Kollege Schwäblein und Kollege Fiedler, Sie haben nichts begriffen, und ich befürchte, Sie werden es auch nicht begreifen und Sie wollen es auch nicht begreifen. Frau Landtagspräsidentin Lieberknecht hat während des Symposiums zu Jürgen Fuchs zwei wichtige nachhaltige Sätze gesagt, ich zitiere: "Er hätte uns noch viel zu sagen gehabt. Gerade deshalb tun wir gut daran, umso genauer hinzusehen, hinzuhören, was sein Werk, was sein Leben uns als Botschaft hinterlassen hat."
Meine Damen und Herren, die durchaus guten Erfahrungen - Kollege Schemmel hat das eindeutig hier nachgewiesen - der Parlamente der anderen neuen Länder sind deutlicher Beweis, wir brauchen keine Bannmeile hier im Thüringer Landtag. Kollege Fiedler und Kollege Schwäblein, Sie haben keinerlei Argument gebracht, das wirklich deutlich gemacht hat, dass wir hier in Thüringen diese Bannmeile brauchen.
Lilo Fuchs hat mir in der ihr eigenen zurückhaltenden Art Folgendes geschrieben: "Es wäre mir schon angenehm, wenn die Regelung 'Sperrzone Jürgen-Fuchs-Straße' am Haupteingang und Plenarsaal des Thüringer Landtags wieder aufgehoben werden könnte."
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe nur eine Bitte vorzutragen. Herr Schemmel hat das genannt Jürgen-Fuchs-Straße 1. Das ist nicht irgendeine Straße, das ist auch nicht irgendein Parlament. Ich bin mit Jürgen Fuchs eng befreundet gewesen. Jürgen Fuchs war nie Sozialdemokrat, nie Christdemokrat, nie Bündnis 90/Die Grünen, nicht FDP. Der sagt, ich habe Freunde überall in demokratischen Parteien. Er sagte zum Beispiel: Ich bin gern nach Thüringen gekommen, das ist ein Stück der Gebrüder Vogel. Er war dreimal Gast der SPDLandtagsfraktion. Es geht einfach nicht, dass die JürgenFuchs-Straße - das ist ein besonderes Vermächtnis - eine Bannmeile hat. Ich habe die Bitte an die Union, die herzliche Bitte: Es kann doch nicht schaden, den Antrag der SPD-Fraktion an den Ausschuss zu überweisen. Ich bit
Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über die Ausschussüberweisungen, zum Ersten zum Gesetzentwurf der Fraktion der PDS in der Drucksache 3/3752 an den Innenausschuss. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Es ist eine Mehrheit von Gegenstimmen. Gibt es Stimmenthaltungen? Es gibt keine Stimmenthaltungen. Die Ausschussüberweisung an den Innenausschuss ist abgelehnt.
Wir kommen als Nächstes zur Ausschussüberweisung des gleichen Gesetzentwurfs an den Justizausschuss. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Das ist eine Mehrheit von Gegenstimmen. Gibt es hier Stimmenthaltungen? Auch das ist nicht der Fall. Mit einer Mehrheit von Gegenstimmen ist diese Überweisung auch abgelehnt.
Wir kommen zur Überweisung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD in der Drucksache 3/3811 an den Innenausschuss. Wer dem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Das ist eine Mehrheit von Gegenstimmen. Gibt es hier Stimmenthaltungen? Das ist nicht der Fall. Die Innenausschussüberweisung ist abgelehnt.
Wer der Überweisung des gleichen Gesetzentwurfs an den Justizausschuss zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Auch das ist eine Mehrheit von Gegenstimmen. Gibt es hier Stimmenthaltungen? Auch diese Ausschussüberweisung ist abgelehnt. Ich schließe damit die Tagesordnungspunkte 7 a und 7 b.
a) Thüringer Gesetz zur Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen für Menschen mit Behinderungen Gesetzentwurf der Fraktion der SPD - Drucksache 3/3809 ERSTE BERATUNG
b) Schaffung des Amtes des Landesgleichstellungsbeauftragten für Menschen mit Behinderungen Antrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/3787
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, mit Würde haben wir hier im Landtag mit einer großen Fachtagung und am 25. Oktober dieses Jahres auf der Wartburg mit einem Festakt den 10. Jahrestag der Verfassung des Freistaats Thüringen begangen. Dem Artikel 2 der Verfassung wurde in diesem Jahr besondere Aufmerksamkeit, und ganz besonders dem Absatz 4, geschenkt. Frau Präsidentin, ich zitiere: "Menschen mit Behinderung stehen unter dem besonderen Schutz des Freistaats. Das Land und seine Gebietskörperschaften fördern ihre gleichwertige Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft."
Meine Damen und Herren, dieser Aufgabe darf sich keine Landesregierung und keine sie tragende Fraktion entziehen. Es reicht nicht aus, schöne Worte zu finden, Schirmherrschaften zu übernehmen und Aufgaben zu formulieren. Entscheidend ist, dass sie auch mit Leben erfüllt werden.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir haben in dem neu eingebrachten Gesetzentwurf durch Änderungen beim InKraft-Treten und durch die Herausnahme des ehemaligen Artikels 4, der sich auf die Bauordnung bezog, Hindernisse, die einer Verabschiedung eines Thüringer Gesetzes zur Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen für Menschen mit Behinderungen im Wege standen, beseitigt. Wie ich schon am 8. Mai dieses Jahres gesagt habe, dazu erlassene Gesetze allein sind nicht ausreichend, um das Ziel, die gleichwertige Teilnahme von Menschen mit Behinderungen am gesellschaftlichen Leben, zu erreichen. Dessen sind wir uns bewusst. Aber wir wollen, dass mit einem solchen Gesetz dieser Prozess beschleunigt wird, alles Machbare auch umzusetzen. Das, glaube ich, sind wir unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern mit Behinderung hier im Freistaat schuldig. Danke.
Ich eröffne die gemeinsame Aussprache zu a und b. Als Erste hat sich zu Wort gemeldet Frau Abgeordnete Arenhövel, CDU-Fraktion.
Frau Präsidentin, Frau Abgeordnete Bechthum, meine sehr geehrten Damen und Herren, es steht heute ein sehr ernst zu nehmendes Thema auf der Tagesordnung, nämlich wie wir mit den Lebensverhältnissen von Behinderten umgehen. Wir haben schon sehr oft über dieses Thema diskutiert. Frau Kollegin Bechthum, Sie sagten, dass Sie bereits in diesem Jahr einen Gesetzentwurf eingebracht haben und das, was Sie uns heute vorlegen, sieht dem sehr ähnlich. Auch in dieser ersten Debatte hatte ich Ihnen durchaus den Respekt dafür gezollt, dass Sie sich viele Gedanken gemacht und dass Sie sich auf Machbares beschränkt ha
ben. Allerdings muss ich auch hinzufügen, wir haben unsere Ablehnung dieses Gesetzes damals damit begründet, dass wir momentan in einer sehr schwierigen finanziellen Situation sind, dass wir kaum in der Lage sind, die derzeitigen Gesetze überhaupt zu finanzieren. Nur aus diesem Grund ist dieses Gesetz noch nicht auf den Weg gebracht worden. Ich betone klar und deutlich: Im Freistaat Thüringen existiert ein Referentenentwurf der Landesregierung zu diesem Thema und wir haben zugesagt und versprochen, sobald sich die finanzielle Lage bessert und wir das verantworten können, bringen wir diesen Antrag hier ein.
Und ich muss sagen, an der finanziellen Situation des Landes hat sich überhaupt nichts geändert. Momentan gibt es Verhandlungen im Vermittlungsausschuss. Herr Ministerpräsident Dieter Althaus ist als Präsident des Bundesrates dort erheblich mit diesen Problemen befasst und bis zur Stunde kann noch niemand sagen, welche Reformen wir zu erwarten haben und ob es mit Deutschland an irgendeiner Ecke wieder aufwärts geht. Und hier, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist die Bundesregierung endlich am Zug, dass wir wieder Wirtschaftswachstum und Leistung erreichen, damit wir in der Lage sind, auch wieder neue Gesetze zu finanzieren.
Allein aus diesem Grund werden wir auch heute leider die Ausschussüberweisung ablehnen müssen, obwohl uns das nicht leicht fällt, das sagte ich schon. Frau Bechthum, auch Sie waren ja Mitglied der Enquetekommission "Wahrung der Würde menschlichen Lebens in Grenzsituationen" und wir haben uns in dieser Kommission, ich glaube, so intensiv wie kaum ein Landtag in Deutschland mit dieser Problematik beschäftigt.
Wir haben viele Vorschläge auf den Tisch gelegt und es wäre mir vielleicht auch ein Anliegen, dass wir mal überlegen, wie sollen denn solche Integrations- und Gleichstellungsgesetze auf Landesebene aussehen. Ist das, was momentan in Deutschland vorgelegt und beschlossen worden ist, schon das Ende der Fahnenstange oder kann man nicht auch einige von unseren Vorschlägen, die wir hier unterbreitet haben, mit einarbeiten? Deswegen bin ich auch der Auffassung, wir sollten uns dafür dann die notwendige Zeit nehmen und wir brauchen auch die nötigen finanziellen Voraussetzungen. Deshalb möchte ich das hohe Haus auffordern, diesen Gesetzentwurf nicht an den Ausschuss zu überweisen, weil uns das dort auch nicht weiterführt. Und auch den Antrag auf einen Behindertenbeauftragten müssen wir ablehnen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, eigentlich könnte ich mir meine ganze Rede, die ich vorbereitet habe, nach den letzten Worten von Frau Arenhövel sparen, aber ich möchte schon auch noch ein paar Worte zu unserem Antrag sagen, weil Sie den mit keinem Satz erwähnt haben.
Beginnen möchte ich mit einer Pressemitteilung, die mich vorhin um 16.39 Uhr erreicht hat, und zwar über kobinetnachrichten, und Frau Präsidentin, ich möchte daraus zitieren: "Gleichstellungsgesetz für Nordrhein-Westfalen verabschiedet; Düsseldorf - Der nordrhein-westfälische Landtag hat heute Agenturmeldungen zufolge mit den Stimmen der rotgrünen Regierungsfraktion ein Gleichstellungsgesetz für Behinderte verabschiedet. Das Land und die Kommunen werden damit verpflichtet, behinderten Menschen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Für den Neu- und Umbau öffentlicher Gebäude wird ein barrierefreier Zugang Vorschrift. Das Gesetz schreibt zudem vor, dass die Behörden Gehörlosen Gebärdendolmetscher zur Verfügung stellen und Formulare auch in Blindenschrift ausfertigen. Die Einstellung eines Landesbeauftragten für Behinderte ist im Gesetz ebenfalls vorgesehen. Das Gesetz tritt am 1. Januar 2004 in Kraft."
Ich zitiere weiter: "Die Fraktionen von CDU und FDP stimmten gegen das aus ihrer Sicht unzureichende Gesetz. Nachbesserungsbedarf sieht die Opposition vor allem in den Bereichen Bildung, Erziehung und Vorbereitung auf den Arbeitsmarkt."
Eigentlich könnte ich mir jetzt meine ganze Rede sparen, aber ich möchte Sie Ihnen trotzdem nicht ersparen.
In 20 Tagen geht das Europäische Jahr der Menschen mit Behinderungen zu Ende. In ersten Einschätzungen durch den Behindertenbeauftragten der Bundesregierung, HansHermann Haack, wurden positive Tendenzen und Entwicklungen in Bezug auf das Motto des Europäischen Jahres der Menschen mit Behinderungen "Nichts über uns ohne uns" verzeichnet. Für Thüringen, meine Damen und Herren, würde ich als behindertenpolitischer Sprecher der PDS-Landtagsfraktion dies nicht so einschätzen, denn seitens der Landespolitik wurde das Jahr 2003 nicht genutzt, um Gleichstellung sowie uneingeschränkte gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in die Realität umzusetzen. Beweis dafür sind nicht nur die Veranstaltungen, die in den zurückliegenden Monaten durch die verschiedenen Ministerien meist für Menschen mit Be
hinderungen durchgeführt wurden. Ich möchte hier nur an die Eröffnungsveranstaltung im Kaisersaal am 21. März erinnern. Frau Bechthum hat es ja auch schon in ihrer Einbringungsrede erwähnt, dass sozusagen symbolische Übernahmen von Verantwortungen für solche Veranstaltungen den behinderten Menschen hier in Thüringen herzlich wenig bringen.
Nicht zu vergessen sei an dieser Stelle die massive Kritik an den CDU-Abgeordneten hier im hohen Haus mit dem Umgang des Gesetzentwurfs der PDS-Fraktion "Gesetz zur umfassenden Verwirklichung gesellschaftlicher Teilhabe behinderter Menschen im Freistaat Thüringen" sowie dem eben schon erwähnten SPD-Antrag, der ohne Ausschussüberweisung im Juni schnöde abgelehnt wurde.
Ein weiterer Beweis für die nicht genutzte Chance für die Gleichstellung der Menschen mit Behinderungen im Europäischen Jahr ist das durch das außerparlamentarische Bündnis für Gleichstellung behinderter Menschen gezogene Resümee. Vertreterinnen und Vertreter von 26 Thüringer Behindertenverbänden und Selbsthilfeorganisationen äußerten ihre Enttäuschung über die Landesregierung. Sie forderten abermals das längst überfällige Landesgleichstellungsgesetz mit den Kernpunkten, wie Festschreibung des Rechts auf barrierefreien Zugang und Nutzung von öffentlichen Gebäuden, Sicherstellung der Anerkennung der Gebärdensprache und lautbegleitenden Gebärdensprache, Festschreibung des Rechtsanspruchs auf eine schulische Integration und die Wahl der Bildungseinrichtung, Einführung eines Verbandsklagerechts und Beweislastumkehr sowie die besondere Förderung von behinderten Frauen sowie die Schaffung eines Landesbehindertenbeauftragten, auf den Weg zu bringen. Ebenfalls in dem gestern veröffentlichten Abschlussbericht und den darin enthaltenen Empfehlungen der Enquetekommission "Wahrung der Würde des menschlichen Lebens in Grenzsituationen", auf den Frau Arenhövel ja schon eingegangen ist, wurden richtungsweisende Tatsachen für die Gleichstellung und Integration von Menschen mit Behinderungen der Landtagspräsidentin übergeben, deren Umsetzung im Land so schnell wie möglich realisiert werden sollte. Auch hier will ich nur das Reizwort "Gleichstellungsgesetz" benennen.
Meine Damen und Herren, die PDS-Fraktion hat nach dem verheerenden Abschmettern ihres Gesetzentwurfs zur umfassenden Verwirklichung zur gesellschaftlichen Teilhabe behinderter Menschen im Freistaat Thüringen den Thüringer Behindertenverbänden und Vereinen in vielen Gesprächen zugesagt, sich weiter dieser Problematik zu widmen und mit Einzelanträgen noch in dieser Legislatur kleine Schritte zur Umsetzung der Maximalforderung zu gehen. Aus diesem Grund hat sich die PDS-Fraktion dafür ausgesprochen, noch in dieser Legislatur das Amt eines Landesbehindertenbeauftragten zu fordern sowie diesen zu installieren.
Der Landesgleichstellungsbeauftragte soll die Interessen der rund 183.000 anerkannten schwer behinderten Thüringerinnen und Thüringer in den nächsten Jahren vertreten. Diese Forderung nach einem Gleichstellungsbeauftragten für behinderte Menschen ist keine neue Forderung. Sie wurde bereits in der 1. Legislaturperiode des Thüringer Landtags durch die Fraktion der Linken Liste/PDS gestellt. Wir sind der Meinung, ein Landesgleichstellungsbeauftragter soll das Zugangsrecht zum Kabinett haben, die umfassenden Rechte auf die Stellungnahme zu Vorhaben und Gesetzentwürfen besitzen sowie einige Vorschläge unterbreiten können. Wichtig erscheint uns dabei, dass ein Landesgleichstellungsbeauftragter der Landesregierung sowie den nachgeordneten Einrichtungen Empfehlungen zur Verbesserung der Situation behinderter Menschen geben kann und auch geben muss, denn bei näherer Betrachtung einiger Dienststellen und nachgeordneter Einrichtungen der Thüringer Landesregierung, besonders aber in der Justiz, kommen oft Zweifel auf, ob wirklich alles vom Dienstherren getan wird, um angemessene Arbeitsbedingungen - ich meine hier Behinderten gerechte Ausstattung des Arbeitsplatzes - für Menschen mit Behinderungen zu schaffen. Nicht für umsonst scheint auch die Empfehlung Nr. 26 der Enquetekommission darauf hinzuzielen, dass verbindliche Integrationsvereinbarungen zwischen dem öffentlichen Dienst und den jeweiligen Schwerbehindertenvertretern oder Schwerbehindertenvertretungen abzuschließen sind. Hier liegt vieles noch im Argen. Durch einen Landesgleichstellungsbeauftragten könnte diesem abgeholfen werden. Die jährliche Berichterstattung über die Arbeit des Beauftragten ist ebenso unverzichtbar. Dadurch kann dokumentiert werden, wie groß das Feld der Betätigungen ist und erste Ergebnisse oder Kritiken an den zuständigen Behörden können festgehalten werden.