Protokoll der Sitzung vom 02.03.2006

Es ist nicht angezeigt worden, dass die SPD-Fraktion das Wort zur Begründung haben möchte. Dann kommen wir gleich zur Aussprache zu diesem Antrag und ich rufe als Ersten den Abgeordneten Heym, CDU-Fraktion, auf.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir beraten heute und hier den Antrag der SPD-Fraktion zur Abberufung des Thüringer Bürgerbeauftragten.

(Beifall bei der SPD)

Wenn wir die Tatsachen mit den Wertungen, die wir vorwiegend der Thüringer Medienlandschaft verdanken, vergleichen, stellen wir fest, dass wir hier einen Antrag beraten, der jeder tatsächlichen Grundlage entbehrt.

(Beifall bei der CDU)

Meine Fraktion wird diesen Antrag deshalb auch ablehnen und ich will es Ihnen auch kurz begründen. Zunächst stellt der Antrag fest, der Bürgerbeauftragte habe gezeigt, dass er die Anliegen der Bürger nicht zweckmäßig erledige.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Das ist schlicht falsch.

(Beifall bei der CDU)

Eine Bürgerin, die behauptet, von den Einwohnern von Rippershausen dazu beauftragt worden zu sein, übergab ihm ein anonymes Flugblatt. Allein die Wortwahl dieses Flugblatts lässt bereits an einem ernsthaften Anliegen zweifeln.

(Beifall bei der CDU)

Dennoch wurde der Vorgang aktenkundig beim Bürgerbeauftragten registriert. Aber, meine Damen und Herren, das Recht, den Bürgerbeauftragten anzurufen, soll eben nicht dazu dienen, unbewiesene und anonym vorgebrachte Darstellungen zu verbreiten. Deshalb kann der Bürgerbeauftragte nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 des Bürgerbeauftragtengesetzes von einer sachlichen Prüfung absehen, wenn ein Begehren nicht mit vollständigem Namen und Adresse versehen ist. Trotzdem hat der Bürgerbeauftragte die Petentin damals über den Verfahrensweg informiert und ihr weitere Unterstützung für ihr Anliegen angeboten. Sie begründen Ihren Antrag weiterhin damit, dass der Bürgerbeauftragte in seinem Schreiben an den Chefredakteur des „Freien Wortes“ persönliche Angaben über die Petentin gemacht hat, die der Presse vorher nicht zu entnehmen waren. Auch hier kann ich nur sagen, das ist schlicht falsch. Vom Zeitpunkt des Gesprächs abgesehen, konnte ich dem von Ihnen aufgeführten Schreiben folgende persönliche Angaben entnehmen: Es handelt sich um eine Erfurter Bürgerin, mehr nicht. Nun kommen wir zum eigentlichen Kern Ihres Antrags. Sie behaupten, der Bürgerbeauftragte habe durch sein Handeln möglicherweise den Eindruck erweckt, ich zitiere, „dass Thüringen und seine Landesregierung rechtsextremes Gedankengut dulden oder sogar belohnen.“ Zugleich würde - so kann man es in diesem Antrag nachlesen - couragiertes Handeln von Menschen gegen rechtsextremes Gedankengut missachtet werden. Wenn Sie die öffentliche Berichterstattung verfolgt haben und sich auch mit der Ihnen zugegangenen Stellungnahme des Bürgerbeauftragten beschäftigt haben, dann wissen Sie, dass die Erfurter Bürgerin das Flugblatt erst rund sechs Wochen - und ich möchte es noch einmal wiederholen -, sechs Wochen nach der Übernahme der Ehrenpatenschaft durch den Thüringer Ministerpräsidenten übergeben hat. Wenn Sie also - wie es in Ihrem Antrag steht - das Vertrauen der Bürger stärken wollen, Ihnen zeigen wollen, dass wir ihre Anliegen ernst nehmen und sie zweckmäßig erledigen, dann schüren Sie bitte nicht diese Verunsicherung der Leute mit derartigen hier gestellten Anträgen.

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie, verehrte Kollegen, das in der Diskussion stehende Flugblatt gelesen haben - und davon darf man wohl ausgehen -, wenn Sie sich hier hoffentlich auch noch zu Wort melden werden, dann kann ich die Schlussfolgerung nur ziehen, zu der Sie kommen, dass man diese Schlussfolgerung, also die Sie hier gezogen haben, nicht nachvollziehen kann.

(Beifall bei der CDU)

Auch wenn die Kollegen der Oppositionsfraktionen dazu neigen, offensichtlich inzwischen anonyme Schreiben ihrer Argumentation zugrunde zu legen, so lassen Sie mich zum Abschluss noch eines ganz deutlich sagen: Ein Mensch mit guter Kinderstube und dem richtigen Maß an Anstand wird mit derartigem Papier das tun, was auch der Bürgerbeauftragte getan hat.

(Beifall bei der CDU)

Er wird sie nicht in Umlauf bringen und damit den Urhebern nicht eine Bedeutung verschaffen, die sie allein aufgrund ihrer Wortwahl nicht verdient haben.

(Beifall bei der CDU)

Und nun - um das auch noch mal ganz deutlich zu sagen -, wenn jemand ein ernsthaftes, seriöses Interesse an der Aufklärung eines Sachverhalts - so wie in Rippershausen geschehen - hat, dann darf man erwarten, dass man dies in einer seriösen Form und das zeitnah und nicht anonym zum Ausdruck bringt. Ich erwarte nicht, dass Sie, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, unseren Argumenten folgen; erwarten Sie aber auch nicht, dass wir Ihren Antrag, der nun wirklich einer seriösen, fundierten Grundlage entbehrt, unsere Zustimmung geben. Ich bedanke mich.

(Beifall bei der CDU)

Für die Fraktion der Linkspartei.PDS hat sich Frau Abgeordnete Sedlacik zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, auch wir, die Linkspartei.PDS, sind der Meinung, der Bürgerbeauftragte sollte seinen Hut nehmen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Wir behaupten, solch einen Bürgerbeauftragten haben wir nie gewollt.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Wir vertreten außerdem den Standpunkt, mit diesem Vorfall, den Herr Heym aus seiner Sicht jetzt schilderte, ist das Fass zum Überlaufen gebracht. Deshalb unterstützen wir den Antrag der SPD auf Abberufung, denn diesen Vorgang hat er selbst durch sein Verhalten provoziert.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Jawohl, Herr Wilsdorf, Sie haben Vertrauen verspielt. Wie unsensibel Sie mit dem Fall in Rippershausen umgegangen sind, ich habe so das Gefühl, Sie wollten der Sache eigentlich nicht nachgehen, es sollte Gras über die Sache wachsen. Nur der öffentliche Druck und die öffentlichen Bekanntgaben...

(Unruhe bei der CDU)

Darf ich erst einmal weiterreden?

(Unruhe bei der CDU)

Ich habe das Gefühl, Sie sind endlich heute mal munter geworden. Es war mir heute eh zu ruhig.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Das ist eine Unverschämtheit, was muss man sich denn noch alles anhören!)

Ich möchte gern fortfahren.

Fakt ist doch, Herr Heym, der Bürgerbeauftragte offenbarte persönliche Daten einer Hilfe suchenden Bürgerin. Das, muss ich so sagen, ist eine nicht wiedergutzumachende Amtsverfehlung, die wir ihm heute hier vorwerfen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Das allein würde schon reichen, dem Antrag heute hier unsere Zustimmung zu geben. Aber ich möchte weitere Beispiele anführen, damit es nicht so nackig wird, und Sie sagen, na, das könnte man ihm ja eventuell verzeihen. Ich erinnere an das Jahr 2003. Hier gab es erste Versuche, dem Bürgerbeauftragten Dinge mit auf den Weg zu geben, wie die Bürgerinnen und Bürger des Landes Thüringen den Bürgerbeauftragten sehen wollen. Diese Versuche, die Einschätzung der Wirksamkeit des Bürgerbeauftragten scheiterten damals an parteipolitischem Verhalten. Das heißt, der Mittelblock hat ihn hochgelobt, die Opposition hat ihn kritisiert, genützt hat es nichts. 2003 ebenfalls - wir hatten die Diskussion um Änderung der Geschäftsordnung, weil wir der Meinung waren, hier müsste doch etwas geregelt werden, wo wir auch hier die Wirksamkeit erhöhen könnten. Auch dies hat nichts genützt, wurde abgeplättet. In der Zei

tung stand in diesem Jahr 2003: Der Bürgerbeauftragte hat ein Akzeptanzproblem. Ja, Herr Wilsdorf, Sie handeln uns eigentlich nur regierungstreu, Sie sind darauf aus, sich bei der Regierung beliebt zu machen. Es fehlt an Durchsetzungsvermögen. Sie scheuen die Auseinandersetzung mit dem Landesverwaltungsamt, eben vielleicht doch, weil Sie nur dritte Wahl waren.

(Unruhe bei der CDU)

Das war doch so, wir müssen doch mal bei der Wahrheit bleiben.

(Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Das ist eine Frechheit.)

Selbst unter Parteifreunden, das würden Sie heute Abend nie zugeben, ist die Rede von einem Totalausfall. Spekulationen um einen vorzeitigen Rücktritt hat nicht die Opposition in die Welt gesetzt. Diese Spekulationen kamen selbst aus der Staatskanzlei, nicht vom Landtag, das möchte ich hier noch mal betonen.

(Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Wer war das - die Namen?)

Wie war die Diskussion zur Halbzeit des Bürgerbeauftragten, wo er seinen Jahresbericht hier hielt? Wir hatten Beispiele. Bürger, die sich an den Bürgerbeauftragten gewandt hatten und Gerechtigkeit erhofft hatten, kritisierten sein Verhalten. Ich denke an den Streit im Erfurter Bauordnungsamt, Stichwort Schanzenviertel. Hier hatten die Petenten zum Schluss eingeschätzt: Alles verlorene Zeit, er hat uns nicht weitergeholfen, wir müssen selber weiterkämpfen. Oder ein weiteres Beispiel: Wie nutzte der Bürgerbeauftragte sein Wissen in Gera über die Schwarzbauten im Außenbezirk? Ich unterstelle ihm hier, das war Missbrauch, was da passiert ist.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Es wurden durch sein Wissen Verwaltungsverfahren angestrengt und das ist nachweisbar in Aktenvermerken im Bauamt in Gera. Oder ich erinnere an den Treppenwitz am Ettersberg bei Weimar. Wer es nicht mehr weiß, hier wurde ein Kunstwerk verschandelt durch ein Laufgitter. Hier kam der gelernte Bauingenieur bei Ihnen voll durch. Da hat es irgendwie durchgebrannt und vor architektonischen Kunstwerken haben Sie mit Ihrem Baufachwissen nicht Halt gemacht. Auf Forderung eines Bürgers wurde ein Handlauf dort angebracht und der Architekt sagte zu dieser Zeit, ich kenne den Bürgerbeauftragten nicht mal persönlich. Oder ein weiteres Beispiel, die Abschiebung der vietnamesischen Familie im Eichsfeld. Herr Wilsdorf, auch hier haben Sie zu schnell auf

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Dank des Erfolgs der Bürger in Bleicherode