen nicht in den Schlaf.)