Zu Punkt 3 Ihres Antrags: Die Landesregierung hat mit der Koordinierungsstelle Gewaltprävention eine Institution geschaffen, die nicht zuletzt den Kommunen das Angebot macht, sie bei der Initiierung und Begleitung von Präventionsräten aktiv zu un
terstützen. Die Präventionsräte sind wichtige Anlaufstellen für Vereine, Verbände, Bürgerinnen und Bürger in ihrem Engagement gegen Rechtsextremismus. In den kreisfreien Städten und Gemeinden konnten in den vergangenen Monaten Präventionsräte gegen politischen Extremismus, z.B. in Schleusingen und Eisenach, auf Initiative und mit Unterstützung der KOSTG gegründet werden. Vor diesem Hintergrund hat die KOSTG am 6. April 2005 in Erfurt einen ersten Thüringer Präventionstag durchgeführt. Wichtig waren neben der Weiterbildung auch der Austausch der bereits bestehenden Thüringer Präventionsräte und der in der Präventionsarbeit aktiven Vertreter von Vereinen und Verbänden. Ich stelle fest, leider war das Interesse der Vertreter der Oppositionsparteien im Landtag an dieser Veranstaltung nicht so sehr groß. Das gilt auch für die am gleichen Tag im Erfurter Rathaus von der KOSTG eröffnete Ausstellung „Gewaltfrei - Konflikte im Alltag ohne Gewalt lösen“, die vom Paxforum in Hamburg konzipiert und gestaltet wurde. Ich sage das nicht mit Häme. Ich weiß, auch wir CDU-Abgeordneten können nicht überall und gleichzeitig präsent sein. Nur, wenn die Opposition der Landesregierung vorwirft, nicht genug gegen Extremismus zu tun, dann sollten Sie auch wenigstens zur Kenntnis nehmen, dass es viele Veranstaltungen außerhalb Ihres Wahrnehmungsbereiches gibt.
Meine Damen und Herren, die Arbeit der KOSTG umfasst die umfangreiche fachliche Beratung und Unterstützung von Initiativprojekten gegen Rechtsextremismus und sie umfasst die kontinuierliche Information über Erscheinungsformen des Rechtsextremismus in Thüringen. Entsprechende Fachtagungen und Fortbildungsveranstaltungen gehören zum Jahresprogramm der KOSTG. Die KOSTG wird sich auch in Zukunft der fachlichen Qualifizierung und Fortbildung derartiger Gremien widmen. Die nächsten Veranstaltungen zur lokalen Prävention werden gemeinsam mit dem Institut für Präventionsforschung und Sicherheitsmanagement der Stiftung „Kriminalprävention“ bereits am 27. April in Erfurt und am 28. April in Gera durchgeführt und sie sprechen auch die Gefahr der Unterwanderung von Vereinen durch Extremisten an. Die Erstellung von Vereinssatzungen und die Aufnahme und der Ausschluss von Mitgliedern obliegen, und da sind wir uns sicherlich alle einig, allein den Vereinsmitgliedern und den Vorständen. Gerade an diesem Punkt wird auch deutlich, dass es sich bei der Bekämpfung des politischen Extremismus um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe handelt.
Zu Ihrem Punkt 4: Die Forderung unter Punkt 4 lautet, dass der Polizei vom Innenministerium Handlungsrichtlinien zur Verfügung gestellt werden müssten, die alle rechtlichen Spielräume beim Vorgehen gegen Demonstranten und Veranstaltungen Rechts
extremer aufzeigen soll. Auch hier muss ich Ihnen sagen, Herr Matschie, das Thüringer Innenministerium hat bereits im Jahr 2000 die so genannte Extremismuskonzeption in Kraft gesetzt. Sie dient als Grundlage für eine Entscheidungsfindung in entsprechenden Einsatzsituationen. Wenn die Lebenswirklichkeit sich auch nicht immer abbilden lässt in so einer Konzeption, das wissen Sie selbst, ist es aber genau das, was Sie eben auch in Ihrem Punkt 4 gefordert haben. Mit der Extremismuskonzeption verfügt die Thüringer Polizei erstmals über einen umfassenden Maßnahmekatalog im Kampf gegen Extremismus. Des Weiteren wurde im Jahr 2001 die Rahmenkonzeption über das Vorgehen der Thüringer Polizei bei besonderen Versammlungslagen in Kraft gesetzt. Natürlich, Fälle wie der Aufmarsch von 1.000 Rechtsextremen in Pößneck sind bedauerlich. Dennoch zeigt die Entwicklung seit 2000, dass in Thüringen beachtliche Fortschritte bei der Bekämpfung der politisch motivierten Kriminalität gelungen sind. So konnten die registrierten Straftaten von 1.846 im Jahr 2000 auf 591 im Vorjahr reduziert werden. Weitere Handlungsrichtlinien für die Thüringer Polizei sind aus diesem Grund entbehrlich.
Und nun noch einige Anmerkungen zum Versammlungsrecht und zur Versammlungsfreiheit. Ich glaube, dass hier immer noch in der Öffentlichkeit falsche Vorstellungen bestehen. Ich möchte dazu Artikel 8 des Grundgesetzes zitieren. Mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, zitiere ich: „Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.“ Meine Damen und Herren, daraus geht eindeutig hervor: Demonstrationen bedürften nicht der Genehmigung, wie oft irrtümlich angenommen wird. Demonstrationen müssen angezeigt werden, damit sie nicht mit anderen Veranstaltungen kollidieren und sie dürfen die öffentliche Sicherheit nicht gefährden, die der Staat letztlich zu sichern hat und genau deswegen ist auch die Anzeige wichtig. Aber diese Anzeige und die Antwort darauf ist keine Genehmigung. Daher tut es schon weh, wenn in Zeitungen zu lesen ist: Polizei schützt Nazis. Nein, meine Damen und Herren, die Polizei schützt nicht Nazis, sondern sie schützt das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit und dieses ohne Ansehen der Person.
Deshalb ist es schlecht und politisch fahrlässig, wenn der falsche Eindruck vermittelt wird, man könnte Aufmärsche von Nazis oder NPD-Anhängern einfach verbieten. So gern man das manchmal auch tun würde. Dies widerspricht im Übrigen nicht unserem Anliegen, an Gedenkstätten ein Demonstrationsverbot zu erlassen. Hier geht es um die Würde der Opfer im Gedenken und Andenken an die Toten. Hier ist Artikel 1 des Grundgesetzes und das Grundrecht
auf Wahrung der menschlichen Würde berührt. Dass wir auch den Missbrauch symbolträchtiger Orte und Zeitpunkte für Naziaufmärsche verhindern wollen, widerspricht meines Erachtens diesem Anliegen nicht. Natürlich leisten wir auch rechtliche Hilfe für Kommunen beim Umgang mit extremistischen Aufmärschen und bei besonders öffentlichkeitswirksamen Anlässen richten die Staatsanwaltschaften einen Bereitschaftsdienst aus erfahrenen Staatsanwältinnen und Staatsanwälten ein.
Zu Ihrem Punkt 5: Die im Antrag der SPD-Fraktion geforderte Anlaufstelle für Kommunen, ich wiederhole es noch einmal, ist die KOSTG. Ich verweise hiermit auf den Punkt 3 der Ausführungen zu Ihrem Antrag, die ich eben gemacht hatte. Die KOSTG unterstützt aktiv die Präventionsgremien, zum Beispiel kriminalpräventive Räte bzw. runde Tische gegen Gewalt. Sie arbeitet mit Kommunen zur Gründung derartiger Arbeitsgruppen zusammen. Ziel ist die Vernetzung von ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern innerhalb der Gewaltprävention. Zu Ihrer allgemeinen Information noch einmal der Ansprechpartner: Leiter der KOSTG ist Herr Hutt, Ansprechpartner sind aufgelistet unter der Internetadresse www.gemeinsam-gegen-gewalt.de. Falls Sie dort nachlesen möchten, Herr Matschie, können Sie das tun. Dort sind die Ansprechpartner genannt, die Sie eben so sehnlichst herbeireden wollten.
Weiterhin fordern Sie ein breites Netzwerk gegen Rechtsextremismus zu entwickeln. Meine Damen und Herren, es scheint ja heute so, dass kaum ein Politikfeld ohne den Begriff „Netzwerk“ auskommt. Ich bin ja nicht grundsätzlich gegen Netzwerke. Netzwerke sind sinnvoll und gut, sind auch wichtig, aber sie sind natürlich keine Lösung. Es gibt auch wissenschaftliche Betrachtungen über die Wirksamkeit von Netzwerken gegen Rechtsextremismus. Leider wird dort festgestellt, dass sie kein Allheilmittel sind. Netzwerke sind unverbindlich, Netzwerke sind zeitlich begrenzt. Deshalb setzt die Landesregierung demgegenüber auch auf aktive Unterstützung kommunaler Strukturen. Sie sind in erster Linie zu stärken, dafür ist auch die KOSTG eingerichtet worden.
Zu Punkt 6 des Antrags der SPD über eine geforderte Mustersatzung für Sportvereine zur Vermeidung von rechtsextremen und rassistischem Handeln: Auch hier muss ich sagen, diese Mustersatzung existiert bereits. Fremdenfeindliche und rechtsradikale Tendenzen führten in der Vergangenheit auch im Sport zu Diskussionen über deren Bekämpfung und Eindämmung. Dieser Diskussion haben sich die Thüringer Sportlerinnen und Sportler sehr frühzeitig gestellt und der Landessportbund verankerte in seiner Gründungssatzung 1990 eindeutig Standpunkte gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und
Intoleranz. Ich zitiere § 4 Abs. 7 dieser Gründungssatzung: „Der Landessportbund ist offen für alle sportinteressierten Menschen unabhängig von ihrer Rasse, Religion und Weltanschauung, sofern sie nicht rassistische, nationalistische oder faschistische Ziele vertreten.“ Also genau das, was Sie fordern, ist bereits in großem Umfang und eindeutig in der Satzung des Landessportbundes fixiert. Ich darf ausdrücklich sagen, das ist bundesweit nicht die Regel. Die mehr als 3.000 Sportvereine im Freistaat haben sich mit ihrem Beitritt zu diesen Grundwerten bekannt und verwirklichen sie auch in ihrer täglichen Arbeit.
Zu Punkt 7: Laut Antrag der SPD soll die Landesregierung die kommunalen Spitzenverbände und den Thüringer Hotel- und Gaststättenverband zur Erarbeitung von Mustermietverträgen anregen. Deren Anwendung soll helfen, rechtsextreme Konzerte oder Veranstaltungen in städtischen oder privatwirtschaftlichen Räumlichkeiten zu verhindern. Ich meine, ich sage sicher nichts Neues, dass Mietverträge grundsätzlich im Rahmen der geltenden Rechte abgeschlossen werden. Dazu zählen die örtlichen Benutzervorgaben ebenso, wie die Grundrechte und insbesondere der Gleichheitsgrundsatz. Es ist völlig klar, die rechtswidrige Benutzung kann untersagt werden, immer. Das ist rechtlich eindeutig. Die Zulassung bestimmter Gruppen kann vorher nur ausgeschlossen werden, wenn sie vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt oder nach dem Vereinsgesetz verboten worden sind. Darüber hinaus kann die Nutzung versagt werden, wenn die dringende Gefahr besteht, dass im Rahmen der Veranstaltung strafbare Handlungen oder Ordnungswidrigkeiten begangen werden oder zu ihnen aufgerufen werden soll.
Die Aufnahme der vorgeschlagenen Klausel hätte vor diesem Hintergrund allein deklaratorischen Charakter. Ihre Aufnahme in den Mietvertrag kann die Kommune nicht davon entbinden, Art und Inhalt der Veranstaltung im Vorfeld genau festzustellen und entsprechende Veranstaltungen durch die Ordnungsbehörden zu untersagen. Eine solche Klausel könnte meines Erachtens sogar kontraproduktiv sein, wenn vor Ort der Eindruck entstehen würde, mit der Klausel sei bereits alles Erforderliche getan, um der Rechtslage zu genügen. Tritt bei einer Gemeinde die Befürchtung auf, dass die Klausel nicht eingehalten wird und werden deshalb allein auf ihrer Grundlage Zulassungen untersagt oder zurückgenommen, dann besteht die Gefahr, dass der Gemeinde selbst rechtswidriges Verhalten vorgeworfen werden kann. Würde aber die inhaltliche Bedeutungslosigkeit einer solchen Klausel in einem Gerichtsverfahren festgestellt, dann dürfte das auf Seiten der Gemeinden und der demokratisch gesinnten Bürger eher Frust auslösen und den antidemokratischen Kräften noch Auftrieb geben.
Ich komme zum Fazit: Meine Damen und Herren, Sie sehen, wir stehen bei der Bekämpfung des politischen Extremismus in Thüringen nicht erst am Anfang. Wir dürfen aber auch nicht selbstzufrieden innehalten oder uns gar zurücklehnen. Der Schutz unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung und die Bekämpfung ihrer Feinde sind uns von der Verfassung und von den Wählern als Daueraufgabe übertragen. Bei der Verabschiedung der Verfassung unseres Freistaats haben wir in diesem Landtag einen Konsens der ganz überwiegenden Mehrheit der Parteien erzielt. Die Bürger unseres Landes haben mit überwältigender Mehrheit diese Verfassung bestätigt.
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns diesen Konsens über die Grundlagen unseres demokratischen Staates bewahren und gemeinsam seine Feinde mit allen uns von der Rechtsordnung zur Verfügung gestellten Mitteln bekämpfen. Wenn wir dieses Anliegen gemeinsam verfolgen und dabei Geschlossenheit über Parteigrenzen hinweg zeigen, werden Extremisten in unserem weltoffenen und toleranten Thüringen keine Chancen haben. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, da mehrfach in den Reden am heutigen Nachmittag die Landesregierung, die Staatskanzlei und auch ich sehr konkret angesprochen worden sind, möchte ich gerne zu diesem Thema Stellung nehmen. Zuallererst, ich bin froh und dankbar, dass im Thüringer Landtag keine Rechtsradikalen vertreten sind.
Wir werden unsere Verantwortung als Landesregierung auch zukünftig dafür nutzen, dass es so bleibt. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, das können und müssen wir durch Taten tun. Die Landesregierung handelt entschlossen und handelt auch geschlossen. Und deshalb finde ich die zum Teil auch als Unterstellung formulierten Angriffe in Richtung Landesregierung, wir hätten nicht genügend gegen den Rechtsradikalismus und insgesamt gegen den politischen Radikalismus getan, für unverschämt und weise sie mit aller Deutlichkeit zurück.
Ich weise sie übrigens für alle Landesregierungen zurück, die seit 1990 hier Verantwortung getragen haben.
Sowohl in der CDU/FDP-Koalition als auch in der großen Koalition und jetzt zum zweiten Mal mit der absoluten Mehrheit war eines vollkommen klar, wir wollen ein freiheitliches Land bleiben, wir wollen, dass in diesem Land Menschen wohnen und leben, die ihr Leben selbst gestalten, das heißt, in Freiheit. Wir werden die Verantwortung dafür auch in Zukunft übernehmen, dass der demokratische Verfassungsstaat in Thüringen erhalten bleibt, weil wir alle miteinander nicht nur die Lehre aus der vergangenen Diktatur gezogen haben, sondern, und das ist in dieser Zeit besonders wichtig, weil wir natürlich auch wissen, wie belastet die deutsche Geschichte ist, ganz besonders durch den Nationalsozialismus.
Und nun kann man das Woche für Woche und Monat für Monat wiederholen und durch neue Anträge fast gnadenlos ritualisieren. Ich erinnere an meine Rede vom 28. Januar 2005 hier im Thüringer Landtag zur politischen Kultur im Freistaat Thüringen, wo ich noch einmal sehr deutlich gesagt habe, wie ernst wir auch die im Thüringen-Monitor deutlich gemachten Tendenzen nehmen, dass wir nicht nur wachsam bleiben, sondern dass wir jede Form von Extremismus und Totalitarismus, dass wir jede Form von Intoleranz und Fremdenhass grundsätzlich ablehnen und auch bekämpfen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, gleiches haben wir in den Jahren zuvor immer wieder getan. Wir haben auch neue Erkenntnisse, die in diesem Zusammenhang immer wieder auf der Tagesordnung stehen, aufgenommen und Dr. Zeh hat eben für die Landesregierung in einer Aufzählung von Beispielen deutlich gemacht, wie neue Elemente gewachsen sind und wie bewährte Elemente weiterentwickelt worden sind.
In einer der Reden wurde heute von einer PDS-Kollegin wörtlich gesagt: in vielen Thüringer Köpfen verbreitetes rechtsextremistisches Gedankengut. Ich weiß nicht, wo Sie leben. Ich erlebe Thüringerinnen und Thüringer, die dankbar sind, dass sie in Freiheit leben, die dankbar sind, dass sie die Demokratie mitgestalten und ich unterstelle nicht, dass es weit verbreitet in Thüringen ist, dass rechtsextremistisches Gedankengut in Thüringer Köpfen gedacht wird, sondern ich unterstelle, dass Thüringerinnen und Thüringer, wie alle in Deutschland, auch Sorgen haben. Vielleicht diskutieren wir einmal über die Sorgen, die die Menschen in dieser Gesellschaft ha
Vielleicht kommen wir dann dem Problem, auf das wir eigentlich vorstoßen müssten, etwas näher. Natürlich können wir uns in Aktionen ergehen und da hat mein Kollege Christian Köckert sehr Recht, wir können dies tun und immer neue Aktionen beschließen, und wir können, wie es im Antrag auch deutlich wird, immer wieder die Landesregierung aufrufen: sie soll, sie soll, sie soll und sie muss. Meine sehr verehrten Damen und Herren, er hat vollkommen Recht, Aktionen sind nicht die wichtigste Aufgabe. Wir müssen die Probleme der Menschen in unserem Land, in Deutschland ernst nehmen. Wir müssen dafür sorgen, dass sie eine Perspektive haben, den Menschen das Gefühl geben, der demokratische Verfassungsstaat sorgt auch für persönliche Sicherheit und nicht nur für Freiheit, er sorgt für Arbeit und gibt uns eine sozial abgesicherte Zukunft. Hier liegt eine wichtige Aufgabe der Politik.
Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass Aktionen und Verbote allein nichts bringen, will ich Ihnen an einem Beispiel sagen - das fiel mir heute gerade in der Post in die Hände. Weil ja immer wieder hier der Eindruck vermittelt wird, wenn wir doch nur verbieten würden, wäre es schon gut. Ich war und ich bleibe bei der gleichen Auffassung, die NPD einfach nur zu verbieten, ist ein politisch vielleicht leicht zu kommunizierendes Spiel, hat aber nicht die Wirkung, die wir uns als Demokraten davon versprechen.
In den letzten Jahren, und Sie können das nachlesen, sind 19 Organisationen in der Bundesrepublik Deutschland als rechtsextremistische Vereinigungen verboten worden und im gleichen Zug nimmt die Zahl der Mitglieder in rechtsextremen Parteien und Organisationen und das rechtsextreme Gedankengut in ganz Deutschland zu. Das heißt, es geht nicht darum, nur durch Sanktionen und durch Aktionen etwas zu bewirken, sondern
(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Sollen die denn nicht verboten werden, wenn sie gegen Gesetze verstoßen?)
das Allerwichtigste ist, die Menschen, und dabei bleibe ich, mit ihren Sorgen und Ängsten ernst zu nehmen. Bei dieser Aussage, glaube ich, muss man auch noch einmal die Gründe für diese Überzeugung, die ich hier geäußert habe, zumindest anhören, Sie müssen sie ja nicht teilen. Ich bin fest davon überzeugt, dass Ihr Ansatz, den Sie wählen, zu oberflächlich ist,
dass der einfach nur mit Ergebnissen, die wir alle feststellen, umgeht. Ich wäre Ihnen einfach dankbar, Herr Matschie, wenn Sie die demokratische Kultur des Zuhörens anwenden würden. Ich habe Ihnen auch aufmerksam zugehört.
Rechtsextremismus, übrigens wie der Linksextremismus, ist nicht nur in Deutschland, sondern ist in Europa Teil des politischen Extremismus. Ideologien und Aktionen gegen den demokratischen Verfassungsstaat, gegen die grundlegenden Werte und Verfahrensregeln sind überall für den politischen Extremismus die wichtigste Zielstellung. Alle Extremisten machen den Menschen etwas vor, das bei nicht wenigen dann verfängt, wenn die Grundlage für eine solche Vision mit vermittelt werden kann. Sie machen ihnen nämlich vor, es gäbe die Hoffnung auf eine homogene Gemeinschaft auf eine homogene Gemeinschaft, die ihnen ganz persönlich Sicherheit, Freiheit und auch damit Zukunft gewährt, und dafür nutzen sie ganz verschiedene strategische Richtungen. Wir erleben gerade hier in Thüringen eine der wichtigen strategischen Richtungen im Besonderen. Sie nutzen den Kampf um die Straße, das ist derzeit das wichtigste Element hier. Die weiteren Richtungen, sie nutzen den Kampf um die Köpfe und sie nutzen auch den Kampf, um in die Parlamente zu kommen, und das haben wir gerade im letzten Jahr in zwei deutschen Parlamenten erlebt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch das fände ich wichtig als Konsens: Dass wir zumindest akzeptieren, dass dies keine spezifisch Thüringer Entwicklung ist, die wir hier diskutieren, sondern Rechtspopulismus, gerade rechtsextremer politischer Populismus ist in Europa auf dem Vormarsch. Und wenn man den Experten Glauben schenken darf, be
findet sich diese Entwicklung in Deutschland noch in den Kinderschuhen. Das heißt, wir sollten - genau deswegen sprechen ich es auch an - ein Stück über die Ursachen, dass sich solche Gedanken verbreiten und dass solche Gedanken auch wurzeln können, diskutieren. Diese Rechtspopulisten warnen, das erleben wir ja auch hier in Thüringen, vor der Gefährdung der nationalen Identität, Stichwort Masseneinwanderung. Ihnen schwebt ein autoritärer Staat vor. Der soll dann Symbol sein für Recht und Ordnung und sie neigen zu Schutzversprechen, im Besonderen für die so genannten kleinen Leute. Dieses fußt auf einer grundsätzlichen Sozialdemagogie, die, und das ist im Monitor sehr deutlich geworden, etwas mit der sozialökonomischen Situation in Deutschland zu tun hat. Die wesentlichsten Ursachen sind eben nicht vor allen Dingen mangelnde Geschichtskenntnis, sondern die wesentliche Ursache ist Unzufriedenheit mit dem politischen System des demokratischen Verfassungsstaats. Und die Sympathie wächst fast proportional mit der Unzufriedenheit: Wenn sich in Deutschland die entscheidenden Parteien, die diesen Verfassungsstaat tragen, nämlich SPD und Union, über wesentliche Grundlagen der Gesellschaft nicht einigen können oder wenn sie bei wesentlichen Grundlagen für die Gesellschaft gemeinsam so handeln, dass das nicht für die Zufriedenheit der eben erwähnten so genannten kleinen Leute die richtige Perspektive bietet.
Professor Patzelt, der als Politikwissenschaftler an der TU Dresden lehrt, hat vor einigen Monaten gesagt, stark auf Sachsen sicher auch rekurrierend: „Die NPD erntet von dem, was die PDS gesät hat. Ungefähr ein Drittel der ostdeutschen Wähler ist davon überzeugt, dass unser politisches, wirtschaftliches und soziales System nichts taugt, dass es ungerecht ist. Und dieses Potenzial spricht neben der PDS nun auch die NPD ganz gezielt an.“ Sie haben das auch erlebt im Wahlkampf in Sachsen. Sie können es zum Teil auch bei den Sprüchen, die hier bei unseren Demonstrationen in Thüringen zu hören sind, nachvollziehen. Das heißt, die Ergebnisse der Forschungsgruppe Wahlen, die für Sachsen analysiert hat als Wahlanalyse, 16 Prozent der Arbeitslosen haben NPD gewählt, und in Brandenburg analysiert haben, dass 13 Prozent der Arbeitslosen DVU gewählt haben, sind natürlich auch ein Indiz, dass diese Aussage richtig ist.
Und die weitere Ursache: Es sind Einschätzungen, dass die sozialen Umbrüche in unserer Gesellschaft nicht bewältigt werden, sehr verbreitet. Massenhafte soziale Mobilität wird gefordert. Das erleben wir in ganz Deutschland, aber eben nicht nur in Deutschland. Verunsicherungen und dann die Ohnmachtserfahrungen, z.B. an der Grenze zwischen Deutschland und Tschechien, Deutschland und Polen, die keine Grenze mehr ist und deshalb - Gott sei Dank