Die Wahrheit ist doch, werte Kolleginnen und Kollegen, im Moment dreht sich die CDU nur noch um sich selbst. Sie versuchen, mit Blendwerk die Leute zu beeindrucken jetzt kurz vor dem Wahltermin. Ihre Vorschläge, die Sie hier vorgelegt haben, einfach ein Schuldenverbot in die Verfassung zu schreiben, ohne Strukturveränderungen anzugehen, ohne über die Einnahmesituation zu reden, führt nur zu einem, das führt zu Kürzungen in der Bildung, das führt zu Kürzungen bei Sozialleistungen für Menschen, die dringend darauf angewiesen sind, das führt zum Abbau bei der inneren Sicherheit und das kann unsere Zustimmung nicht finden.
Die Vorstellungen, die hier von Herrn Huster für die Linkspartei vorgetragen worden sind, die kann ich auch nicht teilen an vielen Stellen. Der Versuch, der Frage auszuweichen, an welchen Stellen wir auch wirklich einsparen müssen, dieser Versuch führt zu einem, nämlich zu enormen Steuerlasten für die Zukunft. Das kann auch kein Ausweg aus dieser Krisensituation sein.
Wir werden als SPD für die richtige Balance sorgen. Unsere Vorschläge liegen auf dem Tisch, kostengünstige Verwaltung in Land und Kommunen, neue Förderstrukturen, ein gerechtes Steuersystem, harte Konsequenzen aus der Finanzkrise und Investition in unseren wichtigsten Rohstoff, in die Bildung. Nach dem 30. August werden wir diese Ideen auch umsetzen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Matschie, Sie haben es ja an unserer Reaktion gesehen, wir teilen mit Ihnen Ihre Analyse, die Sie zur aktuellen Wirtschaftssituation gesagt haben, auch zu den Vorstellungen, die Sie geäußert haben, wie man den Bankensektor tatsächlich mit ordentlichen Maßstäben und Kontrollen auch aufstellen sollte, der nicht in einer Verstaatlichung der Banken endet. Wir sehen uns natürlich auch darüber ein Stück bestätigt in unserer Erwartung, dass es Ihnen gelungen ist, heute zum wiederholten Male - egal zu welchem Tagesordnungspunkt wir sprechen, egal welches Thema wir aufrufen, wenn Sie sich zu Wort melden, dann halten Sie garantiert eine Rede, die mindestens Ihre Forderung nach einer Gebietsreform enthält. Das ist schön für Sie, aber es taugt nicht immer zu jedem Tagesordnungspunkt.
Meine Damen und Herren, ich will nur ein kurzes Wort verlieren zum Abgeordneten Huster. Er hat ja gesagt, in einer langatmigen Rede angedeutet, was ihn bewegt, welchen Politikansatz er in der Finanzpolitik verfolgt. Er hat gesagt: „Ich habe angedeutet, wohin die Reise geht.“ Und ich will Ihnen sagen, wohin die Reise geht. Mit dem, was Sie hier an Politik machen, geht Ihre Reise nach Kuba. Ich wiederhole das, gehen Sie dorthin, machen Sie dort Politik, aber nicht in Thüringen.
Es gilt, das Angebot, das will ich gern noch mal unterstreichen, Herr Hausold, weil ich darauf warte. Ich habe Ihrer Fraktion angeboten, jeder kriegt ein Oneway-Ticket nach Kuba bezahlt. Nutzen Sie dieses Angebot, es ist unbefristet, es gilt ausschließlich nur für Ihre Fraktion.
Aber ich will einen Satz zu Beginn sagen, weil der für uns wichtig ist. Meine Damen und Herren, wir sind fest überzeugt, mit den Vorschlägen, die die Regierung heute vorgelegt hat, schlagen wir ein neues Kapitel Thüringer Finanzgeschichte auf. Wenn wir uns in einer ernsthaften Debatte in den nächsten Wochen und Monaten hier im Landtag und auch im zuständigen Ausschuss damit beschäftigen werden, kann es uns gelingen, dass irgendwann später auch mit Blick auf diesen Thüringer Landtag in der 4. Wahlperiode gesagt werden kann, dass dieser Landtag mit den heute vorgelegten Änderungsentwürfen für die Thüringer Verfassung und für die Landeshaushaltsordnung einen nachhaltigen und generationengerechten Weg in der Thüringer Finanzpolitik verantwortlich eingeschlagen hat. Wir setzen darauf, dass diese De
batte dazu führt und dass dieser Thüringer Landtag in dieser Wahlperiode seiner Verantwortung gerecht wird.
Deshalb beraten wir heute die beiden vorgelegten Gesetzentwürfe zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen und der Landeshaushaltsordnung. Wir wollen damit die von uns zugesagte Schuldenbremse auf Landesebene verwirklichen, nicht erst im Jahr 2020, wenn es spätestens alle Länder der Bundesrepublik auf den Weg gebracht haben müssen, sondern bereits - und das ist unser Vorschlag, die Finanzministerin hat es begründet - ab dem Jahr 2011. Wir wollen einer Politik auf Pump einen Riegel vorschieben, ohne den Gesetzgeber in wirklichen Notzeiten am Ende die Hände zu binden. Wir haben uns vorgenommen, das wissen Sie, dass wir zunächst die Beratung der Föderalismuskommission II abwarten wollten. Die Beratungen haben sich länger hingezogen als ursprünglich von den beiden Kommissionsvorsitzenden geplant. Wir haben von Anfang an angekündigt, in dieser Wahlperiode, wenn die Föderalismuskommission II zum Abschluss gekommen ist mit ihren Beratungen, wollen wir für Thüringen eine eigene Regelung auf den Weg bringen. Wir finden das wichtig, deshalb verurteilen wir auch in den Wortäußerungen des Abgeordneten Huster vorhin die Meldungen, dass wir „Kraft unserer Wassersuppe“ entscheiden wollen. Nein, wir sind gewähltes Parlament, weil wir Verantwortung für diesen Freistaat bekommen haben auf Zeit. Wir wollen dieser Verantwortung gerecht werden, weil wir ein Mandat bekommen haben und nicht, weil wir in der Suppenküche stehen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Wir sehen diese Bremse vor allen Dingen aber als ein Mittel der Selbstdisziplinierung von Politik an, und zwar für alle Abgeordneten dieser und vor allen Dingen auch kommender Thüringer Landtage. Es ist aber zugleich auch ein Stoppzeichen gegenüber populistischer linker Politik wegen der Ausgabewut und unseriöser Finanzpolitik, insbesondere deshalb, weil bei Ihnen immer noch die Logik vorherrscht, nicht die Einnahmen bestimmen über die Ausgaben, sondern jeweils die politisch definierten Bedürfnisse. Uns hilft es, dieser Logik zu widerstehen, denn wer Wünsche erfüllt, der hat es leichter als diejenigen, die Verantwortung übernehmen müssen, weil sie mit Blick auf die Kassenlage nicht jeden populistischen Wunsch erfüllen können. Diese Verantwortlichen sind auch meistens diejenigen, die Sorge haben auch um die Zukunft des Landes. Wir wollen mit dieser Schuldenbremse jetzt den Einschlag leisten, weil wir meinen, dass der Zeitpunkt richtig ist und er auch in den nächsten Jahren nicht günstiger wird, insbesondere deshalb nicht, weil wir mit Blick auf die gesamtstaatliche Einnahmebasis feststellen können, dass der Gesamtstaat Bundesrepublik Deutschland inklusive seiner Länder noch nie so viel wie jetzt an Steuern
in seiner Geschichte eingenommen hat. Wir wollen deshalb zurückfragen: Wann, wenn nicht jetzt? Wann, wenn nicht jetzt, wenn wir mit Blick auf die Vergangenheit sehen konnten, dass der Staat bei besserer finanzieller Lage, bei besserer Ausgeglichenheit, bei besserer globaler Finanzpolitik, bei besserer globaler Wirtschaftslage eben nicht auf die Schuldenbremse getreten ist, sondern sich immer hat davon leiten lassen, durch mehr Kreditaufnahme auch alle Ausgaben finanzieren zu können. Wir meinen, jetzt ist der Zeitpunkt richtig und deshalb soll der Thüringer Landtag auch jetzt und heute und in diesen Monaten handeln.
Ich will Ihnen an verschiedenen Gründen, vier insgesamt, auch benennen, warum wir diesen Schritt gehen wollen. Zu Recht hat die Finanzministerin darauf hingewiesen, der erste Grund liegt für uns in der Wirkung der bereits vorhandenen Schulden - 15,7 Mrd. €. Ich will gleich noch einmal selbst für uns sagen: Natürlich tragen wir für diese aufgenommenen Kredite in ihrer Gesamtheit die Verantwortung, weil wir auch seit 1990 von den Wählern im Freistaat Thüringen die Verantwortung für die Zukunft Thüringens übertragen bekommen haben. Aber, und das wollen wir deutlich sagen, es war wichtig und es war richtig, diese Kredite aufzunehmen, weil wir diesen Freistaat aufbauen wollten, weil zwei Diktaturen, 40 Jahre sozialistische Misswirtschaft, eine verschlissene Infrastruktur und ein jahrzehntelanger Kleinkrieg gegen Bürgertum und Selbständigkeit ihre Spuren hinterlassen haben. Es waren die Regierungen, von der CDU geführt, die mit diesem Erbe aufgeräumt und diesen Freistaat Thüringen zu seinem Blühen verholfen haben, so wie wir diesen Freistaat Thüringen heute vorfinden.
Natürlich ist es richtig, dass die verschiedenen Koalitionen seit 1990 und die CDU in ihrer alleinigen Regierungszeit seit 1999 in unterschiedlicher Verantwortung auch das geprägt haben, dass wir jetzt 15,7 Mrd. € Schulden in der Gesamtbilanz verzeichnen können. Aber ich will noch einmal eingehen auf die Zwischenfrage des Abgeordneten Prof. Dr. Krapp, der den Abgeordneten Matschie gefragt hat, ob er sich erinnern kann, in welchem Verhältnis wann welche Schulden aufgenommen wurden. Ich will hier gern noch einmal dazu einen Beitrag leisten, weil es Herrn Matschie vielleicht nicht mehr im Gedächtnis ist: In den Zeiten der Großen Koalition von 1995 bis 1999 hat die Regierung, hat der Landtag insgesamt einer Schuldenaufnahme in Höhe von 4,88 Mrd. zugestimmt. Diese CDU-Regierung unter Dieter Althaus in dieser Legislaturperiode von 2004 bis zum Jahr 2009 hat dazu im Vergleich 1,675 Mrd. € Schulden aufgenommen. Es
(Zwischenruf Abg. Dr. Pidde, SPD: Er- zählen Sie mal den Bereich von 1999 bis 2004). Auch diese Zahl kann ich Ihnen nennen, Herr Pidde, weil Sie die mit Sicherheit nicht parat haben. Im Zeitraum von 1999 bis 2004 sind insgesamt 3,941 Mrd. € Schulden aufgenommen worden. Auch das ist 1 Mrd. weniger als zu Zeiten der Großen Koalition. Es ist nicht tragisch, aber Sie müssen sich diesen Vorhalt gefallen lassen, dass auch Sie dazu beigetragen haben, dass der Schuldenberg jetzt so zu verzeichnen ist, wie wir ihn vorfinden in Thüringen. (Beifall CDU)
Ich möchte Sie doch nur mutig machen, wir wollen Sie mutig machen. Jetzt stellen Sie sich doch eine Situation vor, die Thüringen noch einmal in die Situation bringt, es gäbe noch einmal eine Neuauflage dieser Koalition von 1995 bis 1999. Dann seien Sie doch froh, wenn dann spätere Generationen darauf zurückblicken können und sagen können, wegen der Schuldenbremse hat die zweite Große Koalition nicht mehr die meisten Schulden im Freistaat Thüringen gemacht. Es muss doch auch Ihr Anliegen sein, darauf zuzuarbeiten, dass Sie später in den Geschichtsbüchern als besserer Finanzpolitiker dastehen können als Ihre Vorgänger, die auf diesem Fraktionsvorsitz gesessen sind.
(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Das ist ja interessant, Herr Mohring, welche zweite Große Koalition meinen Sie denn?)
Aber es bleibt dabei, wir haben diese Verantwortung für den Freistaat Thüringen übertragen bekommen, wir haben sie jetzt allein wahrzunehmen und wir wollen sie natürlich auch in der Zukunft allein wahrnehmen.
Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, will ich noch einmal darauf zu sprechen kommen, was die Ursachen am Ende waren, warum wir so viele Schulden aufgenommen haben und warum es unser Anliegen in dieser Wahlperiode war und wir es auch seit 2007 erreicht haben, keine Neuverschuldung mehr zuzulassen, im Jahr 2007 nicht, im Jahr 2008 nicht. Das ermöglicht uns, dass wir im Jahr 2009 in der Lage sind, durch die schwierige Finanz- und Wirtschaftssituation zu kommen. Aber wir haben eines erreicht - das will ich noch einmal sagen: Wir
haben eine Wirtschaftspolitik in den vergangenen Jahren betrieben, über viele Jahre konsequent und gegen viele Widerstände, die es uns ermöglicht hat, eine robuste Mittelstandstruktur in Thüringen aufzubauen. Diese robuste Mittelstandsstruktur ist jetzt auch Grundlage dafür, dass wir - wenn wir hoffentlich schnell durch die schwierige Wirtschaftssituation hindurchkommen -, eine bessere Ausgangslage vorzeichnen und bessere wirtschaftliche Startbedingungen haben können, als viele anderen deutsche Bundesländer sie haben werden. Das ist unser Weg gewesen und natürlich hat er uns durch Bürgschaftsausfälle, hat er uns durch Förderpolitik eine Menge Geld gekostet, aber das ist gut angelegtes Geld, weil das die Grundlage dafür geschaffen hat, dass wir die höchste Industriearbeitsplatzdichte in den neuen Ländern haben, dass wir seit Jahren die niedrigste Arbeitslosenquote in den neuen Ländern haben und dass wir damit eine Struktur vorfinden, in der wir auch in schwierigen globalen Situationen nicht gleich in eine hohe Arbeitslosenquote vordringen, sondern mit unserer aktuellen Arbeitslosenquote immer noch niedriger sind als die in den schwierigen Jahren, die uns viele Jahrzehnte vorher begleitet hat. Wir haben in unsere Krankenhäuser investiert, wir haben unsere Straße saniert, wir haben Universitäten gebaut, wir haben keine Lehrer entlassen und wir haben immer unsere Kommunen mehr unterstützt als alle anderen deutschen Bundesländer.
Wir haben allein in dieser Wahlperiode in drei aufeinanderfolgenden Haushaltsjahren die Kommunen nicht an den Steuerausfällen beteiligt. Sie wissen, durch welch schwieriges Wasser wir gegangen sind. Insgesamt hat uns diese Nichtbeteiligung 160 Mio. € gekostet. Natürlich haben wir diese Nichtbeteiligung durch neue Schulden finanziert zu Beginn der Wahlperiode. Natürlich haben sie den Schuldenberg verstärkt, aber es war uns wichtig, dass Thüringer Kommunen, Städte und Landkreise sich gut entwickeln können. Dass in unseren Landkreisen, unseren Städten und unseren Gemeinden keine Filme mehr in echter DDR-Kulisse gedreht werden können, liegt auch daran, dass wir in den letzten zwei Jahrzehnten so stark unsere eigene kommunale Struktur gestärkt und unterstützt haben.
Wir scheuen deshalb nicht den souveränen Vergleich mit dem Freistaat Sachsen in der Nachbarschaft. Es lohnt sich im Hinblick auf die kommunale Finanzausstattung nach Sachsen zu schauen. Dabei können wir sehen, dass gemessen an einer Pro-Kopf-Ausstattung in Thüringen jährlich rund 200 Mio. € mehr an die Kommunen gezahlt worden sind die ganzen 19 Jahre, als in Sachsen jemals gezahlt worden sind.
Auch das hat natürlich zu einer stärkeren Verschuldung des Freistaats Thüringen beigetragen, als dies nominell im Freistaat Sachsen zu sehen ist, ausgeblendet dabei natürlich alle Haftungsrisiken, die über die eigene Sächsische Landesbank auch mittlerweile zu Buche geschlagen haben. Aber all das ändert nichts daran, dass es eine harte Einsicht gibt, nämlich die, von unserem Schuldenberg müssten wir allein, um die Pro-Kopf-Verschuldung aufgrund der demographischen Entwicklung konstant zu halten, bis zum Jahr 2020 jährlich 160 Mio. € tilgen. Von einem tatsächlichen Schuldenabbau kann da noch gar nicht die Rede sein. Wir haben in den letzten Jahre 23.435 Einwohner aus Thüringen verloren, von denen jeder eine Pro-Kopf-Verschuldung von 6.814 € hinterlassen hat. Diese Last müssen natürlich die Hiergebliebenen tragen, zumindest statistisch. Gerade deshalb sind wir es allen schuldig, die Schuldenlast nicht noch weiter zu erhöhen. Linke Politiker tun immer so, als ob Staatsschulden nicht den einzelnen Bürger belasten, weil sie ja gleichmäßig auf alle Köpfe verteilt werden können und deshalb nicht wehtun. Wir wollen aber noch einmal deutlich sagen: Natürlich tun diese Pro-Kopf-Verschuldungslasten jedem Einzelnen weh und sie tun all denen weh, die auch verantwortlich Politik machen wollen, und sie tun uns auch in der Gesamtheit weh, weil die Lasten, die wir daraus zu tragen haben, mindestens durch Zinsleistung, wenn nicht sogar durch Tilgungsleistung uns natürlich aktuell in unseren Handlungsspielräumen einschränken und vielleicht auch für die Zukunft begrenzen. Wir wollen aus diesem Teufelskreis herauskommen und deshalb sind wir unserer Regierung sehr dankbar, dass sie mit diesem mutigen Schritt auch Vorreiter ist, jetzt die Verfassung und die Landeshaushaltsordnung so zu ändern, dass wir mit einer Schuldenbremse auch tatsächlich einer weiteren Neuverschuldung begegnen können.
Über 60 Mrd. € zahlt der Bund, zahlen die Länder und die Kommunen jährlich an Zinsen. Erhöhung der Mehrwertsteuer, Erhöhung der Rentenbeiträge, die Einführung einer Ökosteuer, unzählige Gesundheitsreformen, all die haben ihre Ursache in der Gesamtschuldenlast des Staates von 1,6 Bill. €. Alle diese Maßnahmen zusammen, die ich aufgeführt habe, die zu Mehrbelastungen geführt haben, ergeben nicht den Betrag, den wir jährlich an Zinsen für diese 1,6 Bill. € Schuldenlast im Gesamtstaat zahlen müssen. Deshalb können wir nur noch einmal betonen, wir wollen das auch noch mal tun: Die beste Sozialpolitik, die beste Kulturpolitik, die beste Bildungspolitik ist die Politik ohne neue Schulden und dafür treten wir ein.
Aber ich will auch einen zweiten Grund nennen, der die Schuldenbremse begründet, und der liegt in der absehbaren Finanzpolitik des Freistaats Thüringen. Es geht für Thüringen nicht nur darum, für die nächste Konjunkturdelle vorzusorgen, bis zum Jahr 2019 werden wir einen erheblichen Einnahmerückgang zu verkraften haben. Wir haben oft dazu hier in diesem Hohen Haus gesprochen. Die Solidarpaktmittel werden abgebaut und im Jahr 2013 läuft zudem die derzeitige EU-Förderperiode aus.
Nicht umsonst hat deshalb das Thüringer Kabinett in dieser Woche in Brüssel mit wichtigen Verantwortlichen aus der Kommission gesprochen, wie wir uns die nächste Förderperiode vorstellen und wie nachhaltig wichtig es ist, dass der Aufbau Thüringens noch nicht abgeschlossen ist und die EU uns weiter in dem Aufbau auch aus der Last der zwei Diktaturen unterstützt. Wenn wir tatsächlich wirtschaftlich erfolgreich sind - und das wollen wir sein, weil wir nicht auf Dauer am Tropf der anderen hängen wollen -, dann wird es weniger als bisher geben, dann wird uns weniger als bisher Geld zur Verfügung stehen.
Mit dem Rückgang an Bevölkerung gehen natürlich unsere Einnahmen aus dem Länderfinanzausgleich zurück. Auch das haben wir oft dargestellt. In der Summe werden wir bis 2019 nach heutigen Preisen rund 2 Mrd. € weniger zur Verfügung haben. Wer diese Zahlen nicht begreifbar sich vor Augen führen kann, dem sei gesagt, dass diese 2 Mrd. in ihrer Summe fast 20 Prozent unseres jetzigen im Jahr 2009 gestalteten Gesamthaushalts für Thüringen ausmachen - eine wahrlich schmerzhafte Vorstellung.
Begegnen können wir dieser Vorstellung nur durch zwei Schritte, nämlich tatsächlich durch eine Verbesserung der Einnahmesituation, weil unsere Wirtschaft zuwächst, weil wir weiter auf hohem Niveau Steuereinnahmen erzielen wollen, aber eben auch auf der anderen Seite, weil wir uns mit unseren eigenen Ausgaben für die Zukunft reduzieren müssen. Auf diese Entwicklung müssen wir uns einstellen, ob wir wollen oder nicht. Das haben wir auch in unserer Mittelfristigen Finanzplanung vorgesehen, über die werden wir in diesen Plenartagen reden. Wir haben auch dort ein ehrgeiziges Ziel formuliert, was natürlich nur aufgeht, wenn die wirtschaftliche Entwicklung sich auch dreht und verbessert. Aber mit der Mittelfristigen Finanzplanung haben wir uns vorgenommen, dass wir im Jahr 2010 den Schuldenstand um 145 Mio. €, im Jahr 2011 um 178 Mio. € und im Jahr 2012 um 209 Mio. € reduzieren. Wir wissen, das ist ein schwerer Weg, aber wir haben ihn uns so vorgenommen und wir hoffen darauf, dass unsere Maßnahmen auch dazu beitragen, dass wir schnell durch das Tal der wirtschaftlich schwierigen Situation kommen. Aber selbst wenn wir das schaffen, brauchen wir weit mehr Zeit, nämlich bis in das nächste Jahrhundert, wenn
wir uns das ernsthaft vornehmen würden, um tatsächlich den Schuldenberg, der sich aufgehäuft hat in den letzten 17 Jahren, auch tatsächlich abzubauen. Keiner von uns, der jetzt Entscheidungen für neue Schulden trifft oder die, die jetzt neue Schulden machen wollen, wird dann noch leben. All die Investitionen, die in diesem Zeitraum getätigt werden, sind vielleicht in Staub zerfallen, aber die Last bleibt. Deshalb gehört auch zu nachhaltiger Politik dazu, dass man in aktueller Verantwortung nicht nur für seine aktuellen Verantwortungszeiträume denkt, sondern auch schaut, dass nachfolgenden Generationen eigene Handlungsspielräume erhalten bleiben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, deshalb will ich auch einen dritten Grund nennen. Der dritte Grund ist für uns die gute finanzielle Lage, in der sich derzeit der Freistaat Thüringen befindet. Die Lage ist nicht vom Himmel gefallen, wir haben sie immer gegen den Widerstand der Oppositionsfraktionen seit 1999 und gegen die widrigen finanziellen Rahmenbedingungen der damaligen rot-grünen Bundesregierung auf den Weg gebracht. Noch einmal will ich daran erinnern, in der Mittelfristigen Finanzplanung für 2002 bis 2006 war ursprünglich vorgesehen schon im Jahr 2006 eine Nettoneuverschuldung vorzulegen. Nicht nur wir hatten das vor, auch der Bund und andere Bundesländer hatten sich dieses Ziel gesteckt und dann waren Steueraussfälle siebenmal hintereinander zu verzeichnen. Von MaiSteuerschätzung zu November-Steuerschätzung, von November-Steuerschätzung zur nächsten Mai-Steuerschätzung, das hat sich siebenmal wiederholt und siebenmal mussten alle Einnahmeprognosen des Staates nach unten korrigiert werden. Die Gesamtkorrektur für den Freistaat Thüringen hat in den Zeiten der rot-grünen Koalition insgesamt zu einer Abweichung von der Prognose von 2,2 Mrd. € geführt. 2,2 Mrd. € zusätzliche Staatsverschuldung, die wir aufnehmen mussten, weil die Steuerpolitik der vormaligen Bundesregierung genau diese dramatischen Einnahmeausfälle zu verzeichnen hat.
Deshalb reicht es nicht immer einfach nur zu sagen, das ist der Schuldenberg der einen Koalition und das der Schuldenberg der anderen Koalition. Gesamtstaatliche Entwicklungsprozesse haben auch Auswirkungen der föderalen Gebilde auf so ein kleines Land wie Thüringen. Sie waren dramatisch oder rot-grün und deshalb war es nicht ohne Grund, dass die Wähler Rot-Grün abgestraft haben und dieser Regierung keine Chance zum Weitermachen gelassen hatten.
Meine Damen und Herren, in den Jahren der CDUAlleinregierung hat die Landesregierung mit vielen Maßnahmen im Haushaltsvollzug versucht, die Risiken des Haushalts zu reduzieren. Sie haben das immer kritisiert. Herr Matschie, weil Sie vorhin angesprochen hatten, diese Regierung hätte keine Ein
sparung vorgelegt, will ich Ihnen noch einmal in Erinnerung rufen, dass Sie zu Beginn der Wahlperiode 2004 und 2005 ursprünglich jährlich vorgesehen hatten, mindestens 1 Mrd. Neuverschuldung aufzunehmen, um unsere Ausgaben bestreiten zu können. Es ist dieser Regierung und getragen durch ihre Landtagsfraktion gelungen, von diesem hohen Ausgabenstand runterzukommen. Wir haben über 1 Mrd. eingespart, wir haben es geschafft, keine Schulden mehr zu machen. Das ist schlechthin die beste Bilanz, die eine Regierung vorlegen konnte, wir haben daran einen Anteil und wir sind auch ein Stück stolz darauf, einen Anteil dazu beitragen zu können.
Ich sage das deshalb so deutlich, weil wir nicht den leichten Weg wie andere Länder gegangen sind in den schweren Jahren 2001 bis 2005 und weil wir nicht einfach nur Steuerausfälle mit neuen Schulden ausgeglichen haben. Wir haben auch Schulden gemacht - ich habe das eben begründet, warum das notwendig war -, aber wir haben auch mit Defizitausgleichen gearbeitet, auch eine Art von Tilgungsauflage, nämlich in Krisenzeiten notwendig gewordene Kredite im nächsten Haushaltsjahr wieder auszugleichen. Das war der Grund, weshalb wir im Jahr 2006 noch keinen Haushalt ohne neue Schulden hatten, aber das, was wir uns vorgenommen haben, haben wir dann 2007 geschafft, nämlich keine Schulden mehr zu machen. Wir haben 2008 nicht nur keine Schulden gemacht, sondern wir haben sogar Überschüsse erzielt. Sie wollten diese Überschüsse oft verwenden, auch dazu haben wir viel gesprochen im Plenum. Dass wir diese Überschüsse erzielen konnten und dass wir auch sorgsam gesagt haben, wir wollen erst das nächste Jahr schauen, wie sich die schwierige globale Wirtschaftssituation weiterentwickelt, ermöglicht uns heute, alle Konjunkturpakete I und II so kozufinanzieren, dass wir uns das leisten können aus der Entnahme in der Rücklage ohne Schulden zu machen und dass wir uns das leisten können - auch dazu werden wir heute sprechen -, dass mit einer besten Beteiligungsquote, nämlich 80 zu 20, auch unseren Kommunen beste Auftragslage ermöglichen können, damit sie durch die schwierige Zeit kommen, damit die Arbeitsplätze hier in unseren Regionen erhalten werden können.
Die zum einen schmerzhafte Entscheidung der Landesregierung, die wir getragen haben in den letzten Jahren, war eine Entscheidung für 2,2 Mrd. € weniger Schulden. Das war gut für Thüringen, in der Mittelfristigen Finanzplanung der Landesregierung waren für 2006 bis 2010 - ich habe das angedeutet - noch knapp 3 Mrd. € an Schulden vorgesehen. Tatsächlich mussten wir nur im Jahr 2006 noch einmal 662 Mio. €
an Schulden aufnehmen. Wir wollen deshalb die Gelegenheit noch einmal nutzen, um der Opposition klar ins Gesicht zu sagen: Sie reden hier oft und gut - manche auch schlecht, das haben wir vorhin wieder gehört - von Haushaltskonsolidierung, von Verbreiterung der Einnahmebasis, aber praktisch, wenn es darauf ankommt, wenn wir uns von Angesicht zu Angesicht in den Haushaltsdebatten gegenüberstehen, dann bleiben Ihre Konsolidierungsvorschläge regelmäßig aus und es bleiben einzig Ihre Vorschläge von Mehrausgaben auf dem Tisch. Wir haben es in der Vergangenheit abgewehrt, das hat uns 1 Mrd. € zusätzliche Ausgaben gespart. Es war nicht Ihre Verantwortung für eine nachhaltige Finanzpolitik. Es lag eigentlich an dieser Fraktion in der Mitte, dass es uns gelungen ist, diesen nachhaltigen Weg festzuschreiben.