Der Landesgleichstellungsbeauftragte soll die Interessen der rund 183.000 anerkannten schwer behinderten Thüringerinnen und Thüringer in den nächsten Jahren vertreten. Diese Forderung nach einem Gleichstellungsbeauftragten für behinderte Menschen ist keine neue Forderung. Sie wurde bereits in der 1. Legislaturperiode des Thüringer Landtags durch die Fraktion der Linken Liste/PDS gestellt. Wir sind der Meinung, ein Landesgleichstellungsbeauftragter soll das Zugangsrecht zum Kabinett haben, die umfassenden Rechte auf die Stellungnahme zu Vorhaben und Gesetzentwürfen besitzen sowie einige Vorschläge unterbreiten können. Wichtig erscheint uns dabei, dass ein Landesgleichstellungsbeauftragter der Landesregierung sowie den nachgeordneten Einrichtungen Empfehlungen zur Verbesserung der Situation behinderter Menschen geben kann und auch geben muss, denn bei näherer Betrachtung einiger Dienststellen und nachgeordneter Einrichtungen der Thüringer Landesregierung, besonders aber in der Justiz, kommen oft Zweifel auf, ob wirklich alles vom Dienstherren getan wird, um angemessene Arbeitsbedingungen - ich meine hier Behinderten gerechte Ausstattung des Arbeitsplatzes - für Menschen mit Behinderungen zu schaffen. Nicht für umsonst scheint auch die Empfehlung Nr. 26 der Enquetekommission darauf hinzuzielen, dass verbindliche Integrationsvereinbarungen zwischen dem öffentlichen Dienst und den jeweiligen Schwerbehindertenvertretern oder Schwerbehindertenvertretungen abzuschließen sind. Hier liegt vieles noch im Argen. Durch einen Landesgleichstellungsbeauftragten könnte diesem abgeholfen werden. Die jährliche Berichterstattung über die Arbeit des Beauftragten ist ebenso unverzichtbar. Dadurch kann dokumentiert werden, wie groß das Feld der Betätigungen ist und erste Ergebnisse oder Kritiken an den zuständigen Behörden können festgehalten werden.
Meine Damen und Herren, in unserem Antrag zielen wir darauf ab, dass im Mai 2004 das Amt des Landesgleichstellungsbeauftragten zu schaffen sei. Ich sage es unumwunden, es wäre ein politischer Zugewinn für uns alle, wenn in Thüringen anlässlich des europaweiten Protesttages der Menschen mit Behinderungen für die Gleichstellung, der 5. Mai des nächsten Jahres, dieses Amt geschaffen wäre und der Beauftragte auch berufen würde.
Auf die Thüringer Behindertenverbände und -vereine kommt im Rahmen der Benennung eines solchen Beauftragten eine große Verantwortung zu. Denn sie sollten aus ihrer Mitte eine geeignete Person für dieses ehrenvolle sowie auch wichtige Amt benennen. Das bedeutet für die Akteure vor Ort konstruktiven Meinungsstreit, um den Besten für die Sache zu finden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, noch ausführlicher könnte ich die Aufgaben und Kompetenzen dieses Landesgleichstellungsbeauftragten für Menschen mit Behinderungen umschreiben. Eine ausführliche Diskussion zu dieser Thematik sollten wir
gemeinsam fraktionsübergreifend im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit nach öffentlicher Anhörung mit Vertretern von Vereinen und Verbänden führen.
Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie mich noch ein paar Sätze zu dem Gesetzentwurf der SPD "Thüringer Gesetz zur Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen für Menschen mit Behinderungen" ausführen. Ihre Initiative, werte Kolleginnen und Kollegen von der SPD, ist zu begrüßen. Jedoch ist laut zu sagen, dass ohne Bestimmungen über tatsächliche Nachteilsausgleiche die Regelungen in einem Gleichstellungsgesetz, insbesondere solche Vorschriften wie ein Benachteiligungsverbot oder ein Fördergebot für behinderte Frauen, schöne aber auch leere Versprechungen auf dem Papier bleiben werden. Erst konkrete Maßnahmen wie Mobilitätsausgleich oder der Anspruch auf Assistenz werden die Vorgaben eines Gleichstellungsgesetzes in die Lebenswirklichkeit und den Alltag des einzelnen behinderten Menschen tatsächlich umsetzen. Hier ist der SPD-Entwurf, abgesehen von der Gebärdensprache, weit gehend ein Ausfall. Das Thema Barrierefreiheit ist nach Ansicht der PDS-Fraktion sowieso anders zu betrachten. Barrierefreiheit ist eigentlich kein Sonderinteresse behinderter Menschen, obwohl es im Zusammenhang mit der Gleichstellung behinderter Menschen besonders angesprochen und auch problematisiert wird. Dass aber die barrierefreie Gestaltung des gesamten Lebensumfelds allen zugute kommt und somit eigentlich ein Allgemeininteresse ist, hat sich zum Beispiel in den Ländern wie den USA oder Schweden längst durchgesetzt. Der neue Gesetzentwurf unterscheidet sich inhaltlich nicht von dem im April eingereichten, mit einer Ausnahme. Die Änderungen zur Bauordnung wurden herausgenommen. Die vorhandenen sonstigen Unterschiede beziehen sich auf das In-Kraft-Treten. So wird nun der Landesbeauftragte erst zum 1. Januar 2005 sein Amt antreten, auch andere Regelungen, wie zum Beispiel Übergangsbestimmungen zum barrierefreien Bauen sind dem späteren In-Kraft-Treten und dem Legislaturwechsel angepasst worden.
Zu einzelnen Punkten, sowohl im alten als auch im neuen Entwurf, ist Folgendes kritisch anzumerken. Im Grunde könnte ich mir das jetzt sparen, da üblicherweise in den Ausschüssen über Einzelheiten beraten wird. Aber da die Mehrheit wieder mal nicht bereit ist, über diesen Gesetzentwurf in den Ausschüssen mit uns zu beraten, muss ich jetzt auf die Einzelheiten hier in meiner Rede konkret eingehen. Bei der Definition von Behinderung in § 2 Abs. 1 wird immer noch auf das Kriterium des für das Lebensalter typischen Zustands Bezug genommen, obwohl diese Formulierung und dieser Beurteilungsmaßstab in der neuen Diskussion zum Beispiel in den Mustervorschlägen für Landesgleichstellungsgesetze von dem Forum der behinderten Juristinnen und Juristen eindeutig festgelegt wurde. Die Mitglieder dieses Forums haben immerhin auch federführend an der Erarbeitung des Behindertengleichstellungsgesetzes mitgewirkt. Problematisch an dem Kriterium des für das Lebensalter typischen Zustands ist, dass es
schon fast diskriminierenderweise zum Beispiel typische Alterserscheinungen zum persönlichen unabwendbaren Schicksal des Betroffenen erklärt, der dieses bitte schön auch klaglos zu tragen habe. In § 5 kommt in der Formulierung im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel zum Ausdruck, dass der Gesetzentwurf nicht wagt, Finanzgarantien auszusprechen. Warum bei der Barrierefreiheit die Anwendung der Regeln der Technik zweifach eingeschränkt wird, ist nicht klar ersichtlich. Der optimale, verfügbare Standard wird immer umschrieben mit "aktueller Stand der Technik" oder sogar "aktueller Stand von Wissenschaft und Technik". Die von der SPD gewählten Formulierungen bleiben ein bis zwei Schritte hinter den Formulierungen der behinderten Juristinnen und Juristen zurück. In § 7 wird die Anwendung bzw. der Anspruch auf die Inanspruchnahme von Gebärdendolmetschern für die Fälle innerhalb eines Verwaltungsverfahrens beschränkt. Das ist unserer Meinung nach problematisch, weil auch Fälle denkbar sind, die außerhalb förmlicher Verwaltungsverfahren die Notwendigkeit von Gebärdendolmetschern erfordern, wie zum Beispiel bei Beratungsgesprächen. Gerade solche Gespräche können eine wichtige Funktion für die Verwirklichung der Gleichstellung von behinderten Menschen sein. In § 9 fehlt unserer Meinung nach eine Art Stichtagregelung, bis wann die elektronischen Angebote barrierefrei hergestellt sind. Als weiteres Problem stellt sich, dass mit der Einschränkung, dass ein Verbandsklagerecht nur bei Fällen allgemeiner Bedeutung zulässig ist, die Funktion dieses Rechts als Entlastung für den Betroffenen erheblich eingeschränkt wird. Bei der Ausgestaltung der Regelung über den Landesbehindertenbeauftragten fällt auf, um das kritisch anzumerken, dass ausgerechnet die Landesregierung das Vorschlagsrecht hat. Warum nicht Organisationen von und für Menschen mit Behinderungen? Weiter wird in der Regelung gefordert, dass er aus dem Kreise der Verbände behinderter Menschen kommen soll. Damit ist aber realistischerweise leider nicht sichergestellt, dass er als Bewerber dann selbst ein behinderter Mensch ist. Denn in der Realität sieht es leider doch oft so aus, dass in den Verbänden die Funktions- und Geschäftsführerebenen, die am ehesten für die Beauftragtenfunktion ins Auge gefasst werden, von nicht behinderten Menschen besetzt werden. Als rein formaler Aspekt ist in § 11 noch anzumerken, dass es in Absatz 1 nicht heißen sollte, die Kosten trägt die Staatskanzlei. Kostenträger für die Funktion des Behindertenbeauftragten ist der Freistaat Thüringen als Gebietskörperschaft. Es kann nur um eine Einordnung der Finanzmittel für den Beauftragten im Haushaltsplan der Staatskanzlei gehen, am besten mit einem eigenen Haushaltstitel. Des Weiteren fällt auf, dass der Beauftragte nur für die Dauer der Wahlperiode gewählt wird und damit keine solche unabhängige Stellung hat, als wenn er über die Wahlperiode hinaus im Amt bliebe. Außerdem ist auch die Ehrenamtlichkeit ein großes Problem. Damit ist sein Aktionsradius und seine Kapazität aller Wahrscheinlichkeit nach doch um einiges eingeschränkt im Vergleich zu Beauftragten mit ordentlicher Anstellung. Am besten nachzufragen bei der bayerischen Behindertenbeauftragten, die ehrenamtlich tätig war. Des Weite
ren ist kritisch anzumerken, dass der Beauftragte nur eine sehr schwache Moderatorenfunktion hat und zum Beispiel keine Befugnisse zur Beanstandung von Missständen und zu deren Beseitigung bekommt. Also ein bisschen Modell des zahnlosen Tigers.
Die SPD liefert mit ihrem neuen Gesetzentwurf einen "weichgespülten" Entwurf und traut sich nicht, die Tatsache auszusprechen, dass Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen Geld kostet und es eine Frage des politischen Willens ist, ob sie stattfindet, weil es eine politische Entscheidung ist, die dafür notwendigen finanziellen Mittel auch zur Verfügung gestellt werden. Statt des neuen Landtags oder auch nur des neuen Plenarsaals hätte man viele Gleichstellungsgesetze machen können. Sogar nach dem Motto und nach dem Modell der PDS-Fraktion, der im vergangenen Frühjahr als Gesetzentwurf eingebracht wurde, der auch allumfassende Nachteilsausgleiche mit umfasste. Und es bleibt dabei, Gleichstellung ohne tatsächliche, gerade auch finanzielle Nachteilsausgleiche bleibt für die Mehrzahl der betroffenen behinderten Menschen ein zahnloser Papiertiger.
Ich bitte im Namen unserer Fraktion, den Gesetzentwurf der SPD-Fraktion sowie unseren Antrag an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit zu überweisen. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen - es sind ja nur noch wenige da - am 3. Dezember 2003 hatte der Landesjugendring, und ich betone nochmals der Landesjugendring, zu einer Veranstaltung mit den Fachsprechern/Fachsprecherinnen für Behindertenpolitik aller Fraktionen eingeladen. Es gab dieses sehr schöne Plakat. Ich hätte mir auch gewünscht, dass mehr Abgeordnete hier gewesen wären, weil das auch hier im Landtag war. Das Thema lautete: "Teilhabe verwirklichen - Gleichstellung durchsetzen - Selbstbestimmung ermöglichen - zum Nulltarif?" Dann war gleich zu Beginn: "Im Europäischen Jahr der Menschen mit Behinderungen ist ein Gleichstellungsgesetz in Thüringen an den Stimmen der CDU im Landtag gescheitert."
Meine Damen und Herren: "In Thüringen zeichnet sich das Europäische Jahr der Menschen mit Behinderungen auf der Ebene" - so wird es gesehen - "der Landesregierung und der Landespolitik der CDU weitestgehend durch Un
tätigkeit aus." So die Meinung der Behindertenverbände. Die Behindertenverbände und die Behinderten selbst haben sehr viel bewegt in diesem Jahr. Sie haben sensibilisiert, aufmerksam gemacht, wo es Defizite gibt und sie haben aber auch mit Stolz auf Erfolge hingewiesen, die sie mit durchgesetzt haben und natürlich mit Verbündeten, zum Beispiel in Erfurt den Erweiterungsbau der Bildungsstätte der Lebenshilfe. Im Mai bzw. Juni hatte die Mehrheitsfraktion in diesem Haus eingereichte Gesetzentwürfe der Oppositionsfraktionen zu dieser Problematik mit dem Hinweis auf die Haushaltssituation abgelehnt. Wörtlich von Frau Arenhövel am 8. Mai 2003: "Das ist der einzige Grund, weshalb wir heute zu diesem Gesetzentwurf Nein sagen müssen." Gemeint war der Gesetzentwurf der SPD. Frau Arenhövel, ich finde das schon scheinheilig, wie Sie hier argumentieren. Sie lassen noch nicht einmal die Reden zu. Sie sagen von vornherein, um abzuschotten. Ich weiß nicht, aber man merkt, es geht auf die Wahlen zu. Sie wollen irgendwie alle gute Listenplätze haben, bei Herrn Althaus irgendwie sicherlich einen guten Platz holen.
Dass Sie schon, bevor Sie die Reden hören, sagen, wir lehnen es ab, im Ausschuss zu beraten, das ist ein so unfairer parlamentarischer Stil.
Da hätten Sie einmal erleben müssen - Sie waren ja mit in der Enquetekommission - da haben Sie alle sehr wunderbar geredet und wie toll das alles ist. Das, was Sie jetzt hier im Grunde auch kritisiert haben, das hat wahrlich nichts mit rotgrüner Bundespolitik zu tun. Das ist das Machbare, was wir hier tun können. Und da sagen Sie von vornherein auch Nein. Dieses Nein nämlich, das war auch die einzige Aktivität von Seiten der Mehrheitsfraktion und der Landesregierung, wo es um konkrete Verbesserungen für Menschen mit Behinderungen hier auch im Thüringer Landtag ging. Sie haben selbst nichts auf die Beine gebracht. Sie erzählen immer, Sie haben einen Gesetzentwurf, der liegt irgendwo im Fach. Wir haben ihn nicht einmal gesehen, Sie haben ihn nicht einmal gesehen und die Fraktion war auch zu faul, um selbst etwas vorzulegen.
Ich muss doch erst einmal etwas vorlegen, bevor ich Schlechteres ablehne. Die Arbeit in der Enquetekommission, ich sagte es schon, "Würde des menschlichen Lebens in Grenzsituationen", das haben Sie, glaube ich, so als Plattform mit genutzt, die übrigens gleichfalls ein solches Gesetz fordert und sehr hart. Das wissen Sie auch. Das ist kein Ersatz für fehlende parlamentarische Arbeit. So sehe ich das auch hier. Wir werden ja im Januar diesen Bericht der Enquetekommission, der gestern der Landtags
präsidentin überreicht worden ist, beraten. Wir werden Sie auf diesen Punkt noch einmal sehr intensiv hinweisen, auch was hier Ihre lieben Kolleginnen und Kollegen der CDU mit als Empfehlung beschlossen haben.
Meine Damen und Herren, wir haben in den letzten 10 Jahren den Paradigmenwechsel von der Fürsorge hin zur Teilhabe an der Politik für Menschen mit Behinderungen erlebt. Aber, und das ist nicht nur meine Meinung, in den Köpfen der Menschen ist der Paradigmenwechsel noch nicht vollzogen. Das ist ein langwieriger Prozess und wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Wir sind aber der Meinung, dass man alles tun muss, um diesen Prozess im Interesse unserer betroffenen Mitbürgerinnen und Mitbürger zu beschleunigen. Wenn Sie den § 1 unseres Gesetzentwurfs aufmerksam gelesen haben, so geht es nicht nur darum, Benachteiligungen für Menschen mit Behinderungen zu beseitigen, sondern ihr Entstehen von Anfang an zu verhindern. Damit ist deutlich ausgedrückt, dass es nicht allein die finanziellen Leistungen, die eine gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am gesellschaftlichen Leben ermöglichen, sind. Nein, das Gesetz fordert von den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen in den Verwaltungen unseres Landes und seiner Kommunen von vornherein bei ihrem Handeln Barrierefreiheit zu beachten.
Hier können z.B. beim Bauen Kosten gespart werden. Ich möchte an dieser Stelle aber darauf hinweisen, dass Barrierefreiheit nicht allein die rollstuhlgerechte Ausführung von Eingängen, Treppen, Toiletten usw. beinhaltet, sondern dass sie auch bei den Kommunikationsformen, Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken und in der Informationstechnik eine immer stärkere Rolle spielen. In unserem Gesetzentwurf wurden die Fragen in den §§ 6 bis 9 berücksichtigt. Diese Vorgaben müssen den verantwortlich Handelnden klar sein und sie sollen immer wieder auch aus der Sicht der Betroffenen die möglichen Ergebnisse ihrer Entscheidungen durchdenken. Weiterhin enthält der § 5 des Gesetzentwurfs die Verpflichtung der öffentlichen Stellen, eine aktive Rolle bei der Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen für Menschen mit Behinderungen einzunehmen. Wir wollen damit erreichen, dass ganz besonders auf der lokalen Ebene Planungen und die daraus resultierenden Anliegen und Probleme mit den Betroffenen besprochen werden. Eine weitere, den Verbänden für Menschen mit Behinderungen wichtige gesetzliche Regelung ist die Schaffung der Möglichkeit eines Verbandsklagerechts. Es ist in § 10 so formuliert, dass keiner einen Missbrauch durch übertriebene Inanspruchnahme zu befürchten hat. Aus meinen Ausführungen geht, glaube ich, deutlich genug hervor, dass es eine ganze Anzahl von Möglichkeiten, die uns auf den Weg zu einer Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen für Menschen mit Behinderungen gibt, die nicht allein von einer finanziellen Ausstattung abhängen. Das ist der Grund, weshalb wir meinen, verantworten zu können, dass die
finanzielle Ausstattung des Gesetzes über das Jahr 2004 hinausgestreckt werden kann. Andererseits aber ist eine Gesetzgebung jetzt notwendig, da - wie allen hier im Haus bekannt sein dürfte - im Frühjahr 2004 die Haushaltsanmeldungen für das Jahr 2005 erfolgen. Eine Regel ist dabei, wenn das Gesetz nicht da ist, wird es auch nicht etatisiert. Wir bitten Sie deshalb, einer sachlichen Beratung im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit zuzustimmen.
Abschließend einige Bemerkungen zum Antrag der PDS in der Drucksache 3/3787. Zum ersten Punkt des Antrags: Ich halte ihn wegen der Haushaltssituation für unrealistisch. Ob ein nochmaliger Nachtragshaushalt für 2004 kommt, ist nicht bekannt, aber auch in seiner praktischen Umsetzung. In relativ kurzer Zeit müssen sich die Behindertenvereine und -verbände mit der Landesregierung auf eine Person als Landesgleichstellungsbeauftragter oder -beauftragte einigen, die auch bereit ist, dieses Amt sechs Jahre lang auszuüben. Aber vielleicht haben Sie von der PDS schon interne Informationen, wer zwischen den Behindertenvereinen und -verbänden, der vielleicht konsensfähig wäre oder wert sein könnte. Vielleicht ist es nur eine Nachlässigkeit, aber so wie der Punkt 3 b formuliert ist, muss man daraus schlussfolgern, dass der Landesgleichstellungsbeauftragte nur für die Landesregierung und seine nachgeordneten Behörden tätig sein soll. Bisheriger Konsens war doch, dass er in seiner beratenden Tätigkeit für alle und ganz besonders für die Anliegen von Menschen mit Behinderungen tätig sein sollte. Vielleicht haben wir das falsch aufgefasst, lieber Maik.
Von einer Wahl durch den Thüringer Landtag versprechen wir uns mehr Akzeptanz in der Bevölkerung und bei den Behörden. Deshalb ist uns die von der PDS in Punkt 2 vorgeschlagene Regelung, den Landesgleichstellungsbeauftragten für Menschen mit Behinderungen von der Landesregierung für sechs Jahre einsetzen zu lassen, vollkommen befremdlich. Warum wollen Sie, dass der oder die Landesgleichstellungsbeauftragte von einer Landesregierung eingesetzt und nicht, wie wir meinen, vom Landtag auf Vorschlag der Landesregierung gewählt wird? Nach Ihrer vorgeschlagenen Regelung gäbe es außerdem erst in der 5. Wahlperiode die reguläre Möglichkeit einer Neubesetzung des Amtes. Jährliche Berichte haben unserer Auffassung nach nur dort einen Sinn, wo eine Menge Daten kontinuierlich anfallen und deren Aufarbeitung für die weitere Arbeit gebraucht werden. Wir haben in unserem Gesetzentwurf einen Bericht, der dem Thüringer Landtag vorgelegt werden soll, gefordert. Dabei haben wir die Intention, dass dieser auch entsprechend unserer Geschäftsordnung besprochen werden kann und die Abgeordneten unter anderem Hinweise für ihre parlamentarische Arbeit erhalten. Nach Ihrer Formulierung wäre es ein Bericht der Landesregierung für die allgemeine Öffentlichkeit. Solche Berichte, das wissen Sie aus der Geschäftsordnung dieses Hauses, kann man nur mit Hilfe von Selbstbefassungsanträgen im Ausschuss oder durch Anfragen in das Parlament einbringen.
Der Antrag der PDS-Fraktion in der Drucksache 3/3787 entspricht nach unserer Auffassung, nicht unserer Intention, dass der Thüringer Landtag sich hier selbst aus dem Spiel bringt. Lieber Maik Nothnagel, ich kann hier sagen, unser Gesetzentwurf in der ersten Fassung - ich habe den Landesbehindertenbeauftragten von Brandenburg kennen gelernt und habe darüber auch gesprochen und er fand ihn fair, er sagte, er wäre machbar. Sicherlich was wir jetzt herausgenommen haben, ist ein Stück Kürzung. Aber er sagte, so könnte man ihn eigentlich verabschieden. Wenn die CDU-Fraktion euch die Hand reichen will, dann nehmt sie. Wir möchten Ihnen die Hand reichen, dass wir sagen, wir können darüber sprechen und dass Sie vielleicht sagen, vielleicht wäre es eine Möglichkeit am 5. Mai nächsten Jahres so ein Gesetz hier einzubringen oder vielleicht auch mit zu verabschieden. Das wäre ein Signal und damit könnte man auch leben. Mir geht es um die Menschen und nicht unbedingt darum, dass ich nun Recht bekomme. Ich beantrage deshalb für die Fraktion der SPD, der Maik Nothnagel hat es schon getan, unseren Gesetzentwurf noch einmal im Ausschuss zu beraten. Ich denke, es ist ja schon abgelehnt worden, aber trotzdem vielen Dank.
Gibt es weitere Wortmeldungen? Wollen Sie? Ja, Sie können ruhig mutig die Hand heben. Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, in den letzten 13 Jahren sind zugunsten behinderter Menschen in Thüringen ganz wesentliche sozialpolitische Fortschritte erzielt worden.
Diese Fortschritte sind groß und haben auch bei den behinderten Menschen in Thüringen die Wende herbeigeführt.
Ich will einige Beispiele nennen, die ganz konkret belegen, was wir erreicht haben und auf welchem Stand wir uns befinden. Der besondere Schutz der Menschen mit Behinderungen wurde in der Thüringer Verfassung ausdrücklich festgeschrieben. Für behinderte Kinder und Jugendliche besteht in Thüringen ein flächendeckendes Netz von Angeboten der Frühförderung. In 245 Thüringer Kindergärten werden behinderte Kinder betreut.
Die Landesregierung fördert 333 zusätzliche Erzieherstellen für diese behinderten Kinder. Das Land gibt für die
sen Bereich fast 12 Mio. # ber hinaus gibt es 45 integrative Kindereinrichtungen, in denen rund 1.000 behinderte Kinder gemeinsam mit nicht behinderten Kindern betreut werden, wofür das Land trotz angespannter Haushaltslage in diesem Jahr mit 800.000 investive Förderung ausgibt.
Das Integrationsamt Thüringen hat seit 1991 mehr als 28 Mio. " derter Arbeitnehmer aufgewandt. Seit 1995 flossen mehr als 38 Mio. 4 ? zung der Integration schwer behinderter arbeitsloser Menschen.
Seit der Wende fanden 7.100 Menschen mit Behinderungen in 30 Werkstätten für behinderte Menschen eine Beschäftigung. Mehr als 4.600 Werkstattplätze wurden mit Landesmitteln in Höhe von 55 Mio.
oder umfassend saniert. Im Rahmen von Förderprogrammen der Landesregierung wurden von 1993 bis 2000 etwa 1.400 barrierefreie Wohnungen fertig gestellt oder begonnen.
Die wenigen Beispiele zeigen, die Landesregierung ist sich ihrer Verantwortung für behinderte Menschen sehr wohl bewusst.
Alle diese Leistungen sind übrigens erreicht worden, ohne dass es ein Gleichstellungsgesetz oder ein Behindertengesetz des Landes gegeben hat. Die Schlussfolgerung kann nur lauten: Ein Gesetz allein macht es eben nicht.