Protokoll der Sitzung vom 12.12.2003

Meine Damen und Herren, so wichtig es ist, dieses gemeinsame Anliegen "Verbesserung der Ausbildungssituation innerhalb der dualen Berufsausbildung" im Thüringer Landtag zu behandeln, so wenig hilfreich, denke ich, ist es, durch sich wiederholende Anträge der SPD den Eindruck zu vermitteln, dass die Beteiligten erst durch diese Anträge zur Arbeit getragen werden müssen. Meine Damen und Herren, wir haben das Problem im Griff, und zwar wesentlich besser als so manches SPD-regierte Land.

(Beifall bei der CDU)

Frau Abgeordnete Bechthum, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ganz so kann man das doch nicht im Raum stehen lassen, was jetzt alles so gesagt wurde. Wenn ich Sie, Herr Minister Krapp, und jetzt noch Herrn Minister Reinholz höre, muss ich den Eindruck haben, wir in Thüringen können sagen, alles ist gut, wir brauchen gar nichts zu ändern.

(Unruhe bei der CDU)

Es sitzen Schüler hier. Ich weiß nicht, wie oft Sie hier Schülergruppen auch mit betreuen als Besuchergruppen.

(Unruhe bei der CDU)

Ich höre fast bei jeder Gruppe: Warum haben wir hier so wenig Ausbildungsplätze und warum wandern so viele ab, wie ist das mit der Berufssituation? Das kann man in fast jeder Gruppe so hören. Wenn wir wieder festgestellt haben, dass über 5.000 junge Menschen, junge Familien jedes Jahr abwandern aus Thüringen, dann muss uns das langsam doch viel, viel mehr beunruhigen, als es hier immer noch dargestellt wurde. Und wenn wir sagen, es sind über 2.400 in den alten Bundesländern in Ausbildung, dann ist das besonders für uns als bekümmert darzustellen und festzustellen, denn es sind ja vor allem die jungen Frauen, das bedauern wir ja immer, die einen guten Ab

schluss haben. Wir reden immer davon, in einigen Jahren haben wir mit unseren jungen Menschen hier riesige Defizite. Es werden die Kinder fehlen, die eigentlich hier geboren werden sollten. Es sind die jungen Frauen, die vor allem hochwertige Ausbildungsberufe suchen, Herr Reinholz, und die fehlen hier. Sie haben richtig gesagt, wieso schaffen wir es immer noch nicht zu informieren, dass es mehr als diese 10 und 20 Berufe gibt, für die sich die Mehrheit der jungen Menschen entscheidet.

(Zwischenruf Abg. Vopel, CDU: Wir infor- mieren sie doch.)

Diese hochwertigen Berufe, die zu wenig hier angeboten werden, die müssen wir auch versuchen vielleicht über die Ausbildungsumlage hier mit zu verändern, dass man den Firmen auch hilft, mehr solche Plätze zu schaffen

(Unruhe bei der CDU)

und vor allem die Unternehmenskultur, auch die Unternehmer im Umgang gerade mit jungen Menschen auch zu schulen. Da ist auch ein Stillstand zu vermerken. Ich muss Ihnen sagen, Herr Krapp, der IHK-Präsident Herr Chrestensen, wir kennen uns aus vielen Situationen, wir sind zusammen im Kuratorium der Fachhochschule Erfurt, kritisiert sehr realistisch, wo sind die Defizite. Er sagte: Wo sind die Defizite in der Schule? Warum werden immer noch so wenige Berufe hier nur gewählt? Wo sind die Defizite der Landesregierung? Sie schieben ja immer alles weg, was Sie machen. Natürlich muss man auch die Defizite des Elternhauses mit hervorheben. Wenn ich Sie hier höre, Herr Krapp, Sie reden immer alles schön. Es läuft das Praktikum, es läuft das, das sind alles Maßnahmen. Wir waren auch auf den Ausbildungsmessen und ich sehe auch dort, wie die Schulen kommen. Sie werden dort durchgeschleust, dann wird mal gesagt, ah, einer, zwei, die haben jetzt hier einen Ausbildungsvertrag abgeschlossen, daran wird dann alles hochgezogen. Sie können doch auch mal sagen, da kann man auch was besser machen, dass Sie einmal kritisch sagen könnten, hier klappt es noch nicht, das ist gut, dass es das gibt, aber wie wird das angenommen. Das würden wir uns hier wünschen und nicht immer alles schönreden und so tun, die böse Opposition, die wieder nur alles schlechtredet. Wir wollen doch etwas tun für unsere jungen Menschen. Die fragen uns und die unterscheiden da überhaupt nicht, ob wir jetzt die Opposition sind oder ob wir in der Regierung sind.

(Unruhe bei der CDU)

Sie wollen, dass wir auch was tun, und sie sind froh, wenn wir sagen, wir werden das wieder zum Thema im Landtag machen. Dann merken sie, man kümmert sich um sie, und so möchten wir das auch gesehen haben. Danke.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt gibt es mehrere Wortmeldungen. Der Abgeordnete Michel, CDU-Fraktion, hat sich zu Wort gemeldet und die Minister der Landesregierung Krapp und Reinholz. Sie sagen jetzt, ich soll den Abgeordneten erst mal reden lassen.

Frau Präsidentin, verehrte Abgeordnete, verehrte Zuschauer, vor allen Dingen, liebe Schüler und meine ExKollegen, ich muss zur Frau Pelke mal was sagen: Frau Pelke, ich habe bis jetzt gemerkt, Sie haben eigentlich sehr sachliche Redebeiträge geleistet. Ich muss dazu aber jetzt ergänzen, wenn Sie so dazu Stellung beziehen, dann möchte ich aber doch merken, zumindest habe ich das nicht mitbekommen, dass Sie mehr in der Praxis mal nachfragen. Ich war nun bis vor vier Wochen in der Praxis und ich kann das nur bestätigen, was Herr Krapp gesagt hat und was Herr Minister Reinholz gesagt hat: In den Schulen wird viel unternommen, um die Ausbildung gut vorzubereiten.

(Beifall bei der CDU)

Ich erinnere nur daran, dass z.B. Projekttage in Bezug auf Berufswahlvorbereitung gemacht werden. Die Projekttage werden nicht nur von einem Fachlehrer vorbereitet, nehme ich meinetwegen Wirtschaft und Technik oder Wirtschaft und Recht, da wird zusammen mit Deutsch gearbeitet oder auch mit Geographie oder anderen Fachkollegen. Da werden Projekte gemacht, wo sich Schüler z.B. in einem Betrieb vorstellen, wo sie ihre Bewerbung z.B. schreiben. Dann kommen jetzt diese Sachen mit diesen Berufsabbrechern. Wir haben auch in der Schule schon solche - ich will es mal in Anführungsstrichen sagen "Schulversager", die mehrere Klassen mehrmals durchlaufen bzw. dann, wo die Gefahr besteht, dass sie das Ziel der Hauptschule oder der Realschule nicht schaffen, da haben wir Praxisklassen eingerichtet, z.B. im SaaleOrla-Kreis, wo ich herkomme, und die werden sehr gut angenommen. Dort haben die Schüler, die bislang Schwierigkeiten hatten auf theoretischem Gebiet, Gelegenheit, sich dort mehr praktisch vorzubereiten.

(Beifall bei der CDU)

Das macht ihnen Spaß und sie haben auch Erfolg.

Das Arbeitsamt, was angesprochen wurde, gibt sich bei uns im Saale-Orla-Kreis, wo ich herkomme, auch sehr viel Mühe, denn das Arbeitsamt kommt regelmäßig in die Schule, die machen Stunden mit mehreren Klassen, dort wird sich mit den Schülern beraten und auch mit den Eltern. Dort wird die Zusammenarbeit auch angeboten.

Herr Abgeordneter Michel, gestatten Sie eine Anfrage durch Frau Abgeordnete Pelke?

Bitte, Frau Pelke.

Danke schön. Herr Kollege, stimmen Sie mir zu, dass ich gesagt habe, dass an vielen Punkten und gerade in der Berufsorientierung in Richtung Zusammenarbeit mit den Eltern und mit der Schule mehr getan werden muss? Ich habe damit weder schlechtgeredet, was läuft, sondern nur darauf verwiesen, dass hinsichtlich von 5.500 Abbrechern diese Situation verbessert werden muss. Stimmen Sie mir zu, dass es hinsichtlich dieser Situation gut wäre, diesen Antrag einfach als Diskussionsgrundlage an die Ausschüsse zu überweisen und genau diesen Austausch zu vollziehen, den Sie jetzt hier auch aus Ihrer praktischen Erfahrung deutlich machen?

Ich gebe Ihnen Recht. Wissen Sie, wir arbeiten nie so gut, als dass nicht noch mehr getan werden könnte. Aber lassen Sie erst mal das wirken, was jetzt in den Kreisen und in den Schulen angeboten wird. Die Arbeit ist nicht einmal getan und dann erwarten wir gleich eine Wirkung. Da müssen Sie mal Kollegen fragen, welche Schwierigkeiten es da gibt. Ich setze eine Maßnahme an und dann soll alles gleich gut sein. Das wirkt auch über die Eltern. Dass man dann natürlich auch noch Ausbildungsbörsen machen könnte, zum Beispiel mit den Betrieben, mit den ausbildungsbereiten Betrieben, welche Anforderungen die stellen und welche Hoffnungen und welche Wünsche die Schüler haben, dass man auf einen Nenner kommt, das wäre auch gut. Das könnten wir mit unseren Parteien vielleicht sogar in Erfurt machen. Mir schwebt so etwas vor. Das gebe ich zu, da können wir auch mehr machen - ich zumindest, ich werde auch mehr machen. Danke.

(Beifall bei der CDU)

Nun weiß ich nicht, ob die beiden Minister sich über eine Reihenfolge geeinigt haben? Ja? Minister Krapp, bitte schön.

Ich hatte eigentlich eine Rückfrage an Abgeordnete Bechthum in Verbindung mit den Aussagen von Frau Pelke. Ich habe da nämlich gewisse Widersprüche herausgehört. Ich will es noch mal formulieren: Frau Bechthum, Sie haben die Abwanderung beklagt von Schülerinnen und Schülern, die hier keine Ausbildungsstelle finden. Da stimme ich Ihnen zu, es gibt zu wenige duale Ausbildungsstellen. Und Frau Pelke hat aber beklagt, dass Ausbildungsstellen nicht besetzt werden können, weil unsere Absolventen nicht ausbildungsfähig sind

(Zwischenruf Abg. Pelke, SPD: Das ist eine Unverschämtheit, da gebe ich Ihnen mein Blatt Papier.)

wegen fehlender Orientierung auf die Berufsbildung. Nun frage ich: Haben Sie das nicht abgestimmt in der Fraktion oder können Sie das vielleicht erhellen?

(Zwischenruf Abg. Bechthum, SPD: Ich habe das spontan gesagt.)

Minister Reinholz, bitte schön.

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Wir haben noch Reserven.)

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD)

Herr Gentzel, Ihre scherzhaften Bemerkungen ehren Sie hin und wieder.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Aber es scheint Ihnen zu gefallen.)

Ja, ich bin immer für einen guten Witz zu haben, vor allen Dingen, wenn ihm ein gewisses Niveau fehlt.

(Beifall bei der CDU)

Frau Bechthum, Sie haben vorhin noch mal die Abbrecher angesprochen, mangelnde Information. Frau Bechthum, wir können das nicht nur bei der Landesregierung abladen, weder bei meinem Kollegen Krapp noch bei mir. Wir machen zum Beispiel zusätzlich zu den ganzen Programmen, die Kollege Krapp aufgelegt hat, um die Schülerinnen und Schüler über Ausbildungsplätze in Thüringen zu informieren, auch noch das "Thüringen perspektiv", das zum Beispiel auch über Antenne Thüringen läuft, die ja bekannterweise von Jugendlichen sehr gern und viel gehört wird. Ich möchte an der Stelle aber einfach noch mal daran erinnern: Das fängt in der Familie an - da fängt es an.

(Beifall bei der CDU)

Die Eltern haben verflixt noch mal auch die Verpflichtung, ihre Kinder darüber zu informieren, was sie perspektivisch mal werden können. Nicht immer alles nur bei der Schule parken oder später bei demjenigen, der die Jugendlichen ausbilden soll, festzustellen, dass der Junge nicht ausbildungsfähig ist, weil es der völlig falsche Beruf ist, der seinen Neigungen und seinen Fähigkeiten überhaupt nicht entspricht. Ich sehe mich einfach nicht in der Lage, das hier ständig zum wiederholten Mal herunterzubeten, dass es nicht die alleinige Aufgabe der Landesregierung ist, Ausbildung zu organisieren. Das ist auch Aufgabe der Wirtschaft.

(Beifall bei der CDU)

Sie können der Thüringer Landesregierung ja nun weiß Gott nicht nachsagen, dass sie nichts dafür getan hat, dass die Jugendlichen im Ausbildungsjahr 2002 und im Ausbildungsjahr 2003 die entsprechende Anzahl an Ausbildungsplätzen finden, denn nicht umsonst liegt Thüringen an der Spitze aller vermittelten Ausbildungsplätze in ganz Deutschland und vor allen Dingen in den neuen Bundesländern und ich wiederhole es noch mal deutlich, über SPD-regierte "Bundesländer". Danke.

(Beifall bei der CDU)

Frau Abgeordnete Pelke, SPD-Fraktion, hat noch eine Wortmeldung signalisiert.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, also dieses bewusste Missverstehen und diese Eitelkeiten auf der Ministerbank, wann immer man hier einen Antrag vorlegt und eine kritische Bemerkung macht, dass wir alles schlechtreden würden, das geht langsam auf keine Kuhhaut, um es im Sinne von Minister Sklenar vielleicht mal zu sagen.

(Beifall bei der SPD)

Es muss doch möglich sein, kritische Bemerkungen zu machen, wenn eben junge Menschen nicht in betriebliche Ausbildungsplätze vermittelt werden, oder es muss doch möglich sein, kritische Bemerkungen hinsichtlich der Berufsvorbereitung machen zu können, wenn das selbst von der Wirtschaft, wenn das selbst vom Wirtschaftsstaatssekretär in Ausschuss-Sitzungen - leider in der Öffentlichkeit wahrscheinlich nicht, aber dort zumindest - definitiv angesprochen wird. Wenn das nicht mehr geht, dann verabschieden wir uns, über die Zukunft von jungen Menschen nachzudenken. Himmel noch mal, kein Mensch hat gesagt, dass Sie nichts getan haben, Herr Minister Krapp. Kein Mensch hat gesagt, dass die Lehrer nichts tun. Wir haben gesagt, Eltern haben Verantwortung und wir ha