Protokoll der Sitzung vom 18.06.2009

Das darf er nicht oder wie, weil es von der Bundeslandwirtschaftsministerin kommt?

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: So ein Schwachsinn.)

Und die hat genau diese Argumente herangezogen, dass die unwägbaren Risiken zu groß sind, hat den Anbau dieses Maises verboten und ist vom Gericht bestätigt worden. MON810 hat doch geklagt - abgelehnt! Das Gericht hat dies bestätigt.

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Das wird sich trotzdem durchsetzen. Und Sie spielen Vogel Strauß.)

Okay, dann sagen Sie, es wird sich trotzdem durchsetzen, da muss ich überhaupt keine Entscheidung treffen, da muss ich nicht wissen, was ich will. Ich lasse den Rest der Welt, nämlich Monsanto bestimmen, wo die Entwicklung hingeht.

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Das ist Ihre einzige Sorge dabei. Ihnen geht es nicht um Gentechnik.)

Mir ist es auch eine Sorge, wenn ein Großkonzern, der z.B. Milliarden verdient hat, indem er dieses Kampfstoffmittel Agent Orange vertrieben hat und die USA-Regierung das eingesetzt hat in Vietnam, wenn die allein bestimmen, wie die Entwicklung auf unserer Erde passiert, dann ist es mir ein Anliegen. Ja, richtig und da bin ich in Sorge. Da sage ich, darum muss sich Politik kümmern und darf das nicht den Konzernen überlassen.

Ich weiß natürlich auch, dass das Verbot bei der CSU-Landwirtschaftsministerin die blanke Not war, Wahlerfolg oder Wählerstimmen nicht zu verlieren. Dass Sie aber so agieren, Herr Dr. Sklenar, finde ich traurig. Das ist traurig für die Menschen hier in Thüringen. Ich freue mich über das Verbot des Anbaus dieses Maises, weil es ein Erfolg für all diejenigen Streiter ist, die den Willen der Bevölkerung in die Tat umsetzen und gegen die Agrogentechnik aktiv sind.

Lassen Sie mich kurz noch mal etwas sagen zum Bürokratieabbau. Da hatten wir zwei Fragen in der Großen Anfrage. Die erheblichen Mehrbelastungen durch die Bürokratie, durch die Agrarreform für die Verwaltung, auch für die Betriebe werden bedauert. Der Bürokratieabbau oder die Forderung, es muss einen Bürokratieabbau geben, ist ja ein geflügeltes Wort bei allen. Gleichzeitig gab es im Rahmen der Behördenstrukturreform eine Verringerung der Landwirtschaftsämter und damit im Endeffekt auch der

Mitarbeiterzahl. Klar ist doch, wenn wir aber so eine Bürokratie haben, dann kann ich doch Bürokratie, die wir nun mal haben, nicht schultern, wenn wir gleichzeitig die ausführenden Organe, die die Bürokratie irgendwie bewältigen müssen, auch noch reduzieren. Es ist, glaube ich, schon klar, dass die von der EU angemahnten Beihilfeverstöße, die Thüringen hat, die rückgemeldet wurden, weil Betriebe Flächenbeihilfe beantragt haben für Flächen, die gar keine landwirtschaftliche Nutzfläche sind, durch bessere Beratung und Kontrolle schon vor Einreichung der Anträge hätten vermieden werden können. Aber wenn Sie die Ämter reduzieren, wenn dann im Endeffekt auch die Mitarbeiter reduziert werden, dann klappt das alles nicht. Also es ist Tatsache, dass Sie die Bürokratie bedauern, aber keine realen Maßnahmen ergreifen, um die Bürokratie abzubauen oder diese Bürokratie zu schultern. Man kann es sich ja immer auch wünschen, aber nicht immer hilft das Wünschen. Um Bürokratie zu schultern und zu entschärfen, braucht es Mitarbeiter in der Agrarverwaltung, in den Ämtern und da passt es nicht, Ämter zu schließen, nur weil Herr Althaus eine Behördenstrukturreform durchführen will.

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Was für ein Amt haben wir denn ge- schlossen in der Landwirtschaft?)

Es hilft auch nicht, Mitarbeiterstellen in den wichtigen Bereichen auszudünnen. Also die Gothaer müssen jetzt nach Eisenach.

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Aber es ist doch noch da.)

Ja, das Amt ist da, aber wie weit sind die weg und wie weit sind die Mitarbeiter in Eisenach von dem Landkreis weg? Wenn es um Beratung geht und wenn es um Kontrolle geht, dann sind ganz weite Distanzen schlecht.

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Ihr wollt Großkreise machen.)

Die Reform der LINKEN ist ja nicht nur eine Kreisgebietsreform, auch wenn Sie das immer so darstellen. Da gibt es eine Verwaltungsreform, da gibt es eine Strukturreform dazu

(Zwischenruf Abg. Wehner, CDU: Das passt zur Kreisgebietsreform.)

und dann gibt es diese Bürgerservicebüros, die ihre Professoren, die Sie da engagiert haben, von München - die Bayern wieder! -, so neudeutsch „One

Step-Agency“ genannt haben in diesem Konzept, dass Sie noch nicht auf den Tisch gelegt haben, entweder weil Ihnen das nicht gefällt, zu nah an der LINKEN dran ist oder ich weiß nicht, warum Sie den Bericht noch nicht auf den Tisch gelegt haben.

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Was denn für einen Bericht?)

„Zukunft der ländlichen Räume sichern“, dieses Konzept.

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Das Konzept ist schon lange fertig.)

Da ist die One-Step-Agency oder - um es mit dem Sprachgebrauch der LINKEN zu sagen - das Bürgerservicebüro auch drin.

(Unruhe CDU)

Übrigens, als der Herr Ministerpräsident, aber ich wollte nicht immer so unhöflich dazwischenbrüllen, das heute früh gesagt hat, dass das ein Erfolg ist, dass wir weniger Landwirtschaftsämter haben, da ist mir das mit dem Vertragsverletzungsverfahren der EU eingefallen, also dass wir wieder Geld zurückzahlen müssen, weil Landwirte da falsch oder unrechtmäßig oder aus Versehen oder wie auch immer beantragt haben und Geld bekommen haben...

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt:...)

Ja, das wissen Sie vielleicht besser als ich.

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Das weiß der Landwirt auch.)

Da ist mir das sofort wieder eingefallen, welche Diskrepanz da zwischen Realität und Wunschdenken ist, Landwirtschaftsämter reduziert, wunderbar, jetzt haben wir das Vertragsverletzungsverfahren auf dem Tisch liegen. Das haben Sie ja auf dem Tisch liegen und damit müssen sie umgehen.

Zur Frage der Agrarforschung: Agrarforschung wird von der Landesregierung nur in einigen Bereichen realisiert und in anderen lebensnotwendigen, zukunftsträchtigen Bereichen vernachlässigt.

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Z.B. die Gentechnik.)

So stolz wir auch auf die Thüringer Landesanstalten für Landwirtschaft, für Umwelt und Geologie und für Wald, Jagd und Fischerei auch sein können - und die machen gute Arbeit, das sage ich ausdrücklich -, haben wir auch hier den Fakt, dass mit nicht ausreichenden Mitarbeiterkapazitäten keine großen Sprünge gemacht werden können. Diese neue Idee mit der Einrichtung einer Fachhochschule für Landwirtschaft in Erfurt, Studiengang an der Fachhochschule „Applied University“ hier in Erfurt, da muss ich sagen, für die Ausbildung ist es gut, aber für die Forschung ist es nicht genug, weil eine Fachhochschule, eine Fakultät in der Fachhochschule, nur in geringem Maße Forschung betreiben kann. Das löst das Defizit in der Agrarforschung also nicht.

Zu Fragen einer gerechten Agrarpolitik: In dieser Großen Anfrage hatten wir mehrere Fragen, die sich auch perspektivisch damit befasst haben, wo will man hin in der gemeinsamen Agrarpolitik, wo will die Landesregierung hin, welches Zukunftsbild hat sie da?

Gerechte Agrarpolitik: Da erklärt die Landesregierung in dieser Großen Anfrage einerseits, dass Exportbeihilfen bei Getreide, Milch, Fleisch und z.B. Eiern unter den Bedingungen des derzeitigen Welthandelsystems aufrechtzuerhalten sind, weil unsere Preise über den Weltmarktpreisen liegen und so der Absatz in Entwicklungs- und Schwellenländern schwierig ist. Weiter hinten in der Beantwortung der Anfrage, das muss dann jemand anderes geschrieben haben, steht dann etwas anderes. Da steht, dass die nicht beizubehalten sind. Also, da haben Landesregierung und Landwirtschaftsminister wie so oft in der Agrarpolitik keine klare Meinung - mal so, mal so. Fakt ist, das schreibt die Person, die die Antwort hinten geschrieben hat, auch, Exportbeihilfen sind wettbewerbsverzerrend und gehen voll zulasten der Bauern in Entwicklungsländern, weil dadurch verbilligte Produkte aus Europa die einheimischen Produkte verdrängen. Das ist sozial ungerecht und außerdem ökologisch schädlich und mit Blick auf den Klimaschutz kontraproduktiv. Aus diesen Gründen lehnt DIE LINKE Exportbeihilfen grundsätzlich ab. Das habe ich hier schon ewig gesagt und das steht auch in unseren Programmen. Wir können nicht auf dem Rücken von Bauern in anderen Ländern unsere Probleme lösen,

(Beifall DIE LINKE)

weder bei der Einkommenserwirtschaftung noch bei der Deckung unseres Energiebedarfs. Da müssten Sie sich auch einmal eine klare Position erarbeiten, aber da müssten Sie auch einmal Ihre Augen öffnen und über den Thüringer Tellerrand hinaussehen. Das empfehle ich insbesondere Herrn Mohring, weil das, was der heute Morgen gesagt hat, wie toll

dieses Wirtschaftssystem im Endeffekt ist und dass es daran nichts zu ändern gäbe, zeigt, dass er sich nur beschränkt auf seinen unmittelbaren Erfahrungshorizont hier in Thüringen und dass er weder europäisch noch global irgendwo hinschaut. Also, Herr Mohring, falls Sie mich hören, da sollten Sie wirklich mal Ihre Augen öffnen.

(Zwischenruf Abg. Stauche, CDU: …keine Importe und …)

Wie bitte, Frau Stauche? Unser Parteiprogramm - im Moment haben wir nur Eckpunkte

(Unruhe CDU)

und zweitens haben wir verschiedene Wahlprogramme geschrieben und da ist der Blick viel weiter. Das sollten Sie mal lesen, Frau Stauche, Sie könnten da so viel lernen.

(Beifall DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Stauche, CDU: Be- stimmt nicht.)

Insgesamt wird, wie schon deutlich dargestellt, aus der Antwort der Großen Anfrage deutlich, dass die Landesregierung und der Minister keine eigenen Vorstellungen für die gemeinsame Agrarpolitik haben, dass sie sich eingerichtet haben mit der Misere. Leider ist da auch nichts mehr zu erwarten. Also wäre ehrlich gesagt „Abtreten“ angesagt.

(Zwischenruf Minister Dr. Sklenar, Mi- nister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Das haben Sie nicht zu bestimmen.)

Nein, das habe ich auch nicht zu bestimmen, das stimmt.

(Zwischenruf Minister Dr. Sklenar, Mi- nister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Also, dann mäßigen Sie sich.)

Ich kann das ja hier mal sagen, Sie können selber entscheiden, was Sie machen. Das können Sie ja selber entscheiden.

(Zwischenruf Minister Dr. Sklenar, Mi- nister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Sie weiß eben, was tat- sächlich draußen los ist.)

Genau, ich war eben jetzt immer draußen, deswegen weiß ich das schon.

(Unruhe CDU)