Protokoll der Sitzung vom 22.04.2005

Ein anderes ab und zu auftauchendes Problem könnten wir ebenfalls angehen. Für Vermieter von Veranstaltungsräumen ist nicht immer klar erkennbar, dass ihre Räume für rechtsextreme Veranstaltungen gemietet wurden. Man kann aber Raum- und Saalmieten in den Verträgen auch so ausgestalten, dass bei bösen Überraschungen die Ordnungskräfte unmittelbar eingreifen können. Die Landesregierung könnte gemeinsam mit dem Gemeinde- und Städtebund, mit dem Landkreistag und dem Thüringer Hotel- und Gaststättenverband dafür sorgen, dass ein entsprechender Mustermietvertrag Verbreitung findet.

Werte Kolleginnen und Kollegen, wir haben als SPDFraktion mit diesen praktischen Beispielen erste konkrete Schritte abgesteckt. Mir geht es dabei nicht um Vollständigkeit, mir geht es darum, dass wir uns gemeinsam auf den Weg machen, mir geht es darum, dass wir Gemeinsames schaffen, Demokratie und Zivilgesellschaft in Thüringen zu stärken. Jeder weiß, hier geht es nicht um den schnellen Effekt, hier geht es um dauerhafte Anstrengungen und ein breites Bündnis von Demokraten. Deshalb wollen wir eine möglichst breite Debatte über unseren Antrag. Ich sage ganz ausdrücklich, weitere Ideen und Vorschläge sind willkommen und könnten natürlich in eine gemeinsam getragene Beschlussempfehlung, die ich mir wünsche, eingehen. Deshalb bitten wir um die Überweisung unseres Antrags in die Ausschussarbeit, damit dort der Antrag weiter diskutiert werden kann, auch andere Mitglieder dieses hohen Hauses ihre Ideen und Vorstellungen einbringen können. Ich sage es noch einmal, ich wünsche mir, dass wir am Ende zu einer gemeinsam getragenen Beschlussempfehlung in dieser Sache kommen. Lassen Sie uns 60 Jahre nach der Befreiung von der Naziherrschaft gemeinsam dafür sorgen, dass eine solche menschenverachtende und auch menschenvernichtende Ideologie, die unendliches Leid über Millionen Menschen nicht nur in Deutschland, sondern weit darüber hinaus gebracht hat, nicht wieder Raum greift in unserer Gesellschaft, auch

nicht bei Minderheiten. Lassen Sie uns alles dafür tun, dass unsere Demokratie stark und stabil bleibt und dass es immer genügend Demokraten gibt, die sie verteidigen.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Das Wort hat die Abgeordnete Berninger, PDS-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, die Situation in Thüringen hat der Kollege Matschie, wie ich finde, ganz zutreffend skizziert. Das muss ich jetzt nicht wiederholen. Ich zitiere einen Satz aus dem vorliegenden Antrag: „Die Landesregierung wird aufgefordert, die Bürgerinnen und Bürger in ihrem Engagement gegen den Rechtsextremismus zu únterstützen.“ So steht es in dem von der SPD vorgelegten Antrag. Dieser Satz ist ein Satz, der für eine demokratische Gesellschaft eigentlich selbstverständlich sein sollte. Ich finde es beschämend, dass die Thüringer Landesregierung zu einer solchen Selbstverständlichkeit erst qua Antrag aufgefordert werden muss, aber wie die jüngsten Ereignisse beweisen, ist diese Aufforderung offenbar nötig. Die PDS-Fraktion unterstützt in diesem Sinne den Antrag der SPD. Eigentlich sollten die Mitglieder der Landesregierung verpflichtet werden, einmal eine Lehrstunde oder einen Workshop in Sachen zivilgesellschaftliches Engagement zu absolvieren, vielleicht beim Mobilen Beratungsteam

(Unruhe bei der CDU)

gegen Rechtsextremismus in Thüringen oder bei der Landeszentrale für politische Bildung.

(Beifall bei der PDS)

Ich bin auch sehr gern bereit, ein entsprechendes, für die Landesregierung passendes Angebot mit herauszufinden. Die PDS-Fraktion unterstützt auch die Forderung an die Landesregierung, dass bei der Verhinderung rechtsextremistischer Aktionen alle rechtsstaatlichen Spielräume auszuschöpfen sind - eigentlich ebenfalls eine Selbstverständlichkeit. Hier sind die Landesregierung und das Innenministerium in der Pflicht, z.B. den kommunalen Verantwortungsträgern durch ein adäquates Beratungs- und Informationsangebot, die, wie sich in den letzten Jahren herausgestellt hat, dringend notwendige Hilfestellung zu geben. Dass auch die Thüringer Polizei Nachholbedarf in Sachen rechtlicher Spielräume und Möglichkeiten hat, ist ebenfalls anschaulich dargestellt worden in der gestrigen Debatte. Es geht hier nicht

nur um Handlungsrichtlinien, in denen rechtliche Spielräume aufgezeigt werden, es geht auch darum, dass Einsatzkräfte informiert sind, um im Bedarfsfall eingreifen zu können und motiviert, um das auch zu wollen. Es geht um die Bereitschaft, den Rechtsextremen die Grenzen zu zeigen, z.B. wenn bei einer Nazikundgebung indizierte Musik gespielt oder verfassungsfeindliche Symbole getragen werden. Es kann einfach nicht sein, dass Einsatzkräfte offensichtlich nicht bereit sind, entsprechenden Hinweisen couragierter Bürger nachzugehen. Auch, dass die Landesregierung eine aktive Mittlerrolle zum Aufbau eines Netzwerkes gegen Rechtsextremismus einnehmen soll, kann ich namens meiner Fraktion nur unterstützen. Wichtig wäre aber auch, dass die Landesregierung hier nicht nur vermittelt, sondern erstens den Diskurs anregt bzw. öffentlich unterstützt, dass zweitens ausreichend finanzielle Mittel für ein solches Netzwerk zur Verfügung gestellt werden und dass die Landesregierung drittens durch praktische Politik immer wieder Zeichen für Toleranz gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit selbst setzt. Neben der im Antrag benannten Unterstützung von Vereinen und der Verhinderung der Unterwanderung zivilgesellschaftlicher Strukturen bedeutet die Unterstützung bürgerschaftlichem Engagements für uns eben auch, dass nicht Bürgerinnen und Bürger, die sich zu öffentlichen Äußerungen ihrer Meinung gegen Rechts entschließen, dann von den politisch Verantwortlichen marginalisiert oder sogar kriminalisiert werden, wie es in Erfurt geschehen ist.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das ist doch unverfroren.)

Es kann einfach nicht sein, dass friedliche Gegendemonstrantinnen, unbescholtene Bürger und Bürgerinnen, die sich gegen Rechts stellen, Herr Fiedler, allesamt als Steinewerfer und gewaltbereite Chaoten hingestellt werden. Die PDS-Fraktion unterstützt den Antrag der SPD. Wir meinen aber, dass Mustersatzungen, Mustermietverträge und Musterhausordnungen allein nicht ausreichen. Diese Hilfestellungen für Vereine, Schulen, gastronomische Einrichtungen können eine Facette eines Landesprogramms gegen Rechtsextremismus sein. Aber sie allein werden nichts ausrichten gegen die in vielen Thüringer Köpfen verbreiteten rechtsextremistischen, fremdenfeindlichen und rassistischen Einstellungen.

(Beifall bei der PDS)

Eine Mustervereinssatzung wird nicht die Mitgliedschaft von Menschen mit rassistischer Gesinnung verhindern, wenn nicht die im Verein Aktiven ein demokratisches, menschenfreundliches und tolerantes Weltbild verinnerlicht haben und den entsprechenden Satzungsparagraphen auch in tatsächliches Handeln umsetzen. Auch das Angebot eines Mustermiet

vertrages für gastronomische Einrichtungen wird nicht verhindern, dass die Betreiberin der „Frischen Quelle“ bei Eisenach ihre Gaststättenräume weiterhin an das Deutsche Kolleg des Herrn Mahler vermietet.

Wir sehen für den vorliegenden Antrag Qualifizierungsbedarf und wir unterstützen die beantragte Ausschussüberweisung. Für uns ist vor allem wichtig, dass der Antrag im Innenausschuss, im Bildungsausschuss und im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit beraten wird. Wir wollen damit allen Fraktionen ermöglichen, gemeinsam an einem Landesprogramm, an einem wirklichen Konzept gegen Rechtsextremismus zu arbeiten.

Weitere Schwerpunkte, die wir in ein solches Landeskonzept einbringen wollen, sind erstens, dass Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus als ein dauerndes Problem mitten in der Gesellschaft auch in Thüringen anerkannt werden. Es ist für mich ein Zeichen, dass das noch nicht in der notwendigen Konsequenz geschieht, wenn der Innenminister sagt, dass die 90 Aktivitäten der Nazis, die seit seinem Amtsantritt stattgefunden haben, ohne Wirkung geblieben sind. Das ist doch wirklich reichlich naiv angesichts der ständigen Neugründungen von braunen Kameradschaftsgruppen bzw. von Kreisgruppen der NPD. Wir wollen, dass dieses Problem endlich wirklich anerkannt und dementsprechend gehandelt wird und wir wollen, dass die Auseinandersetzung damit in allen gesellschaftlichen Gruppen und auf allen Ebenen gefördert wird. Das bedeutet, die Landesregierung und alle anderen politisch im Land Verantwortlichen sind in der Pflicht, den öffentlichen Diskurs zu den Gefahren von rechts anzuregen und dauerhaft zu führen.

Wichtig sind uns als Zweites die Ächtung von Gewalt und die Unterstützung für die Opfer, insbesondere von rechtsextremer Gewalt, Rassismus und Diskriminierung.

(Beifall bei der PDS)

Dritter Schwerpunkt für uns ist die Entwicklung von Toleranz und Solidarität, der Abbau von Fremdenangst. Hierbei sehen wir z.B. die Möglichkeit, Projektarbeit zu unterstützen, Räume für Eigeninitiative und Mitbestimmung zu öffnen, unter anderem durch schulische und außerschulische Angebote.

Mein Kollege Ramelow hat gestern schon gesagt, dass ein weiterer Schwerpunkt für ein solches Landesprogramm die Stärkung der mobilen Beratungsteams und Netzwerkstellen gegen Rechtsextremismus sein soll. Und das muss geschehen, es muss politisch, ideell und natürlich auch finanziell Unterstützung geben.

Fünfter Schwerpunkt für uns ist die Schaffung eines zentralen regierungsunabhängigen Dokumentations- und Informationszentrums zum Neofaschismus, gegen Rassismus, für Demokratie. Auch das hat Kollege Ramelow gestern gesagt. Das Ziel dieses Zentrums ist die Förderung, Beratung und Unterstützung demokratisch-zivilgesellschaftlicher Strukturen. Dieses Zentrum könnte an der Entwicklung gegen strategische Ansätze auf kommunaler Ebene arbeiten, es könnte Situationsanalysen, Erfahrungsberichte und Dokumentationen erstellen und veröffentlichen, ein Archiv bzw. eine Mediathek aufbauen und Recherchen und Koordination der Arbeit der unterschiedlichen lokalen und überregionalen Strukturen und Netzwerke unterstützen, anregen und auch selbst leisten.

Ein ebenfalls äußerst wichtiger Schwerpunkt eines Landesprogramms ist die verstärkte Förderung demokratischer Jugend- und Erwachsenenbildung gegen Rechtsextremismus und Rassismus, und zwar in Bezug auf die Konzeptionierung von Bildungsangeboten, die explizit den Abbau von rechtsextremen und rassistischen Einstellungen zum Ziel haben und die demokratische Handlungskompetenz vermitteln. Das sind alles - Herr Panse, nicht dass Sie mich daran erinnern - Forderungen, die wir auch schon in den vergangenen Jahren gestellt haben. Aber, meine Damen und Herren, politische Forderungen, z.B. diese nach einem Landesprogramm, werden, obwohl sie älter werden, deshalb nicht weniger wahr oder notwendig.

(Beifall bei der PDS)

Für die Entwicklung zivilgesellschaftlichen Engagements und den Abbau des mit dem Thüringen-Monitor 2004 erneut belegten erschreckenden rechtsextremistischen Potenzials sind Mustersatzungen und Formulare eben allein wenig hilfreich. Die PDSFraktion setzt bei der Bekämpfung rechtsextremistischer Tendenzen auf die Verantwortung der Landesregierung, aber auch auf die gemeinsame Verantwortung aller politisch verantwortlichen gesellschaftlichen Akteure. Im Kern geht es darum, politische und gesellschaftliche Aufklärungsarbeit zu gewährleisten bzw. angemessen zu fördern, und so das Bewusstsein der Thüringerinnen und Thüringer gegen den sich formierenden Rechtsextremismus zu bilden. Nur so kann eine wirksame und auch nachhaltige Gegenwehr von unten, nur so kann eine widerständige demokratische Gegenmacht entstehen, und auch nur so kann das von Herrn Matschie angemahnte organisierte Vorgehen der demokratischen Kräfte entstehen und verantwortlich dafür, meine Damen und Herren Abgeordneten, sehr geehrte Mitglieder der Landesregierung, sind wir alle gemeinsam. Danke.

(Beifall bei der PDS)

Wird das Wort gewünscht zu dieser Aussprache? Abgeordneter Köckert.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, das war am Anfang etwas komisch, jetzt die Eröffnung von Frau Berninger und es wäre vielleicht ganz gut, Herr Kollege Ramelow, Sie würden Frau Berninger zeigen, auch an den Protokollen der vergangenen Legislatur - sie ist ja neu im Landtag, man kann es ihr nicht vorwerfen -, was eigentlich hier in diesem Hause schon alles diskutiert und auch was alles umgesetzt worden ist. Es gibt ausführliche Berichte der Landesregierung, einen hätte Frau Berninger sogar erleben können. Im November des vergangenen Jahres hat der Kollege Zeh ausführlich vorgetragen, was die Landesregierung auf dem Gebiet schon alles unternommen hat.

(Beifall bei der CDU)

Es mag sein, dass das für Sie nicht ausreichend ist und dass Sie das eine oder andere noch mit umgesetzt haben wollen, aber in einer Art und Weise hier aufzutreten und so zu tun, als wäre die Landesregierung mit Blindheit geschlagen und zu dumm, die Dinge aufzunehmen, ist eine bodenlose Frechheit. Ich muss das mal so sagen.

(Beifall bei der CDU)

Das sollte auch nicht weiter Stil in diesem Hause sein. Es gab schon einmal eine Debatte am heutigen Tage, wo in dieser Art und Weise miteinander verhandelt wurde.

Gleich vorab, um etwaige Zweifel gar nicht erst aufkommen zu lassen, die CDU-Fraktion beantragt, diesen Antrag der SPD an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit zu überweisen, denn dieser Antrag bedarf einer gründlichen Erörterung. Das Thema ist ernst, denn niemand in diesem Thüringer Landtag will, dass Rechtsextremisten in diesem Land Fuß fassen, dass sie das Bild dieses Landes prägen und dass sie Einfluss auf die Köpfe der Menschen und insbesondere der heranwachsenden Generation gewinnen. Aber gerade deshalb müssen auch die Strategien und die Maßnahmen stimmen, muss geschaut werden, stimmen denn die Mittel mit den angestrebten Zwecken überein, reichen sie aus und sind sie die richtigen Mittel. Einig sind wir uns sicher, dass es der allein legitime Zweck ist, die freiheitlich-demokratische Grundordnung gegen Zerstörung durch politischen Extremismus zu be

wahren, wie auch immer der sich ideologisch wandet. Aber dieser Zweck, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu bewahren, wie edel er auch sei, der heiligt nun gewiss nicht alle Mittel. Und auch weil wir glauben, dass die Mittel in diesem Antrag, zumindest ein Teil dieser Mittel, in einem höchst problematischen Missverhältnis zu dem Zweck stehen, verdient der Vorschlag, den die SPD hier macht, eine vertiefte und gründliche Auseinandersetzung. Wissen Sie, das ist wie bei einer Grippebehandlung, wie bei einer Antibiotika-Therapie. Wenn die nicht anschlägt, wenn das Antibiotikum nicht anschlägt, dann kommt die Krankheit umso schlimmer zurück, und das kann keiner von uns wünschen.

Damit es aber nicht bei diesen Andeutungen bleibt, gestatten Sie mir einige Anmerkungen und grundsätzliche Überlegungen zu diesem Antrag. Die Einzelheiten können ja dann im Ausschuss besprochen werden. Zunächst einige Sätze zur Zielrichtung: Sie fordern eine Null-Toleranz-Strategie gegen den Rechtsextremismus. In der Begründung verlangen Sie ein kompromissloses, wirksames Handeln gegen rechts. Es ist von dieser Stelle aus oft genug gesagt worden, und ich wiederhole es auch noch einmal: Unser politisches Koordinatensystem, das Koordinatensystem der Fraktion hier in der Mitte des Hauses, umschließt diese Forderung zum Teil, aber es sieht insgesamt anders aus. Was uns fundamental von Ihnen, von der PDS, aber offenbar auch von Teilen der SPD unterscheidet, das ist die Tatsache, dass wir den politischen Extremismus und politische Gewalt insgesamt als Problem sehen.

(Beifall bei der CDU)

Wir unterscheiden ja seit Karl Popper zwischen der offenen Gesellschaft und ihren Feinden. Feinde der offenen Gesellschaft haben sehr unterschiedliche Motive. Aber was sie verbindet, das ist ihr Hang zum totalitären Denken. Feinde einer offenen Gesellschaft sind eben nicht allein solche, die einem aggressiven völkischen Nationalismus und rassistischen Ressentiments folgen und diese verbreiten, sondern es sind natürlich auch jene, die zurück in den Sozialismus wollen und dies mit Stein- und Flaschenwürfen artikulieren.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb, meine Damen und Herren, ist für uns die aktive Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus, die durchaus geführt werden muss, sie ist ein Teil der gesamten Auseinandersetzung mit jeder Spielart des politischen Extremismus und der politisch motivierten Gewalt. Deshalb können wir auch überhaupt nicht mitgehen, aber das verstehen Sie sicher auch, bei dieser plakativen Formel „Handeln gegen rechts“. Das ist sicher ein Ausdruck sprach

licher Verlotterung, wenn ich das mal gelinde sagen darf.

(Beifall bei der CDU)

Und wir sollten sie deshalb aus unserer Argumentation streichen. Um es ganz klar zu sagen, links ist nicht gleich demokratisch und rechts ist nicht gleich undemokratisch.

(Beifall bei der CDU)

Auch darauf sollten wir uns, glaube ich, hier in diesem Hause einigen können. Es gibt auf beiden Seiten des politischen Spektrums Demokraten, aber eben auch politische Extremisten. Es ist auch eine Aufgabe der Parteien, eine Politik zu machen, die möglichst wenig Raum am linken und rechten Rand für extremistische Verführer lässt.

(Beifall bei der CDU)

Da haben alle Parteien, die SPD auf ihrer Seite, die CDU auf unserer Seite, eine enorm wichtige Aufgabe. Deshalb wird sich meine Fraktion und wird sich die CDU niemals unter der Parole „Kampf gegen rechts“, von wem auch immer, vereinnahmen lassen. Weil es rechte und linke Extremisten gibt, werden wir auch in Zukunft darauf schauen, wer in der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus mit uns in einer Reihe steht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

„Wir machen nicht mit jedem alles“, so hat es Marion Walsmann letzte Woche treffend gesagt. Gegen den Rechtsextremismus zu kämpfen, meine Damen und Herren, das heißt noch lange nicht, ins antifaschistische Horn zu blasen.

Bei dem Antrag null Toleranz, meine Damen und Herren, geht es nicht allein um staatliches Handeln, sondern - wenn ich es richtig verstanden habe und Sie, Herr Matschie, haben es ja noch mal ausgeprägt - es geht um eine Mobilisierung der Gesellschaft durch den Staat in einem sehr umfassenden Sinn. Das vorgeschlagene Mittel ist die lückenlose Ächtung des Rechtsextremismus und der Rechtsextremisten. Wir wissen, unter Ächtung versteht man die Ausstoßung aus der Rechts- und Friedensgemeinschaft, das haben wir mal gelernt. Der Geächtete war praktisch rechtlos und jeder konnte ihn straffrei töten. Darum geht es natürlich nicht, das ist mir schon klar, nur die Erinnerung an die Begriffsgeschichte ist auch nicht ganz nutzlos. Es geht im Antrag nicht nur um Ächtung von rechtsextremistischem Gedankengut, es geht auch um Ächtung von Personen. Lesen Sie mal Ihren eigenen Antrag. Die Erinnerung an die Begriffsgeschichte ist nicht ganz nutz

los, denn es geht immerhin um eine Art, ja ich sage es einmal provozierend, es geht um eine Art „sozialen Tod“ durch Barrieren in der Arbeitswelt und im gesellschaftlichen Leben, auch durch einen gewissen Rechtfertigungsdruck gegenüber jenen, die da nicht mitziehen wollen. Auf die Frage, ob der Staat hier seine Rechte nicht weit überdehnt und den gesellschaftlichen Bereich bevormundet, will ich am Schluss noch einmal zurückkommen. Zunächst ergibt sich aber jedoch die Frage, ob Zweck und Mittel nicht außer Verhältnis geraten. Zumindest muss man definieren, wer denn ein Rechtsextremist sei und was genau geächtet werden soll: benennbare Handlungen, Meinungen, das ist kein Problem. Wenn jemand wegen fortgesetzter rassistischer oder ausländerfeindlicher Sprüche, so wie das Punkt 6 des Antrags ausdrückt, Schwierigkeiten bekommt, dann ist das schon richtig. Bei der Gesinnung wird es allerdings schon etwas fragwürdiger, denn welche Fähigkeiten, fangen wir doch einmal bei einem einfachen Beispiel an, soll denn zum Beispiel ein Vereinsvorsitzender mitbringen, um das zu prüfen. Beim Ächten von Organisationen ergeben sich Abgrenzungsprobleme und beim Ächten von Personen habe ich erhebliche, auch ethische Bedenken, wenn nicht wenigstens ganz klar definiert wird, wer denn nun im Sinne Ihres Antrags ein Rechtsextremist sei. Denn bei einer solchen Totalmobilmachung der gesamten Gesellschaft mit dem Ziel einer völligen sozialen Isolierung müsste doch zumindest klar sein, wer gemeint ist. Das kann man doch nicht so im Vagen lassen. Je tiefer eine solche Maßnahme eingreift - und tiefer geht es ja kaum noch, was Sie vorgeschlagen haben, wir kommen dann noch einmal darauf zurück, was denn dann alles für Gesetzlichkeiten davon berührt werden -, desto genauer muss der Zweck doch benannt werden.