Protokoll der Sitzung vom 11.12.2003

(Zwischenruf Trautvetter, Innenminister: Nach der Wahl.)

nicht mehr auf der Tagesordnung stehen wird. Das bedaure ich persönlich zutiefst. Aber die Regierung wird dann wohl auch etwas anders aussehen. Ich hoffe und wünsche aber sehr, dass ein neues Finanzausgleichsgesetz 2005 keine Auftragskostenpauschale mehr enthält und diese künftig im Einzelplan des Innenministeriums den richtigen Platz findet.

Noch einmal, das Anliegen der vorliegenden Verordnung halten wir für vernünftig. Wir können uns aber nur enthalten, weil wir die gegenwärtigen Regelungen zur Auftragskostenpauschale für falsch und für kommunal unfreundlich halten. Danke.

(Beifall bei der PDS)

Herr Abgeordneter Mohring, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir haben mit der vorliegenden Zustimmungsverordnung, die wir in dieser Legislaturperiode eingeführt haben, genau den Zweck nämlich erfüllen wollen, dass der Landtag sich mit der Situation der kommunalen Finanzausstattung ausdrücklich beschäftigt im Rahmen der Frage der jährlichen Festsetzung der Auftragskostenpauschale. So soll es auch heute sein bei der vorliegenden Zustimmungsverordnung, die insbesondere die Erstattungsbeiträge für übertragene Aufgaben bis zum Jahr 2002 einschließlich regelt.

Aber wir wollen auch, meine Damen und Herren, weil sich aus der Auftragskostenpauschalen-Neuregelung, so wie sie hier vorliegt, gar nicht viel an Substanz ergibt, auf zwei Punkte eingehen, die wichtig sind, die man zu dem Thema sagen soll. Nämlich erstens, die wachsende Finanznot der Kommunen in Deutschland umfasst uns, aber wahrscheinlich auch die anderen mitarbeitenden Fraktionen hier im Haus mit großer Besorgnis. Deshalb meinen wir, dass die grundlegenden strukturellen Defizite, die insbesondere durch massive Steuerausfälle zu verzeichnen sind und vor allen Dingen auch auf ein Zurückführen von lahmender wirtschaftlicher Entwicklung herbeigeführt worden sind, beseitigt gehören. Deshalb ist es notwendig, dass die auf breiter Front wegbrechenden Einnahmen der Kommunen und gleichzeitig bei ständig wachsenden Ausgaben auf der einen Seite und Ausgabenbelastungen auf der anderen Seite neu geregelt gehören. Deshalb richtet sich unser Blick heute auf die verhandelnden Personen, die in Berlin derzeit im Vermittlungsausschuss sitzen und auch zur Gemeindefinanzreform beraten. Wir hoffen sehr stark darauf, dass sich ein Kompromiss findet, der die kommunale Finanzausstattung auf grundlegende und sichere Beine stellt. Deshalb sind wir überzeugt und ich will es auch sagen, dass das, was unsere Verhandlungsführer an der Spitze mit Dieter Althaus in Berlin verhandeln, hoffentlich zum Erfolg führt und dass ein Kompromiss für die stärkere Finanzausstattung auch für die Kommunen erzielt werden kann.

(Beifall bei der CDU)

Sie wissen, meine Damen und Herren, dass der Bund gerade zum 01.01.2003 mit der Lastenverschiebung - als Beispiel will ich hier die Grundsicherung noch mal nennen - ein Beispiel dafür geliefert hat, wie man kommunalfeindliche Politik macht, indem man im Durchschnittswert nämlich nur 31,6 Prozent der Kosten ersetzt, die den Kommunen durch die Grundsicherung entstanden sind, weshalb sie mit 70 Prozent an dieser neuen Aufgabe, die im Bundestag durch Rotgrün eingeführt wurde, zu einer Mehrbelastung geführt hat. Jeder, der kommunalpolitisch tätig ist, weiß, dass diese Mehrbelastung auf Dauer nicht mehr ertragbar ist. Deshalb werden entweder - das will ich an diesem Punkt auch ausdrücklich nennen, weil es zur Auftragskostenpauschale irgendwo dazu gehört - Aufgaben von jeder Ebene - Bund- oder Landesebene - übertragen und es

werden die Kosten mit erstattet oder aber die Aufgaben werden wieder abgeschafft. Das wollen wir mit unserer Zustimmungsverordnung hier sichern, dass jeweils die Kosten, die den Kommunen durch Mehraufgaben, die man ihnen überträgt, entstehen, nachträglich erstattet werden.

Frau Wildauer, es macht einen großen Unterschied, wenn Sie meinen und auch Recht haben, dass diese Zustimmungsverordnung zwar erst zum Jahresende vorgelegt wird, aber ich will daran erinnern, dass wir mit den Nachtragshaushalten, die wir in diesem Jahr beschlossen haben, eins nämlich gemacht haben, dass wir die kommunale Ebene an den Steuerausfällen des Landes im Rahmen des Finanzausgleichs nicht beteiligt haben. Wir haben sie nicht beteiligt und wir haben das Finanzierungssaldo selbst geschultert zugunsten der Kommunen.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb, meine Damen und Herren, ist es an dieser Stelle gerecht und solidarisch, diese Zustimmungsverordnung nun vorzulegen, um deren Zustimmung wir Sie bitten und mit Ausblick auf das, was möglicherweise in der nächsten Legislaturperiode gemacht werden kann, was der Innenminister angekündigt hat, nämlich das Finanzausgleichsgesetz grundhaft neu zu gestalten. Das wird, Frau Wildauer - Sie haben ja lange darum gekämpft - möglicherweise nicht mehr mit Ihrer Stimme geschehen, weil Sie das Haus vermutlich verlassen werden.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Ich lade sie ein.)

Sie laden sie ein. Wenn Sie gewählt werden, das ist die Voraussetzung, dann können Sie sie einladen.

Bei der grundhaften Neugestaltung des Finanzausgleichsgesetzes, ich will es für unsere Fraktion sagen, gehört natürlich auch, dabei zu prüfen, ist es ordnungssystematisch noch richtig, die Auftragskostenpauschale nach ihrer grundhaften Neuberechnung dann noch innerhalb des Finanzausgleichs zu lassen oder nicht. Das bedarf einer ausgiebigen Prüfung und bedarf auch einer Berechnung hinsichtlich der übertragenen Aufgaben, die wir in diesem Jahr mit übertragen haben. Wenn wir da zum Abschluss gekommen sind, dann wollen wir hier ein solides und dauerhaftes Finanzausgleichsgesetz vorlegen. Bis dahin bitte ich Sie um Zustimmung zu dieser Verordnung heute. Danke.

(Beifall bei der CDU)

Herr Abgeordneter Höhn, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, zu diesem Tagesordnungspunkt der Neufassung der Verord

nung über die Auftragskostenpauschale kann ich meinen beiden Vorrednern bzw. meiner Vorrednerin und meinem Vorredner insofern Recht geben, dass hier auf jeden Fall der Zeitpunkt dieser Beschlussfassung zu kritisieren ist. Das Jahr 2003 ist abgelaufen, erst jetzt kommen wir zu einer Regelung im Nachhinein für die Kommunen. Die Landesregierung selbst stellt immer sehr gern in Bezug auf die kommunalen Finanzen auf Planungssicherheit ab, hier an dieser Stelle kann man von Planungssicherheit weiß Gott nicht reden. Und eigentlich gibt die Vorlage sogar her, dass die jetzige Regelung, die wir nun deklaratorisch hier abnicken sollen, auch selbst nur ein Provisorium darstellt. Das kann jeder nachlesen, denn wie soll ich anders die Formulierung der grundhaften Neuberechnung ab 2005 interpretieren als das, was wir jetzt tun, insofern eine Übergangslösung mehr oder weniger darstellt.

Meine Damen und Herren, ich möchte an dieser Stelle, und da hat der Kollege Mohring sicher Recht, auf die einzelnen Zahlen dieser Vorlage nicht im Detail eingehen, möchte aber die Gelegenheit benutzen, weil mir das wirklich sehr wichtig erscheint und auch unserer Fraktion, einige grundlegende Äußerungen zur kommunalen Finanzausstattung hier zu tun. Und manchmal, liebe Kolleginnen und Kollegen, lohnt auch ein Blick in die Thüringer Verfassung, wenn es um die Finanzausstattung der Kommunen geht. Es sollte ja bekannt sein, dass dafür der Artikel 93 Abs. 1 einschlägig ist. Dort heißt es, und ich will das wirklich noch mal dezidiert in Erinnerung rufen: "Das Land sorgt dafür, dass die kommunalen Träger der Selbstverwaltung ihre Aufgaben erfüllen können. Führt die Übertragung staatlicher Aufgaben nach Artikel 91 Abs. 1 zu einer Mehrbelastung der Gemeinden und Gemeindeverbände, so ist ein angemessener finanzieller Ausgleich zu schaffen."

Meine Damen und Herren, wie muss man sich denn nun eine solche angemessene finanzielle Ausstattung vorstellen? Wie wird denn diese ermittelt? Gibt es transparente Kriterien dazu? Wie macht man das eigentlich hier im Lande Thüringen? Und an dieser Stelle muss ich Sie leider mit zwei Begriffen, die in diesem Zusammenhang untrennbar zu nennen sind, quälen, aber wenn man das Problem verstehen will, muss man sich damit befassen. Das eine heißt das Subsidiaritätsprinzip und das andere in diesem Zusammenhang ist das Konnexitätsprinzip. Ersteres regelt die Aufgabenübertragungen vom Grundsatz her auf unteren Ebenen und Letzteres, das Konnexitätsprinzip kann man volkstümlich mit der Formulierung umschreiben, wer bestellt, der bezahlt. An dieser Stelle lohnt auch, werte Kolleginnen und Kollegen, ein Blick nach Bayern. Dort hat es im Mai 2003, also in diesem Jahr, ein Gesetz zur Einführung des Konnexitätsprinzips im Lande Bayern gegeben, das durch einen Volksentscheid am 21.09. noch einmal mit übergroßer Mehrheit bestätigt worden ist. Wenn man sich die Formulierungen des bayerischen Gesetzes anschaut, so mag man auf den ersten flüchtigen Blick keine großen Unterschiede erkennen. Aber, meine Damen und Herren, es gibt einen, wie sollte es auch anders sein. An

sonsten hätte man sich ja das ganze Verfahren auch sparen können. Der Unterschied, und ich zitiere hier die Zeitschrift "Die Gemeindekasse", das ist eine Zeitschrift, die Fachzeitschrift für das kommunale Finanzwesen des Landes Bayern - Frau Präsidentin, ich zitiere - und hören Sie bitte genau zu, weil das wirklich wichtig ist an dieser Stelle: "Das Konnexitätsprinzip tritt als von der Finanzkraft der Kommune unahängige Ausgleichsregelung neben die allgemeinen Bestimmungen zur Absicherung einer finanziellen Mindestausstattung der Kommunen durch originäre kommunale Einnahmen sowie den Kommunalen Finanzausgleich. Damit ist ein Null-Summenspiel dergestalt ausgeschlossen, dass der Staat die zur Finanzierung des Ausgleichs notwendigen Haushaltsmittel dem Kommunalen Finanzausgleich entnimmt."

Herr Abgeordneter Höhn, lassen Sie eine Zwischenfrage zu von Herrn Abgeordneten Mohring?

Herr Mohring, wenn es sich nicht vermeiden lässt.

Herr Höhn, stimmen Sie mit mir überein, dass dieses von der bayerischen und auch von der Thüringer Landesverfassung verankerte Konnexitätsprinzip für eine sichere kommunale Finanzausstattung auch im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland verankert gehört?

Selbstverständlich und da gebe ich Ihnen Recht, das gehört auch in das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland integriert. Damit habe ich überhaupt kein Problem.

Aber ich war gerade dabei anzusetzen,

(Beifall bei der CDU)

zu erläutern, wie die Praxis im Lande Thüringen aussieht. Die Aufgaben, die das Land Thüringen an die Kommunen überträgt, werden in der Regel innerhalb des Kommunalen Finanzausgleichs integriert, d.h., sie sind innerhalb des KFA von den Kommunen finanziell zu bewältigen. Um Ihnen das mal plastisch darzustellen, was da passiert, der Kuchen des Kommunalen Finanzausgleichs, der wird ja nicht größer, das wissen wir alle. Aber die Zahl der Esser steigt dadurch und damit werden die Portionen kleiner und letztendlich handelt es sich deshalb um eine Beschneidung der kommunalen Finanzkraft durch diese Verfahrensweise. Das haben die Bayern mit ihrer Regelung definitiv ausgeschlossen. Ich möchte dafür werben, dass auch in Thüringen eine solche Regelung kurz- oder mittelfristig Platz greift, damit genau diese Verfahrensweise, die die Kommunen wirklich quält, ich möchte das

ganz deutlich sagen, weil ich das auch selbst in meinen ehemaligen Funktionen erleben durfte. Also, der KFA, wenn Aufgaben übertragen werden, ob nun in die Auftragskostenpauschale oder nicht, ist in seinem Gesamtansatz entsprechend zu erhöhen, wenn zusätzliche Aufgaben anstehen. Wenn Sie sich erinnern, das ist ein wesentliches Standbein des Normenkontrollantrags, den die SPD-Fraktion kürzlich beim Landesverfassungsgericht in Weimar eingebracht hat. An dieser Stelle werden wir auch von den kommunalen Spitzenverbänden dezidiert unterstützt.

Meine Damen und Herren, es gibt neben der Art und Weise der Ermittlung auch den Weg, wie wir zu unseren Festsetzungen kommen, was die kommunale Finanzierung betrifft, ist an dieser Stelle kritikwürdig bzw., um das mal vorwegzunehmen, ebenfalls ein Bestandteil unseres Normenkontrollantrags. Was machen wir heute hier? Wir beschließen deklaratorisch eine Verordnung. Und wenn man sich mal den Text der von mir vorhin zitierten Verfassungsregelung oder des Verfassungsartikels vor Augen führt, dann wird es eben nicht gerecht, wenn wir die kommunale Finanzausstattung per Verordnung hier im Lande regeln. Auch das ist in Bayern in diesem neuen Gesetz so geregelt, dass dort gesetzliche Regelungen zu schaffen sind für eine angemessene kommunale Finanzausstattung. Bei uns wird lediglich in § 23 des Finanzausgleichsgesetzes der Pauschalierungsgrundsatz festgelegt. Alles andere unterliegt dem Verordnungsweg, ist also der parlamentarischen Kontrolle insofern entzogen, dass wir nicht daran mitwirken können. Wir dürfen heute zustimmen oder auch nicht an dieser Stelle. Also, ein Gesetz vom Landtag beschlossen nach klaren Kriterien zur Aufgabenerfüllung mit einer eindeutigen Definition dessen, was überhaupt staatlicher Aufgabenerfüllung bedarf, das muss das Ziel sein. Und die Überschrift dazu heißt: Transparenz und Klarheit im Verfahren. Frau Finanzministerin, ich freue mich, dass Sie an dieser Stelle zustimmend nicken.

(Zwischenruf Diezel, Finanzministerin: Und in der Höhe auch.)

An einer Stelle, Kollege Mohring hat das eben angesprochen, es ist in der Tat diskussionswürdig, ob nun Zuweisungen oder Aufgabenübertragungen innerhalb oder außerhalb des KFA stattzufinden haben. Wir, ich persönlich und meine Fraktion, plädieren an dieser Stelle, gestützt auf die Argumentation von Professor Huber als unserem Prozessbeauftragten ganz eindeutig, dass wir es in Zukunft nicht ermöglichen wollen, außerhalb des Kommunalen Finanzausgleichs Aufgabenübertragungen zu regeln. Wenn man im KFA nach diesen von mir eben genannten klaren Kriterien auf gesetzlicher Grundlage dieses tut, dann kann man alle Aufgaben innerhalb des Kommunalen Finanzausgleichs regeln und somit wäre der Frage Transparenz und Klarheit am stärksten Genüge getan, natürlich unter Berücksichtigung des auch schon geschilderten Konnexitätsprinzips. Denn man kann sagen, und leider ist die Praxis in Thüringen entsprechend, außerhalb des KFA geregelte Aufgaben unterliegen immer einer größeren Gefahr

Haushaltseinsparungen zum Opfer zu fallen als wenn das innerhalb gelöst worden wäre. Denn in der Regel werden Finanzierungsvereinbarungen geschlossen, die nach einem bestimmten Zeitraum auslaufen. Aber die Aufgabe verbleibt bei den Kommunen. Deshalb ist das auch ein Weg, letztendlich die Finanzkraft der Kommunen zu beschränken.

Also, meine Damen und Herren, ich habe hier versucht, kurz wesentliche Grundsätze eines veränderten Kommunalen Finanzausgleichs hier in Thüringen zu umreißen. Ich tue dies in der Hoffnung, dass wir in den nächsten Monaten, ich möchte bewusst nicht sagen Jahren, denn es bedarf eigentlich einer schnellen Lösung angesichts der Finanzlage der Kommunen, dass die Kommunen an dieser Stelle mehr Sicherheit in ihren finanziellen Planungen haben, als das bisher nach der jetzigen Gesetzes- und Verfahrensweise im Lande Thüringen der Fall ist. Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Ich habe jetzt keine weiteren Wortmeldungen mehr. Wir können zur Abstimmung kommen, Ausschussüberweisung hat es ja nicht gegeben. Wir stimmen direkt über den Antrag der Landesregierung in Drucksache 3/3813 ab. Wer dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Mit einer größeren Anzahl Stimmenthaltungen ist der Antrag angenommen.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 9 und schließe die Tagesordnung für heute, und wir sehen uns morgen früh um 9.00 Uhr wieder. Guten Abend.

E n d e d e r S i t z u n g: 19.54 Uhr