Protokoll der Sitzung vom 12.12.2008

(Beifall CDU)

Deshalb sollte man möglichst wenig durch Einzelzuweisungen machen und möglichst alles, soweit es nur irgend geht, über Schlüsselzuweisungen, damit die Kommunen in ihrer eigenen Verantwortung das Geld so ausgeben, wie sie es vor Ort für richtig halten. Da ist in meinen Augen eine zweckgebundene Zuweisung nicht der richtige Weg. Das hat auch der Verfassungsgerichtshof so gesehen; es ist vorhin schon mal angeklungen, ich will das deshalb nicht noch mal wiederholen. Deshalb hat auch der Landesgesetzgeber, auch im Hinblick auf das Verfassungsgerichtsurteil, von dieser Investitionspauschale abgesehen und sie in die Schlüsselzuweisungen eingerechnet, weil nur so letztlich die Vorgaben des Verfassungsgerichtshofs auch entsprechend eingehalten werden können.

Die Kommunen, die statt den Investitionspauschalen jetzt höhere Schlüsselzuweisungen erhalten, sind in verantwortungsbewusster Wahrnehmung der Selbstverwaltung gehalten, bei entsprechenden Investitionsplänen Überschüsse im Verwaltungshaushalt zu erwirtschaften, um Zuführungen an den Vermögenshaushalt vornehmen zu können, aus denen die Investitionen dann finanziert werden können. Hierüber entscheiden aber die Kommunen - und ich muss es noch mal sagen - im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltung. Der Landesgesetzgeber vermeidet zu Recht die Vorgabe, dass die Kommu

nen als Träger der kommunalen Selbstverwaltung einen bestimmten Teil ihrer Mittel für Investitionen auszugeben haben. Bei den einnahmestarken Kommunen, die gar keine oder nur geringfügig erhöhte Schlüsselzuweisungen erhalten, kann davon ausgegangen werden, dass diese ihren angemessenen Investitionsbedarf ohnehin durch entsprechende Überschüsse im Verwaltungshaushalt erwirtschaften können. Das Grundanliegen des Thüringer Verfassungsgerichtshofs, nämlich die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung durch möglichst wenig Zweckbindung bei den Finanzzuweisungen des Landes an die Kommunen, würde durch die Wiedereinführung der von Ihnen propagierten Investitionspauschale in jedem Fall konterkariert.

Natürlich wird das Land bei der Haushaltsaufstellung 2010/2011 die konkrete Situation berücksichtigen. Wenn sich in der Tat zeigen sollte, dass im Laufe des Jahres 2009 die Steuereinnahmen gegen Ende 2009 rückläufig sind, kann man natürlich im Haushalt 2010/2011 darauf Rücksicht nehmen und nach Möglichkeiten schauen, wie man dieser wirtschaftlichen Entwicklung entgegensteuert. Aber es ist vorhin schon zigmal gesagt worden: Den schwarzen Mann an die Wand zu malen im Moment, halte ich für völlig verfehlt, es führt zu einer ganz falschen Entwicklung

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Der steht doch vorn am Pult.)

Ja, das hätten Sie so gern.

Also, ich halte es für völlig verfehlt, jetzt schon in Panik zu verfallen und diese Panik auch noch überall weiterzuverbreiten, wo es nur irgend geht.

Noch zum Thema Landesausgleichsstock: Sie haben ja vorgeschlagen, den Landesausgleichsstock zugunsten kommunaler Investitionen abzuschmelzen. Das funktioniert so nicht, wie Sie sich das vorstellen, weil der Landesausgleichsstock, der in diesem Jahr 18,6 Mio. € beträgt und im nächsten Jahr noch mal 18,6 Mio. €, für dieses Jahr ausgegeben ist, und ich gehe davon aus, dass er im nächsten Jahr auch vollständig abfließt. Deshalb steht kein Betrag zur Verfügung, den man da zusätzlich für irgendwas noch abschmelzen oder für zusätzliche Investitionen noch in Ansatz bringen könnte. Dann muss man natürlich auch mal sehen, dass gerade diese 18,6 Mio. € 2008 und 2009 ohnehin in der Regel für investive Ausgaben genutzt werden. Die Kommunen, die das bekommen, das sind ja die Kommunen, denen das Geld in der Regel fehlt, die z.B. eine Kofinanzierung nicht aufbringen können. Genau dafür gibt es dann dieses Geld aus dem Landesausgleichsstock und genau dafür ist das Geld dann auch richtig angelegt. Es ist viel besser angelegt, sol

chen Kommunen dieses Geld zu geben, als es per Gießkanne dann über das ganze Land zu verbreiten, auch an die, die es gar nicht nötig haben.

Zu den rentierlichen Krediten möchte ich noch gern etwas sagen: Es besteht überhaupt kein Anlass, irgendeine gesetzliche Regelung jetzt aufzunehmen zum Thema „rentierliche Kredite“. Rentierliche Kredite sind im Moment schon möglich, das sieht die Kommunalordnung auch jetzt schon vor. Es macht keinen Sinn, das noch mal ins Gesetz reinzuschreiben, nur, es müssen tatsächlich auch rentierliche Kredite sein. Es reicht eben nicht aus, wenn sie nur fast rentierlich sind, so wie es vorhin vonseiten der LINKEN angeklungen ist. Es müssen in der Tat rentierliche Kredite sein. Das heißt, der Vorteil, den ich daraus am Schluss habe, muss mindestens so hoch sein wie der Aufwand, den ich für den Kredit betreibe. Wenn das nicht zusammenpasst, ist es kein rentierlicher Kredit und dann kann er bei Kommunen, die sich das nicht leisten können, auch nicht genehmigt werden.

Damit komme ich auch noch zum Thema „PPP“: PPP kann eine gute Sache sein, es muss aber keine gute Sache sein. Aber es kann, und da es kann, muss man die Möglichkeit auch offenhalten. Aber natürlich, und da schaut auch die Rechtsaufsicht zumindest seit einigen Jahren genau hin, wenn ein PPPModell tatsächlich ansteht, muss wirklich genau hingeschaut werden, ob es in der Tat wirtschaftlicher ist, wenn ich etwas über PPP finanziere, als wenn ich es nach der herkömmlichen Methode finanziere. In beiden Fallen ist es eine Finanzierung und das darf man natürlich nicht vergessen. Auch eine solche Finanzierung über PPP muss rentierlich in dem Sinne sein. Das heißt, es darf nicht so sein, dass jemand meint, wenn er keine Kreditgenehmigung für einen ordentlichen Kredit mehr bekommt, dass er dann die Sache über PPP durchziehen kann. Das funktioniert natürlich nicht. Aber deshalb muss man beileibe nicht das PPP-Modell als solches abschaffen.

Derivate - lassen Sie mich noch kurz etwas zu Ihrem Vorschlag sagen, dass Derivatgeschäfte untersagt werden sollten. Auch da gehen Sie einfach zu weit, indem Sie sagen, alle Derivatgeschäfte sind schlecht und deshalb müssen sie verboten werden. Derivatgeschäfte zu machen, gehört zum normalen Kreditgeschäft dazu, wenn man es verantwortungsvoll betreibt, und daran hängt es. Wenn man das verantwortungsvoll betreibt, kann das sogar von großem Vorteil sein, Derivatgeschäfte zu machen, weil man sich auf die Art und Weise auch gegen Risiken absichern kann. Deshalb wird die Landesregierung das natürlich nicht vertreten, solche Derivatgeschäfte zu verbieten. Das Einzige, worauf man achten muss, dass natürlich hier eine sinnvolle Kont

rolle und eine ständige Kontrolle der Kommunen da ist, damit sie hier wirklich Derivatgeschäfte machen, die auch sinnvoll sind und keine Risikogeschäfte eingehen.

Zusammenfassend lässt sich sagen - da kann ich wieder an dem Text bleiben -, dass der von der Fraktion DIE LINKE vorgelegte Gesetzentwurf eine Mischung aus Populismus, Einschränkungen der kommunalen Selbstverwaltung und schlicht überflüssigen Vorschlägen ist. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Das Wort hat jetzt Abgeordneter Gerstenberger, Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, mir tut zwar seit Tagen mein Fuß weh, aber das, was ich heute gehört habe, das tut noch mehr weh,

(Beifall DIE LINKE)

was Sie sich hier erlauben, in der Öffentlichkeit zu propagieren.

Zunächst zu Ihrer Methode, nämlich der Methode der Diffamierung: Erstens, Herr Mohring, da werden gestern Demonstranten beschimpft, die um ihre Gehaltsregelungen kämpfen müssen, und das gegenüber dieser Landesregierung, und die werden beschimpft von einem Menschen, dessen Diäten automatisch Jahr für Jahr steigen. Der muss nicht dafür demonstrieren, der muss nicht dafür kämpfen, der kriegt sein Geld. Nur diejenigen, die Angestellte sind in diesem Land, die müssen kämpfen und die müssen sich gefallen lassen, dass sie anschließend diffamiert werden.

(Beifall DIE LINKE)

Da kommt als Zweites Frau Groß, die behauptet, wir könnten nicht mit Geld umgehen. Frau Groß, eine kleine Gedächtnisstütze: Erinnern Sie sich an den Berliner Bankenskandal, weshalb unter anderem die CDU ihren Machteinfluss in Berlin verloren hat? Das war mit Sicherheit DIE LINKE und das noch vor 1989. Oder erinnern wir uns an den bayerischen Bankenskandal, 10 Mrd. müssen jetzt als Bürgschaften eingesetzt werden. Ich vermute, das lag daran, dass in Bayern und in München offensichtlich DIE LINKE regiert. Und Herr Scherer liefert jetzt die Krönung ab, indem er die Investitionspauschale als „kommunistische Machenschaft“ anprangert

(Heiterkeit DIE LINKE)

und gleichzeitig noch verkündet, dass eine Investitionspauschale zweckgebunden ist. Herr Scherer, ich weiß ja nicht, wo Sie Ihren Duden gelernt haben, aber Sie müssten mir die Sprache sagen, wo eine Pauschale als Zweckbindung zu bezeichnen ist. Es ist eine völlig neue Interpretation der deutschen Sprache, aber der Zweck heiligt bei Ihnen offensichtlich jedes Mittel.

(Beifall DIE LINKE)

Das Zweite, meine Damen und Herren, es geht offensichtlich um das Ignorieren von Positionen, das Ignorieren von Positionen der Bevölkerung zum einen und das Ignorieren von Verbänden und Strukturen. Bei der Bevölkerung will ich noch einmal darauf hinweisen: Auf die Frage, beeinträchtigt die Finanzmarktkrise die Wirtschaftsentwicklung, sagen 64 Prozent der Bevölkerung, sehr stark. Bei der Frage nach der Zufriedenheit mit dem eigenen Leben gibt es in dieser Legislatur eine deutliche Verschlechterung in Thüringen, nämlich um 13 Prozent. Auf die Frage, hat die soziale Marktwirtschaft sich bewährt, stimmten 1994 noch 73 Prozent der Bevölkerung mit Ja, im Jahr 2008 waren es noch ganze 50 Prozent. Der Anteil der Bevölkerung, der gesagt hat, nein, sie hat sich nicht bewährt, hat sich mittlerweile in diesem Zeitraum verdoppelt auf über 40 Prozent. Herr Scherer, das ignorieren Sie. Dass offensichtlich die Handwerkskammer in einer Sitzung mit dem Ministerium feststellt, dass sie die positive Sicht der Landesregierung auf die gegenwärtige Situation nicht teilen kann, scheinen Sie zu ignorieren. Dass die IHK feststellt, der Produktivitätsabstand von rund einem Viertel gegenüber Westdeutschland schließt sich trotz erheblichen Fördermitteleinsatzes nicht. Dass die Kammer einen Krisengipfel einberuft und einen runden Tisch auf die Tagesordnung setzt, an dem die Landesregierung sich nur nach Nötigung beteiligt, scheint Sie nicht sonderlich zu berühren.

Der dritte Teil: Sie betreiben Zahlenbeschönigung und Sie betreiben falsche Versprechen. Ich nenne nur die letzten Meldungen der Tage. Vorerst keine Darlehen für Familie: Das auch als Ehekredit bezeichnete Familiendarlehen wird in Thüringen vorerst nicht eingeführt. Große Versprechungen, nichts dahinter. Die Versprechung zur Verbundforschung, seit eineinhalb Jahren Schall und Rauch, weil angeblich bestimmte Bedingungen im Vorfeld nicht geklärt waren. Der Beschluss, sich mit demographischen Fragen in Thüringen auseinanderzusetzen, dümpelt seit eineinhalb Jahren in diesem Landtag. Da haben wir uns darüber verständigt in den Ausschüssen, ob denn diese Landesregierung zu den demographischen Folgen etwas sagen will und wenn ja, bitte schön, was; anstatt zu sagen, wir müssten

Handlungsoptionen entwickeln, dass der demographische Wandel so nicht stattfindet, wie er stattfindet. Auch das scheint diese Landesregierung zu ignorieren. Man könnte da sehr schön auch noch den Artikel von Martin Dewes zitieren. Ich will den Titel selbst nicht noch einmal vorlesen aber das Resümee noch einmal nennen: Es findet eine Abstimmung mit Füßen statt, insbesondere der jungen Bevölkerung, also der Zukunft dieses Landes, die diesem Land den Rücken zudreht und Sie diskutieren noch, ob wir darüber reden müssen oder ob wir nicht darüber reden müssen. Das ist das Dilemma und dem begegnen Sie, indem der Herr Ministerpräsident feststellt, was jetzt notwendig ist, ist Kontinuität.

(Unruhe CDU)

Das kam heute auch dankenswerterweise von Frau Diezel noch einmal wiederholt. Man weiß schon, was man seinem Chef schuldig ist. Kontinuität ist jetzt gefragt.

(Zwischenruf Diezel, Finanzministerin: Ich habe …)

Bloß keine Hektik, bloß keine Aufregung, bloß keine Bewegung und bloß kein Kümmern um die Probleme, die zum gegenwärtigen Zeitpunkt auftreten.

(Zwischenruf Abg. Buse, DIE LINKE: Da sind DIE LINKEN schuld.)

(Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Das ist eine Frechheit.)

Ja, Frau Groß, wir werden uns hier in Monaten wieder sprechen, wenn Sie die ersten Konjunkturprogramme aufheben. Als Wahlprogramme und als Wahlgeschenke dann durch die Gegend reisen, anstatt jetzt, wo es dringend geboten ist, zu agieren; Handlungsoptionen zu eröffnen und da sind alle Handlungsoptionen gefragt. Aber mit Ihren ideologischen Scheuklappen muss ich ja ernsthaft überlegen, wer nun in der Tradition der ehemaligen Historie vor 1989 steht, die Scheuklappen von damals, die wir gedacht haben, haben wir abgelegt - die Kiste müssen Sie gefunden haben -, die haben Sie auf.

(Beifall DIE LINKE)

Denn genauso wie wir 1989 hantieren Sie, indem Sie die Probleme der Bevölkerung in der breiten Masse ignorieren, behaupten, ihr müsst nur unsere Sicht entwickeln auf die Probleme, denn unsere Sicht ist die richtige.

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist zu Ende.

An unserer ideologischen Ausrichtung müsst Ihr Euch orientieren - alles wird gut.

Meine Damen und Herren, wir haben eine Handlungsoption vorgelegt, eine Handlungsoption, an der man sich orientieren kann und wo es darum geht, diese zu nutzen. Sie blockieren und ignorieren! Sie tun nichts! Das ist Ihr Problem!

(Beifall DIE LINKE)

Es gibt eine weitere Redemeldung, Abgeordneter Dr. Schubert, SPD-Fraktion. Abgeordneter Dr. Schubert, SPD:

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will noch einmal etwas zu dem Thema GA-Förderung sagen. Der Minister Reinholz ist ja jetzt hinausgegangen. Ich weiß nicht, ob er es da draußen hört oder was er gerade macht. Ich kann ja gut verstehen, dass er das Thema kaum noch hören kann. Auf ihm lastet eine schwere Bürde, muss ich sagen, denn er ist der

(Beifall SPD)

Wirtschaftsminister in der Geschichte der Bundesrepublik, der die meisten GA-Mittel hat verfallen lassen. Das ist nun einmal so. Da nützt es auch nichts, wenn man heute sagt, wie toll das jetzt läuft, nachdem wir es x-mal angemahnt haben. Seit 2000 bis 2006 hat diese Landesregierung 150 Mio. € Bundesmittel verfallen lassen

(Beifall SPD)

plus 150 Mio. € Fördermittel, die aus dem Freistaat gekommen wären. Das sind diese von Herrn Dr. Pidde genannten 300 Mio. €. Herr Reinholz selbst steht mit 200 Mio. € zu Buche - da kann er hier herumreden, wie prima das heute läuft -, das ist die Bilanz dieser Landesregierung. Wenn man sich dann einmal die Zahlen ansieht - Herr Reinholz, wenn Sie fertig sind, mit telefonieren, können Sie auch noch ein Stück zuhören -, dann ist nämlich genau in dem Zeitraum zwischen 2000 und 2005 die private Investition in Thüringen die Schwächste aller neuen Bundesländer. Das hat etwas damit zu tun, dass man das Geld hat verfallen lassen. Das sind die Tatsachen und an denen werden Sie auch nicht vorbei

kommen, Herr Reinholz. Vielen Dank.

(Beifall SPD)

Mir liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen mehr vor, damit kann ich die Aussprache schließen.