Protokoll der Sitzung vom 21.04.2005

Ich sage das vorsorglich für alle weiteren Einwürfe.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Ich denke, Sie haben nichts gehört! War das vorsorglich...?)

Herr Fiedler, Sie haben meine Amtsführung überhaupt nicht zu kommentieren. Und nur, weil ich Ihnen so wohlwollend entgegenkomme, müssen Sie nicht noch etwas anderes darauf entgegnen.

(Beifall bei der PDS)

Ich rufe als nächsten Redner Abgeordneten Schwäblein für die CDU-Fraktion auf.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe um das Wort gebeten, weil ich einer der 50 Stadträte hier in Erfurt bin, die die Bürger für den vergangenen Samstag zur friedlichen Demonstration gegen eine rechtsradikale Gruppierung aufgerufen haben. Insoweit fühle ich mich mit dafür verantwortlich, dass nicht alles optimal gelaufen ist. Ich führe mich garantiert nicht als Oberpolizist auf, so wenig, wie ich eine Generalkritik an der Polizei üben werde. Als Teilnehmer, der sich das vor Ort angeschaut hat, um nicht was aufzurufen, sondern auch tätig zu werden, habe ich trotzdem einige Anmerkungen zu diesem Geschehen in Erfurt zu machen.

Ich fange mit dem Endergebnis an. Eine aufgebrachte Erfurter Bürgerschaft, die sich vor allem gegen die Aufregung der Polizei, gegen die Landesregierung, gegen die Politik im Allgemeinen richtete; johlende Links- und Rechtsradikale, die sich gefreut hatten, dass sie genau das erreicht haben. Ich sage das in einem Atemzug „johlende Links- und Rechtsradikale“ - ich komme auf diesen Gedankenbogen noch einmal zurück. Wie ist es dazu gekommen? Wohl durch die Anmeldung, die die Stadt zugelassen hat. Sehr viel Wahlfreiheit hatte sie nicht; weil für den Anger

an diesem Tag nichts weiter angemeldet war, war nach Prüfung der NPD diese Veranstaltung nicht zu verwehren. Es ist ja immer unser Ansinnen, das zu vermeiden. Die Vorerfahrungen mit entsprechenden gerichtlichen Verfügungen nach entsprechenden Verboten haben es nicht angezeigt sein lassen, hier, wenn der Platz nicht schon vorangemeldet war, das zu verhindern.

Der Anger ist nun wahrlich groß genug, um eine friedliche Gegendemonstration zu platzieren; ob die Stände nun alle an der richtigen Stelle waren, da will ich mich raushalten, das muss im Nachgang tatsächlich ausgewertet werden. Als dann die Demonstration intensiver wurde, ging die Polizei dazwischen und bildete eine Kette. Auf jeden Fall nehme ich das Ergebnis vorweg, am Schluss war ein Pendent aus Polizeifahrzeugen, der die Demonstrierenden in großer Entfernung zu der ursprünglichen Kundgebung gebracht hat. Zu Beginn war der Abstand zwischen 10 m und 20 m, ich weiß es nicht mehr ganz genau, aber der war sehr gering gewählt, als die erste Polizeikette entstand.

Meine Frage bleibt: Warum ist die Kette nicht gleich von vornherein größer gewählt worden, als sich noch nicht diese Verdichtung ergeben hatte? An dieser Stelle muss weiterhin gefragt werden: Warum hat man die Munition der Autonomen, zumindest die leeren Flaschen, nicht im Vorfeld gesehen und weggeräumt? Damit war schon zu erkennen, was passieren könnte. Und warum hat nicht jeder der friedlichen Demonstranten eingegriffen, als die Werferei anfing? Da komme ich zum Grundsätzlichen: Wenn wir weiter Demokraten sein wollen, muss das Grundgesetz Artikel 1 für alle gelten, ob uns die Menschen persönlich sympathisch sind oder nicht. Hier meine ich auch die Kundgebungsteilnehmer, die gedanklich ganz weit in der Vergangenheit sind. Sie haben Eigenschaften der Menschen und damit auch der Menschenwürde und dann sind auch Würfe von Eiern schon wider die Menschenwürde. Da kann ich die Stille und teilweise auch offene Genugtuung nicht verstehen, die aus einem gewissen Spektrum der Zuschauer heraus zu erkennen waren - ich rede jetzt nicht darüber, dass Einzelne, von denen ich es nicht erwartet habe, selber rohe Eier in der Tasche getragen haben. Dafür habe ich keinerlei Verständnis, auch wenn vielleicht der eine oder andere Politiker, der heute im Bund eine große Rolle spielt, seine Karriere als „Steinewerfer“ begonnen hat. Das kann nicht unsere Perspektive sein, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Oder überhaupt nicht zu tolerieren ist es, wenn es dann zu dem Wurf von Flaschen kommt, am Anfang Plastikflaschen mit Steinen gefüllt, später Glasfla

schen, die wahrlich nicht nur in Richtung und Entfernung die Rechtsradikalen getroffen haben, sondern insbesondere die Einsatzkräfte der Polizei attackiert haben. Insoweit war Eingreifen geboten. Ich sage das in aller Deutlichkeit: Da war Eingreifen geboten. Jetzt fange ich wieder mit dem Schluss an: Am Ende hat man es fertig gebracht, diese verhältnismäßig wenigen Randalierer - für mich sind es immer noch viel zu viel, jeder Einzelne ist da zu viel - rauszuholen und abzuführen. Meine Frage: Warum ist das nicht am Anfang geschehen? Sie haben sich immer im Hintergrund aufgehalten und nicht in den vorderen Reihen, wo sie nur schwer rauszuholen gewesen wären und natürlich dann mit Massierung vorgegangen werden müsste. Das will ich wohl akzeptieren. Aber sie haben sich im Hintergrund der Versammlung aufgehalten und waren aus meiner Laiensicht sehr wohl zu packen. Am Schluss ist es ja auch geglückt. Damit wäre der Einsatz der Wasserwerfer entbehrlich gewesen. In Kreuzberg und in Frankfurt, Herr Innenminister, wo Sie ja auch aus Ihrer früheren richterlichen Tätigkeit Erfahrungen haben, gehörten und gehören die auch noch durchaus zum Straßenbild bei Demonstrationen. Dies ist zumindest für Erfurt eine neue Qualität und ich bedauere sehr, dass es dazu gekommen ist.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Also noch ein Polizist, der alles besser weiß!)

Lieber Wolfgang Fiedler, ich bin nicht der Polizist, der alles weiß, ich bin der Teilnehmer, der eigene Anschauungen dort gewonnen hat, und die kann mir niemand nehmen, so wenig wie den Fehler, der ist passiert, als die Wasserwerfer begannen, haben drei nach oben gespritzt, einer hat die ersten Sekunden nach unten gespritzt. Ob er Demonstranten getroffen hat, weiß ich nicht, soweit bin ich mit meinem Urteil vorsichtig, aber er hat nicht mit der Mündung nach oben angefangen zu spritzen. Dies war ein Fehler, es ging nur um wenige Sekunden, aber bitte, es möchte ausgewertet werden. Es darf, wenn es das nächste Mal passiert, nicht noch einmal passieren. Da sollten wir auch eine ehrliche Sprache wählen. Da war es eben kein Nebel, es tut mir Leid, das war ein Platzregen, er war auszuhalten. Ich habe ihn auch ausgehalten wie alle anderen. Es hat den Riesenvorteil, niemand kann mehr behaupten, ich sei ein Warmduscher, das sei mir gestattet an dieser Stelle. Aber es war kein Nebel. Notfalls vermittle ich einen Kontakt zu Herrn Kachelmann, er erklärt Ihnen mal den Unterschied zwischen Nebel und Regen.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Dann haben wir vielleicht die gleiche Sprache gefunden, Herr Innenminister. Ein Wassernebel, ja, der

Kachelmann spricht auch ständig nur von Wassernebel. Ich weiß nicht, ob sie einen Sternennebel schon mal von ihm erklärt bekommen haben. Jetzt müssen wir damit aufhören.

Die Leute haben anderes gespürt, ich gehöre dazu. So ist die Stimmung tatsächlich gekippt. Da müsste es, da bin ich wieder bei einem Kritikpunkt, der schon vorgebracht wurde, beim nächsten Mal möglich sein, wir wollen ja daraus lernen, entsprechende Signalisierungstechnik da zu haben, Megafone, die ausreichend stark genug sind, um rechtzeitig zu warnen. Mit der Anlage der Rechtsradikalen übrigens, Herr Hahnemann, da ist niemand hochgeklettert, die Beamtin hat neben dem Wagen gestanden und sich das Mikro geben lassen. Wir wollen nicht dramatisieren, das setzt nur wieder die falschen Bilder, auch damit müssen wir bei der Wahrheit bleiben, ist das falsche Zeichen gesetzt worden. Das klang vorher schon grausam und die Stimme war als solche kaum noch zu verstehen, nur bei sehr viel Sympathie. Die Anlage war auch nichts wert, ich will auch nicht, dass sie besser wird. Damit ist dann tatsächlich der Wasserwagen als Lautsprecherwagen der falsche Einsatz.

Ich sage es noch einmal: Im Ergebnis waren die friedlichen Bürger erbost über die Polizei. Das darf nicht passieren. Wir reden viel zu wenig, auch heute ist das noch nicht geschehen, das macht mich auch sehr nachdenklich, abgesehen davon, dass ich mehr Resonanz auf den Aufruf der Stadträte, des Oberbürgermeisters und des Ministerpräsidenten erwartet hätte von der Erfurter Bevölkerung und noch darüber hinaus. Das trifft ja dann das ganze Land. Dazu waren es schlicht zu wenig und Radikale schlicht zu viel.

Andererseits reden wir viel zu wenig, was für Botschaften die rechtsradikalen Nationalsozialisten neuer Prägung gebracht haben. Auch da bin ich bei den Worten, die hier gewählt wurden, das Wort „Nationalsozialisten“ ist heute noch nicht ausgesprochen worden. Es wird von „Faschisten“ gesprochen und von „Nazis“, auch wenn das der PDS gelegentlich nicht so in den Kram passt, wenn man von Nationalsozialisten spricht, weil das Wort „Sozialismus“ drin vorkommt. Aber es ist nun einmal eine Tatsache, dass wir im vorigen Jahrhundert eine Phase des braunen Sozialismus hatten und bedauerlicherweise auch noch eine Phase des roten Sozialismus. Wir wollen keine dieser Phasen je wieder haben. Ich sage das gleich dazu. Das hat einen Bezug zu dem, was dort passiert ist. Nur hat die Presse nicht drüber berichtet, kein Fernsehbild berichtet, kein Pressefoto hat berichtet. Die NPD-Anhänger hatten ein ganz, ganz großes Transparent in Hüfthöhe aufgespannt. Darauf stand: „Zum Kapitalismus gibt es keine Alternative.“ Noch viel größer war darunter zu lesen: „Für einen alternativen Sozialismus“. Da sind wir wieder

an der Stelle, wo sich geistig die Linksradikalen und die Rechtsradikalen treffen.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, PDS: Saue- rei!)

Wir müssen uns mit den Argumenten der Rechtsradikalen auseinander setzen, denn weder mit Eiern noch mit Flaschen werden wir mit ihnen in den Dialog kommen. Demokratie kann nur durch Argumente gewinnen. Wenn wir nicht eines Tages aufwachen wollen und haben dann auch NPD- oder Republikanermitglieder hier in diesem Parlament sitzen, können wir nicht darüber schweigen, sondern müssen uns mit dem Gedankengut auseinander setzen und müssen das in die Gesellschaft kommunizieren und versuchen auch die zu erreichen, die sich jetzt im Recht fühlen mit diesen Losungen, als einzig für sie erkennbare Reaktion Flaschenwürfe, Gejohle geerntet zu haben. Das war ein Erfolg für die NPD. Dieser Erfolg darf sich nicht wiederholen. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Es hat sich noch der Abgeordnete Bärwolff, PDSFraktion, zu Wort gemeldet. Er müsste mal abgelöst werden als Schriftführer.

(Zwischenruf aus der CDU-Fraktion: Ja, löst ihn ab.)

Das meinen Sie nicht ernst?

Ich wollte gerade sagen, meine Damen und Herren, Sie müssen mich schon noch bis zum Ende der Legislatur aushalten.

(Beifall bei der PDS)

Zunächst einmal möchte ich Herrn Schwäblein danken. Respekt, das hätte ich nicht von Ihnen erwartet und ich möchte Ihnen an dieser Stelle aufrichtig danken und finde es wirklich sehr mutig von Ihnen, hier mit solchem Rückgrat eine solche Äußerung zu tätigen oder dies zu thematisieren. Das finde ich sehr mutig von Ihnen, danke.

Wie schon den ganzen Abend reden wir hier vor allem unter dem Eindruck des letzten Wochenendes. Es hat ja deutschlandweit für Aufsehen gesorgt.

(Zwischenruf Abg. Krauße, CDU: Wir ha- ben noch Zeit.)

Ich habe heute Abend keine weiteren Veranstaltungen. Ich habe noch ein bisschen Zeit und werde auch noch meine Ausführungen beenden.

Die Schüsse von Rudolstadt, der Lkw-Fahrer, der auf der B 29 gestorben ist, das Nazikonzert in Pößneck bzw. die Demo vor zwei Wochen, all das wurde hier schon thematisiert. All dies haben auch die Kollegen vor mir schon thematisiert und dazu möchte ich nicht noch großartig etwas sagen.

Ich möchte mich persönlich ausschließlich auf die Demo, die am letzten Wochenende stattgefunden hat, beschränken, da ich gleich zu Anfang feststellen möchte, dass ich Mitanmelder eines Straßenfestes war, mit dem wir beabsichtigten, einen anderen, einen kreativen, eine friedlichen Protest gegen die NPD-Kundgebung zu initiieren. Natürlich zog es auch mich, das muss ich hier zugeben, wie auch einige andere Abgeordnete zum Geschehen direkt hin. Wir standen sozusagen Gesicht an Gesicht mit der Polizeikette. Dass ich dies später mit Prellungen und nassen Klamotten bezahlen sollte, das habe ich da noch nicht gewusst. Unsere Absicht war es, den Teilnehmern der NPD-Kundgebung möglichst direkt zu zeigen, dass sie in Erfurt unerwünscht sind. Dafür, denke ich, ist eine solche Behandlung von der Polizei unangebracht. Alle Bürgerinnen und Bürger, die am Sonnabend ein Zeichen setzen wollten, ein Zeichen gegen die menschenverachtende Ideologie der Rechten, ein Zeichen gegen Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit, haben sich mutig gezeigt und waren, denke ich, auch relativ überrascht über den unverhältnismäßigen Einsatz der Polizei. Während der Gegendemonstranten verschaffte sich die Polizei mittels gröbster und grober Gewalt immer mehr Platz auf dem Anger, das bleibt festzustellen. Daher muss aber positiv bemerkt werden, dass die Deeskalationsbeamten, wie beispielsweise der Herr Marx, ständig im Einsatz waren. Beherzte Bürger, aber auch die Kollegen aus allen Fraktionen waren ständig darum bemüht, zwischen Polizeibeamten und Demonstranten zu vermitteln, wobei wir beispielsweise zur Mäßigung beigetragen bzw. Bierflaschen eingezogen haben. Das werden die Beamten, die vor Ort waren, sicherlich bestätigen können. Ich denke, dass alle Beteiligten, vor allem die vielen Bürgerinnen und Bürger, die aufgestanden sind gegen den braunen Mob, stolz sein können auf ihre Leistungen. Natürlich kam es dann auch zu einigen wenigen Angriffen auf die NPD-Teilnehmer bzw. auf Polizeikräfte. Dieses gilt es auf das Schärfste zu verurteilen, keine Frage. Ich persönlich bin auch gegen Eierwerfer und gegen Steinchenschmeißer bzw. gegen Flaschenschmeißer. Das, denke ich, rechtfertigt allerdings in keinster Art und Weise den Polizeieinsatz, denn auch die Nazis haben, und das hat ja bereits der Abgeordnete Bausewein berichtet, mit

Flaschen geworfen. Dagegen ist allerdings nicht eingeschritten worden. Da stellt sich mir persönlich die Frage, ob eine friedliche Gegenveranstaltung überhaupt gewollt war. Denn ein Abziehen der Deeskalationsbeamten gerade dann, wenn sie dringend gebraucht werden, ist doch in einer solchen Situation geradezu fahrlässig. Die zweite Sache, die an diesem Einsatz unbedingt kritisiert werden muss, ist die Frage, warum die Polizei in einer Situation, die von Spannungen gekennzeichnet ist, mit Wasserwerfern auffährt. Also wenn ich mir jetzt vorstelle, dass ich als linker autonomer, gewaltbereiter Jugendlicher dastehe - Herr Baldus, Sie können mir bitte zuhören,

(Zuruf Baldus, Staatssekretär)

na, dann halt nicht. Also, wenn ich mir, wie gesagt, vorstelle, ich bin ein linker gewaltbereiter Autonomer und da fahren Wasserwerfer auf und ich bin schon gereizt, nicht allein, dass 60 Nazis dastehen, nein, sie werden auch noch von der Polizei beschützt und dann fahren Wasserwerfer auf, da ist es doch für mich geradezu ein Reiz, mich jetzt noch mehr gewalttätig zu betätigen. Da kann ich jedem gewaltbereiten Autonomen sozusagen ein wenig nachvollziehen, dass die Hemmschwelle zur Anwendung von Gewalt sinkt. Ich will es mal so ausdrücken, ich möchte mich nicht mit den Flaschenwerfern solidarisieren, aber ich möchte doch dieses Absinken der Hemmschwelle verstehen. Ich frage mich da, warum die Polizei in einer solchen Situation, wo es doch so fahrlässig ist, mit Wasserwerfern aufzufahren, keine anderen Möglichkeiten hat, beispielsweise die Lautsprecherdurchsagen durchzuführen. Hat denn die Polizei keinen eigenen Lautsprecherwagen? Also wenn es daran liegen sollte, dann ist es äußerst beschämend für die Thüringer Polizei, dass sie nicht mal Lautsprecherdurchsagen machen kann.

Die weitaus wichtigere Frage ist die, aus welchem Grund die Polizei bei Kenntnis der Situation zu solch einem unverhältnismäßig großen Mittel greifen konnte, denn in der Auswertung - gestern hat ja im Hauptausschuss im Erfurter Stadtrat eine Anhörung mit Herrn Grube stattgefunden und er hatte gemeint, das Auffahren des Wasserwerfers sei unbedingt notwendig gewesen, da ansonsten eine Räumung des Angers hätte vollzogen werden müssen mit Schlagstöcken. Da frage ich mich, wieso kommt die Polizei eigentlich darauf, den Anger räumen zu müssen? Wenn die Polizei nicht in der Lage ist, für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu sorgen, dann ist es doch eigentlich der Grund par exelance, die Nazidemo abzusagen, zu sagen, Freunde, wir können eure Sicherheit nicht garantieren, macht euch nach Hause. Das allerdings scheint von der Polizeiführung nicht gewollt zu sein. Und ich möchte nicht wissen, was

passiert, beispielsweise am 11. Juni bei der NPDDemo in Jena oder bei diesem so genannten Fest der Völker bzw. was am 25. Juni in Erfurt passiert, wenn da die Polizei wieder zum Wasserwerfer greift als ein Mittel der Kommunikation.

Die Frage, die sich mir stellt, ist, ob dieser Einsatz von Wasserwerfern überhaupt gerechtfertigt war. Denn überall in der Stadt oder überall rings um die Demo waren Einheiten des BFE, dieser Beweisnahmesicherungs- und Festnahmeeinheit, das sind Menschen, die darauf geschult sind, gezielt in die Demo reinzugehen und Störer rauszuholen. Diese Menschen vom BFE standen permanent ringsum, waren aber untätig. Ich frage, warum wurden diese Leute nicht eingesetzt und warum haben diese Leute, diese speziell ausgebildeten Beamten, nicht das getan, wozu sie ausgebildet sind? Was mich dann aber auch wieder schockiert oder wo ich mich frage, was das soll oder wie das miteinander zusammenhängt, die Polizei spricht von 14 Festnahmen aus dem linken Lager, allerdings sagte Herr Grube in dem Gespräch gestern, dass kein einziger Steinewerfer bzw. Flaschenwerfer dingfest gemacht worden ist. Da frage ich mich erstens, wofür sind die BFE-Leute zuständig und zweitens, was für Leute haben sie festgenommen? Also, das ist für mich persönlich unverständlich.

Zu der Situation, die die Polizei scheinbar nicht mehr unter Kontrolle hatte und dass das ein Grund der Auflösung der NPD-Kundgebung gewesen wäre, habe ich ja schon etwas gesagt. Es ist wirklich für mich äußerst schade, dass sich so etwas in Erfurt zutragen kann, dass die Polizei die Nazis schützt, während sie mit Wasserwerfern gegen die Demonstranten vorgeht. Diese Unverhältnismäßigkeit, das kann ich aus eigenem Erleben sagen, ich habe mit Prellungen am Rücken bezahlt, diese finde ich einfach unangebracht. Und wenn Sie es nicht glauben, die Abgeordnete Hennig kann Ihnen gerne mal vorführen, wo sie ihre Prellungen hat, am Ellenbogen usw. Ich finde einfach die Wahl der Mittel, die die Polizei hatte, völlig fehl am Platze. Das wollte ich erst mal noch dazu sagen. Das hat mich persönlich erst mal sehr bewegt. Was ich dann noch sagen wollte zum Kollegen Fiedler, der ja gerade nicht da ist, aber Herr Fiedler wird mich bestimmt hören.

(Zwischenruf Abg. Leukefeld, PDS: Der hört nicht auf Sie.)

Ich wollte noch einmal etwas sagen wegen der Situation in der Stadt. Die Stadtverwaltung Erfurt hat leider Gottes nichts unternommen, um diese Demo zu verbieten. Sie hat sie einfach genehmigt, nicht mehr und nicht weniger. Es ist traurig, dass beispielsweise erst auf Antrag der PDS-Fraktion im Erfurter Stadtrat die Stadtverwaltung dem Stadtrat

berichtet, wann beispielsweise Kundgebungen rechtsextremer Parteien sind. Das muss erst auf Antrag des Stadtrats geschehen, das ist ein Unding. Und ein weiteres Unding ist, dass die Verantwortlichen der Stadtverwaltung Erfurt keinerlei rechtliche Mittel gegen diese Kundgebung eingelegt haben. Ich denke, das ist ein Unding und das muss unbedingt geändert werden. Da ist meiner Meinung nach auch das Innenministerium gefragt, nämlich den Kommunen dort rechtlich beiseite zu stehen.

Eine weitere Frage, die noch zu diskutieren ist, ob bei all diesen Fehlleistungen, die die Polizei sich geleistet hat, es darum geht, dass es Fehlleistungen einzelner Polizisten waren, das waren sie mit Sicherheit, also wenn beispielsweise Polizisten mit grober und gröbster Gewalt gegen Abgeordnete, gegen Kinder, gegen Rentner vorgehen, dann halte ich das schon für sehr fragwürdig. Aber die Frage ist, ob nicht alles zusammengenommen, Probleme in der Polizeiführung an sich darstellen oder signalisieren. Da, denke ich, gibt es Reformbedarf auch innerhalb der Strukturen der Polizei und ich hoffe, dass das in den nächsten Wochen, Monaten und Jahren geändert wird. Herrn Fiedler, der jetzt leider immer noch nicht da ist, wollte ich eigentlich fragen, ob Mitglieder der Kommunistischen Plattform der PDS in Generalverdacht stehen, gewalttätig zu sein. Sie können sich ja einmal die Altersstruktur der Mitglieder der KPF anschauen - ach, da ist Herr Fiedler -, in ihrer großen Mehrzahl sind das Personen, die teilweise am spanischen Bürgerkrieg noch teilgenommen haben, das sind einfach nur Menschen, die sich, also ich meine - ja, ich sehe ihn mittlerweile, er hat mich gefunden -, ja, wie gesagt, ich denke, dass nicht die Spanienkämpfer heute noch das ganz große Gewaltpotenzial in der PDS darstellen und im Übrigen geht es bei der Kommunistischen Plattform darum, sich kritisch mit dem Kapitalismus und den Verhältnissen, die wir hier in Deutschland haben, auseinander zu setzen. Wenn Sie das nicht wissen, dann ist es wieder ein Beleg dafür, dass das Landesamt für Verfassungsschutz nicht ausreichend arbeitet. Danke schön.

(Beifall bei der PDS)

Mir liegen seitens der Abgeordneten keine weiteren Redemeldungen vor. Herr Innenminister, Sie haben jetzt noch einen Beitrag signalisiert. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich denke, zu ein paar Punkten sollte ich doch abschließend noch Stellung nehmen. Herr Schwäblein, ich habe ge