Das ist eine der wichtigsten Aufgaben für die zukünftige Handlungsfähigkeit von Politik, denn es ist ja wahr, wenn Haushalte mit immer höheren Schulden belastet sind, verringern sich die Spielräume, die wir für andere wichtige Aufgaben und für Investitionen haben. Ich denke, diese Aufgabe muss man zunächst einmal wirklich ernst nehmen. Ich verstehe auch die Sorge vieler Bürgerinnen und Bürger, dass die Verschuldung sich immer weiter entwickelt, weil sie natürlich die bange Frage stellen, wer soll es am Ende alles bezahlen? Aber ich sage auch ganz deutlich, Frau Diezel, diese Aufgabe ist nur zu bewältigen, wenn man Einnahme- und Ausgabeseite gemeinsam betrachtet. Nur über Kürzungen kann man keine
Haushalte konsolidieren, das zeigen alle Erfahrungen der letzten Jahre. Nur mit einer stabilen Einnahmesituation sind ausgeglichene Haushalte möglich.
Die SPD hat ja im Zusammenhang mit dem Vorschlag des Konjunkturpakets II auch gleichzeitig vorgeschlagen, die Schuldenbegrenzung im Grundgesetz zu verankern. Die Föderalismuskommission, die darüber verhandelt hat, hat mit Bedacht und aus guten Gründen vorgeschlagen, dass diese Regelung im Bund nicht ab 2011, sondern erst ab 2016 greift und dass diese Regelung in den Ländern ab 2020 greifen soll. Warum sind diese Zeitpunkte gewählt worden? Weil klar ist, dass es ohne Strukturveränderungen keine sinnvolle Einsparpolitik geben kann, und weil klar ist, dass wir zunächst durch diese Wirtschaftskrise durch müssen - auch mit verstärkten Investitionen -, sonst werden wir noch größere Schuldenberge in den öffentlichen Haushalten anhäufen.
Deshalb, Frau Diezel, wenn die CDU verspricht, ab 2011 keine neuen Schulden mehr in Thüringen, dann sage ich Ihnen: Sie versuchen hier ganz bewusst, die Wähler an der Nase rumzuführen. Das ist Wählertäuschung, Frau Ministerin, nichts anderes.
Ein Blick in die Prognosen der Wirtschaftsinstitute zeigt deutlich, was da vor uns steht. Herr Huster, bei allen Irrtümern, die sich auch Wirtschaftsinstitute geleistet haben, ich bin trotzdem nicht bereit, die durch Propheten der Linkspartei zu ersetzen. Ich halte immer noch viel davon, wirtschaftlichen Sachverstand einzusetzen, wenn man eine Situation abschätzen will. Dass da Fehler passieren, ist gar keine Frage, aber eine solide Grundlage für Wirtschafts- und Finanzpolitik ist mir schon wichtig. Schauen wir uns die Zahlen an. Das Institut für Wirtschaftsforschung in Halle prognostiziert einen Einbruch in diesem Jahr von - 4,8 Prozent; andere gehen nicht ganz so weit.
Aber, Frau Ministerin, Sie wissen doch, dass die Steuereinnahmen in Thüringen nicht nur von der Wirtschaftsentwicklung in Thüringen abhängen, sondern von der Wirtschaftsentwicklung in ganz Deutschland. Insofern müssen Sie schon die Gesamtzahlen zugrunde legen, wenn Sie darüber reden. Andere gehen nicht ganz so weit, das Institut für Weltwirtschaft beispielsweise bei - 3,7 Prozent. Ich glaube, eine ganz genaue Prognose kann heute niemand seriös abgeben, aber die Größenordnung, die kann man abschät
Was heißt das für die Steuereinnahmen? Ich darf Ihnen das Handelsblatt von gestern zitieren: „Erst brechen die Gewinnsteuern ein und angesichts drastisch steigender Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit anschließend die Lohnsteuern und letztlich auch die Umsatzsteuer.“ Das ist die Perspektive, die wir offenen Auges ansehen müssen. Da macht es keinen Sinn, den Kopf in den Sand zu stecken und zu sagen, wird schon alles nicht so schlimm, wir kriegen ab 2011 den Haushalt ohne neue Schulden hin, sondern wir müssen jetzt in den Blick nehmen, was an Steuerausfällen auf uns zukommt. In diesem Jahr ist nach Berechnung des Instituts für Wirtschaftsforschung in Halle ein Minus bei Bund und Ländern von gut 40 Mrd. € prognostiziert, im nächsten Jahr 80 Mrd. € ; ob das die endgültigen Zahlen sind - hier muss man natürlich ein Fragezeichen machen. Aber, die Größenordnung, die da aufgefangen werden muss, ist enorm und wird nicht dadurch aufzufangen sein, dass wir in der Wirtschaftskrise zusätzlich sparen, sondern wir müssen jetzt kräftig investieren. Denn, wenn alle auf die Bremse treten, dann geht die Karre richtig den Berg runter und deshalb: Jetzt gegenhalten, in der Wirtschaftskrise investieren, Arbeitsplätze sichern, das ist die allererste Aufgabe, der wir uns jetzt widmen müssen.
Mitten in dieser Entwicklung versprechen Sie mit Tatütata ein Verbot der Neuverschuldung. Ich sage Ihnen ganz ehrlich, das kann niemand wirklich ernst nehmen und es gibt auch keine seriöse Finanzplanung, die das untersetzen kann. Sie setzen an bei der Sorge der Bürger, die Sorgen haben vor zu hoher Verschuldung, und versuchen daraus platte Wahlkampfrhetorik zu machen. Sie versuchen, die Wähler hier mit Ihrem Vorstoß einer Verfassungsänderung, die schon ab 2011 greifen soll, an der Nase herumzuführen. Ich sage Ihnen, Frau Ministerin, die Thüringer sind klüger als Sie glauben. Sie werden sich nicht an der Nase herumführen lassen.
Wer wirklich die Verschuldung stoppen will, muss die Ausgabenstruktur verändern und er muss für eine stabile und politisch vertretbare und durchsetzbare Einnahmesituation sorgen.
Jetzt zur Ausgabenstruktur: Für Thüringen heißt das, der erste Schritt zu einer wirksamen Begrenzung der Ausgaben ist kein theoretisches Schuldenverbot. Der erste Schritt zu einer wirksamen Ausgabenbegrenzung ist z.B. eine Verwaltungs- und Gebietsreform, die uns hilft, Ausgaben einzusparen. Aber davor haben Sie Angst und weigern sich - das kann
nicht aufgehen, Frau Ministerin. Ohne den Mut zur deutlichen Kostenreduzierung in der öffentlichen Verwaltung ist Ihr Schuldenverbot nichts als Blendwerk. So müssen wir uns Schritt für Schritt den Haushalt vornehmen und die Bereiche anschauen, in denen strukturelle Änderungen möglich sind. Das betrifft auch eine ganze Reihe von Förderbereichen. Wir haben schon häufiger die Frage diskutiert, wie die Wirtschaftsförderung in Zukunft gestaltet werden soll. Können wir es uns wirklich noch leisten, alles als verlorene Zuschüsse auszuzahlen? Unser Vorschlag ist seit Langem, lassen Sie uns dafür sorgen, dass wir einen revolvierenden Fonds aufbauen, aus dem dann zukünftige Förderung zu bezahlen ist und damit die Wirtschaftsförderung auf eine andere Grundlage gestellt werden kann. Nur wer solche Strukturveränderungen jetzt mutig anpackt, der wird am Ende auch tatsächlich Neuverschuldung zurückfahren können. Wir müssen dort umsteuern, wo wir sinnvoll sparen können und das wird einige Jahre in Anspruch nehmen.
Das zweite Standbein für einen Haushalt ohne Schulden sind aber auch stabile Einnahmen; das haben wir ja drastisch erfahren. In den Jahren, in denen die Einnahmen weggebrochen sind, haben Sie hier 1 Mrd. neue Schulden aufnehmen müssen und deshalb ist es wichtig, die Einnahmeseite zu betrachten. Was bietet die CDU hier? Ein Blick ins Wahlprogramm, dort sehen wir das Versprechen einer Senkung des Spitzensteuersatzes von heute 45 Prozent auf 25 Prozent. Ich lasse jetzt einmal so bizarre Forderungen, die wir im letzten Jahr auch gehört haben, nach einer Senkung der Mehrwertsteuer für die Windeln weg, aber das ist sozusagen der Kern Ihres Versprechens. Sie versprechen den Bürgern auf der einen Seite deutliche Absenkungen der Steuern, auf der anderen Seite keine neuen Schulden. Wie soll denn das eigentlich zusammenpassen? Ich meine, da braucht man ja nicht Mathematik studiert zu haben, da reicht ja Grundschule aus, wenn die Einnahmen weniger werden und keine Schulden aufgenommen werden dürfen, wo wollen Sie dann diese drastischen Einschnitte im Haushalt machen? Ich sage Ihnen, wo Ihr Weg hinführt. Das bedeutet Kürzung in der Bildung, Kürzung bei den Sozialleistungen, Abbau der Polizei und damit Kürzungen bei Zukunftsinvestitionen, bei der Sicherheit der Bürger und bei den Schwächsten der Gesellschaft.
Wir haben ja noch gut in Erinnerung, was Sie gemacht haben, als die Einnahmen weggebrochen sind und Sie selbst mit hoher Neuverschuldung die Ausgaben nicht vollständig decken konnten. Sie haben genau das gemacht, was ich eben gesagt habe. Sie haben bei den Kindergärten gekürzt, Sie haben bei der Polizei die Stellen abgebaut, Sie haben die Zuschüsse für das Schulessen abgeschafft, Sie haben das Blindengeld abgeschafft, dort eingeschnitten, wo
es um die Schwächsten der Gesellschaft geht, dort, wo es um die Sicherheit der Bürger geht und dort, wo es um die Zukunftsaufgaben geht. Da sage ich Ihnen, eine solche Finanzpolitik ist unverantwortbar und die werden wir nicht mitmachen.
Wenn man sich das Ergebnis anschaut: Trotz dieser Einschnitte, die Ausgaben dieser Landesregierung liegen im Jahre 2009 genauso hoch wie im Jahre 2004 zu Beginn der Legislaturperiode und da habe ich die zusätzlichen Ausgaben, die jetzt alle noch kommen im Zusammenhang mit der Konjunkturkrise, überhaupt noch nicht eingerechnet. Ihre Finanzpolitik hat nicht wirklich dazu geführt, dass Ausgaben reduziert worden sind, teure Strukturen haben alle Einsparungen wieder aufgefressen und Sie selbst haben die Finanzsituation weiter verschärft durch politische Fehlentscheidung, zum Beispiel durch die Entscheidung der Abschaffung der Wasserbeiträge, 1 Mrd. € müssen die Steuerzahler zusätzlich aufbringen für Ihr verfehltes Wahlversprechen, was nicht notwendig war. Oder schlechtes Handwerk: Das hat dazu geführt, dass die Ausgaben steigen. Ihre Behördenreform oder Ihre Behördenumorganisation, ich will sie einmal so nennen, die hat doch zu Mehrausgaben geführt gegenüber dem vorherigen Zustand. So geht es nicht, Frau Ministerin, so werden Sie die Haushalte nie konsolidieren können.
Auch bei Städten und Gemeinden müssten eigentlich alle Warnleuchten angehen, wenn die Thüringer Landesregierung von einem Schuldenverbot redet, weil doch klar ist, das, was Sie selbst nicht in der Lage waren zu sparen, haben Sie immer versucht, sich bei den Kommunen zu holen. Das haben wir doch in den letzten Jahren schon erlebt. Diese Erfahrung haben Bürgermeister und Landräte beim Kommunalen Finanzausgleich auch schmerzhaft machen müssen, da steht ein Einschnitt an, den Sie beschlossen haben im Jahre 2010 von 290 Mio. €. Irgendwann, sage ich Ihnen, wenn Sie so weitermachen mit Ihrer Art der Finanzpolitik, dann können die Kommunen das Buch zuklappen. Dann bleiben die Schlaglöcher offen, dafür werden die Jugendeinrichtungen dicht gemacht und am Ende geht auch noch die Straßenbeleuchtung aus. Nein, Frau Diezel, das ist keine seriöse Finanzpolitik, immer auf dem Rücken der anderen zu sparen, Sie müssen dort sparen, wo das Land wesentliche Aufgaben zu erledigen hat.
Es bleibt die schlichte Wahrheit, wer die Verschuldung stoppen will, muss den Mut haben, Strukturen im Land zu verändern und muss für eine gerechte
und stabile Einnahmebasis sorgen. Statt die Senkung des Spitzensteuersatzes zu versprechen, müssen Sie fragen, wie finanzieren wir die Lasten aus der Finanz- und Wirtschaftskrise gerecht. Da hilft ein Blick in die Statistiken, die uns in den letzten Wochen auch auf den Tisch gelegt worden sind. Sie wissen, die obersten 10 Prozent in Deutschland besitzen etwa 60 Prozent des gesamten Vermögens. Die untere Hälfte der Einwohner in diesem Land besitzt fast gar kein Vermögen. Deshalb heißt zum Beispiel gerechte Lastenverteilung, darüber nachzudenken, wo wir zusätzliche Steuereinnahmen generieren können, um diese Krise zu finanzieren; da sage ich Ihnen ganz deutlich, aus meiner Sicht führt kein Weg daran vorbei, die private Vermögenssteuer wieder einzuführen. Diejenigen, die über hohe Vermögen verfügen, diejenigen, die in den letzten Jahren überproportional von wirtschaftlicher Entwicklung profitiert haben, die müssen auch jetzt ihren Beitrag leisten, wenn es darum geht, die Krise zu finanzieren.
Ich sage einen zweiten Punkt: Auch diejenigen, die an den Börsen ihr Geld verdient haben in den letzten Jahren, die dort hohe Gewinne gemacht haben, auch die müssen dazu beitragen, dass die Lasten aus der Krise geschultert werden. Wir brauchen eine Börsenumsatzsteuer, so wie das in Großbritannien, so wie das in den USA seit vielen Jahren gang und gäbe ist. Das ist der richtige Weg, die Lasten aus der Krise zu finanzieren. Ich bin gespannt, Frau Ministerin, was die CDU zu diesen Vorschlägen sagt.
Wir sind gezwungen, viel Geld einzusetzen, um Banken und Wirtschaft zu stabilisieren und deshalb müssen wir auch diejenigen zur Kasse bitten, die viel besitzen und diejenigen zur Kasse bitten, die in guten Zeiten hohe Gewinne machen. Es ist doch nicht die Verkäuferin bei Lidl oder der Mechaniker bei Opel, die diese Krise verschuldet haben und deshalb dürfen wir auch nicht zulassen, dass die Finanzierung der Krise allein auf deren Rücken ausgetragen wird. Die Reichen in diesem Land müssen ihren Beitrag leisten.
Zur Bewältigung dieser Krise gehört auch, ernsthafte Konsequenzen zu ziehen, das heißt, neue Regeln für die internationalen Finanzmärkte, das heißt, harte Kontrolle und Durchsetzung dieser Regeln. Es gibt Entwicklungen, die wir so nicht mehr zulassen können, die auch moralisch verwerflich sind. Ich will einmal ein Beispiel nennen: Wir haben in den letzten Jahren erlebt, dass auf steigende Lebensmittelpreise
gesetzt worden ist, dass daraus versucht worden ist, hohe Gewinne zu machen. Diejenigen, die auf die steigenden Preise gesetzt haben, haben auch alles dafür getan, dass Lebensmittelpreise weltweit steigen. Das führt zu einer schwierigen Situation für Verbraucher hier, aber das führt zu Hunger und Elend in der Dritten Welt und da sage ich ganz deutlich: Solche Art von Spekulationen an Finanz- und Warenmärkten, die darf es in Zukunft nicht mehr geben, hier müssen wir endlich einen Riegel vorschieben.
Ich sage auch ganz deutlich, wer die Steuereinnahmen des Staates konsolidieren will, der muss sich mit der Frage der Steueroasen auseinandersetzen. 100 Mrd. € an staatlichen Einnahmen gehen uns nach Schätzungen verloren, weil diejenigen, die große Einkommen und Vermögen haben, versuchen, die an der Steuer vorbei in Steueroasen zu verstecken. Deshalb finde ich es richtig, dass der Bundesfinanzminister jetzt an dieses Thema hart herangegangen ist. Da haben einige aufgeschrien, das habe ich registriert, trotzdem, es führt kein Weg daran vorbei, diejenigen Staaten, die versuchen, ihre eigene wirtschaftliche Basis zu verbessern, indem sie Steuerflucht begünstigen, müssen jetzt zur Kooperation gezwungen werden. Steueroasen darf es in Zukunft nicht mehr geben.
Wir brauchen mehr Sicherheit für Verbraucherinnen und Verbraucher. Es gibt Tausende in diesem Land, die vertraut haben auf Finanzprodukte, die ihnen die Banken angeboten haben, die ihre Altersvorsorge darauf gesetzt haben, ein gutes Stück ihrer Sicherheit. Viele dieser Menschen haben böse Reinfälle erlebt und deshalb sage ich, es gibt für so vieles in diesem Land einen TÜV. Das Auto muss alle zwei Jahre geprüft werden, die Abgaswerte bei der Heizung, weshalb gibt es nicht auch einen TÜV für Finanzprodukte? Ich finde, es ist an der Zeit, solche Prüfregeln und Prüfmechanismen auch an dieser Stelle einzuführen, damit sich Menschen darauf verlassen können, dass Finanzprodukte, die sie angeboten bekommen, geprüft sind auf ihre Sicherheit, dass das transparent ist, dass sie sich darauf verlassen können. Also ein Finanz-TÜV ist das Gebot der Stunde.
Ich sage auch deutlich, die Auswüchse, die wir erlebt haben bei Managergehältern, bei Bonuszahlungen, die müssen ein Ende haben. Manager, die dafür Verantwortung tragen, dass Milliardenverluste gemacht worden sind, Manager, die dann hinterher noch hergehen und ihre Bonuszahlungen einklagen, denen müssen wir wirklich kräftig auf die Finger hauen. So etwas darf in Zukunft nicht wieder passieren, das müssen wir gesetzlich ausschließen.
Ich sage auch ganz deutlich: Ja, es ist richtig, da hat es Fehlentwicklungen in den letzten Jahren gegeben, auch die SPD hat für die eine oder andere Entscheidung in den letzten Jahren Verantwortung getragen. Ja, wir haben eine Debatte gehabt, dass die Finanzwirtschaft stärkere Spielräume braucht, dass Hedgefonds zugelassen werden müssen, aber wir haben, als wir die Risiken gesehen haben, auch die andere Debatte begonnen. Es war Franz Müntefering, der zuerst davon geredet hat, dass wir aufpassen müssen, dass nicht Finanzinvestoren wie Heuschrecken über Unternehmen herfallen, nur kurzfristigen Gewinn machen, Unternehmen aussaugen und dann wieder verschwunden sind. Es war Gerhard Schröder, der zuerst auf europäischer Ebene die Debatte über schärfere Regeln für die Finanzmärkte begonnen hat.
Wir haben damals nicht die Chance gehabt, das international durchzusetzen, aber jetzt ist das Zeitfenster da, jetzt sind andere wichtige Regierungen - beispielsweise in den USA und Großbritannien - bereit zu einer stärkeren Kooperation. Deshalb sage ich, lassen Sie uns jetzt gemeinsam dieses Zeitfenster nutzen, um neue Regeln an den internationalen Finanzmärkten durchzusetzen.
Ich halte aber auch nichts davon - das sage ich mit Blick auf DIE LINKE -, wenn solche Forderungen kommen, es reicht nicht aus, wenn wir neue Regeln für die Banken machen, die müssen alle verstaatlicht werden.
Das hat Oskar Lafontaine in der Sitzung des Bundestages erzählt. Das hat auch Ihr Bundestagsabgeordneter Frank Spieth z.B. in der Gewerkschaftsversammlung erzählt, bei der ich anwesend war. Da sage ich Ihnen: Vorsicht an der Bahnsteigkante! Es sind ja nicht nur private Finanzinstitute gewesen, die in die Krise geraten sind, es waren - wenn man ehrlich ist - sogar zuerst die öffentlichen Banken, nämlich die Landesbanken, die kamen und Milliarden Stützungen brauchten, um nicht in die Knie zu gehen. Deshalb sage ich Ihnen, nicht die Verstaatlichung des Bankensystems ist die Lösung, sondern klare Regeln, nach denen sich alle zu richten haben. Anders kann man das Problem nicht lösen.
Wer es ernst meint mit den Problemen des Landes, wer es erst meint mit Schuldenabbau, der muss die heißen Eisen anfassen. Deshalb sage ich ganz deutlich, ein paar Zeilen in der Verfassung zu ändern, löst im wirklichen Leben noch kein einziges Problem. So
lange Sie sich weigern, echte Strukturreformen im Land anzupacken, solange Sie sich weigern, ehrlich über die Einnahmen des Staates zu reden, und solange Sie die Augen verschließen vor dem Ausmaß der Krise, so lange werden Sie nichts bewegen können, was Schuldenbegrenzung angeht. Deshalb bekommen Sie von uns keine Zustimmung zu dieser vorgelegten Verfassungsänderung.